E-Post-Brief geht mal garnicht

Es erscheint mir mehr als ratsam, keinesfalls bei E-Post mitzumachen, nicht nur, aber auch schon wegen dieser Klausel in den AGBs, denn diese Zustell-Zeitpunkt-Sache da ist nicht bloß lächerlich wie viele andere Behauptungen in deren Werbung, sondern in Zeiten, in denen das Handy an der Firmensteckdose aufzuladen schon ein fristloser Kündigungsgrund sein kann oder Abmahnungen und ähnliches mit Fristen von grade mal 24h versehen werden o.ä. richtig gefährlich:

[…]Der Nutzer wird daher aufgefordert, mindestens einmal werktäglich den Eingang in seinem Nutzerkonto zu kontrollieren. Von einer regelmäßigen Kenntnisnahme eines E-POSTBRIEFS mit elektronischer Zustellung durch den Privatkunden ist daher spätestens am Werktag nach Eingang im Nutzerkonto auszugehen. Beim Geschäftskunden ist von einer regelmäßigen Kenntnisnahme bei Eingang innerhalb der üblichen Geschäftszeiten am gleichen Werktag auszugehen, ansonsten mit Beginn der Geschäftszeiten am darauf folgenden Werktag.

Der Kunde muss täglich einmal seinen E-Mail-Eingang überprüfen – auch im Urlaub. „Ein weitgehender Eingriff in den Lebensbereich der Kunden“, so Udo Vetter. Eine selbst definierte Regelung der Deutschen Post AG, die beim normalen Postbrief nicht so eng gefasst werde. Vetter vermutet, hier möchte die Post ihren Service vor allem für Großkunden aufwerten, nach dem Motto: „Verschick doch Deine Kündigungsfristen über uns – wenn ein Kunde im Urlaub seine Mails nicht checkt (und das werden die Wenigsten), dann hat er halt Pech gehabt!“ […]“

Wem das nicht reicht: Richard Gutjahr hat noch ein paar Gründe mehr gefunden, z.B., dass eine gelöschte Mail mitnichten gelöscht ist, also vergleichbar wie „Real“-Briefe postlagern lassen, sie nur auf dem Amt einsehen (OK, eine Kopie machen und mitnehmen) und wenn ich sie wegwerfen will werden sie halt meinem Zugriff entzogen, sozusagen in eine andere Schachtel gesteckt. Natürlich hat Vater Staat auch einen Generalschlüssel und kann mein Postfach theoretisch jederzeit durchsehen, nicht nur mal einen einzelnen Brief sondern die komplette Konversation (inklusive angeblich gelöschter, die kann ja nur ich nicht mehr sehen) einer nicht näher definierbaren Zeit. Und noch viel mehr Zeug, wo man sich nur noch an den Kopf langen kann, wenn man das mal durchdenkt, was das alles bedeutet, handelte es sich um echte, also materielle, Briefe.

Nachtrag: Achso, und wer denkt, dass die andere Bürokratie-Monströsität „DE-Mail“ einen Deut besser wäre: Das ist sie natürlich nicht. (via Jens)

Muss man sich auch gar nicht lange fragen – und auch kein Verschwörungstheoretiker sein – warum eine Mail, die über Server laufen soll, auf die Ermittlungsbehörden mehr oder weniger unbegrenzten Zugriff haben, nicht so verschlüsselt sein soll, dass sie dort nicht entschlüsselt werden kann sondern erst beim eigentlichen Empfänger. Denn nein, technisch notwenig ist eine solche Entschlüsselung freilich nicht. Sonst würden die vielen schon verfügbaren Verschlüsselungsmöglichkeiten ja nicht schon seit Jahren funktionieren.


12 Gedanken zu „E-Post-Brief geht mal garnicht

  1. Ah, da gruselt es mich echt.
    Nicht nur, dass die den Einstig ins digitale Zeitalter um Jahre verpasst haben, nein, wenn sie dann mal auf den Zug springen, dann geschieht das mit Begleitumständen, unter denen jeder denkende Mensch schleunigst das Weite suchen sollte.

    Doppelunddreifachfail.

  2. Und um den Wahnsinn noch zu toppen, kostet dieser „Dienst“ auch noch Geld.
    Vielleicht ist das das einzig Gute an e-Brief und de-mail: wären diese Dienste kostenlos, würden sich sich womöglich sehr schnell durchsetzen. Aber so zielorientiert denken unsere internetausdruckenden Entscheider nicht (nebenbei ein Argument gegen Verschwörungstheoretiker).

  3. Hallo,

    wir haben festgestellt, dass zu einigen Punkten in unseren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zum E-POSTBRIEF zusätzlicher Informationsbedarf besteht. Die identifizierten Punkte haben wir in einer eigenen FAQ erläutert, diese finden Sie hier: http://go.post.de/w4hao

    Mit freundlichen Grüßen

    Philipp Schwertner vom Serviceteam E-Postbrief

  4. Hallo Herr Schwertner.

    Danke für die Info, dass Dinge in den AGB anders gemeint sind als sie drin stehen – allein, sobald eine strittige Frage vor Gericht landet gilt in Zeiten, in denen es nicht mehr darum geht, was richtig ist sondern nur noch, was juristisch „rechtens“ ist, so dass man Menschen kündigen kann, weil sie ihr Handy im Büro aufgeladen haben und das als „Diebstahl“ zählt oder die Frage nach einer Verantwortung ausschließlich darin beantwortet werden möchte, ob man was unterschrieben habe oder Kinder abgeschoben werden, und sich auf die Frage nach der Moral solcher Handlungen hinter „Vorschriften“ versteckt wird etc. – und in der Frage dieser AGB wird das am Ende nicht anders sein, am Ende heißt es dann „da steht es und du hast es so anerkannt und unterschrieben“ und ich werde im Zweifel genau darauf festgenagelt.

    Egal, ob mir vorher jemand sagte, das sei „unverbindlich und anders gemeint“ gewesen. Dies sind immerhin AGB und keine – unverbindliche – FAQ. Wenn das anders gemeint wäre würde es anders (oder im Zweifel gar nicht) da drin stehen. Da haben inzwischen tausende Anwälte und Rechtsabteilungen dafür gesorgt, dass das heutzutage in unserem Rechtssystem genau so gehandhabt wird.

  5. ach ja… ich muss mich doch mal damit beschäftigen, wie sowas geht – verschlüsseln, digitale signatur, empfangsbestätigung…

    so ein quark, ich schätze, es gibt nichts, was ein E-Postbrief kann und mit einem stinknormalen mailprogramm NICHT erreichbar ist.

  6. Hallo zusammen,

    zumindest ich dachte zuerst ePost wäre ein interessanter u. bequemer Weg seine Post zu erledigen und sich dabei den (langen) Weg zum Briefkasten ersparen. Also, habe ich versucht mich registrieren zu lassen und wurde dann durch SMS von ePost genervt. Zuletzt wusste ich wirklich nicht mehr welche TAN wann und wo gültig war. Das Fass zum Überlaufen brachte ein Brief (einer von vielen) der Fa. ePost. Man teilte mir – wie sollte es auch anders sein – mit, dass ich, die im Brief aufgeführte TAN irgendwo eintragen sollte (die Xte TAN). Ich habe also Ort und Eingabefeld gesucht und gefunden, die TAN dort eingetragen und prompt erhielt ich sofort wieder eine SMS mit einer neuen TAN.
    Daraufhin habe ich gekündigt. Zumindest habe ich meine Kündigung in dem entsprechenden Kontaktformular formuliert.
    Was dann passierte war interessant, es passierte gar nichts, keine SMS, keine Mail mit einer Kündigungsbestätigung! RUHE VOR ePOST? Ich hoffe es mal.

    VG
    nte

  7. Eine kleine Anmerkung zu der „schrecklichen“ Klausel für den E-Postbrief, dass der Nutzer täglich seine Mails checken muss.
    Sie soll einfach eine Gleichsetzung mit der geltenden Rechtslage beim normalen Briefverkehr bewirken. Und da ist es z.B. tatsächlich so, dass nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine Kündigung im Normalfall auch dann wirksam wird, wenn sie zugeht, während der Empfänger im Urlaub ist. Grund: Der Empfänger muss sich darum kümmern, dass er Kenntnis von Post erhält, die in seiner Abwesenheit zugeht. Herr Vetter liegt da einfach falsch. Es gibt eine (in seinem Sinne) abweichende Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, die aber nie wieder aufgegriffen wurde. Im Übrigen könnte eine Kündigung per E-Postbrief zur Zeit überhaupt nicht ausgesprochen werden, da sie mangels Schriftform unwirksam wäre.

  8. Nunja, die Klausel „Schriftform“ ist schnell um „oder in elektronischer Form an ein Postfach mit Identitätsbestätigung“ o.ä. ergänzt, sobald diese Dienste richtig „da“ sind, sonst würde dieses ganze DE-Mail“ Getue ja garkeinen Sinn machen. Und Genau darum gehts auch: einen echten Briefkasten kann ich (von einem Nachbarn, Freund, sonstwem meines Vertrauens) auch im Urlaub leeren lassen, der mir dann auch Bescheid geben kann, falls was „offizielles“ drin ist. Fürs E-Post müsste ich dagegen wem mein Passwort geben, zu einem Account, der sich rühmt, quasi „verbindliche“ Dokumente versenden zu können? Nein, das ist eben nicht qusai „das selbe“.

  9. Hi,

    wollte nur mal erwähnen, dass herkömmlich zugestellte Briefe auch am nächsten Werktag nach der Zustellung als zugestellt gelten und auch der reale Briefkasten regelmäßig auf Posteingang zu prüfen ist.

    Wenn man diese Prüfung jetzt sogar online durchführen kann, dann ist das im Urlaub zumindest nicht unmöglich – im Gegensatz zum realen Kasten.

    Außerdem gab es in der Vergangenheit auch Fälle, wo die Post in den realen Kasten persönlich eingeworfen wurde – ohne Deutsche Post – mit Angabe eines alten Datums im Briefkopf. Noch einen „Zeugen“ dazu – und jegliche Widerspruchsfrist scheint abgelaufen. Beweis da mal das Gegenteil! Oder andersrum: Versuch mal den gleichen Schwindel mit einem elektronischen Briefkasten.

    Ich will bestimmt nicht das epost-Angebot hochloben – geht nicht. Aber so dramatisch würde ich das mit dem Zustelldatum nicht sehen.

    Gruß, Andreas

  10. Wie ich einen Kommentar vorher schon schrieb: warum sollte ich mir eine Verpflichtung, die mir schon in der „realen“ Welt Probleme machen kann, auf die online-Welt übertragen lassen? Ich zitiere darum einfach nochmal:

    „einen echten Briefkasten kann (bzw. MUSS u.U. sogar) ich (von einem Nachbarn, Freund, sonstwem meines Vertrauens) auch im Urlaub leeren lassen, der mir dann auch Bescheid geben kann, falls was „offizielles“ drin ist. Fürs E-Post müsste ich dagegen wem mein Passwort geben, zu einem Account, der sich rühmt, quasi „verbindliche“ Dokumente versenden zu können?“

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