Propaganda und PR

Die BBC-Doku „Propaganda in America“, die auf YouTube in 6×10min-Häppchen aufgeteilt ist, beleuchtet die Entstehung und Entwicklung der sogenannten „Public Relation“ ausgehend von Freud und der „Entdeckung“ der Psychologie, die sich schnell nicht nur mit dem Individuum beschäftigte sondern auch mit der sogenannten „Masse“, bis zu dem, wie sich PR als Manipulations-, Lobby- und Themensteuerungsinstrument heute darstellt.

Eine interessante Dokumentation (und Analyse), zum einen für’s historische Interesse an Politik, Wirtschaftsentwicklungen und gesellschaftlichen Phänomenen, zum andern natürlich auch für’s „fachliche“, egal ob es sich um das Themenfeld Werbung, PR oder Psychologie handelt – oder um Politik oder Soziologisches.

Persönlich empfinde ich viele der implizierten Rückschlüsse für etwas weit gehend, man könnte am Ende meinen, der Mensch wäre der PR „schutzlos ausgeliefert“ und könne tatsächlich beliebig manipuliert werden, da habe ich einfach einen andere Einstellung zu dem, was ich „freien Willen“ nennen möchte.

Zum anderen scheint mir das Teil hin und wieder in eine Wahrnehmungsfalle zu rutschen, der vor allem Verschwörungstheoretiker gern erliegen, nämlich, dass Entwicklungen im der Rückschau schnell „gradlinig“ und damit geplanter und „gewollter“ erscheinen als sie waren – Folgerichtigkeiten einer Entwicklung entstehen auch ohne bewusste Steuerung und nicht jede Kausalität ist eine, die jemand bewusst und zielgerichtet angestoßen hat. Dinge gehen auch mal ihren Gang und führen zu Folgen, ohne dass Involvierte da Hand anlegen – oft genug gar „trotz“ deren Aktivitäten.

Bei Entwicklungen sieht man halt im Rückblick nicht mehr irgendwelche Kreuzungen und Abzweigungen, die in die andere Richtung gesehen Wegen verschiedene Richtungen und Richtungswechsel verpassen, egal, ob die Abzweigungen bewusst gewählt wurden oder es mehr oder weniger eine Windböe zu dieser Zeit war, die die Schritte nach links oder rechts weiterlenkten.

Das sollte man sich imo immer ein wenig im Hinterkopf behalten, dazu noch ein wenig Realitätssinn darüber, dass Motivationen und Intentionen, so überhaupt „bewusst“ vorhanden, selten über mehrere Jahre geschweige denn Jahrzehnte hinausreichen und auf jeden Fall immer auch vom grundsätzlich Situativen und auch mal vom aktuellen „Zeitgeist“ und Gefühl der sie hegenden Personen geprägt sind, der/das entsprechend auch bei veränderter Situation wechselt und Motivationen damit auch Entwicklungen unterliegen.

Oft genug wird auch schnell mal Ursache und Wirkung verwechselt – so ist es schwierig, im Nachhinein festzustellen, ob eine Idee einen Zeitgeist beeinflusste (oder gar direkt veränderte) oder ob die Idee oder auch ein konkretes „tun“ nicht eher folgerichtig für eine Zeitgeisttendenz sein musste, nach dem Motto „Hätte der das nicht erfunden, hätt’s ein andere getan“ – die Zeit war schlicht „reif“ für diese Idee oder jene Erfindung. Der, der die Tendenz als erster aufgreift muss sie deshalb noch lange nicht „erfunden“ oder gar „gewollt“ haben. Er kann schlicht ein Gespür für Tendenzen haben – oder schlicht Glück. Meine Erfahrung jedenfalls ist, dass es viel weniger „Absicht“ gibt, wie es sich bei Betrachtungen „rückwärts“ in die Zeit aufdrängen möchte. Man beobachte das einfach mal bei seiner eigenen Lebensgestaltung und -planung…

Wenn man sich da also ein wenig vor solchen Wahrnehmungsfallen wappnet, ist diese Doku tatsächlich nicht nur kurzweilig sondern hochinteressant. Klar, bei der Betrachtung einer Entwicklung, die über fast 100 Jahre reicht, passieren auch mal ein paar Fehler in den „Fakten“, und die fehlende Trennschärfe zwischen „seriöser“ PR, direkter Werbung, Spinning und Propaganda stört mich ollen Korinthenkacker auch ein wenig, aber unter dem Aspekt „Erlangen von Medienkompetenz: Erkennen von Funktionsweisen von Medienformen“ halte ich das Teil für sehr empfehlenswert.

Nicht nur wegen des Dargestellten, sondern aus beschriebenen Gründen gerade auch wegen der Darstellung und der ein oder anderen Denkfalle, der es selbst – völlig unnötig – erlegen ist. Nein, das macht den Inhalt der Doku nicht zu einer Verschwörungstheorie, dafür ist’s ja auch immerhin die BBC – aber unkritisch angeschaut könnte mancher schon der Versuchung erliegen, die für die Doku vorgenommenen Vereinfachungen und Fokussierungen als das ganze Bild zu nehmen. Und dabei zu vergessen, dass die eigene Wahrnehmung letzten Endes immer eine Frage des eigenen Willens bleiben kann – oder besser: wenn nicht diese, was dann? … So man das möchte… ;-)

Propaganda in America (60 min Playliststream):

(Die Playlist in Youtube)

(via)

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