Nachdenkseiten: Bei Studiengebühren hört das Völkerrecht auf
Artikel 13 des „Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte“, in dem sich die Bundesrepublik Deutschland zur „allmählichen Einführung der Unentgeltlichkeit“ des „Hochschulunterrichts“ [PDF – 36 KB] verpflichtet, ist nach Auffassung des OVG Münster „weder darauf angelegt noch geeignet, innerstaatlich als unmittelbar geltendes Recht angewandt zu werden“.
Über diese Begründung der Juristen können sich die Mächtigen dieser Welt, von Präsident Bush bis Präsident Putin und natürlich auch der NRW-Innovationsminister Pinkwart nur freuen. Völkerrecht als unverbindliches Programm, das man je nach politischem Gusto beiseite schieben kann […]
Der erfolgreich auf Kleingrüppchenidentität erzogene Deutsche Bürger denkt jetzt freilich „Betrifft mich nicht, geht mich also nix an“, wenn er nicht grade zufällig Student in NRW ist.
Wer allerdings noch weiß, dass keiner im luftleeren Raum lebt sondern in Beziehung mit allen anderen Menschen um ihn herum und in der Gesellschaft, in der er sich befindet, fragt sich nun unwillkürlich, wie denn Staat und Justiz nun oder in Zukunft mit all den vielen anderen Punkten, die im Völkerrecht festgehalten sind und mal irgendwann von diesem Staat ebenso anerkannt und ratifiziert worden sind, umgeht und welcher Wert und wieviel Gewicht diesen zugestanden wird. Im Zweifel oder generell.
Und vom Völkerrecht ist es dann auch nicht weit zum Menschenrecht. Das ist ja für manche inzwischen offensichtlich auch schon eher unverbindliches Ideal denn Entscheidungsbasis.
Ein Blick auf die diesjährige Trägerin des Big Brother Award in der Kategorie „Regional“ zeigt, dass die europäische Menschenrechtskonvention oder die UN Kinderrechtskonvention selbst auf Landesebene gebrochen wird – und zwar im angeblich so liberalen Hamburg. Das Schülerzentralregister der Freien und Hansestadt Hamburg wurde ursprünglich angelegt, um Fälle wie den Hungertod der siebenjährigen Jessica zu verhindern, der 2005 für Schlagzeilen sorgte. Doch durch den Abgleich des Schülerdatenregisters mit den Daten der Ausländerbehörde erwies sich die neue Datenbank als allzu bequemes Mittel, ausländische Familien ohne Aufenthaltserlaubnis aufzuspüren. Mindestens 40 Kinder sollen einem Bericht des NDR zufolge aus Familien mit „ungeklärtem aufenthaltsrechtlichem Status“ kommen, von denen etlichen die Abschiebung droht (seit der CDU/Schill-Koalition unrühmlichen Angedenkens wird in Hamburg „bayrisch-knallhart“ abgeschoben.)
Die Konsequenzen bekommen die Kinder zu spüren, die nicht mehr an der Schule angemeldet werden. Das Recht auf Bildung, das in der Europäischen Menschrechtskonvention oder der Kinderrechtskonvention der UNO formuliert wird, ist in Hamburg unterspült worden.