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Schreibtischtäter

Was über Jahre hinweg kein Journalistenprofi geschafft hat – oder sich nie traute – stellten nun ein paar Studenten bei einem Besuch von Condoleeza Rice an der Stanford University bloß: Rice hat neben einem höchst seltsamen Geschichtsverständnis das Verhalten der Beteiligten in der Kommandokette der Bush-Administration in Bezug auf die Folterpraktiken der USA als eines entlarvt, das man wohl eindeutig als „Schreibtischtäter-Verhalten“ bezeichnen muss. Rices Ansicht nach habe sie keine Folter erlaubt, weil ihre Anweisungen „vom Präsidenten authorisiert worden“ seien und sie deshalb nicht „gegen die Vorschriften […] verstoßen“ habe.

[…] by definition if it was authorized by the President, it did not violate our obligations under the Convention against Torture […]

Wenn ich das richtig einschätze, glaubt sie relativ verzweifelt selber daran, dass sie „rechtens“ gehandelt habe und Gesetzestexte und entsprechend ausgelegte Anweisungen von „oben“ alles so rechtfertigt, dass sie keinerlei Verantwortung – oder gar Schuld, deren Natur es ist, dass diese stets beim anderen zu liegen hat – für ihre eigenen Handlungen zu tragen habe, da sie ihre Handlungen in der „Rechtssicherheit“ von Vorschriften und Anweisungen und deren Auslegungen und Interpretationen begangen haben will.

Damit steht Condie letztlich aber nur in der Tradition der auch hierzulande grassierenden Methode, Entscheidungen in einer rein bürokratisch gedachten Art und Weise rein „juristisch“ legitimieren zu wollen (Hierzulande werden nach diesem Muster zum Beispiel aus menschlicher Sicht völlig wahnwitzige Abschiebungen begründet).

Also die Vorschriftengemäßheit einer Handlung – indem sie so in vorhandene Gesetze, Vorschriften und Anweisungen „eingepasst“ wird, dass keine Anweisung, Vorschrift oder Gesetz verletzt worden ist – wird als alleiniger Maßstab für die ethisch-moralische Bewertung der Tat genommen. Juristische „Rechtmäßigkeit“ (wobei über eine solche bekanntermaßen meißt ja auch stets gestritten werden kann, da man auf diesem Gebiet alles so oder so auslegen kann, dieses Rechtsverständnis steht wohl in der guten Tradition der christlichen Bibelauslegung, die auch alles, was sie möchte, mit irgendeinem Bibelzitat begründen kann, inklusive des völligen Gegenteils) wird mit Gerechtigkeit verwechselt. Oder gar, wenn es richtig zynisch wird, fehlende Gerechtigkeit damit gerechtfertigt und manchmal gar mit den Worten „aber so sind nunmal leider die Vorschriften“ bedauert.

Die interessanten Teile, auch in Hinblick auf Condies „Vergesslichkeit“ gegenüber Aussagen des Roten Kreuzes (PDF) und ihrer Auslegung, wer bei ihr so alles die OSCE repräsentieren darf, hat Thomas Nephew hier nochmal schriftlich (englisch) festgehalten und kommentiert, aber weil ich oben etwas vom „seltsamen Geschichtsverständnis“ schrob will ich diese Perle der Rice’schen Historiendeutung noch schnell nachliefern:

1ST QUESTIONER [3:30]: …even in World War II, as we faced Nazi Germany, probably the greatest threat that America has ever faced, even then…
RICE [3:37]: With all due respect, Nazi Germany never attacked the homeland of the United States.
1ST QUESTIONER [3:44]: They bombed our allies.
RICE [3:46]: Just a second. Three thousand Americans died in the Twin Towers and in the Pentagon.
1ST QUESTIONER [3:52]: Five hundred thousand died in World War II, and yet we did not torture the prisoners of war. […]

Achso, ich erinnere daran: es stellen sich aktuell zwei Menschen in Deutschland zur Wahl zum Bundeskanzler, von denen die eine, wäre sie damals schon an der Macht gewesen, Deutschland am Irakkrieg beteiligt hätte, und die sich an Bush ranschneckte und ihm versicherte, mit ihr wäre ihm so ein Desaster wie mit Schröder nicht passiert (das war echt das einzige, was dieser Typ richtig gemacht hat) und deren Innenminister ebenfalls kein Problem mit Folter zu haben scheint, solange es jemand anderes tut. Und der andere dafür verantwortlich ist, dass ein deutscher Staatsbürger, der von der CIA entführt, gefoltert und nach Guantanamo verschleppt wurde, dort um Jahre länger festgehalten wurde als „nötig“ – oder auch nicht, denn man weiß ja, „die Vorschriften“ und „alles im gesetzlichen Rahmen“ und so…. Für mich macht das beide – nicht nur aus diesem Grund, aber wenns sonst nichts gäbe, würde es auch reichen – unwählbar.

Dartington College in der TAZ

„Das Ende einer Künstleroase“ betitelt die TAZ ihren Artikel über das skandalöse Ende von Karans College „Dartington College of Arts“ in Totnes, England.

[…] Einzigartig wird Totnes, das schon 1965 von den Ranking-wütigen Briten zu einer der Top-40-Towns Großbritanniens gekürt wurde und sich laut British Airways Magazine heute zu den Top 10 of the worlds funkiest towns gemausert hat, jedoch vor allem durch die postmodernen Kunst-, Literatur, Musik-, und Theaterstudierenden des seit 1961 bestehenden Dartington College of Arts. Nun nach über 40 Jahren droht dem vielfach preisgekrönten, kleinsten auf Kunst spezialisierten, unabhängigen College Großbritanniens das Aus: der Dartington Hall Trust, der den Grund an das College vermietete, möchte die Performance-Hippies loswerden, um stattdessen an gleicher Stelle eine elitäre, private Musikeinrichtung ins Leben zu rufen. Von dem international bekannten Namen, Dartington College of Arts, und den in den letzten Jahren vom College mit 5 Millionen Pfund (Ergänzung von mir: öffentlicher Fördergelder aus Staats- und EU-Töpfen)einzigartig ausgerüsteten Tanz-, Theater und Multimediastudios will der Trust jedoch weiterhin profitieren.

Das College selbst soll, so der heutige Stand, spätestens zum Jahreswechsel 2009/2010 ins fast sechs Autostunden von London entfernte Falmouth in Cornwall umziehen – ein Umzug ins Abseits. […]

Und ist damit das einzige deutschsprachige Medium, das ich gefunden habe, das über diesen Skandal, der da drüben auf der Insel stattfindet und den jetzt endgültig verlorenen Kampf um die Erhaltung dieses Colleges aktuell berichtet (hat).

Zensur es ist. KiPo-Bekämpfung es nicht ist.

Und weil ich heute wenig Zeit habe und Jens das ziemlich genau so beschreibt, wie ich das auch gemacht hätte kopier ich das da einfach mal. Selber habe ich ja die Tage auch genug von diesem Kram geschrieben.

Warum es um Zensur geht

Da reiben sich gerade so viele die Hände, daß man eigendlich ein beständiges Rauschen hören müsste. Die Idee, das Thema Kinderpornografie als Popanz vorzuschicken, um das nun geplante Internet-Zensursystem einzuführen war aber auch wirklich eine richtig gute. Hat das ja zuvor mit den Themen Terrorismus und Internet-Kriminalität nicht wirklich hingehauen, kann man hier spitzenmäßig mit dem Holzhammer wedeln und Kritiker einfachst diffamieren, indem man die eigentliche Kritik ignoriert und ihnen vorwirft, sie wollten die Verbreitung von Kinderpornografie schützen. Wie schnell schon der Vorwurf zum beruflichen und gesellschaftlichen Tod führen kann, zeigte man nur wenige Wochen zuvor ja schonmal anschaulich am Exempel Tauss (der übrigens natürlich nicht im Netz „erwischt“ wurde, sondern über Handykontakte und DVDs per Post).
Aber ich schweife schon wieder – wie es durch die Wahl dieses Themas ja auch gewünscht ist – ab.
Denn das Problem, das die Kritiker haben, ist ja natürlich nicht, daß man den Zugang zu Kinderpornografie sperren will, sondern das Sperrinstrumentarium, das man dazu baut. Schaut man sich das an, merkt man schnell: Es geht nicht um Kinderpornos und wie man dagegen vorgeht. Ging es nie.
Zensur es ist. KiPo-Bekämpfung es nicht ist. weiterlesen

Spreeblick „streikt“ gegen Laien-Regierung

Da dem wenig hinzuzufügen ist (ich schrob vor ein paar Tagen ja auch schon was zu dem Thema) mache ich mal ausnahmsweise einen Fullquote des Textes, der heute weiß auf schwarz beim Aufruf der Spreeblickseite zu sehen ist und auf der man sich als „Demonstrant“ auf einer Goggle-Map eintragen kann.

 
Von Laien regiert

Spreeblick befindet sich am Mittwoch, den 22. April 2009, im demonstrativen Streik.

Am heutigen Tag, dem 22. April 2009, will das Bundeskabinett ein Gesetz zur Sperrung von Websites beschließen, die Kinderpornografie darstellen oder anbieten. Wir unterstützen die Bundesregierung in ihrem Bestreben, dem Missbrauch von Menschen und speziell Kindern ein Ende zu bereiten, bezweifeln jedoch auf Grundlage vieler Expertenmeinungen, dass dieses Bestreben der wahre Grund für die angekündigten Sperrungen ist.

Die geplante technische Umsetzung auf Basis von Sperrlisten halten wir für laienhaft, wirkungslos und unter Umständen kontraproduktiv. Wir fordern die Bundesregierung auf, die durch die Listen offensichtlich bekannten illegalen Websites zu schließen und ihre Urheber bzw. Betreiber strafrechtlich zu verfolgen. Wir lehnen Internetsperren ab, die ob ihrer Intransparenz und technischen Zweifelhaftigkeit eine Gefahr für die Demokratie in Deutschland sein könnten. Wir fühlen uns durch die von Fachleuten wiederholt in Frage gestellten Zahlen und Fakten, die das Familienministerium kommuniziert, als wählende Bürger belogen.

Wir halten Wahlkampf-Taktiken und politischen Populismus für äußerst unangemessen, wenn es um die Bekämpfung des Verbrechens der Gewalt an Minderjährigen gehen soll.

Weitere Informationen sind u.a. hier zu finden:
c’t: Verschleierungstaktik
Heise Online: Kinderporno-Sperren: „Frontalangriff auf die freie Kommunikation“ befürchtet
Spiegel Online: BKA filtert das Web
 

Nachträge:

– übrigens, so funktioniert echter Missbrauch. Und jetzt? STOPP-Schilder vor katholische Kirchen?

– Wer auf Dienstleister hofft, die sich in der Materie ihrer Dienstleistung auskennen und infolgedessen entsprechende Verantwortung zeigen lasse alle Hoffnung fahren (via)

Netzpolitik fasst das Problem nochmal zusammen. Und die stillschweigenden aktuellen Änderungen in dem Gesetzentwurf, wie er heute abgestimmt wird. Vor allem der Punkt der „Verkettung“ ist dabei interessant, denn es sollen nicht „nur“ echte KiPo-Content-Seiten gesperrt werden, sondern auch solche, die irgendwie dahin führen könnten – also z.B. Wilkileaks, weil dort z.B. die dänische Sperrliste zu finden ist. Oder Seiten, die mal auf Wikileaks verlinkt haben, egal warum (z.B. weil dort Papiere zum Bahn-Datenschutzskandal liegen). Oder Seiten, die auf Seiten linken, die auf Wikileaks linken – was im Endeffekt bedeutet, dass man nunmehr fast alles sperren kann. Und nachprüfen, ob eine Sperrung gerechtfertigt ist, geht ja nicht, weil man dann sofort verdächtigt werden kann, nach KiPo-Material gesucht zu haben und vielleicht auch gefunden habe – heißt, Rechner zur Durchsuchung beschlagnahmen.
Und, dass entgegen den bisherigen öffentlichen Beteuerungen, „Besucher“ von „STOPP-Seiten würden nicht geloggt und identifiziert ist ebendas nun doch vorgesehen, ohne dass dies ebenso laut geäußert wird. Nein, niemand muss Angst haben, solange er nicht auf eine KiPo-Seite zugreift? Kurz mal die Sätze vorher lesen: eine STOPP-Seite wird nicht nur bei KiPo-Seiten auftauchen – die Wahrscheinlichkeit eine solche zu sehen wäre sonst wohl gegen Null. Aber wenn die Zensur in dieser Form, wie sie heute beschlossen werden soll wird das schnell anders aussehen, denn dieses Gesetz ist ein Freifahrtschein dafür, alles und jedes im Netz zensieren zu können. Es stimmt: die Behauptung „Die Internetsperren funktionieren nicht“ ist kein Argument mehr – sie funktionieren. Nicht zum Schutz vor Kindesmissbrauch, natürlich, aber darum ging es ja nie. Von diesen Möglichkeiten zur Zensur konnten Gestapo, Stasi & Co. im letzten Jahrhundert nur träumen.

– Achso, wer die Meinung derer kennenlernen möchte, die durch dieses Vorhaben und die Kultur des Wegsehens angeblich „geschützt“ werden sollen, kann dies auf dem „Mogis“-Weblog tun, das von „echten“ Missbrauchsopfern geschrieben wird, die sich dort gegen den Missbrauch ihres Missbrauchs seitens wahlkämpfender Politzyniker und auf Grundrechte pfeifender Kontrollfreaks zur Wehr setzen.

– hmm, wenn ich das richtig verstehe sind die GRÜNEN nicht gegen die Internetzensur, sondern „nur“ dagegen, diese als Vertrag und nicht als Gesetz durchzusetzen und wenn ich das weiterhin richtig verstehe, sind sie gegen das jetztige Konzept nicht etwa, weil es zu weit ginge sondern ihnen nicht weit genug geht???

[…]Es gibt auch gute Gründe, diese Internetseiten trotzdem zu sperren. Der beste Grund sind die Kinder. […]

[…]Ich sage ganz deutlich: Es wird nicht reichen, irgendwelche Verträge zu schließen. 75 Prozent der Provider, sagen Sie, würden damit erreicht. Es müssen aber 100 Prozent sein.[…]

[…]Deshalb brauchen wir ein Gesetz, und dafür werden Sie uns auch als Bündnispartner finden, Frau Ministerin, aber nicht für scheinheilige Angebote, die man nicht erfüllen kann. Machen Sie uns eine Vorlage![…]

– Derweil schafft dieses Gesetz mal eben die Unschuldsvermutung, und damit den Rechtsstaat an sich, ab, findet Frau Zypries, und findet das offensichtlich auch ganz OK so:

[…] Eine Strafbarkeit liege schon in dem Moment vor, wenn nicht nachgewiesen werden könne, dass es sich um ein Versehen oder eine automatische Weiterleitung gehandelt habe. […]

– währenddessen überrascht die RZ mit einem prägnaten und glasklaren Kommentar und stellt wenigstens ein klein wenig Journalistenehre wieder her, während Phoenix dieses zarte Pflänchen sofort mit dem großen Vorschlaghammer wieder einreißt und die Regel bestätigt – und dass das Glaubwürdigkeitsproblem dieses Berufsstandes leider doch völlig zu Recht besteht.

– Achso, übrigens: das Gesetz kommt weder aus dem Justiz- noch dem Innen- noch dem Familienministerium. Es kommt aus dem Wirtschaftsministerium. Nur, falls wer nach den wahren Motiven dieses Machwerks sucht. Oder sich in ein paar Wochen wundert, warum im Zusammenhang mit diesen Internetsperrmaßnahmen keiner mehr von KiPo redet sondern nur noch von sogenannten „Raubkopierern“ und Urheberrechtsverletzungen 99,9% der über die IP-Logs „gefassten Kriminellen“ ausmachen…

– Ich überlege grade wirklich ernsthaft, in die Piratenpartei einzutreten. Zumindest aber denke ich ist es wichtiger denn je, dass sie auf dem Wahlzettel steht, deshalb rufe ich jeden auf, zumindest mitzuhelfen, dass sie die Wahlzulassung bekommen und das entsprechende Formular auszufüllen und wegzuschicken. Auch wer sie vielleicht dann doch nicht wählt. Hauptsache Vielfalt auf dem Stimmzettel, auf dass sich die etablierten vielleicht doch nicht ganz so 100%ig sicher fühlen können.

Zensur in D, zweiter Anlauf

Nachdem vor einiger Zeit der Versuch, das Internet in Deutschland zu zensieren, und zu kontrollieren, was der toitsche Surfer sich so anschauen darf, erstmal grandios scheiterte, hat man es nun eilig, scheinbar diesmal ohne lästige Experten (das Gremium wurde ja aufgelöst) den nächsten Versuch zu machen, wahrscheinlich diesmal erfolgreich, Widerstand dürfte seitens Wirtschaft und den meisten Politikern nicht zu erwarten sein, da jeder, der das kritisch sieht sich sofort – mit willfähriger Hilfe breiter Reflektionsunfähigkeit vieler Medien (zum Glück aber diesmal nicht aller)- des Verdachtes ausgesetzt sehen muss, „Kinderpornographie zu unterstützen“, obwohl lange schon klar und logisch ist, dass die Sperrung von Webseiten für normale Surfer dieses angebliche „Geschäft“ nicht anfechten wird, da es – wenn es in der Form wie behauptet überhaupt existiert – bekanntlich über ganz andere Kanäle betrieben wird.

Wie allenthalben inzwischen auch netzbekannt ist, scheinen die Strafverfolger auch garnicht an der Verfolgung und Schließung von KiPo-Servern und Verhaftung ihrer Betreiber interessiert, da die deutschen Server auf Listen anderer Zensurländer wie z.B. Dänemark angeblich schon länger nicht wenige deutsche Server enthalten sollen, die nach wie vor online seien.

Ich surfe jetzt beinahe seit es das Internet gibt in diesem WWW herum und habe vieles gesehen, ich kann von mir behaupten, mich in diesem WWW auszukennen und dürfte alle relevanten Entwicklungen von Anfang an miterlebt haben – aber über Kinderpornos bin ich noch nie gestolpert. Nein, ich habe auch nie danach gesucht. Aber das in der Öffentlichkeit kolportierte Bild des Surfers, den man „schützen“ müsse (denn wenn der aus Versehen auf so eine Seite kommt und sich ein Bild in seinen Festplattencache verirrt hat er sich ja schon faktisch strafbar gemacht), weil es im Internet so einfach sei, über solche Sachen „zu stolpern“ ist ein Ammenmärchen, ich vermute, dass man sich sehr sehr anstrengen muss, um entsprechende Inhalte wirklich so zu finden, dass man sie auch wirklich zu sehen und zu besitzen bekommt, und jemand, der „nur neugierig ist“ und glaubt es deshalb versuchen zu müssen wird IMO auch nicht weit kommen.

Nein, der Normalsurfer wird von den Sperrungen erstmal nichts mitbekommen, solange tatsächlich nur „echte“ KiPo-Server betroffen sind – wie gesagt, ein normaler Surfer surft diese ja nie an, auch nicht aus Versehen. Es geht in Wahrheit schlicht wieder um die Kontrollverlustängste ängstlicher alter Männer, man glaubt wahrscheinlich sogar „das Beste für die Menschen“ zu wollen, und merkt bestenfalls nicht, dass man hier eine Tür öffnet, die man nicht mehr geschlossen bekommt – schlechtestenfalls weiß man das aber auch ganz genau und will das auch so. Erst, wenn, wie in England, auch mal eben Wikipedia oder Archive.org geblockt wird werden wir auch hier mitbekommen, dass wir zwar alles fressen sollen, aber nicht mehr alles wissen dürfen.

Denn natürlich werden alle möglichen Interessenvertreter kommen und dieses Kontrollinstrument auch nutzen wollen, KiPo mag der Vorwand sein, aber wer glaubt, dass dieser Grund für diese Maßnahme der einzige bleiben wird glaubt auch an den Osterhasen oder dass Politiker bei der Wahl zwischen Gemeinwohl und Durchsetzung von Lobbyinteressen stets dem Gemeinwohl den Vorzug gäben.

Natürlich wird der deutsche Internet-Zensurfilter (nichts anderes ist das, egal, wie der Newspeak ihn nennen wird) schnellstmöglich und völlig selbstverständlich für alles mögliche andere ebenfalls genutzt werden, denn was möglich ist wird in der Regel auch getan, siehe Aufhebung des Bankgeheimnisses „nur um organisiertes Verbrechen zu bekämpfen“, Vorratsdatenspeicherung und Ausweitung der Überwachung, faktische Abschaffung von Informantenschutz im Journalismus oder Mandantenschutz für Anwälte , uvm. „wegen der Terroristen“, usw. usw. usw. – längst wird dieser ganze Kram für alles genutzt, bis in die kleinsten Bagatellen hinein, einfach, weil man’s kann. „Anständige“ Bürger sind nicht betroffen? Doch, gerade die. Unanständige nämlich wissen eh, wie sie diesen „Maßnahmen“ entgehen können.

Und siehe, schon in der Vorbereitung dieses zweiten Anlaufes geht es schon nicht mehr „nur“ um Kinderpornographie, offensichtlich ist das Thema doch zu unsichtbar gewesen (was Wunder) um alleine tragfähig zu sein, da holt man doch gleich noch „die Terroristen“ in Form von „Islamistenpropaganda“ ins Boot, die findet man wenigstens auch als Normalsurfer im Netz, zumindest, wenn man wirlich danach sucht.

Moment, nicht Terroristen sondern „Propaganda“ Was ist dann mit anderen Propagandaseiten? Nazis? Kommunisten? Anarchisten? Man will „Propaganda“ filtern, also Versuche von Ideologien, ihre Argumente und Programmatiken darzustellen? Das ist sehr dünnes Eis, denn da ist die Zensur ganz schnell genau da, wo dieses Wort tatsächlich seinen Kernpunkt hat.

Zusammen mit dem inzwischen im Strafrecht angekommenen „Gefährder“, also dem Menschen, dem man eine Straftat zutrauen könnte aber („noch!“, sagt der ängstliche alte Mann) keine beging, hat die Exekutive da langsam ein nettes Arsenal zusammen, um das, was ich in der Schule mal gelernt hatte, was einen – und damals noch „unseren“ – Rechtsstaat ausmachte, unter langsamen Rühren das Klo runter zu spülen.

Am Ende, mangels echter Terroristen und KiPo-Verbrecher, wird dieses Instrumentarium dafür genutzt, wofür es auch in anderen Ländern, die diese Maßnahmen eingeführt haben, genutzt wird: Bagatellfälle, hauptsächlich sogenannte „Urheberrechtsverletzungen“, letztlich die Kriminalisierung von normalen Bürgern aus letztlich wirtschaftlichen Motivationen. Die bösen Raubkopierer sind letztlich ja auch nichts anderes wie Pädophile und Terroristen, mit dem Unterschied vielleicht, dass vielleicht nicht jeder Deutsche ein potentieller Terrorist oder Kinderschänder ist – aber auf jeden Fall ein potentieller Verbrecher, der irgendwelche anderer Delikte begeht, denn was will er denn sonst in diesem „Internet“

Ich glaube nicht, dass die diesen Kram bewusst einführen, weil sie Angst vor Revolte und Aufruhr, die Wirtschaftskrise kam ja nicht wirklich überraschend und ist entgegen der derzeitigen Propaganda auch noch lange nicht vorbei, haben (ich glaube eh nicht, dass „die Deutschen“ zu sowas wie einen Aufstand wirklich fähig wären, da kann man eher auf die Franzosen setzen, die haben das schonmal gemacht, die wissen wie und dass das geht…), auch wenn man nichtmal „professioneller“ Verschwörungstheoretiker sein muss, um einen solchen Eindruck zu bekommen – die seit Jahren gewünschte Freigabe der Bundeswehr für „innere“ Einsätze, die flächendeckende und jeden einschließende Überwachung von Bewegung, Finanzen und Kommunikation, die Veränderung des Strafrechts in ein Präventions-„Recht“, Abschaffung von Hürden für Internierungen (inklusive auch hier „präventiver“ Möglichkeiten zum Freiheitsentzug), jetzt noch die im Entstehen begriffenen Voraussetzungen für Zensur á la China, usw. usf., das ergibt auch ohne Paranoia ein seltsames Bild.

Nein, daran glaube ich nicht.

Ich glaube, dass unsere „Eliten“ nur das tun, was sie seit Jahren tun: rumdilettieren und sich um ihre Konten kümmern.

Wie die tollen Manager und die Banker, die es geschafft haben, Unmengen an Kapital, das von denen, die davon kaum was hatten, erwirtschaftet worden ist, mal eben an der Börse zu verbrennen und zu versemmeln, weil man glaubte, Wirtschaft auch ohne den unbequemen Umweg über Handel, Produkte, Produktion und – ganz schlimm – Menschen und Gemeinwohl machen zu können, so verbaseln die Politiker zusammen mit den Lobbyisten jener ihren Dilettantismus schon bewiesen habender Wirtschaftseliten jetzt in dumpfer gallopierender Blödheit den Rechtsstaat inklusive Demokratie, Menschenrechte, Bürgerrechte und Gemeinwohl und bemerken die Einschläge ebensowenig wie die Banker und Manager, denen ihre Spielschulden von diesem Staat nun mit „unseren“ Steuergeldern, mit denen der Arbeiter und Angestellten, die Kurzarbeit haben oder schon ihren Job verloren haben, nicht nur beglichen werden sondern die auch noch dran verdienen (wenn ich höre, dass die HRE jetzt doch nicht enteignet sondern sogar über Wert „gekauft“ werden soll, dann bleibt nur noch ohnmächtige Wut – auch über jeden Trottel, der jetzt noch FDP wählt, die als erste dieses Vorgehen begrüßt und ganz arg toll findet).

Ich glaube, dass es hier am Ende wieder nur hauptsächlich um Wirtschaftsinteressen und Lobbyismus geht.

Die merken das echt nicht. Das ist die einzige vernünftige Erklärung für diesen Wahnsinn.

Kann nicht anders sein. Alle anderen Erklärungen würden über kurz oder lang zu Mord und Totschlag führen müssen.

Dummerweise ist zu befürchten: auch diese Erklärung birgt die Gefahr, dass es über kurz oder lang zu Mord und Totschlag kommen wird.

A propos Dilettanten – ich mag keine Zensur, deshalb stelle ich eben mal meine Interneteinstellungen um, kleinen Moment, dauert nicht lange…

Auf die Messe

Gestern früh um vier aus England zurückgekommen, dann mit Karan und Duke gestern und heute nochmal am Publikums-Großkampftag auf die Musikmesse, wobei uns heute in alter Tradition Volkmar wieder begleitet, und dann morgen ein Ruhetag, an dem ich hoffentlich dann auch dazu komme, die vielen Fotos von London und Südengland hochzuladen, dann gibt es inzwischen auch einen Haufen lustiger Videos von der FAWM-Over-Party (vielleicht ist dann auch endlich der Zombie-Song da, das war der Knaller des Abends, fand ich 😀 ) – und ausschlafen. Vor allem das.

Dartmoor - Schaf

Steve Lukather

Eigentlich ist es ganz einfach

Warum das mit dem „Aufschwung“ und dem Konsum – und damit der Wirtschaft außerhalb reiner Finanzrumschiebereien und dazugehöriger Zinswirtschaft – also dem, was man heute neudeutsch „Realwirtschaft“ nennt, wo man mit echtem Geld echte Dinge herstellt, kauft und verkauft, nicht klappen kann ist eigentlich nicht allzu schwer zu verstehen, möchte man meinen.

Diese Tendenz ist ja auch nichts neues, im Gegenteil, das geht ja nun schon (teils mehr als) ein ganzes Jahrzehnt so, dass die Umverteilung des Geldes von Masse auf wenige „Eliten“ dazu führt, dass die Kaufkraft der Masse – und damit die komplette hiesige Binnennachfrage – inzwischen völlig irrelevant geworden scheint. An den Autobauern kann man inzwischen allerdings gut erkennen, dass das vielleicht doch keine so tolle Idee war, mittel- bis langfristig. Aber solange weiterhin BWL herrscht wo eigentlich VWL was zu sagen haben sollte und sich die korrupten „Eliten“ und Politikerdarsteller dieses Landes weiterhin ausschließlich um ihre Pfründe und deren Erhaltung kümmern, wird sich da trotzdem nix ändern. Somit erwarte ich die zigste Wiederholung dieser Überschriften auf den Newsseiten spätestens wieder nächstes Jahr.

Wir schalten nun um nach Frankreich zu diesen Franzosen.

Nachtrag: Und weil man das hier nicht oft genug zeigen kann:

SONYs neues Gerät

Soso, hörte ich heute früh im Radio, seit heute könne man einen neuen, innovativen, supertollen E-Book-Reader von SONY erstehen und es wäre ein waaahnsinnig tolles neues Teil das tolle Sachen könne und so. Und freilich nur rund 300 Öcken kostet, was ja quasi geschenkt ist für ein Computerdisplay zur Darstellung vieler Buchstaben nebeneinander in schwarz auf grau oder so…

…da dachte ich doch sofort an die stets großartigen Leute von „The Onion“ und reiche gleich weiter zur weiteren Berichterstattung… Bitteschön:

Apropos Steuergelder

Das „Konjunkturpaket“ wird uns, die wir’s bekanntlich bezahlen (also die Generationen ab Jahrgang 1960-2134) ja bekanntlich damit verkauft, dass da ein Haufen Kohle ausgegeben würde für Schulen, Bildung, Gesundheit, Infrastruktur und sonstwie der Allgemeinheit zu Gute kommendes.

Ach? Auf eine Anfrage der Linken wurde laut tagesschaublog folgende Antwort gegeben:

Für konjunkturstützende Maßnahmen im Bereich des Investitions- und Ausstattungsbedarfs der Ressorts sollen dem Bundesministerium der Verteidigung 226,17 Mio. Euro zur Verfügung stehen.

Das tagesschaublog zählt weiterhin auf, was es dafür gibt:

[…] unter anderem 1000 Maschinenpistolen vom Typ MP7, 34 Dingo2 (ein Art gepanzerter Unimog für Patrouillenfahrten), zehn Fennek-Spähwagen und 37 zum Teil gepanzerte Tanklaster. Außerdem gibt’s zur Bescherung noch Minenjagdausrüstung, chirurgische Instrumente, Zelte, Stromgeneratoren, Toilettenanlagen (nein, keine gepanzerten Dixi-Klos) und ein „schocksicheres“ Mehrzweck-Messboot (Kostenpunkt:23 Millionen Euro) […]

Kann das sein, dass sich da wer einen Haufen Kohle abzweigt, weil einfach die Gelegenheit zu günstig erscheint? Fast eine viertel Milliarde, das ist ja nicht gerade Portokasse, das ist schon richtig kräftig reingelangt in den großen Topf.