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Und tschüss, Gewaltenteilung

Nachdem in den letzten Jahren alle paar Monate der Einsatz der Armee im eigenen Land gefordert wurde und das blöde Volk das irgendwie nie so richtig gut zu finden schien, obwohl seit Jahren munter eine Terrorgefahr an die Wand gemalt wurde (wieviele Anschläge (und ich meine nicht Farbbeutelattacken oder mal ein etwas lädiertes Auto! Ich zähle: genau 1 verranzten Versuch von Volldilettanten.) gabs denn seit 2001 in Deutschland? Und wieviele, die die Bezeichnung wirklich verdient haben, gabs davor, ohne dass irgendwer die Armee gebraucht hätte? Ich kann mich an kaum eine Zeit erinnern, die Terrorärmer war hier in D als die letzten Jahre!) haben SPD und CDU das nun halt ohne große Vorschlagzeilen durchgewunken.

Der Verschwörungsparanoiker könnte sich natürlich nun fragen, warum jetzt doch und warum so schnell? Obs was damit zu tun hat, dass sich demnächst manche Banker vor einem Lynchmob werden fürchten dürfen, wenn Omas Gespartes vom Weihnachtsbonus des netten Sparkassen-Filialleiters von nebenan aufgefressen worden ist? Ein Schelm, wer böses dabei denkt….?

Egal, ob feuchter Traum von Militaristen oder einfach nur angstgetriebene alte Männer in irrationaler Furcht vor Schuld und Hölle: die Möglichkeiten jedenfalls erscheinen nun grenzenlos, denn:

[…] Anders als von der SPD ursprünglich gefordert muss der Unglücksfall oder Anschlag nicht „unmittelbar“ drohen; es genügt, dass die Polizei Indizien für einen zukünftigen Anschlag hat. […]

was ein „Anschlag“ und „Indizien“ für „Terror“ in den Augen des Staates schon sein kann ist ja inzwischen ja hinlänglich bekannt.

Ich plädiere übrigens dafür, die SPD und die CDU/CSU durch den Verfassungsschutz beobachten zu lassen, da sie für mein Dafürhalten völlig offensichtlich „auf die Überwindung der herrschenden Staats- und Gesellschaftsordnung ausgerichtet“ sind. Wer, wenn nicht die, die Zeug beschließen, die alles abschaffen, was ich in der Schule im Gemeinschaftskundeunterricht als absolute Grundlagen dieses Staatskonzeptes gelernt habe? So viele Grundgesetze kann ich garnicht bestellen und verschicken, die da nötig wären, um diese offensichtlich immensen Wissenslücken zu schließen.

Für mich sind die CDU/CSU und die SPD absolute Verfassungsfeinde. Und das meine ich nichtmal sarkastisch oder sonstwie übertrieben, sondern sehr sachlich und nüchtern.

Nachtrag: auch hier und da

Nachtrag: Yes, go, Föderalismus, go, go, go – naja, bei den derzeitigen Stimmenverhältnissen ist eine GG-Änderung zum Glück eh noch recht unwahrscheinlich.

Kunst ist Luxus und Musiker sind reich

oder hätten halt was vernünftiges lernen sollen, andere arbeiten ja auch noch neben ihrem Hobby. Das ist die Meinung in Deutschland, offensichtlich, schrob ich vor einigen Tagen im Singvøgel-Weblog in Hinblick auf die Bestrebungen der Politik, mal eben diese lästige Künstlersozialkasse abschaffen zu wollen. Ja, das ist akut vom Tisch. Nein, natürlich wird das nun alle paar Monate zur Disposition stehen, bis es irgendwann, zur Not halt Freitag abends kurz vor der Sommerpause, unbesehen durchgewunken wird. Wie so manches andere, das mehr oder weniger mit Kultur zu tun hat, ja auch, oft völlig unbemerkt von der Öffentlichkeit, nur die Betroffenen kriegen es mit. Hinterher.

Wie die wirklich Realität aussieht kann man in sehr berührender Form bei Slidetone nachlesen, der über das Schicksal von Alex Parche (vielleicht kennt wer die Zeltinger Band?) berichtet – und über die Musiker-helfen-Musikern-Aktion der Zeitschrift „Gitarre & Bass“, mittels der Geld für die Rehamaßnahmen gesammelt wird. Die Unterstützerliste ist beeindruckend, ebenso wie die Sachspenden namhaftester Firmen. Eine tolle Solidarität, die man hier sehen kann.

Dass es diese Solidarität gibt ist erfreulich und ermutigend.

Dass sie offensichtlich bitter nötig ist, um einem ja nicht einmal unerfolgreichen Musikerkollegen mitten in Deutschland die notwendige medizinische Hilfe nach einem Schlaganfall zu ermöglichen ist mehr als peinlich für eines der reichsten Länder der Erde, das sich überdies gern selbstbeweihräuchernd eines der „Dichter und Denker“ nennt.

Mein Namensvetter schreibt denn auch leicht verwundert:

[…]Ich habe schon einige Male Support-Gigs für Musiker aus USA gespielt, die den Rest ihres Lebens dafür touren werden um offene Krankenhaus Rechnungen zu bezahlen. Und bis heute dachte ich, das das nur US-Musikern passieren kann […]

Aber Künstler, speziell Musiker, sind ja eh stinkreich. Oder hätten halt besser was vernünftiges gelernt. Spitzweg lässt grüßen. Aber davon hatten wir’s ja auch schon vor zwei Jahren mal.

In Bayern geht also die Welt unter

nur weil dort nach 40-jähriger Quasi-Monarchie auch endlich mal Zustände einkehren, wie sie im Rest der Republik – also in den halbwegs demokratisch regierten Ländern – seit Einführung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung schon lange Standard sind – bzw., auch für Bayern: sein sollten.

Spannend: Ob die Bayern wohl zurechtkommen, mit dieser ominösen „Demokratie“ Die haben ja regelrecht die Hosen voll, inklusive völlig hysterischer Medien, die mit der Situation auch irgendwie überfordert scheinen – hallo? Wahldesaster? Mit 46%? So kann man nur in Bayern rechnen.

Dass das Prinzip „Demokratie“ im Sinne: „alle Leute wählen lassen und am Ende schauen, wer eine Mehrheit hat“ für Bayern und speziell die CSU ein offenbar höchst befremdliches zu sein scheint zeigte sich ja schon im Umgang mit dem Umstand, dass sich für den CSU-Vorsitz doch tatsächlich zwei Menschen bewarben, sprich, nicht wie üblich einfach der Ausgeguggte abgenickt werden durfte (an was erinnert mich das denn eigentlich…) sondern eben – oh Gottotgottogott, welch Unerhörtheit – sich der gemeine CSUler doch tatschächlich entscheiden musste, wählen, ja gar die Macht haben, zu entscheiden, wer’s denn nun werden solle, auch wenn er nicht „Stoiber“ oder „dessen Seilschaft“ oder „wessen Seilschaft auch immer“ hieße.

Und nun hat dieser unglückliche Zustand also auch noch die Partei verlassen und das ganze Land erfasst. Auch Bayern entdeckt nun die Demokratie und den Pluralismus. Na dann: Schau’mermal.

P.S.: aber freilich: auch diese fundamentale Umstellung der bayrischen Lebensumstände fand wieder ohne Zutun oder sonstig relevante Beteiligung der SPD statt. Aber das hat wohl auch niemand ernsthaft erwartet. Weder von Bayern, noch von der SPD.

Kratzen?

Was soll denn das?? Seit wann muss ich noch vor meinem Geburtstag schon Autoscheibe freikratzen? Und damit wertvolle Minuten verlieren, so dass ich auch noch meinen Zug verpasse? Wo ist die Erderwärmung, wenn man sie mal braucht? Hängt irgendwo sinnlos in der Arktis rum, oder was, und ich darf mich in die morgendliche Rushhour einreihen! Nichtmal auf den Drecksklimawandel ist Verlass!

Fair Trade Festival 2008

Am 13. und 14. September 2008 findet in Würzburg das erste „Fair Trade Festival“ statt. Für grade mal 3€ Eintritt gibt es neben einer ganzen Menge interessanter Bands auch einen Haufen Infos zum Thema fairer Handel etc. und einen Marktplatz.

Und, natürlich nicht zu vergessen:
Am Sonntag ab 16:30 Uhr spielen die Singvøgel 😉

So, und jetzt ab ins Auto, denn damit das auch was gescheites wird muss nach zwei Wochen Inselurlaub dann doch nochmal besser das Programm durchgeprobt werden. Außerdem hab‘ ich extremen Schlagzeugentzug, und das ist auf Dauer nervig. Weniger für mich als für alle anderen, die mein auf-dem-Tisch-Getrommle etc. aushalten müssen, und mein „Ich bin nicht nervös, ich bin Schlagzeuger“ – Shirt ist grad in der Wäsche *g*

Wäre schön, den ein oder anderen am Sonntag zu sehen 🙂

Gruss von der Insel

So sitze ich dann hier in einem Internetcafe in Dingle, um in einer halben Stunde ein Konzert mit „richtiger“ traditioneller Musik zu besuchen, also nicht so ein .

Das Zelt steht schon auf dem westlichsten Zeltplatz der Insel direkt neben dem Gallarus Oratory und wartet. Hoffentlich wird das Wetter morgen brauchbar, denn die „Three Sisters“, Slea Head usw. sind nochmal so atemberaubend als schon sowieso, wenn die Sonne ihren Teil beisteuert.

Achso, ich habe mein Notebook vergessen. Das ist etwas aergerlich, alldieweil das die Speicherkapazitaeten bzw. deren Flexibilitaet etwas handycapt, quasi. Naja, muss ich durch…

Urlaub

Ich habe tatsächlich Urlaub. Und seit langem mal nicht nur so ein paar freie Tage, sondern so richtig Zeit, drei Wochen, in die ich gemütlichst mitten rein (sprich: in ein paar Tagen gehts erst los) eine kleine Reise zusammen mit meiner Lieblingssängerin auf die Insel legen kann – ohne Hektik davor oder danach zu haben.


Größere Kartenansicht

Mit Sicherheit werde ich wohl einen Haufen Fotos mitbringen. Vielleicht schaffe ich es ja, von unterwegs mal reinzuschauen und ein Lebenszeichen abzugeben. Ich freu‘ mich schon, vor allem aber bin ich neugierig, denn das Ganze ist nicht nur so zum Spaß, sondern ist als eine Art musikalische Arbeitsreise für Karans nächstes Soloprojekt gedacht und wird hoffentlich ein paar interessante Aufnahmen für die neue CD abwerfen.

Die BILD ruft also…

bei der tagesschau an, weil die sich erdreistet, nicht auf ihre Themen anzuspringen. Einer Zeitung gegenüber, die meinem Eindruck nach unter anderem (das andere wäre dann hauptsächlich wohl Titten, Promischmutz, Persönlichkeitsrechtsverletzungen, Vorverurteilungen und Vorurteile, wie sich mir das so darstellt) davon lebt, solche Verbrechen zu „vermarkten“ und faktisch Profit aus dem Tod von Menschen, Kindern gar, zu schlagen, ist die Tagesschau nun wirklich keinerlei Rechenschaft oder auch nur eine Rechtfertigung schuldig.

Datenschutz…

…muss wohl inzwischen wirklich sowas sein wie freiwillig den Müll runterbringen oder nicht den Joghurt des WG-Genossen essen, der da noch im Kühlschrank steht – man machts halt, wenn man grad gut drauf ist und nichts „besseres“ zu tun hat. Ansonsten kanns einem auch am Arsch vorbei gehen, offensichtlich.

Anders ist mir die offensichtliche Willkür nach dem Motto „Mit dem was ich habe kann ich machen was ich will“ im Umgang mit persönlichen Daten seitens Wirtschaft, Ämtern, Behörden, Innenministern etc. pp. wirklich nicht mehr erklärlich. Hallo? Persönliche Daten „gehören“ nicht dem, der sie irgendwo verwaltet sondern dem, den sie beschreiben. Sie anderen zugänglich zu machen, zu welchen Zwecken auch immer, ist Datenmissbrauch. Das ist keine „moralische“ Frage. Die informationelle Selbstbestimmung (so heißt das nämlich) gehört zu den Bürgerrechten in diesem Land. Noch jedenfalls.

[…] Die DAK übertrug 200.000 Datensätze mit vertraulichen Gesundheitsinformationen an die Privatfirma Healthways, die im Auftrag der Kasse chronisch kranke Patienten kontaktiert. Die Beratung von 40.000 Patienten aus Bayern und Baden-Württemberg erfolgt von einem Call-Center bei Berlin aus. […]

Schuld – die Rückkehr ins Paradies

Schuld f. Mhd. schulde, schult, ahd. sculd(a), as. skuld aus germ. *skuldi- f. ‚Schuld’, auch in anord. skyld, ae. scyld, afr. skelde.Verbalabstraktum zu dem in ‚sollen’ vorliegenden Verb.

Kluge, Etymologisches Wörterbuch d. dt. Sprache. Berlin, New York 1989

sollen Prät.Präs. Mhd. suln, soln, ahd. (3.Sg.) skal, as. scalaus germ. *skal Prät.Präs. (3.Sg.) ‚schulden, sollen’, auch in got. skal, anord. skal, ae. sceal, afr. skel, skil. Die Ausgangsbedeutung ist ‚schulden’. Die Bedeutung von ‚schulden’ hält sich in der Kaufmannssprache noch lange; auf ihr beruht kaufmännisches ‚Soll’ in der Buchhaltung. Weitere Herkunft unklar.

Kluge, Etymologisches Wörterbuch d. dt. Sprache. Berlin, New York 1989

Das Funktionieren von Gesellschaften und deren Kontrolle beruht auf Normen. Am besten auf Normen, die “internalisiert” sind, also nicht mehr als Normen zur freien Wahl erkennbar sind, sondern als Programm übernommen, “verinnerlicht” sind und bei Bedarf abgerufen und in die Tat umgesetzt werden – ganz von alleine.

Die Eckpfeiler für diese Normen und Handlungsmuster bilden Kategorien – die die Struktur für sogenannte “Werte” einer Gesellschaft vorgibt. Da nun aber “Wert” inzwischen schon selbst eine Kategorie unserer derzeitigen Gesellschaft ist (was zugegeben geschickt ist, denn damit wird der Inhalt durch die Form geschützt), die mit der Assoziation von Gut und Böse verknüpft ist, wird es immens schwer, Werte wertfrei zu betrachten.

Darum nähere ich mich diesem Feld – Strukturbedingt – vom Bereich der Kategorien her. Ich verstehe diesen Begriff hier so, dass eine Kategorie die Basis, das Gerüst ist, das durch seine Strukturvorgabe bestimmt, wie die mit einer Gesellschaft verknüpften Wertmaßstäbe aussehen.

Kategorien sind sozusagen die Übereinkunft über die “Form” des Maßes – der Urmeter, ohne den davon abgeleitete relative Angaben wie “groß” oder “klein” im Wortsinne “wertlos” blieben.

Im Kategoriensystem sieht das so aus, dass ich ohne eine Kategorie “Gut” bzw. “Böse” Dinge die jemand tut nicht bewerten kann und ohne diesen Wert kann ich damit keine Reaktion des Umfeldes (im Kategoriesystem unserer Betrachtung: Sanktionen, Strafe, Belohnung) ableiten. Ein mir bekanntes Wertesystem überrascht mich also im besten Falle nicht sondern bietet mir Handlungssicherheit und Berechenbarkeit z.B. von Konsequenzen.

Eine Betrachtung des aktuellen, internalisierten, Kategoriensystems soll hier auch dabei helfen, eine freie Wahl möglich zu haben: wenn ich nicht weiß wo ich bin kann ich auch keine Richtungsbestimmung und –änderung vornehmen, geschweige mich bewegen – oder in freier Entscheidung auch stehen bleiben.

Schuld nun ist ein Kategorienkomplex, der wie kein anderer in unserer heutigen Gesellschaft, und damit auch in uns, in internalisierter Form, verwurzelt ist und vielfältige Handlungsmuster und Denkschablonen vorgibt.

Dumm nur, dass dieser Komplex zu den Kontrollinstanzen und nicht etwa zu Problem- geschweige denn Konfliktlösungsmustern zählt. Das System der Schuld in der heutigen Form dient einzig dazu, zu verhindern.

Es verhindert Selbstreflexion. Es verhindert Lösungen. Es verhindert bewusstes Denken. Es hält klein und dumm. Es hält unter Kontrolle.

Die Frage “wer ist daran schuld” hat noch nie zu Lösungen geführt, nur solche aufgehalten, denn an konstruktive Strategien kann man sich innerhalb dieses Kategoriensystems erst setzen, wenn die sogenannte Schuldfrage geklärt ist.

Verflixt dabei ist auch, dass, da es sich um ein Handlungsmuster handelt, diese Schuldfrage eng mit Strategien der Verantwortungsverdrängung verknüpft ist:

Schuld ist man niemals selbst. Immer andere, oder, wenn man sonst nichts findet, die ominösen “Umstände”, die “Situation” (oder das Wetter, schwarzmagische Angriffe, die Christen, die Erziehung, die Gesellschaft) – sogar das System “Schuld” selbst.

Das ist das schöne und verführerische an diesem System: bei geschickter Anwendung verspricht es dem Benutzer völlige Handlungsfreiheit, selbst entgegen gängiger Werte und ethischer Vorstellungen, bei gleichzeitiger Unabhängigkeit gegenüber jeglicher persönlicher Verantwortung.

Ein paradiesischer Zustand. Die Unschuld, bevor diese dumme Geschichte mit dem Baum der Erkenntnis passierte. Der Preis ist der Lohn: ich gebe meine Eigenverantwortung ab.

Kommen wir nun zu den Nachteilen dieses Systems – es gibt da nämlich dummerweise ein paar.

Zur Erinnerung: Dieses System dient mitnichten als Problemlösungsstrategie oder Erkenntnisweg – im Gegenteil: das Versprechen, sich in einen paradiesischen Unschuldszustand zu begeben hat nur einen Zweck: Kontrolle über die Person, die diesen Zustand erreichen möchte.

Jemand, der immer jemanden oder etwas findet, das “schuld” ist an den Dingen, die eigentlich in dessen Verantwortung stehen, muss nicht mehr reflektieren. Nicht mehr lernen.

Fehler, an denen andere oder “die Umstände” schuld sind, dienen somit nicht länger zur Reflexion, die solche Fehler in Erfahrungen umzuwandeln im Stande wäre.

Dummerweise haben es “ungelöste” Fehler so an sich, dass man sie wiederholt, und jedes Mal ein wenig heftiger – und man hat nunmehr zwei Möglichkeiten, jedes mal, wenn man diesen Fehler begeht – natürlich mit der Fehlergröße entsprechender Heftigkeit, vor allem, wenn es sich um Wiederholungen handelt:

  • Begreifen, welche Ursache der Fehler tatsächlich hatte und damit für eine Handlungsalternative sorgen – mit dem Risiko, dass auch diese Alternative ein Fehlerrisiko, das man noch nicht kennt, verbirgt. Das nennt man dann Verantwortung übernehmen.
  • Einen Schuldigen suchen, mit dem beruhigenden Gefühl, sich nicht auf Unbekanntes einlassen zu müssen und gewohnte Pfade nicht zu verlassen – Unbekannt bedeutet immer Risiko und gewohnte Handlungsmuster bieten Sicherheit.

Übrigens: begreift man diese Reaktion auf einen Fehler selbst als einen Fehler, dann gilt die Sache mit der Wiederholung, dem Steigern, dem Verdrängen und wieder steigern und noch anstrengender Verdrängen hier natürlich auch…

Nun erzähle ich die ganze Zeit, dass diese zweite Reaktionsmöglichkeit keine Lösungsstrategie ist. Das will ich nun auch noch kurz belegen.

Das Problem, die Schuldfrage aufzustellen liegt nämlich darin, dass man nicht nur mit dem Finger von sich weg sondern auch noch woanders hin zeigen muss: ein Schuldiger außerhalb der eigenen Person muss her. Und das bedeutet immer eines: die eigene Scham, die eigene Verletzung, die man sich beigebracht hat, die irgendwo doch im Hinterkopf nagende Erkenntnis, das so gern “schlechtes Gewissen” genannt wird, muss woanders hin.

Das bedeutet: ich muss, um unschuldig sein zu können, die Verletzung jemandem anderen beibringen. Jemandem Schuld einreden. Jemandes Gewissen ansprechen, auf dass dieser sich schuldig fühlt, die Schuld übernimmt, sich schämt.

Aber wozu gibt es Freunde – oder man macht sich halt schnell mal einen Feind, dann helfen einem Freunde sogar noch dabei, diese Mechanismen umzusetzen, denn die wollen ja auch nicht schuld sein, und wenn nur daran, dass sich ein Freund schlecht fühlt.

Da die Natur der Schuld eine Internalisierung ist, ist sie immer etwas höchst persönliches. Lösungen, Ausgleiche, Korrekturen betreffen aber nun mal immer Dinge, Sachen, Umstände – Schuld auf einer sachlichen Ebene gibt es deshalb nicht.

Um die Schuldfrage dennoch stellen zu können, muss deshalb jegliche Sachform vermieden werden und die Dinge, der Fehler, das Problem auf eine persönliche Ebene gebracht werden – nur dort kann man die Sache verdrängen und die Schuld zuweisen. Dann ist das Ganze eben ein “persönlicher Streit” oder “Beleidigungen” oder ähnliches – und das Problem der Verantwortung für eine Sache ist gelöst – keine Sache, keine Verantwortung.

Eine Gesellschaft, die auf einen solchen Mechanismus aufbaut löst freilich keine Probleme mehr, keine Aufgaben – denn die Aufgabe ist gelöst: es ist ein Schuldiger gefunden, mehr braucht es nicht. Keine Alternativen. Kein Lernen. Kein Denken. Kein Hinterfragen der Normen. Die Eckwerte der Gesellschaft in Form seiner Normen und Werte sind absolut sicher.

Und zu mehr ist dieser Kategorienkomplex auch gar nicht gedacht: er dient zur Sicherung der Normen und Regeln. Deshalb ist die Folge der Schuldfrage auch niemals eine Problemlösung oder ein Ausgleich sondern immer eine einseitige Sanktion, eine Strafe – eben das klassische Mittel, eine Norm durchzusetzen.

Da hat sie sich verraten, die Schuld.

Selbst Schuld.

Wie gut dieses System funktioniert kann man mühelos um sich herum feststellen, sei es in der Politik, die sich seit Jahren mit Hilfe der Schuldfrage um sämtliche Probleme bzw. deren Lösungen zu drücken vermag, über die Wirtschaft, die mit Hilfe dieses Systems sich nach und nach jeglicher Verantwortung gegenüber Arbeitern, Angestellten, Volkswirtschaft usw. entledigen, dem normalen Bürger, der sich so unter dem Vorwand falsch verstandener “Eigenverantwortung” von jeglichem Solidaritätsgefühl befreien kann bis hin zu den Kindern, die schon früh lernen, dass “aber doch der andere das-und-das (auch) gemacht” habe.

Wer anfängt, darauf zu achten ob und wo die Schuldfrage gestellt wird feststellen, dass dies allgegenwärtig ist, im Privatleben, auf der Arbeit, die Zeitungen und Nachrichten, die voll davon sind, Kinder, Eltern, Oma, Opa – alle weisen Schuld woanders hin zu und von sich weg und winden und drehen sich, nur um keine Verantwortung übernehmen zu müssen – und um niemals zu wissen, was Freiheit ist.

Ein mächtiges Instrument unserer westlichen Zivilisation. Man könnte meinen man müsse ein Übermensch sein, um sich gegen so was behaupten zu können. Bis man es mal tut. Und plötzlich wird der Riese zum Zwerg.

Zum Schluss noch ein paar Sätze, wahllos hingerotzt – vielleicht ertappt man sich selbst mal bei der Verwendung eines solchen Fragmentes.

Wenn ja, sollte man sich einmal einfach fragen, ob man den Satz wirklich zu Ende sprechen will, den man da angefangen hat, reflektieren, ob man tatsächlich von Verantwortung spricht oder gerade in die Schuldfalle getappt ist. Internalisierung funktioniert nur solange, solange man sich der Natur der Norm nicht bewusst ist – bzw. nicht bewusst ist, dass sein Handeln nicht auf freiem Willen sondern auf dem Handlungsmuster einer Norm beruht.

Freiheit bedeutet, sich der Natur einer Norm bewusst zu sein, und sich bewusst dafür oder für eine Alternative zu entscheiden (einfach “dagegen” reicht da nämlich nicht, um vom Kategoriensystem unabhängig zu sein) – jedes Mal aufs neue. In eigener Verantwortung.

“Da bin ich nicht schuld …”
“Da ist [name oder umstand einsetzen] schuld!”
“Das ist dumm gelaufen, aber das war…”
“Da kann ich nichts dafür, das ist …”
“Aber der [name oder umstand einsetzen] hat…”
“OK, ich hab einen Fehler gemacht, aber eigentlich…”
“Ich wollte eigentlich …”
“Aber ich meinte es doch gut…”
“Wenn [name oder umstand einsetzen] nicht wäre, dann…”
usw.

Und wer mir jetzt kommt mit “Wusste ichs doch: die Christen sind schuld, dass ich so blöde Handlungsmechanismen habe” sollte sich den Artikel ganz entspannt nochmal von vorn durchlesen…

Diesen Text schrob ich 2003, wiederveröffentlicht 2008, nachdem das alte Blog mal kaputt gegangen ist.

Bankkontodatenhandel? Wozu das denn?

Wer sich fragt, wozu jemand Geld ausgibt, um solche Daten zu erwerben (und warum es Scheiße ist, wenn solche Daten von Firmen nicht nur schlampig verwaltet sondern gar bewusst rausgegeben werden) lese bitte einfach hier weiter… sollte einfach mal in einem Callcenter für kaum ne Hand voll Euro/h anschaffen gehen, wo man mit ebensolchen Bankdaten per Rückfrage-verwirrungsspielchen mit Leuten Verträge abschließen muss, ohne dass die das merken. Dass für ein „Ich möchte nur eben prüfen, ob meine Daten hier stimmen“ auch korrekte Daten benötigt werden, um diese Tricks wirken zu lassen, liegt auf der Hand. Aber was soll das schon, Datenschutz, das ist doch bloß wieder so ein linkes Gedöns (#7).