Archiv der Kategorie: Medien

Held sein.

Judith von den Helden gibt die einzig richtige Antwort auf Jung von Matts Anfrage, ob sie bzw. „Wir sind Helden“ nicht Werbung für die BILD machen wollen:

„Ich glaub es hackt!“

Und begründet dies deutlich:

[…]Die BILD -„‹Zeitung ist kein augenzwinkernd zu betrachtendes Trash-„‹Kulturgut und kein harmloses „Guilty Pleasure“ für wohlfrisierte Aufstreber, keine witzige soziale Referenz und kein Lifestyle-„‹Zitat. Und schon gar nicht ist die Bild -„‹Zeitung das, als was ihr sie verkaufen wollt: Hassgeliebtes, aber weitestgehend harmloses Inventar eines eigentlich viel schlaueren Deutschlands.

Die Bildzeitung ist ein gefährliches politisches Instrument „” nicht nur ein stark vergrößerndes Fernrohr in den Abgrund, sondern ein bösartiges Wesen, das Deutschland nicht beschreibt, sondern macht. Mit einer Agenda.[…]

Und ich unterschreibe das Wort für Wort. Und bedaure all die Zyniker, die hinter dieser Replik ihrerseits nur einen PR-Trick zur Selbstvermarktung vermuten können. In deren Welt voller Misstrauen und Missgunst leben zu müssen, in der nichts und niemand mehr ohne Hintergedanken möglich scheint wäre mir ein Grauen. Arme Schweine.

(Die Helden-Seite ist im Moment völlig überlastet. Sobald wieder ein Deeplink möglich ist werde ich den nachsetzen)

Nachtrag:

Die BILD schaltet also in der taz eine ganzseitige Anzeige, in der sie Judiths Brief abdruckt und für ihre eigene Werbung missbraucht. Nicht überraschend, dass die BILD versucht, das Spiel weiterzuspielen, und erfrischend, dass „Wir sind Helden“ sich entschieden, über dieses Stöckchen nicht zu springen und sich auf kein Ping-Pong-Spielchen einzulassen.

Enttäuschend allerdings die taz selber, die diese Anzeige allen Ernstes abdruckt. Folgerichtig ist „Interessant übrigens, dass sich die taz dafür zur Verfügung stellt“ in meinen Augen der wichtigste Satz in diesem Interview.

Die taz hatte die seltene Wahl, sich als „Helden“ oder „Mediennutten“ zu erwiesen. Und hat sich für letzteres entschieden. Die taz hat damit ihre Seite gewählt: das System. Speziell: das System „BILD“. Damit weiß ich nun, was vom regelmäßigen BILD-Bashing der taz zu halten ist: ein gegenseitiges kalkuliertes „Win Win“. Und was von dem Image des „alternativen“ Mediums: Nichts. Gut zu wissen.

 


Nochmal zu dieser Pranger-Sendung bei RTLII

Dass ich der Meinung ist, RTLII mache Profite und Frau zu Guttenberg Eigenpublicity mit und auf dem Rücken von missbrauchten Kindern, und dass diese deshalb in meinen Augen Teil des (angeblichen – eher müsste ich sagen „die wahren Protagonisten des“) Geschäfts mit dem Missbrauch von Kindern sind, habe ich ja schon letzte Woche gesagt.

Es hat jetzt genau zwei Folgen gebraucht, um den ersten Fall zu haben, der andeutet, wie es weitergehen wird, wenn die damit weitermachen.


Die Eskalation in Stuttgart ist nicht einfach „passiert“

Falls sich jemand fragt, warum das gestern bei der Stuttgart21-Demo so geknallt hat: Nein, ich bin nicht der Meinung, dass das „passiert“ ist, ich denke, dass das „gewollt“ war: Strategisch war es schlicht der richtige Zeitpunkt, von Deeskalation auf Eskalation zu wechseln, und ich unterstelle, dass das genau deshalb zu diesem Zeitpunkt erfolgte.

Eine Eskalation bringt nichts, wenn man sie nur „ein bisschen“ macht, „ein bisschen“ wäre im Gegenteil ein Indiz für ein Entgleiten der Situation, das kann passieren, hätten aber alle Beteiligten so eigentlich nicht gewollt. Hier gab es aber nunmal einen deutlichen Sprung, was IMO eine bewusste Entscheidung vorraussetzt und ich das, was da gestern passierte, als genau so „Gewollt“ anzusehen habe. Wenn eine Eskalation „wirken“ soll, muss sie einen deutlichen Unterschied zu „vorher“ haben, um eine Schockwirkung zu erzielen. Und damit Angst, Unsicherheit und über Ohnmacht letztlich auch Resignation zu verursachen.

Der Zeitpunkt ist deshalb „gut“, weil zu befürchten stand, dass es „schlimmer“ wird, wenn nicht jetzt „gestoppt“ wird. Man hatte lange gewartet (und gehofft), dass die Demo-Lust vor allem auch mit Anbruch des Herbstes mit Regen und Kälte von alleine abflaut und man im Herbst halbwegs ohne Gegenwehr mit der Arbeit vor Ort beginnen könnte. Das Gegenteil war der Fall und die Tendenz machte wenig „Hoffnung“, dass die Arbeit ungestört durchgezogen werden könnte.

Die Message an den gutbürgerlichen Normalschwaben wurde deshalb deutlich gesetzt: wer jetzt noch zu einer Demo geht kann sich seiner körperlichen Unversehrtheit nicht sicher sein.

Der Innenminister sagte das dann ja auch hinterher ebenso deutlich, gerichtet an Kinder, Mütter, Eltern: Wer zu einer Demo geht und dort verletzt wird ist selber Schuld wenn er auf’s Maul kriegt, es ist auch nicht verhandel- geschweige denn verhinderbar, denn es ist eine Zwangsläufigkeit konstruiert, denn man „müsse“ ja „das Recht mit allen Mitteln durchsetzen“ – Alternativlosigkeit und so, nicht dass man das so wollte, aber es ginge ja nicht anders, da ist dann auch niemand „Schuld“ außer denen, die unvorsichtigerweise dahin gehen, denn man habe ja „keine Wahl“, kennt man ja.

Es ging also schlicht um deutliche und wirksame Abschreckung für die Zukunft unter Inkaufnahme von ein paar Tagen schlechter Presse.

Die Strategie ging in den 80gern schon mal auf, warum sollte sie heute nicht nochmal funktionieren, denkt man sich da wohl. Es steht zu Befürchten, dass die Strategie auch diesmal wieder aufgeht.

Andererseits: damals gabs weder Internet, noch Digitalfotoapparate, Internethandys, Taschenkameras usw. usf. – die Frage ist nur: sind diese Techniken schon so weit in der Bevölkerung angekommen, dass sie medial und kommunikativ einen Unterschied zu damals bewirken können?

P.S.: Die mal wieder deutlich gemachte Priorisierung von Eigentumsrechten (das „Recht das man durchsetzen muss“ ist ja ein solches, es geht ja darum, über den Bauplatz zu verfügen) über Grundrechte wie körperliche Unversehrtheit oder Demonstrations- und Meinungsfreiheit wäre ein eigenes, anderes Thema für sich. Zeit müsste man haben…

P.P.S.: Anlass für diesen Artikel war übrigens Don Dahlmanns Blogeintrag zur Frage nach der Verhältnismäßigkeit


Von Abbildung und Wirklichkeit – Ursache und Wirkung

SPIEGEL TV hat sich des Themas „Integration“ angenommen und mit schönen realistisch aussehenden Bildern und Tönen versehen. Schaut euch dieses Video hier mal genau an – nein, leider kann mans nicht einbetten und auch den ewig langen Werbespot vornweg überspringen, aber das sollte am Ende mit etwas Glück den Effekt haben, dass nicht allzu viele Leute sich dieses Machwerk antun. Für diesen Zweck aber empfehle ich für ein kleines Aha-Erlebnis, das einfach mal durchzustehen.

Also: -> Klick hier für das SPIEGEL-Video

Und danach schaut euch dieses hier an:

Und dann fragt euch, wieviele und welche Bilder zu egal welchen anderen Themen (Sozialhilfe, Atom, Afghanistankrieg, usw…) ihr so im Kopf habt, die euch von „Qualitätsjournalisten“ vermittelt wurden. Und was wohl von diesen (und konkret ja auch vom Rest dieser SPIEGEL TV-„Reportage“ (oder sollte man besser sagen „Montage“) ) zu halten sein wird, auch wenn es zu diesen vielleicht nicht zufällig auch noch eine zweite Kamera gegeben hat, die eine andere Perspektive der selben Szene zeigt….


Held des Augenblicks – Bewerbungsvideo für Krimi 2.0

„Held des Augenblicks“ ist der Wettbewerbsbeitrag der Singvøgel für den Titelsong des Grassroot-Filmprojektes „Krimi 2.0“, das von Michael Jäger gestartet wurde. Für die Bewerbung wurde gewünscht, eine Demo in ein Video zu packen. Wie es der Zufall wollte, mussten wir nicht wie befürchtet selber ein Beschwichtigungsvideo basteln (wir hatten schon ein paar Strichmännchen-Zeichnungen fertig, die wir mit ein paar Bandfotos zu einer Slideshow zusammenbasteln wollten) – The mighty internet hive bescherte uns via Alex den Kontakt zu einem Videokünstler, der uns nicht nur zusagte, uns ein Video für lau zu drehen, nein, uns klappte die Kinnlade runter, als er uns sagte, er käme am Wochenende unseres Auftritts auf dem großartigen Iserlohner Friedensfestival mit „den Darstellern vorbei zum Filmen von ein paar Live-Schnipseln“ – mit was?? „Den Darstellern“ Hammer, plötzlich hatten wir ein Video mit richtig vielen Schauspielern, denn George holte Cast My Life, mit denen zusammen er das „Julia und Julia“-Projekt realisiert, auch für unser Video ins Boot! So sprachlos hat man mich glaube ich noch selten gesehen 🙂

Ich denke, das Ergebnis kann sich mehr als sehen lassen, ich kann kaum glauben, dass dieses Teil wirklich alle Geschwindigkeitsrekorde gebrochen hat, denn der Song wurde geschrieben und arrangiert an je einem halben Tag, in unserem Proberaum komplett aufgenommen und abgemischt an einem einzigen Wochenende, und zwischen dem ersten Anruf bei George bis zum Hochladen des fertigen Videos vergingen für Konzept, Script, Filmaufnahmen, Rohschnitt, Nachdreh, Endschnitt und Postproduction nochmal grade mal 14 Tage. Und hätten Crew und Filmtechniker während dieser Zeit nicht noch „nebenher“ ihre eigentliche Arbeit an ihrem Web-Soap-Projekt „Julia & Julia“ gehabt wäre es wahrscheinlich nochmal schneller gegangen!

Und das Video zeigt, dass Michaels Vision, dass „das Netz“ etwas kreatives erschaffen kann, schon jetzt funktioniert, denn ohne dieses Internet da wäre nichts davon zustande gekommen, Kontakt, Vernetzung, Kommunikation lief übers Netz, wir hätten nie diese vielen tollen Menschen kennengelernt geschweige denn, dass wir zusammen ein Video gemacht hätten. Somit ist dieses Bewerbungsvideo nicht nur Bewerbung und Beitrag zu einem interessanten neuen und kreatives Konzept – nein, genau genommen ist es schon eine Vorwegnahme – und irgendwie dadurch auch ein Versprechen, dass auch die „große“ Vision Chancen auf Realisation hat – mit etwas Vetrauen darauf, dass dieses seltsame Universum einem schon irgendwie die Möglichkeiten bietet, auch wenn man selber keine Ahnung hat, wie es das anstellen könnte. Das Leben findet immer einen Weg, um mal einen anderen Schauspieler zu zitieren. Drum ist es auch gut, dass das Projekt trotz manchem Zweifel weitergeht und dem Universum die Tür für so manche Überaschung offen bleibt…

Musik:
Die unverwechselbaren Singvøgel

Video:
Der unvergleichliche George P. Schnyder

Casting/Cast:
Die unglaublichen Mädels und Jungs von Cast My Life

Flattr dieses Lied:
Flattr this

Terrorraubmordkopierbetrüger unleashed – wir werden alle sterben!

Seit gestern das Bundesverfassungsgericht die Vorratsdatenspeicherung vorerst mal gekippt hat und die seit 2008 gespeicherten Daten nunmehr gelöscht werden müssen (und wenn ich den Buschfunk richtig deute auch von vielen Provider-Admins schon sogleich gelöscht wurden) fluten hysterische CDU-Politiker und Polizeisprecher die Medien, egal ob gesendet oder gedruckt, um den sofortigen Weltuntergang zu verkünden, der nunmehr über uns hereinbrechen werde, da die Polizei seit gestern völlig handlungsunfähig sei und keinerlei Verbrechen mehr aufklären könne, keine Verbrecher verfolgen und dingfest machen könne, ja, quasi taub, blind und gelähmt sei und die Bevölkerung nunmehr alleine gelassen sei, ohne den geringsten Schutz vor Raubmordkopierern, Terrorbetrügern, Kinderpornophishern und organisierter wie unorganisierter Plünderkriminalitätspiraterie.

Kurz: wir werden jetzt alle sterben, denn wir sind auf einen Schlag auf den rechtlichen Stand von 2007 und davor zurückgeworfen worden, und jeder weiß, das war eine dunkle, barbarische und grausame Zeit, plündernde Horden durchstriffen Land und Stadt, Dörfer wurden niedergebrannt, im Internet gab es nur Sex, Mord, Totschlag, Betrug und Terrorausbildung, Frauen trauten sich nicht auf die Straße und hatten Angst um ihre Männer, wenn diese heldenhaft das Haus verließen, um ihren Arbeitsplatz aufzusuchen, stets in der Hoffnung, er existiere noch und sei noch nicht nurmehr ein Krater mehr neben dem narbigen Pflaster der kalten, windgepeitschten Straßenschluchten, Kinder weinten und starben häufig und früh. Die älteren unter uns – also die wenigen, die diese harte Zeit überlebt haben – erinnern sich bestimmt noch mit Schrecken an jenen dunklen Jahrzehnte, viele sind bis heute verstört und von Alpträumen geplagt.

Wehe uns! Das Ende ist nahe! 2007!!!! Welch ein Wahnsinn!!!

Nachtrag:

Stöckchen: Mobile Media und so

Micha bewarf mich mit einem Stöckchen. Biddeschön:

Welches Handy benutzt Du?
HTC Magic

Benutzt Du privat und beruflich unterschiedlich Handys? Wenn ja, warum?

Warum hast Du Dich beim Kauf für genau dieses/diese Handy/s entschieden?
Android. Yay!

Was gefällt dir besonders gut an deinem / deinen Handys?
Android. Yay!

Auf welches Feature willst oder kannst Du auf keinen Fall verzichten?
Headset. Und Telefon.

Nutzt Du Social-Media Dienste (Twitter, Facebook, Friendfeed, etc.) auf deinem Handy? Welche?
Ja. Twitter, Facebook, LastFM, GoogleReader, Ipernity, Wave, Buzz, MySpace, qik, Youtube, Vimeo, und ein Haufen anderes Zeug, das ich vielleicht nur sporadisch nutze oder schlicht vergessen habe.

Welche Software nutzt Du als Zugang zu den Social-Media Diensten?
Seesmic für Twitter, Babbler und den Browser für Facebook, NewsRob für Google Reader, GoogleMail, DaraIRC für Chat, GoogleTalk und Meebo für IM, die Youtube-App für Youtube, AudioBoo, und den Rest mit dem Browser.

Aus welchem Grund ist gerade die mobile Nutzung der Social-Media Dienste für Dich wichtig oder unwichtig?
Weil ich viel unterwegs bin und ich so keinen Computer mitschleppen muss. „Always on“ und so. Hab ich mein Internetz immer in der Hemdtasche. Versuch das mal mit’m Notebook.

Welchen Handytarif hast Du gebucht und was für ein Datenpaket bzw. was für eine mobile Datenflat benutzt Du?
Allesflach

Dein Fazit? Hast Du weitere Anmerkungen?
Es wird hoffentlich billiger. Und Android: Yay!

So, wer will darfs nehmen. Das Stöckchen.

Und jetzt zu etwas völlig anderem

Ist das cool? Wahrscheinlich bin ich der letzte, der mitbekommt, dass es da eine ganze Szene gibt, die nichts anderes tut als Filmschnipsel von z.B. Star Wars, Star Trek, Galactica, etc. pp. in Trailer von 80-ger Kultserien umzuschneiden, insoweit oute ich mich hier als Spätmerker, aber DAS hier muss ich einfach zeigen, als alter Star Wars-Geek einerseits und als Fan handwerklicher Perfektion andererseits.

Und wer wissen will, was ich mit „handwerklicher Perfektion“ meine muss unbedingt hier Und jetzt zu etwas völlig anderem weiterlesen

Wider die Ideologen des Regel-Netzes

Heinrich Wefing schrob für die ZEIT einen – viel zu langen – Beitrag, der die Debatte beleuchten sollte, „was das Internetz darf“ – und verhedderte sich selbst, eben auch wohl, weil er offensichtlich am Ende nicht mehr genau zu wissen scheint, was er Anfangs so schrieb und welche verschlungenen Argumentationsketten er brauchte, um am Ende dorthin zu kommen, wohin er geriet, in seinen Rückschlüssen und Ergebnissen dermaßen hanebüchen, dass ich das nicht unkommentiert lassen will.

Sein Fazit nämlich geht sowas von daneben, dass ich mir echt die Mühe machte, diesen – ich erwähnte schon: viel zu langen – Artikel durchzulesen, weil ich wissen wollte, wie es passieren kann, dass man auf einen solchen völlig unpassenden Vergleich kommen kann:

[…] Die letzten Experten, die sich lauthals auf ihre Kompetenz berufen und jede regulierende Einmischung ahnungsloser Politiker in »ihren Lebensraum« empört zurückgewiesen haben, waren die Finanzjongleure der globalisierten Kapitalmärkte. Auch sie operierten mit magischen mathematischen Formeln, auch sie verachteten die kleinkarierten Politiker und fühlten sich über das Recht erhaben. Die Folgen trägt gerade die ganze Welt.

Ich werde jetzt nicht alle Argumente und sonstigen Punkte einzeln durchgehen, die der Mann da aufzählt, es ist letztlich eine Zusammenfassung aller diversen Klischees, Stereotypen und Themen, die „das Internet“ in den Augen vor allem in konservativen Rollenmuster denkender Menschen so beängstigend macht, inklusive der ganzen Irrtümer über das Netz. Dass Wefing diese letztlich nicht wirklich reflektiert zum Besten gibt sondern nur aufzählt und damit als Tatsachen wahrnimmt und weitergibt – also den vielen ideologisch motivierten Halbwahrheiten, die von Lobbies und anderen Interessengruppen mit viel PR in die Welt geblasen wurden in den letzten Jahren schlicht fast unbesehen „glaubt“ – füllt damit mal eben 4/5 seines Artikels, und man findet dort wirklich jeden Mythos über das Internet und seine Nutzer wieder, inklusive des emotionalen Beiwerks von Empörung bis sendungsbewusster Begeisterung:

Die angebliche Anonymität ist dort ebenso vertreten wie die armen gedissten Lehrer, die Kids, die von technikfernen Eltern unkontrollierbar alles machen können, was sie wollen, die Pornos, die Bombenbauanleiter und die Terroristen, die armen, von Millionen Raubkopierern gefledderten Musiker, Autoren und sonstigen Künstler, deren Rechte von Netzusern mit Füßen getreten würde, weil die „Industrien“, die sich die exklusive Monetarisierung der Produktkopien dieser Leute sicherte, für manche Kopie, die sie nicht selber erstellte, kein Geld bekommt, die Holocaustleugner und Nazis, das einfache Volk, das niveaulos daherpöbelt und rüde beleidigend durch die Gegend marodiert, der Generationenkonflikt, der Kultur-Clash zwischen analog und digital, die „echte Welt“ und die von dieser gelösten „virtuelle“, usw. usf., da wurde tatsächlich nichts ausgelassen. Entsprechend widersprüchlich natürlich gerät die gesamte Argumentation, da viele dieser Klischees sich völlig widersprechen oder gar gegenseitig ausschließen müssten. Hatte ich erwähnt, dass der Artikel zu lang ist? Das ist der Grund.

Und dieser Grund wiederum – bzw. die Unübersichtlichkeit, die daraus erwächst – scheint mir die Ursache dafür zu sein, dass es Wefing am Ende argumentativ völlig aus der Kurve trägt. Ein paar gute Gedankenansätze sind nämlich dabei, genug gar, um auch auf ein gänzlich gegenteiliges Fazit kommen zu können, als das, das Wefing da am Ende abliefert. Genau genommen lese ich aus diesem Fazit heraus, dass der ganze lange Klumpatsch vornweg nicht zu diesem Ergebnis führte sondern ein wilder Gedankenwust ist, der der schon fertigen und bestehenden Meinung, die sich in diesem Fazit spiegelt, nachträglich vorweggestellt wurde, um diese Meinung irgendwie zu begründen. Heißt, das Fazit ist kein Fazit, da es nicht über einen dialektischen Gedankengang entstand, sondern der vorgebliche vorangehende Diskurs ist ein Rechtfertigungsversuch für diffuse Ängste und Gefühlsgemenge über eine – in meinen Augen viel zu lang geratene – Pseudo-Sachlichkeit, die durch die schiere Menge vorgeblicher sachlicher „Fakten“ die eigentliche Natur der Argumentation verschleiern will: Angst und andere Befindlichkeiten wie Gefühle der Unsicherheit, Unverständnis, „nicht mehr mitkommens“, o.ä..

[…] Die letzten Experten, die sich lauthals auf ihre Kompetenz berufen und jede regulierende Einmischung ahnungsloser Politiker in »ihren Lebensraum« empört zurückgewiesen haben, waren die Finanzjongleure der globalisierten Kapitalmärkte. Auch sie operierten mit magischen mathematischen Formeln, auch sie verachteten die kleinkarierten Politiker und fühlten sich über das Recht erhaben. Die Folgen trägt gerade die ganze Welt.

Ist jedenfalls aus verschiedensten Gründen (und witzigerweise hat Wefing selbst alle in seinem Artikel selbst aufgezählt) völliger Humbug:

  1. Der Finanzmarkt lief aus dem Ruder weil bestehende Regulierung aufgehoben wurde, nicht etwa, weil zusätzliche verhindert worden wäre. Niemand aber ruft nach Aufhebung bestehenden Rechts im Netz. Es geht darum, dass das Netz eben nicht mehr Regelung braucht als die „Offline-Welt“ – und Welfing sagt es ja selbst: da es rechtlich keinen Unterschied gibt zwischen diesen Welten. Warum also sollte man durch spezielle weitergehende Regelungen dann einen herstellen? Die Internet-„Gemeinde“ will keine Deregulierung, wie es die Banker wollten und kriegten. Sie will keine stärkere Extra-für-sie-Regulierung die über die, die es schon gibt, hinausgeht und die eh für alle – und damit auch für sie – gilt.
  2. Die „Folgen für die ganze Welt“ sind nicht entstanden, weil irgendwelche Leute sich über das Recht „erhaben“ fühlten, sondern weil diesen Leuten rechtliche Grenzen, die ihr Tun und damit auch die Folgen dieses Tuns verhindert hätten, entfernt wurden. Die Banker haben sich nicht über Recht und Gesetz hinweggesetzt und können deshalb auch nicht für den Schaden, den sie anrichteten belangt werden. Dort aber, wo das Recht Grenzen setzt kann belangt werden. Und zwar mit den rechtlichen Mitteln, die da sind. Weitere, neue, braucht es dafür nicht. Im Gegensatz zur Finanzwelt gelten genug und eindeutige Gesetze für all die Dinge, die da im Internet tatsächlich wie angeblich passieren, um irgendwelche „Folgen“, die die „ganze Welt“ tragen müsste, zu verhindern. Oder zumindest zu ahnden. Auch letzteres im Gegensatz zur Finanzwelt.
  3. Dass die „Finanzjongleure“ die Politiker „verachtet“ hätten und diese sozusagen dazu gebracht hätten, ihnen Freiheiten einzuräumen, deren Folgen nun „von der Welt“ zu tragen seien ist freilich einerseits ein Widerspruch zur den Verhältnissen der Netzwelt an und für sich, da die Einflussnahme initial von der gegenteiligen Seite aus ausgeht – geschenkt. Aber freilich ist dieses Bild allein schon Geschichtsklitterung, denn die Politik hat der Finanzwelt diese Freiheiten nicht gegeben, weil sie nicht wusste, was sie tat, sondern weil auch sie es so wollte. Da gab es keinen Interessenkonflikt, den eine Seite gewonnen oder gegen eine andere durchgesetzt hätte – da gab es nämlich keine zwei Seiten. Auch wenn die Politik heute versucht, hier ein anderes Bild zu malen.

Aber am Ende ist es bei Leuten wie Wefing vielleicht auch zum Teil nur die Angst des Intellektuellen vor dem Mainstream, der niveaulosen Masse, der Plebeisierung und damit Profanisierung eines Raumes, den man lange der geistigen Aristokratie des Intellktuellen vorbehalten sehen konnte?

Thema Zensursula in ZAPP

Gestern griff das NDR-Magazin ZAPP das Thema der Ineternetzensur auf und lieferte einen sehr schön auf den Punkt gebrachten Beitrag ab, der auch dem Internet-Unbedarften deutlich machen kann, warum diese STOPP-Schild-Aktion bestenfalls(!) völlig nutzlos ist und keinem einzigen missbrauchten Kind hilft, schlimmstenfalls darüber hinaus der Anfang vom Ende der Meinungsfreiheit im Netz insgesamt sein kann.

Natürlich kommt guter Journalismus – und ZAPP ist eins der letzten Paradebeispiele für das, was guter Journalismus im Fernsehen sein könnte und mal war – inzwischen bei den öffentlichen rechtlichen auch nur noch mitten in der Nacht, aber immerhin, andere Sender haben sowas ja kaum mehr im Programm und speziell bei den Privaten, die nur für’s Stammhirn senden und nicht für die Hirnrinde, findet man sowas ja nicht mal ansatzweise, weil die ja mit sowas gleich ganz überfordert wären. Sowohl die dortigen „Journalisten“ als auch deren Zielgruppe.

Zensur – Die Medien so:

„…Widerstand gegen das Gesetz, das vorsieht, den Zugriff auf Internetseiten mit kinderpornographischen Inhalten auf eine „Stoppseite“ umzuleiten …“

So oder so ähnlich lese ich überall, wo über diese Petition berichtet wird, auch dort, wo die Kritik ansonsten tatsächlich sauber und fair rübergebracht wird.

Drum ich so:

Das ist aber leider sachlich falsch! Nein, das Gesetz sieht mitnichten vor, nur „echte“ Kinderpornoseiten zu sperren, sondern im Gegenteil, neben diesen Seiten auch Seiten zu sperren, die mittelbar zu Seiten führen (können), auf denen man solches Material finden kann. Wobei diese „Mittelbarkeit“ sehr weit gehen kann. Man muss sich klarmachen, was das bedeutet! Verklausuliert ist das im Text wie folgt:

§ 8a Bekämpfung der Verbreitung von Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen

(1) Im Rahmen seiner Aufgaben als Zentralstelle nach § 2 des Bundeskriminalamtgesetzes führt das Bundeskriminalamt Listen über vollqualifizierte Domainnamen, Internet-Protokoll-Adressen und Zieladressen von Telemedienangeboten, die Kinderpornographie nach § 184b des Strafgesetzbuches enthalten oder deren Zweck darin besteht, auf derartige Telemedienangebote zu verweisen (Sperrliste). Es stellt den Diensteanbietern (nach Absatz 2) arbeitstäglich zu einem diesem mitgeteilten Zeitpunkt eine aktuelle Sperrliste zur Verfügung.

(2) Diensteanbieter […] haben geeignete und zumutbare technische Maßnahmen zu ergreifen, um den Zugang zu Telemedienangeboten, (die Kinderpornographie nach § 184b des Strafgesetzbuchs enthalten oder deren Zweck darin besteht, auf derartige Telemedienangebote zu verweisen und) die Bestandteil der Sperrliste des Bundeskriminalamts nach Absatz 1 sind, zu erschweren. […]

Wer schonmal erlebt hat, wie juristische Spitzfindigkeit Inhalte aus Gesetzestexten heraus – oder in solche hinein – lesen kann, weiß, dass dieser „Zweck“ natürlich ein völliger Gummibegriff ist. Ebenfalls steht hier nirgends, dass dieses „verweisen“ direkt erfolgen muss, somit heißt das also „irgendwie“. Da ein Link im Internet immer den „Zweck“ eines „Verweisens“ hat, schlicht, weil er eben das ist: ein „Verweis“, ist es theoretisch möglich endlose Ketten zu erzeugen, die alle möglichen Seiten, die überhaupt kein Kinderpornomaterial beinhalten, zu sperren.

Also, um mal ein garnicht so aus der Luft gegriffenes, weil diese „Verweislogik“ bestätigendes Beispiel aufzubauen, wir nehmen einen Link zu Wikileaks an, wo die dänische Sperrliste zu finden ist und mit Sicherheit (alles andere wäre naiv) bald auch die deutsche, und die entsprechend wohl eine der ersten dieser „mittelbaren“ Seiten sein dürfte, die ein „STOPP“ bekommen, ohne eine Kinderpornoseite zu sein, und somit jeder Link dahin einer auf eine STOPP-Seite wäre, deren Aufruf mitgeloggt wird und zum Verdacht führt, der Linksetzer, wie auch der, der den Link klickte seien „Pädokriminelle“.

Oder einen Link zu jemandem, der seinerseits Wikileaks verlinkt hat.

Und dabei kann es am Ende auch wurscht sein, ob der Link zu Wikileaks wegen was ganz anderem gesetzt wurde. In diesem Fall wäre auch wikinews „gestoppt“.

Und danach auch ich, da ich hier jetzt nun auf eine STOPP-Seite gelinkt hätte.

Und danach jeder, der mich verlinkt.

Achso, und natürlich darf jeder, der auf diese Weise nun auf eine STOPP-Seite geraten ist (Seitenbetreiber wie Seitenleser), befürchten, dass sein PC beschlagnahmt und seine Wohnung durchsucht werden kann. Ohne freilich nachweisen zu können – oder zu dürfen – dass sich hinter der STOPP-Seite garkein Kinderporno-Material befunden hätte. Denn wer nachschaut und doch welches findet hat sich spätestens in diesem Moment dann doch strafbar gemacht. Catch 22.

Wenns „nur“ um echte Kipo-Seiten ginge, und das so, dass das auch gesichert wäre (per Richter, parlamentarischer Kontrollinstanz o.ä.) hätte ich nichtmal was dagegen – nicht dass es was brächte, eine populistische Politiker-Aktionismusblase zum Wahlkampf mehr ohne jeglichen Effekt, ich surfe seit Beginn der 90ger durchs Netz und bin noch nie auf Kinderporno gestoßen, entsprechend würde ich dann wohl auch nie auf eine „STOPP-Seite“ stoßen, wenn diese tatsächlich ausschließlich vor KiPo-Seiten stünden – aber es geht eben explizit NICHT um Kinderpornoseiten.

Ruckzuk ist auch mal eben Wikipedia, archive.org oder wikinews gesperrt, von vielen kleinen privaten Seiten (speziell auch Blogs o.ä.) ganz abgesehen. Gerade das Ausland, das schon sperrt, hat das in der Vergangenheit schon des Öfteren bewiesen.

Nochmal deutlich: Die Darstellung, „das Gesetz sperrt Kinderpornoseiten“, macht aus jeder Meldung, die dies so oder so ähnlich wie oben zitiert, eine Falschmeldung! Denn da ist nicht nur was weggelassen, sondern die Weglassung verfälscht die Aussage. Das wollt ihr nicht, ich weiß, das ist nicht Absicht. Aber es ist faktisch dennoch so. Die Angst vor Zensur basiert NICHT darauf, dass Kinderpornoseiten nicht mehr erreichbar sein könnten. Sie basiert darauf, dass eben nicht nur Kinderpornoseiten gesperrt werden und nicht nur der Zugriff auf Kinderpornoseiten den drauf zugreifenden einer Straftat verdächtig macht!

Bitte, ihr Journalisten und Mainstream-Medien, versteht das und sagt das den Menschen da draußen in der Offline-Welt, denn die vertrauen immer noch darauf, dass ihr es seid, die ihnen rechtzeitig sagen, wenn was nicht in Ordnung ist und ihr sie korrekt und sachlich umfassend und verständlich informiert!

Und wer noch nicht hat, möge deshalb hier die Petition gegen dieses Gesetz unterschreiben.

Achso, bei der Gelegenheit wäre es vielleicht auch gut, sich die parlamentarische Debatte mal genauer anzuschauen, denn es gibt da tatsächlich ein paar Leute, die sogar – mehr oder weniger – den vorgeschlagenen Gesetzestext gelesen haben und entsprechend – mehr oder weniger – inhaltlich sachlich korrekt kritisieren: Zensur – Die Medien so: weiterlesen