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In Bayern geht also die Welt unter

nur weil dort nach 40-jähriger Quasi-Monarchie auch endlich mal Zustände einkehren, wie sie im Rest der Republik – also in den halbwegs demokratisch regierten Ländern – seit Einführung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung schon lange Standard sind – bzw., auch für Bayern: sein sollten.

Spannend: Ob die Bayern wohl zurechtkommen, mit dieser ominösen „Demokratie“ Die haben ja regelrecht die Hosen voll, inklusive völlig hysterischer Medien, die mit der Situation auch irgendwie überfordert scheinen – hallo? Wahldesaster? Mit 46%? So kann man nur in Bayern rechnen.

Dass das Prinzip „Demokratie“ im Sinne: „alle Leute wählen lassen und am Ende schauen, wer eine Mehrheit hat“ für Bayern und speziell die CSU ein offenbar höchst befremdliches zu sein scheint zeigte sich ja schon im Umgang mit dem Umstand, dass sich für den CSU-Vorsitz doch tatsächlich zwei Menschen bewarben, sprich, nicht wie üblich einfach der Ausgeguggte abgenickt werden durfte (an was erinnert mich das denn eigentlich…) sondern eben – oh Gottotgottogott, welch Unerhörtheit – sich der gemeine CSUler doch tatschächlich entscheiden musste, wählen, ja gar die Macht haben, zu entscheiden, wer’s denn nun werden solle, auch wenn er nicht „Stoiber“ oder „dessen Seilschaft“ oder „wessen Seilschaft auch immer“ hieße.

Und nun hat dieser unglückliche Zustand also auch noch die Partei verlassen und das ganze Land erfasst. Auch Bayern entdeckt nun die Demokratie und den Pluralismus. Na dann: Schau’mermal.

P.S.: aber freilich: auch diese fundamentale Umstellung der bayrischen Lebensumstände fand wieder ohne Zutun oder sonstig relevante Beteiligung der SPD statt. Aber das hat wohl auch niemand ernsthaft erwartet. Weder von Bayern, noch von der SPD.

Es ist am Ende ja in den meisten Fällen doch ein Verwandter oder Nachbar

Was für Missbrauchsfälle gilt, die in den seltensten Fällen vom „bösen Fremden von außerhalb“ verübt werden, gilt offensichtlich auch für „Terror“ – und wie beim Missbrauch entspricht die Realität selten der (medial gehypten) Wahrnehmung.

Und wie beim Missbrauch sind die Maßnahmen der Politik bestenfalls populistische Augenwischerei, schlechtestenfalls das Nutzen einer Möglichkeit, um eigene Ängste vor dem Mitbürger zu kompensieren. Indem man eine Hysterie aufbaut, deren Ende der Verlust bürgerlicher Rechte und Freiheiten sind, weil ängstliche alte Männer Angst haben, dass andere Menschen Dinge tun, von denen sie nichts wissen und die glauben, dass Kontrolle und mehr Kontrolle ihnen die Angst vorm Tod nimmt. Wie nennt man so ein Verhalten nochmal? Neurotisch? Psychotisch? Irgendsowas doch, oder?

Das ist letztlich aber weder neu noch wirklich überraschend. Ärgerlich ist, dass ich davon nicht mit derselben Lautstärke und Vehemenz aus den „Qualitätsmedien“ erfahre, wie ebenjene damals die Panik mit dem Bild der orientalen Brunnenvergifter (ein gern genommerner Topos, fast schon abgegriffen, hätte man eigentlich meinen können) mitschürten. Genau genommen höre ich da fast garnichts.

Aber wozu gibt’s Blogs und das Internet. Auf dass der Großteil der Journallie weiterhin ihr langsames Sterben zelebriere, wer braucht so einen Journalismus schon.

Heute im Programm: völlig unsortiertes pauschales Geschimpfe auf alle und jeden

300 Mio Jahre tödliche Strahlung, die noch dazu durch fast alles durchkommt (den Menschen gibt’s in der heutigen Form bei wohlwollendster Rechnung 1/2000 dieser Zeit, und historisch halbwegs fassbar sogar, ebenso wohlwollend gerechnet, nur 1/40.000) sind kein Grund, Atomkraft nicht zu versuchen als „öko“ zu verkaufen, Frau Merkel weitet die Politik der angekündigten Ankündigungen zu Überlegungen, sich Gedanken zu Dingen machen zu wollen, nun auf die Bildungspolitik aus (was aber zumindest bedeutet, dass zu 100% mehr dort geschieht wie vorher – auch wenn 100% von nichts auch nicht allzu viel ist), der Wunsch nach Privatsphäre macht nach wie vor vielen Politikern große Angst, so dass sie am liebsten alle „verdachtsunabhängig“ erkennungsdienstlich behandeln möchten und Wohnungstüren als Affront begreifen, ein „Aufschwung“, von dem 80% der Bevölkerung nichts gemerkt hat (nach wie vor geht der Abbau regulär bezahlter Jobs weiter zugunsten von Jobs, von denen kein Mensch leben kann – und damit die Umschichtung von Gehaltskosten auf den Steuerzahler, während die Gewinne weiterhin in die Konzerne fließen) geht mal wieder zu Ende, so dass bald mal wieder „Gürtel enger geschnallt“ werden müssen (kein Wunder, wenn man immer magerer wird, denn das sind die, die das am Ende auch tun müssen), präventive Kriminalisierung jedes Bürgers, der gern mal Musik hört oder ’nen Film guckt und zum Spielball einer Jusristenschwemme wird, die sich offensichtlich nicht anders ernähren kann, als mit Abmahnungsgebühren, Urheberrechtsklagen oder sonstigen Mundtotmachungsversuchen, usw. usw.

Ich frage mich, wie lange das noch dauert, bis endlich eine so relevante Masse kapiert, für wie blöde sie seit Jahren verkauft wird, dass sie endlich kritisch wird.

Ein Problem ist dabei nämlich, dass, wenn sowas grade hierzulande zu lange dauert, das dann auch wieder bloß richtig Scheiße wird und nach hinten los geht. Und ich fürchte langsam, die hiesige Masse braucht mal wieder viel zu lange. Da braucht dann am Ende bloß wieder irgend ein durchgeknallter Vollhirni um die Ecke kommen, den der Zufall (andere nennen es „Vorsehung“) zur falschen Zeit an den falschen Ort kippt, dann renn’se wieder alle einem nach, um später wieder nichts gewusst haben zu können.

Gemeinsam mit denen, die dachten, das „unter Kontrolle“ haben zu können, in völliger Fehleinschätzung ihrer Selbstidentifikation als „Elite“, „Macher“, „Relevanz“ – verkennend, dass sie schon lange als das erkannt sind, was sie sind: selbstsüchtige Schleimer, die keiner mag.

Das war schon im Kindergarten so. Auch, dass die es nicht mal gemerkt haben und sich als was weiß ich was vorkamen. Und genau das ist das Bild, das sich mir bei diesen ganzen Möchtegerns in den wichtigen Talkrunden und den wichtigen Zeitungen usw. usf. bietet: ein riesiger Kindergarten voll ungezogener, verwöhnter und neidzerfressener Rotzgören, die nichts anderes im Kopf haben als sich, sich und sich.

Das ist so öde, da hab‘ ich sowas von keinen Bock mehr drauf, ich finde kaum Worte dafür, wie zum Kotzen ich diese Leute und vor allem auch was sie tun finde. Könn‘ die nicht einfach von irgendeinem Virus hinweggerafft werden oder sonstwie sterben gehn? Die braucht doch kein Mensch.

Auch eine Möglichkeit…

…unbequeme BSG-Richter loszuwerden: man stellt sie auf’s Abstellgleis.

[…] Dem vierten Senat blieben laut Meyer nur einige wenige Fragen im Zusammenhang mit dem Wiedervereinigungsrecht. Nach Auffassung des Senatsvorsitzenden hat die Streichung der Zuständigkeit politische Gründe. Sein Senat habe wiederholt Gesetze wegen Zweifel an deren Verfassungsmäßigkeit dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt. Karlsruhe habe die Zweifel bei einem Großteil der Gesetze geteilt und diese gekippt. […]

(via)

Ein reiches Land

SPON: Hartz IV, ein Drama in vier Akten

Jahrelang hat die Familie auf ihr Studium gespart – jetzt ist der Vater arbeitslos und beantragt Hartz IV. Während Mitschüler Autos geschenkt bekommen, schlägt Christina Schmitt, 19, sich mit den Formularen ihrer Eltern herum und verzweifelt an der Behördenwelt. Protokoll eines Dramas. […]

Menschenwürde? Bürgerrechte? Grundrechte? Für manche sind ja offensichtlich schon rudimentärste Mitbestimmungsrechte für diese Leute unverständlich, und da geht’s „nur“ um ein Kreuzchen alle paar Jahre.

Es sind ja schon lange keine Außenseiter und Gesellschaftsränder mehr, die durch den Rost fallen. Es kann quasi jedem* passieren. Die Gefahr, Bürger letzter Klasse zu werden, bar aller Rechte inklusive seiner Menschenwürde, beschränkt sich lange schon nicht mehr auf kleine Gruppen mit Kombinationen verschiedener Risikofaktoren – zur Risikogruppe gehört jeder, der nicht über soviel Kapital verfügt, dass er von den Zinsen leben könnte oder sich in Kreisen bewegt, die ihr eigenes „soziales Auffangnetz“ haben in Form von Pöstchenruhesitzen, Millionenabfindungen u.ä.. Also mindestens 80% der hiesigen Bevölkerung.

Ob das den restlichen 10-20% eigentlich bewusst ist? Dass sie die Minderheit sind? Achja, Bundeswehr im Innern, Stasi 2.0 und ähnliches liegt ja auf dem Tisch – offensichtlich muss diese Frage also mit „Ja“ beantwortet werden….

*solang er nicht Manager oder Politiker oder sonstwie selbstdefinierte „Elite“ von Beruf ist

Nachtrag: Dass da System dahintersteckt war ja schon stets eine Vermutung. Die offensichtlich von Monitor bestätigt werden konnte (aus den Kommentaren gefischt)

P.S.: Ich vergesse für die nächsten Wahlen jedenfalls nicht, wer dieses perverse System hier installiert hat: SPD und Grüne, mit den Stimmen der CDU/CSU, denen das aber „eigentlich“ noch zu wenig gewesen war, damals. Und unter Gemotze einer FDP, der das noch viel mehr zu wenig war als schon der CDU/CSU.

Anderswelt

Die Messe, für die ich in den letzten Wochen Quadratkilometerweise Druckdaten erstellt habe, wird nun bald stattfinden, so dass das Ende des Ausnahmezustands, der mich seit Wochen von ziemlich allem, was „Leben“ heißt, abhielt (drei Wochen Arbeiten, was essen, Bett, Arbeiten, was essen Bett, auch über Wochenenden und Feiertage hinweg lässt da wenig Platz) tatsächlich absehbar ist. Wird auch Zeit, denn irgendwie ist bei mir langsam alles am Limit angelangt: Nacken und Schulter sind steinhart verspannt, der Kopf migräniert durchgängig seit einer Woche und seit ein paar Tagen habe ich nun auch Probleme mit der Sehnenscheide an der Maushand.

So eine Ausnahmezeit hat aber auch interessante Effekte, was die Wahrnehmung dessen betrifft, was unsere allseits beliebten „Massenmedien“ für relevant und wichtig erachten, denn es dringen in einer solchen Zeit ja nun wirklich nur noch die „großen Schlagzeilen“ durch, die alle halbe Stunde in Dudelfunknachrichten gemeldet werden oder auf einen schnellen Klick auf die Startseite eines Nachrichtenprotals zu überfliegen sind.

Verwundert stelle ich fest, dass sich der „Qualitätsjournalismus“ offensichtlich mit der allgemeinen Aufhebung der Privatsphäre inklusive der speziellen Schutzrechte im Rahmen der Pressefreiheit abgefunden zu haben scheint und im Vergleich zum Gewicht dieses Themas, also dem Umbau des kompletten Rechtsstaates zum Präventiv- und Überwachungsstaat inklusive Einrichtung neuer Gestapo/Stasi-ähnlicher Strukturen bis hin zur Auflösung der Trennung zwischen innerer und äußerer Gewalt und Überführung der Entscheidungsbefugnisse beider Bereiche aus den Händen eines Parlamentes und zweier Ministerien in die einer kleinen geschlossenen Gruppe von Leuten namens „nationaler Sicherheitsrat“, naja, halt so ein bisschen, bestenfalls feigenblattartig, berichtet, grad so vielleicht weil man’s halt doch irgendwie ein bisschen muss.

Aufschrei ob der Demontage der eigenen Arbeitsgrundlage? Protest gegen den Umgang mit Journalisten seitens der (Überwachungs-)Behörden und Gesetzgeber? Thematisierung und Aufklärung? Och nö – lass uns lieber noch ein bisschen die Persönlichkeitsrechte anderer dehnen oder gar verletzen, indem die Opfer irgendeines perversen Arschloches von Horden von Vertretern des Berufsstandes „Journalist“ durch Gazetten, Filmberichte und Fotostrecken gezerrt werden um dem Volk den Elefantenmenschen vorzuführen anstatt ihm zu sagen, dass die Wahrscheinlichkeit, einen ähnlichen Irren in der Nachbarschaft zu haben (wie das ja dann auch gern dramatisch suggeriert wird) im Vergleich zu der, gegenüber staatlichen Organen einen ähnlichen Verlust sämtlicher Privatsphäre zu erleiden wie die Opfer hier gegenüber Presse und deren Konsumenten, vernachlässigbar gering sein dürfte.

Mal davon abgesehen, dass ich die Berichterstattung über dieses Thema eklig fand, denn was bitte gehen irgendwen irgendwelche Details dessen an, was die bedauernswerten Opfer dieser Geschichte haben durchmachen müssen? Wessen Leben wird davon ärmer, nicht jedes kleinste feuchte Detail zu kennen und jedes Gesicht so oft gesehen zu haben, dass man es auch nach Jahren noch sofort wiedererkennt, wenn es einem mal begegnen sollte? Ich halte jeden, der sich für mehr als die drei Fakten zu Personen und direktem Geschehen, die sich in zwei Sätzen sagen lassen, interessiert, für Voyeuristen und ähnlich pervers wie den mutmaßlichen Täter.

Was war noch Thema der letzten Wochen? Ja, offensichtlich gab es eine weltweit durchschlagende PR-Lobby-Aktion, die über das Mittel der selffulfilling prophecy und den Verbreitungsweg IWF und Weltbank von irgendwas wichtigem ablenken wollte und Horrorbilder von „Hungeraufständen“ und ähnlichem an die Wand malte. Da frage ich mich noch immer, was diese Aktion sollte – leider befleißigte sich der Journalismus ja des Schäfchenzählens und der Privatsphärenfledderei, so dass wohl keine Zeit dafür war, mal rauszubekommen, auf wessen Initiative hin diese Kampagne erdacht und gestartet wurde.

Öllobby, um das Prinzip der regenerativen Energie zu bremsen? Irgendwelche Spekulanten, die noch mehr an der Ölpreisschraubendreherei gewinnen möchten (nachdem ich inzwischen weiß, dass die bösen Warentermine und sonstigen Spekulationen an den Lebensmittelmärkten auf die Preise dort wenns viel ist höchstens 2% Anteil haben, so dass ich das Fingerzeigen dorthin als klares Ablenkungsmanöver erkennen muss)? Konzerne, die Angst haben, dass ihre billigen Arbeitssklaven in den Billiglohnländern plötzlich Geld für ihre Arbeit verlangen könnten? Oder geht es darum, das Verhätnis Billigland-Teuerland zu halten, indem im Teuerland die Inflation angeregt wird, weil ins Billigland auch mehr Geld gesteckt werden muss, damit das noch funktioniert – also das Verhältnis Billig-Teuer gewahrt bleibt, weil sonst das Wirtschaftssystem, das seine Gewinne auf eben diesem Verhältnis aufbauend erwirtschaftet, Probleme bekommt?

Oder geht es nur weiter darum, Gewinne zu machen und alles, was Ausgaben darstellt auf das Gemeinwesen abzuwälzen, sprich „Wir wollen, dass die Leute dort weiter fast umsonst für uns arbeiten, deshalb möchten wir, dass deren Mägen von Steuergeldern finanziert gefüllt werden anstatt von Einkommen, das sonst wir ihnen zahlen müssten“ – ähnlich wie das hierzulande ja auch mit den diversen „Privatisierungen“ (um nicht zu sagen „Verschenkung“) von vom Volk bezahltem Sachkapital passiert.

Oder mit Umlegungen von Verlusten, die Banken eigentlich im Rahmen ihres unternehmerischen Risikos machen und tragen sollten, auf den Geldbeutel des Gemeinwesens, das ansonsten gerade von Banken und sonstiger Wirtschaft gerne aufgefordert wird, nur keinen Einfluss auf das „freie Spiel der Marktkräfte“ zu nehmen, gefälligst. Wenn ich Kohle leihe und in der Spielbank verzocke muss ich auch dafür grade stehen. Spielschulden sind Ehrenschulden, heißt es. Wie weit es mit der „Ehre“ der Finanzwirtschaft her ist sieht man ja nun. Nicht, dass irgendjemand davon überrascht sein sollte, natürlich.

Derweil geht die Umverteilung weiter, wie man deutlich an der aktuellen Lohnquote sehen kann, das Prinzip „eine Hand wäscht die andere“ scheint gültiger zu sein denn je, und natürlich wird auch die nächste Diätenerhöhung abgenickt werden, denn Selbstbediener sind ja die Sozialschmarotzer, die gefälligst von 1-Euro-Jobs leben sollen (und wenn sies ablehnen garnix mehr bekommen), nicht etwa die, die sich die Lohnsteigerungen selbst bewilligen können, die sie bei anderen als „Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit“ seit Jahren ablehnen, so dass Otto Normal, also das „Volk“, das da von diesen Leuten angeblich „vertreten“ wird, bei steigenden Konzerngewinnen seit Jahren immer weniger Geld verdient.

Und überhaupt gibt es wohl wenig, das ich verpasst zu haben scheine. Nicht, weil es keine Themen gäbe. Sondern weil die, deren Job es ist, sie aufzubereiten und öffentlich zu machen, ihren Job nicht machen. Und damit am Ende wohl selbst den Grund dafür liefern, warum der Verlust von Presserechten keiner mitbekommt: wofür braucht man Schutzprivilegien, wenn man garnicht mehr zu wissen scheint, wofür man die mal irgendwann bekommen hat.

Ab in die Irrelevanz mit euch, zusammen mit euren tollen Schlagzeilenthemen, die ihr für so relevant haltet. Vierte Macht war mal. Lang ist’s her. Geht doch sterben. Merkt eh keiner.

Wortbruch?

Ich halte jeden Politiker, der angesichts der Entwicklungen in Hessen von „Wortbruch“ faselt und so tut, als sei das jetzt was ganz ganz arg furchtbar schlimmes, was da passiert „auch gegenüber dem Wähler“, für entweder dumm als wie eine Scheibe Toastbrot oder heuchlerisch wie ein… öhm… wie ein… Politker (sorry, mir fällt nix heuchlerischeres ein, irgendwie ein blöder Vergleich, ich geb’s ja zu).

Bayern hat ein 8-jähriges Gymnasium, die MwSt wurde um 3% erhöht, diverse Versprechen wurden einfach „vergessen“, „Niemand hat die Absicht, einen Überwachungsstaat einzurichten“, usw. usf. – was soll also das Geheuchel?

Soll die SPD in Hessen etwa mit dem „Wo kann ich hier gegen Ausländer unterschreiben“-Koch Groß-koalieren? Sorry, aber wie ich die SPD-Wähler einschätze dürfte ihnen das als das größere Übel vorkommen, auch wenn ich diese Links-Paranoia, die ich auch bei manchen SPD-lern sehe, nicht einschätzen, weil nicht nachvollziehen kann. Muss was mit dem Lafontaine zu tun haben, denke ich, und ist damit IMO was persönliches. Und damit auch eher irrational.

Nochmal Kochs ausländerfeindliche, stumpf-braun anmutende Wahlkampfstrategien, sorry, anders kann ich die nicht sehen, belohnen? Das geht ja wohl garnicht! Und sonst? FDP will nicht (um dann am lautesten „Kommunisten!“ brüllen zu können und sich McCarthy zurückzuwünschen), mit CDU wollen die Grünen nicht (in Hessen haben die wenigstens noch ein paar Prinzipien), also was?

Mal davon ab, dass ja auf Bundesebene eindrucksvoll demonstriert wird, was eine große Koalitze anrichten kann, schon wenn sie sich nur „stets bemüht“.

Jedenfalls: ich habe genügend Kritikpunkte an jeder Partei und an jedem Politiker. Aber „Wortbruch“ wäre so ziemlich der letzte Vorwurf den ich brächte – ich mag idealistisch sein, manchmal auch naiv, aber ich bin kein Phantast und will mich auch nicht lächerlich machen.

Im Gegensatz zu denen, die da im Moment so lautstark rumheucheln. Aber das sind ja dann auch zumeist Politiker. Sowas gehört in deren natürliches Handlungsrepertoire. Wie Dinge zu versprechen, egal ob sie sich daran halten wollen. Oder, wie im momentanen Falle: halten können. Wenns Stimmen brächte verspräche jeder Politiker jeder Coleur auch einen sonnigen Sommer und weiße Weihnachten. Und niemanden würd’s wundern. Oder?

Aufwachen in Dumpfland

Ich gehe nunmehr davon aus: ich lebe in einem Land, in dem etwas mehr als 1/3 von etwa 2/3 der Wahlberechtigten dumpfe ausländerfeindliche Parolen entweder mit Zustimmung wählen oder zumindest bewusst tolerieren und nicht ablehnen.

Denn auch, wenn es in den Medien jetzt plötzlich heißt, Kochs Wahlkampfthema sei „Jugendkriminalität“ gewesen, weil man sich nicht zu trauen scheint, das zu sagen, was jeder verstanden hat, auch wenn „formaljuristisch“ das „so ja niemand gesagt hat“ – Kochs Wahlkampf baute in meinen Augen überdeutlich auf Stimmung und Ressentiments gegen Ausländer und Vorurteile, die (wie ja auch nachgewiesen wurde) mit der Realität nichts zu tun haben.

Natürlich ist das dann gern mal ein „Missverständnis“ oder gar „böse Unterstellung“. Formal ist ein „Der muss sich nicht wundern, wenn man ihm eine in die Fresse haut“ auch keine Aufforderung dazu, jemandem tatsächlich eine reinzuschlagen – aber wenn ich das in einem bestimmten Ton und Setting sage ist es eindeutig, was ich mit dem was ich sage meine, auch wenn ich das nicht formal so sage.

Kochs Wahlkampf war in meinen Augen was das betraf nicht im geringsten subtil, sondern es war diesmal so offensichtlich, dass selbst der „Wohlwollendste“ das diesmal nicht mehr ignorieren oder schönreden konnte. Ich denke, dass Koch auch genau deshalb diesen Haufen an Wählern, die er das letzte mal noch hatte, verloren hat. Und ich denke deshalb auch, dass die, die ihn jetzt dennoch wählten, dies genau deshalb und in vollem Bewusstsein, was sie da wählen, getan haben. Da braucht sich diesmal wirklich keiner rauszureden versuchen.

Und ich weiß nicht, ob ich ob dieses dumpfen Potentials erschreckt sein soll oder es mich freuen soll, dass es scheinbar doch weit weniger Menschen gibt, die dumpfe Ressentiments und Vorurteile teilen und goutieren als es vor fünf Jahren den Anschein hatte.

Ich geh‘ jetzt kurz kotzen und dann auf die Arbeit. Gehabt euch wohl.

Hessenwahl

Verdammt, ich bin in Hessen also erst wahlberechtigt, wenn ich mindestens 3 Monate hier wohne. Hätte mir das nicht mal wer einen Tick früher sagen können? Wieder was gelernt 🙁

Einziger Trost: der Koch scheint mit seiner Hetzkampagne doch genügend überreizt zu haben, so dass weit weniger Leute sich an ihm die Finger schmutzig machen wollen (es gibt Dinge, die fasst man nunmal nicht an, wenn man nicht auch stinken will) und er damit weit deutlicher verliert als ich fürchtete, so dass meine Stimme nicht ganz so dringend fehlt. Ob das Schreckgespenst einer großen Koalition auch abgewendet ist wage ich allerdings erst zu hoffen, wenn die Ergebnisse etwas genauer sind.

Derweil zeigt sich das ganze Ausmaß des allgemeinen Dilettantismus unserer schönen Bananenrepublik, wenn man sich ein wenig durch die Blogs klickt, die sich das Chaos um Wahlcomputer, unfähige Wahlhelfer und andere unschöne Randerscheiningen rund um diese Wahl anschauten.

Bekommt Clement als RWE-Angestellter

eigentlich einen Bonus seines Arbeitgebers, wenn er Ypsilantis Hessenwahl versucht zu torpedieren, weil die Frau nix von Atomkram etc. hält?

Wenn HartzIV- und Energieriesenvertreter Clement sagt, Ypsilanti sei wegen ihrer Vorstellungen zur Energiepolitik nicht wählbar, dann ist sowas aus dem Munde eines Monopolisteninteressenvertreters und Atomkraftbefürworters für mich ja schon eine regelrechte Wahlempfehlung.

Weiß noch nicht. Die SPD hat mich in den letzten Jahren auch einige Male ent- und getäuscht – was nützt es, das kleinere Übel zu wählen, wenn selbst das sich inzwischen zu einem solchen Übel entwickelt hat, dass „die anderen sind noch schlimmer“ irgendwann auch kaum mehr ein Argument ist? Ich bin da echt ratlos.

Naja, andererseits hat Koch „sein“ Übel inzwischen soweit ausgebaut, dass tatsächlich alle anderen als sehr viel kleineres dastehen. Außer die geistigen Vorbilder seiner Kampagne, die NPD und DVU, vielleicht.

Kurzer Rundumschlag

OK, das da war ein Drecksmarder, somit zahlt’s die Versicherung *uff*.

Das da hat erstmal funktioniert.

Im Übrigen bin ich es langsam Leid, mich nur dafür abzustrampeln, dass Dinge wenigstens halbwegs erträglich bleiben und nicht sofort schlimmer, wenn man mal einen Moment verschnaufen will. Gehört, Welt? Ein Fortschritt zum Besseren wäre angebracht, wenn man schon ständig Dauerlauf machen muss! Das wäre jetzt endlich mal an der Zeit!

Dann: Hessen. Naja, muss man nix sagen, außer: wer Koch wählt, denn halte ich für einen rassistischen, hirn- und schwanzlosen Vollpfosten. Denn wie der Herr, so’s G’scherr, heißts ja im Volksmund, oder?

Und natürlich: Nokia. Oooooh, die bösen, selbstsüchtigen Turbokapitalisten! Machen einfach, was Siemens, BenQ, Müller, … usw. usw. usf. auch alle machen, weil es nunmal genau so möglich und aus Gewinnmaximierungsüberlegungen auch nötig ist – und Nokia dämlich wäre, wenn ausgerechnet sie das, was alle anderen tun, nicht täte.

Hey, Volk, beschwert euch nicht bei der Wirtschaft, Wirtschaftsunternehmen, speziell in einem kapitalistischen System, sind nicht für das Gemeinwohl zuständig, sondern für ihren Profit und Eigennutz. Wer grundsätzlich mal Marktwirtschaft will, der akzeptiert das auch.

Für das Gemeinwohl ist die Politik, die „Volksvertretung“, zuständig. Und damit auch dafür, dem Eigennutzstreben der Wirtschaft die notwendigen vernünftigen Grenzen zu geben, die verhindern, dass dieser nötige Eigennutz zu Lasten eben jenes Gemeinwohls geht.

Also die Leute, die jetzt groß in Medien von „Unanständigkeiten“, „Imageschaden“ und „Boykotten“ faseln, aber seit Jahren nicht nur nichts gegen die Bedingungen, die u.a. Nokia, wie es sich für ein Profitorientiertes Unternehmen gehört, jetzt nutzt, getan haben, obwohl das nun wahrlich lange genug bekannt ist, nein, es sind eben dieselben, die diese Bedingungen erst geschaffen haben, die sie da nun so scheinheilig beklagen!

Wenn ihr also einen „Schuldigen“ sucht, schaut nach Berlin und Brüssel. Und achtet mal auf die Aufsichtsratsposten, auf denen sich inzwischen diverse Ex-Minister und ähnliche Vertreter der Politikerkaste inzwischen ihren fetten Arsch breit sitzen. In den Konzernen, die genau die Bedinungen nutzen, die jene, die nun davon profitieren, ihnen geschaffen haben. Und glaub keiner, ein einziger jener jetzt sich laut empörender aktiven Politiker täte irgendwann seinen Job, nämlich, sich ums Gemeinwohl zu kümmern: die sägen doch nicht an dem Ast, auf dem sie nach ihrer Politikerzeit zu sitzen gedenken.

Volksvertreter? Dass ich nicht lache! Die Wirtschaftspöstchen für später werden doch schon vorgewärmt! Gemeinwohl? Politik ist doch auch nur noch Selbstzweck.

Dauert nicht mehr lange, und wer nur nach „Gemeinwohl“ googelt macht sich schon links- und terrorverdächtig.

Mit anderen Worten: beschwere sich keiner, dass Wirtschaftsunternehmen ihren Job machen. Sondern, dass die Volksvertreter den ihren nicht machen.

Wo ein Problem ist muss die Politik das Problem lösen

…polemisiert das Merkel ins Mikro. Ja, klar – und manchmal, wie in Hessen, sind die, die jetzt ein „Problem“ lösen wollen, nicht Teil der Lösung sondern gehören zur Ursache ihres Problems.

Oder anders: die CDU möchte Probleme lösen, die es ohne sie so garnicht gäbe?

Oder noch anders: die CDU möchte Probleme lösen, die es so nicht gibt, um nicht die echten Probleme oder Ursachen anpacken zu müssen?

Ein Schelm, wer diesem Dilettantismus gar Planung unterstellen möchte und auf die Idee kommt, dass man sich da ein Problem geschaffen haben könnte, um es dann rechtzeitig zur nächsten Wahl als ein einer Lösung harrendes zu identifizieren. Allerdings ist demagogische Instrumentalisierung eines „Themas“ auch nur als „genutzte Gelegenheit“ schäbig genug.

So gesehen sind es grade die Law&Order- und „Sicherheits“-Wähler, die am meisten verarscht werden, redet ihnen doch grade der nach dem Maul, der über 1000 Polizistenstellen abbaute und Sozialarbeiterstellen strich, zig Frauenhäuser, Beratungsstellen, Jugendhäuser etc. in Hessen schließen mussten, nachdem ihnen die Mittel gekürzt oder ganz gestrichen wurden und sich nun lautstark beklagt, dass es in seinem Land nicht mehr sicher sei. Braucht doch niemand glauben, dass das Thema nach der Wahl noch interessant wäre. Wie gesagt: da verspricht einer, sich um ein Problem zu kümmern, das es ohne ihn so offensichtlich garnicht gäbe.

Wenn die CDU inzwischen Wahlkampfsprüche absondert, die ich bislang so nur von NPD und DVU gehört habe, so dass ich sie von den ausländerfeindlichen Hetzern der Stammtisch-Nazis inzwischen garnicht mehr unterscheiden kann, darf ich sie dann auch „braunes Pack“ nennen?

Was ich schön finde: die seriösen Medien scheinen sich diesmal nicht mal eben so instrumentalisieren zu lassen und machen bei der Hetze diesmal nicht mit. Klar, bei den unseriösen schaut das anders aus, aber das überrascht ja nicht ernsthaft.

Ich habe mich die Tage umgemeldet, bin ja umgezogen. Eine Stimme mehr gegen Koch.

(Nein, ich diskutiere nicht über „Jugendkriminalität“ oder gar „ausländische kriminelle Jugendliche“ – das würde dieses Phantomthema adeln, indem man es als mehr als eine braunstinkende Wahlkampfkampagne ernstnehmen würde.)


(via)

Nachtrag: UNBEDINGT LESEN!

Nachtrag2: Zum Thema „Wie ist denn die Jugend von heute so“ hab ich was interessantes hier aus den Kommentaren gefischt, falls wer mehr an Realitäten interessiert sein sollte statt an Vorurteilen.

Nachtrag3: sagichdoch….