SZ: Düstere Aussichten
[…] Ich bin einer von 222 SPD-Abgeordneten. Im Wahlkreis Dortmund I wurde ich direkt ins Parlament gewählt – eigentlich um die Regierung zu kontrollieren. Aber darum geht es kaum. Die wichtigste Aufgabe einer Regierungsfraktion scheint vielmehr darin zu bestehen, die Vorgaben der Regierung möglichst kritiklos umzusetzen und die SPD-Minister in ein gutes Licht zu rücken. Die politische Linie zu beeinflussen ist für Abgeordnete sehr schwierig. Wer häufig gegen die Mehrheit stimmt, ist bei der Fraktionsspitze schnell unten durch und wird irgendwann nicht mehr ernst genommen. Vor wichtigen Entscheidungen werden Abweichler unter Druck gesetzt und zum Beispiel zu Einzelgesprächen ins Büro von Peter Struck, unserem Fraktionsvorsitzenden, zitiert. […]
Erzählt ein SPD-Abgeordneter.
Nein, dass nur 11 „Volksvertreter“ der Koalition, davon 7 SPDler (nein, Ex-„Bürgerrechtler“ wie Thierse haben auch mit „ja“ gestimmt) das Misstrauensvotum gegen die Bürger dieses Landes ablehnten wundert mich nicht, beim derzeitigen Zustand der politischen „Elite“ dieses Landes.
Dass 37 SPDler und 30 CDU-CSUler es vorzogen, ihre kleine politische Hinterbänkler-Karriere nicht durch „Abweicheln“ zu gefährden – oder aber alternativ ihnen das Thema scheinbar unwichtig genug war? – und halt garnicht erst abstimmten – geschenkt. Jahrelange Politikverdrossenheit kommt ja nicht von ungefähr, enttäuscht kann man nur von jemandem oder etwas werden, dem man etwas anderes/besseres zugetraut hätte.
Wenn übrigens Marco Bülow, der da in der SZ so „unabhängig“ auftrat und das unfreie Fraktionsleben beklagte, hier nicht unter den „Abweichlern“ zu finden ist, gehe ich davon aus, dass er tatsächlich „dafür“ war. Und hoffe, dass er, wie viele andere Abgeordnete auch, die vergessen haben, wessen Vertretung sie sind, bei der nächsten Wahl die Rechnung bekommt.
Dieses Dokument der Schande hier jedenfalls drucke ich mir aus. Ich will wissen, wer mir so misstraut, dass er wissen möchte, wann ich mit wem wie lange telefoniere, maile oder sonstwas mache.
Ich hege nämlich tiefstes Misstrauen gegen Leute, die mir nicht trauen, obwohl sie mich garnicht persönlich kennen und demnach eigentlich keinen Grund dazu haben dürften (Ja, ich nehme das so persönlich).
Solche Leute halte ich für paranoid und gefährlich. Die wissen nicht was sie tun, und damit ist denen alles zuzutrauen – im Gegensatz zu deren irrationalen Ängsten allerdings völlig real. Denn nicht zu wissen, was sie tun hält sie leider nicht davon ab, dennoch Dinge zu tun.
Naja, sind ja nicht die einzigen mit solchen Ängsten.
Nachtrag: