Wenn ein Bundeswehreinsatz, den ich mitbezahle, einen Piratenangriff auf ein „deutsches Handelsschiff“ verhindert, dieses aber, wie in einem späteren Bericht zu lesen, „unter der Flagge von Antigua und Barbuda“ fährt, dann frage ich mich, wieso ich eigentlich bezahlen soll, dass jemand geschützt wird, der sich an diesen Kosten nicht nur nicht beteiligt, weil er halt „nicht von hier“ ist (das wäre OK, weil Nothilfe jedem gewährt werden sollte, egal, welcher Herkunft), sondern sich dieser Beteiligung offensichtlich aktiv und gezielt entzogen hat, indem er als „deutsches Handelschiff“ offensichtlich alles getan hat, um keine Steuern in Deutschland zahlen zu müssen.
Ich kenne mich so halbwegs in Seefahrtsgeschichte aus, deshalb fällt mir zur Karibikinsel Barbuda ein, dass sie jahrhundertelang ein berüchtigstes Piratennest war. Entbehrt nicht einer gewissen Ironie.
Im Falle eines Piratenangriffs auf ein ausgeflaggtes Schiff tut mir die Besatzung leid. Was die Prise angeht, die gönne ich in solchen Fälle durchaus den Piraten …
Wie gesagt, ich hege keinerlei Sympathie für Piraterie und Piraten gehören festgesetzt und bestraft wie jeder Bandit, egal, wen sie angegriffen haben. Es geht mir hier um die Praxis des selbstverständlichen (oder bin ich der einzige, der es etwas seltsam findet, dass die Berichterstattung dieses Detail so völlig nonchalant mitnimmt, als sei das das Normalste der Welt) und wohl als geschäftstüchtig angesehenen Dem-Staat-Keine-Steuer-Zahlen aber Vom-Staat-(also mir, dem Souverän und Steuerzahler)-Beschützt-Werden-Wollen.
Erinnert mich übrigens auch grade fatal an so manche anderen Wirtschaftszweige, die grade ganz scharf auf meine Steuergelder sind, aber jahrelang alles dran setzten, nur ja keine Steuern zahlen zu müssen, speziell wenn sie grade richtig fette Gewinne erwirtschafteten….
Nachtrag: Wenn ich schreibe „Was die Prise angeht, die gönne ich in solchen Fällen durchaus den Piraten“, dann liegt das nicht daran, dass ich für Piraterie (bewaffneten Raubüberfall auf See) generell Sympathie hätte. Es ist nur so, dass die somalischen Piraten ihrem „Handwerk“ nicht freiwillig nachgehen. Ich weis, dass Du im großen und ganzen über Somalia bescheid weist, aber für andere noch mal zusammengefasst.
Somalia ist ein „failed state“, in dem jede öffentliche Ordnung zusammengebrochen ist, was er ohne die üblen machtpolitischen „Spielchen“ nicht nur der USA, Russlands oder Chinas, sondern auch Deutschlands wohl nicht wäre. (Ich bin, das wissen die Götter, kein Freund einer islamistischen Diktatur, aber wenn, so wie es aussieht, die einzige realistische Chance ist, dass wieder geordnete Lebensverhältnisse einziehen – denn soll’s so sein.) Die Piraten sind meistens Fischer, die auch deshalb auf Seeraub „umsatteln“, weil die westlichen Raubfischer die ungeschützten somalischen Küstengewässer leergefischt werden.
Deshalb, und nur deshalb, gönne ich ihnen die Beute.
Du hast Recht, wenn das eine Unrecht das andere verursacht trägt auch der, der das erste Unrecht begangen hat, Mitverantwortung für das Unrecht, das dessen Opfer begehen. Allerdings ist ein Grund keine Entschuldigung und das Unrecht der anderen bleibt Unrecht, egal, wer es verursacht hat, die Tat steht auch für sich. Ob das nun Piraten, Steuer“flüchtlinge“, Finanzbetrüger, Abzocker, skrupellose Fischereikonzerne oder wer auch immer sind.
Irgendwo, muss wohl auf einer sehr „archaischen“ Gefühlsebene sein, denn nach Vernunft gibt es kein einziges Argument dafür, im Gegenteil, kann ich dieses „Gönnen“ aber natürlich auch nachvollziehen, gebe ich zu, irgendwo steckt wohl in jedem das Prinzip des „Opferbonus“, ist vielleicht eine zutiefst menschliche Eigenschaft. Immerhin lebt ein großer Teil Hollywoods von genau diesen Gefühlsbildern 😉