Lesen bildet

Herr Knüwer erzählt uns, was sein Standeskollege Hofmann über von unserem Innenminister empfohlene „Fachlektüre“ rausfand. Da wundert einen dann nix mehr. Ich gehe davon aus, dass mindestens das halbe Kabinett und drei viertel aller C-Partei-Abgeordneten ihre Weltsicht aus ebendieser oder ähnlich gearteter Lektüre beziehen und verinnerlicht haben.

[…] Der [Schäuble] hatte im Gespräch mit der „Zeit“ zuvor gesagt:
„Lesen Sie einmal das Buch Selbstbehauptung des Rechtsstaats von Otto Depenheuer, und verschaffen Sie sich einen aktuellen Stand zur Diskussion.“

Hofmann tat, wie ihm geraten. Und schrieb dann:
„In eine geradezu paranoid anmutende, extrem hermetische Gedankenwelt sieht man sich versetzt von dem Autor, einem Juraprofessor aus Köln, Direktor des Seminars für Staatsphilosophie und Rechtspolitik.

Highnoon ist nichts dagegen. Jener Zusammenprall der Kulturen, der Samuel Huntington zufolge droht, er findet aus Sicht des Autors längst statt. Mitten im »Zeitalter des Terrorismus« befänden wir uns, seien mit der »Realität eines weltweiten Bürgerkriegs konfrontiert«…

Wenn der Rechtsstaat selbst auf dem Spiel steht, gibt es keine »Grenzen«, lautet die Kurzfassung der Antwort Depenheuers auf die Frage, die Schäuble nicht stellt…

So vollkommen dichotomisch ist dieses Weltbild, dass nur noch Freund oder Feind übrig bleiben: Hier der Westen, dort der islamische Terror…

»Verfassungspatriotisch gestimmte Bürger allein«, die den Staat im Konfliktfall »im Stich lassen«, hülfen nicht weiter, argumentiert Depenheuer. Man muss den Staat auf Krieg umrüsten. Die Feinde kommen nicht mehr von außen, sie kommen von innen. Der harmlose Nachbar von nebenan kann es sein. Alles potenzielle Schläfer, alles Verdächtige…

Einfach geht es in dieser Denkhöhle zu, und meist gibt es alles nur im Singular. Den Feind. Die Ausnahme. Das Opfer. Den Westen. Den Terror.

Die Herausforderung. Fast nichts hat einen Namen, nichts ein Gesicht. […]

Gruselig, das.

Aber wundern muss einen da natürlich dann nix mehr.

Naja. In 100 Jahren sind wir alle tot.

AAAAAH *kopfaufdentischhaukopfaufdentischhaukopfaufdentischhau*

Ich hätte gern, dass die komplette politische Kaste ausgetauscht wird! Gegen Leute, die noch selber denken. Und keine gehirngewaschenen Schwarz- Weiß- Welt- Fundamentalisten! Jetzt! Sofort!

Ich glaube, anders kommen wir hier nicht mehr auf einen grünen Zweig, die Verdummung ist einfach zu umfassend in Breite wie in Tiefe, man könnte meinen, dort ist Lobotomie Einstellungskriterium. Bevor noch irgendeiner total abdriftet in den völligen Wahnsinn und wirklich noch was kaputt macht was man nicht wieder reparieren kann.

Nachtrag: Herr Baum scheint da eine weitere Quelle der Inspiration ausgemacht zu haben:

[…] Die beiden CDU-Minister Wolfgang Schäuble und Franz Josef Jung hätten sich „jetzt offenbar für eine konzertierte Aktion zur Einführung des Feindstrafrechts entschieden“, kommentiert er die jüngsten Äußerungen zum Abschuss gekaperter Passagiermaschinen. Beide, so Baum weiter, handelten damit „im Sinne des Nazitheoretikers Carl Schmitt, der die These vertreten hat: „Um Recht zu schaffen, muss man nicht Recht haben“. Der Ausnahmezustand solle zur Regel werden, so der FDP-Politiker Baum in seiner Erklärung […]

Weiter bei SPON

(Hmm, Carl Schmitt war also auch im Staatsrechtlichen und Philosophischen Bereich unterwegs. Ist da irgendwo ein Nest?)

Fremdlesen

bitte hier.

„[…] Auf der Post hängen Fotos von Leuten, die auch Pistolen haben. Das sind Leute, die von der Polizei erwischt worden sind. Mein Vater ist einmal auch fast erwischt worden, aber er war schneller und ist aus dem Fenster gesprungen. Es gibt auch Pistolen aus Schokolade, aber meine Mutter kauft uns sowas nicht. Der Freund von meinem Vater musste viel üben, sonst trifft man daneben, so wie mit einer Bombe. Wenn so eine Bombe explodiert, dann sind ganz viele Leute tot, aber nur die Bösen sind dann tot, wenn man es richtig macht.“

Üblicherweise erhielten wir unsere Aufsätze schon am nächsten Tag korrigiert zurück, auf diesen warteten wir jedoch wochenlang vergebens. Was meine Familie stattdessen bekam, war Besuch aus Wiesbaden. […]

(via)

Achso, nur mal wieder missverstanden

Bosbach laut br-online:

[…] Günther Beckstein hat nicht gesagt „Wir wollen alle rund um die Uhr beobachten“, er hat gesagt „Wir wollen ein Konvertitenregister haben“.

Wir wollen wissen, wer übertritt, weil wir wissen: Nicht alle…Es treten zum Beispiel viele über, weil sie einen Ehegatten muslimischen Glaubens geheiratet haben, und man will jetzt eine gemeinsame Konfession haben. Wir wissen von einigen, nicht von allen, vielleicht noch nicht einmal von der Mehrzahl, dass sie danach bewusst Kontakt suchen zur radikalen, auch gewaltbereiten Islamistenszene und sich dort radikalisieren lassen.

Da würden wir gerne wissen, wer das ist, […]

Bosbach in RP-Online:

Bosbach wies diese Berichte als Fälschung zurück. „Ich habe in der Sendung ziemlich genau das Gegenteil erklärt“, sagte er im Gespräch mit unserer Redaktion. „Meine angebliche Forderung nach einem Konvertiten-Register kommt in der ganzen Sendung nicht vor“

Also ich dachte immer, ich kann ganz gut Deutsch. und meine Deutschkenntnisse vermitteln mir hier sehr genaue, ja, unmissverständliche, Aussagen.

Aber naja, inzwischen ist die Unverbindlichkeit der eigenen Rede ja scheinbar für bestimmte Kreise schon normal. Im Zweifel meint man halt auch mal das Gegenteil von dem, was man sagt, scheints…

(via)

Bekennerschreiben

Das habe ich auf der Parkbank gefunden:

Wir, die Molwanische Befreiungsfront, bekennen, vor einer Woche das Berliner Reichstagsgebäude, Schloss Neuschwanstein sowie den kompletten Hamburger Hafen gesprengt gewollt zu haben. Und wir hätten das auch echt gemacht, hätten wir Sprengstoff, Autos und genügend Leute gehabt. Und uns getraut.

Und nächste Woche würden wir den Berliner Funkturm sprengen und den Rhein umleiten wollen. Und noch viel mehr! Bis zum Ende des Jahres hätten wir eure gesamte Infrastruktur lahmgelegt, wenn wir fähig dazu wären! Ganz sicher hätten wir das!

So, und jetzt habt gefälligst Angst und schafft endlich eure Bürgerrechte ab!

In Zeiten, in denen Regierungen allen Ernstes Maßnahmen z.B. zum Klimaschutz in Zeitrahmen völlig außerhalb der eigenen Erlebenszeit nichtmal beschließen sondern nur „erwägen“ und einem das als etwas „getanes“ und konkretes zu verkaufen suchen macht diese Terrormethode durchaus Sinn.

Bei den derzeitigen Reaktionen auf die letztens so spektakulär „vereitelten Anschläge“ frage ich mich eigentlich nur noch, wer hier der peinlichere Dilettant ist: die „Terroristen“, die Politik oder die Medien, die willfährig bei der Hysterie mitmachen und weiter anblasen.

(Disclaimer: das da oben ist eine SATIRE! OK? Sag‘ ich sicherheitshalber, man kann ja heutzutage wahrlich nicht mehr drauf vertrauen, dass man von gesundem Menschenverstand umgeben ist. Satire, Spaß, Ironie, Sarkasmus. Nicht real. Danke für die Aufmerksamkeit.)

Jetzt doch ein Nazivergleich

Bislang hatte ich es vermieden, einen Nazivergleich aufzumachen ob jener Versuche mancher „konservativer“ Politiker, das Grundgesetz faktisch abzuschaffen (also das Gegenteil von „Konservierung“ und „Werteerhaltung“ betreiben), obwohl es reizt und sich auch durchaus anbietet.

Aber mit dem „Konvertitenregister“ ist es dann doch soweit.

Werden mir in nicht allzuferner Zukunft Menschen mit einem aufgenähten gelben Halbmond auf der Jacke über den Weg laufen?

Union scheißt auf den Gleichheitsgrundsatz der Verfassung?

Oder wie darf ich das verstehen?

Nicht jedes Lebens- oder Gesellschaftsmodell verdient es, im Zeichen der Pluralität gleichermaßen gefördert zu werden.

Und das da ist ja wohl eine Geschichtsklitterung ohne Gleichen: die Menschenrechte sind aus der Aufklärung entstanden. Nicht aus dem christlichen Menschenbild. Sondern diesem zum Trotz und gegen eine bis dahin christliche Obrigkeitherrschaft mit einigen Opfern durchgesetzt.

Die aus dem christlichen Menschenbild entstandenen Menschenrechte sind universell gültig und dürfen nicht in Frage gestellt werden.

Ja, ohne das Christentum gäbe es keine Auflärung in der Form, wie sie stattfand: denn sie wäre so nicht nötig gewesen. Unfreiwillig richtig, wenn man es wörtlich nimmt und die „Entstehung“ rein kausal als „Anlass“ versteht… 😉

Na denn, auf zum voraufgeklärten Gottesstaat mit Ketzerparagrafen und Ungleichbehandlung auf Grund Religion, sexuellen Orientierungen oder was auch immer.

Das schlimme ist: ich fürchte, diese C-Politiker glauben wahrscheinlich tatsächlich, sich mit diesen mittelalterlichen Vorstellungen, die sie keinen Meter von dem ihrer erklärten Feindbilder, den bösen Gottesstaat-Moslems unterscheidet, im Rahmen des Grundgesetzes zu bewegen und humanistische Werte zu vertreten, obwohl ja wirklich das Gegenteil der Fall ist und die Durchsetzung solcher Weltbilder faktisch die Abschaffung von Aufklärung und von Gleichwertigkeit geprägtem Menschenbild und -recht bedeutet – und zwar überdeutlich und unmissverständlich, wenn man sich die Formulierung der Aussagen dieser Leute durchliest, denn genau das wird doch da direkt und unverblümt ausgesagt. Wie weit muss da die Reflexionsunfähigkeit schon gediehen sein um so eine unglaubliche Verschiebung in der Selbstwahrnehmung zu ermöglichen?

Ob’s was nützt, denen auch noch ein paar Grundgesetze zu schicken, so als Erinnerung, was hier (noch) an Grundwerten gilt – zumindest solange, bis die ihre „Leitkultur“ dagegen durchgesetzt haben?

Das muss ich nicht verstehen

warum es nötig sein soll, noch mehr abzuhören, zu überwachen, Armee im Inneren einzusetzen und Generalverdächte gelten zu lassen, wenn doch das, was schon da ist, offensichtlich so gut genug war, dass langfristig genug beobachtet und sauber verhindert werden konnte? Seit wann ist ein Erfolg Anlass zur Sorge und „Wir müssen was ändern“-Gedöns?

Zurück auf die Insel

Ich überlege, ob ich mir nicht irgendwo einen Fluchtpunkt zulege – wenn das hier so weiter geht könnte das in ein paar Jahren nötig sein – ein Semester Soziologie habe ich ja auch in meinen Records stehen (als ob Wissenschaft alleine nicht schon verdächtig genug wäre), dann noch Musik, also Künstler, dann noch öffentlich die Meinung-Sager.

OK, ich bin kein Jude, nicht schwarz und nicht schwul, das könnte mich, solange ich in Bundesländern ohne C-Parteien-Innenminister bleibe, ein paar Monate länger vor der Abholung schützen, aber allzuviel dürfte das nicht bringen, denn schwerer wird wohl „kann lesen und schreiben“ wiegen, denn das alleine ermöglicht mir ja durchaus das Verfassen von was auch immer für Texten und unter Umständen die Recherche für diese.

Und das schlimmste: ich habe manchmal mein Handy nicht dabei!

Zum Glück bin ich ziemlich resistent gegen Paranoia, so dass schon noch einiges mehr passieren muss, bevor ich tatsächlich echte „Angst“ bekäme.

Dummerweise sind das wohl nicht alle, und so sind es gerade diese ängstlichen Leute, die irgendwann ihre eigenen irrationalen Ängste soweit in die Realität projeziert haben, dass man vor den Folgen dieser Ängste wirklich Angst bekommen muss.

(via karan)