Warum ich Griechenland für die europäische Idee für eine wichtige Gelegenheit halte

Ich fische das mal aus den Facebook-Kommentaren, weil ich denke, dass vielleicht mehr Leute interessiert, warum ich diese Griechenlandsache so genau beobachte. Das liegt nämlich daran, dass ich ein großer Freund sowohl der europäischen Idee bin als auch der einer gemeinsamen Währung ganz Europas.

Und deshalb in der Griechenlandkrise nicht nur eine Krise sehe sondern eine historische Gelegenheit, ebendieser Idee endlich näher zu kommen und weg von den nationalstaatlichen Egoismen, die aus der EU einen Popanz machen und es auch noch schaffen dabei, davon abzulenken, wer dafür verantwortlich ist, denn sonst würden EU-„kritische“ Parteien nicht so stark sein und damit zeigen, dass die Nationalstaaten es geschafft haben, den Leuten weis zu machen, dass nicht sie sondern die EU, die sie unterminieren, selbst die Täter sind. Dabei ist sie das Opfer. Zumindest die Idee, die in Gardinenpredigten immer wieder angeführt wird, während dabei alles getan wird, dass sie nicht wahr werden kann.

Ich wurde hier gefragt, wie ich glaube dass es mit Griechenland weiterginge. Dies ist meine Antwort darauf:

Das kommt auf den Ausgang des Referendums an.

Meine Hoffnung, also der „Idealfall“?

Die Griechen lehnen das Austeritäts“Angebot“ ab, so dass die Nationalstaaten, allen voran Deutschland, endlich gezwungen sind, sich um die Frage zu kümmern, wie man Griechenland – und damit die EU – aus diesem Scheiß rausholen kann, anstatt dumme parteipolitische Taktikspielchen auf dem Rücken von abertausenden leidender Menschen zu spielen.

Denn es gibt keine Option, die Griechen dann beleidigt aus dem Euro zu werfen, da der Euro-Vertrag sowas gar nicht vorsieht. Die griechische Regierung hat schon gesagt, dass sie nicht raus wollen, was verständlich ist, denn wenn, wäre das eine Option zu Anfang der Krise gewesen, aber jetzt nicht mehr. Medien und Politiker, die dieses Referendum als Wahl zwischen „Im Euro bleiben oder aus dem Euro raus“ darstellen, das sage ich jetzt so deutlich, lügen, und zwar mit Vorsatz!

Es gibt genügend Beispiele in der jüngeren Geschichte, wie solche Probleme lösbar sind, man kann für manche Elemente dieses Problems nach Island schauen, für andere nach Argentinien. Es ist ja nicht das erste Mal das sowas passiert, auch wenn die Troika-Mitglieder so tun, als ob – und immer wieder das versuchen, was noch nie funktioniert hat, wie ein trotziges Kind, nach dem Motto „Irgendwann muss es doch klappen!“

Vernünftigerweise – sowohl aus EU-Sicht, wenn man diese Idee endlich Ernst nähme, als auch aus ökonomischer Sicht, führt kein Weg an einem deutlichen Schuldenschnitt vorbei, und das wissen alle Beteiligten schon seit Jahren. Aber je länger damit gewartet wird, desto höher wird auch der wirtschaftliche Verlust derer, die diesen Schuldenschnitt immer noch herausziehen wollen. Das ist nicht nur aus sozialer sondern auch aus wirtschaftlicher Sicht so.

Wenn man eine gemeinsame Währung will, geht kein Weg an die gesamte Währungszone stabilisierenden Maßnahmen vorbei, wir haben hier nicht umsonst einen Länderfinanzausgleich, und selbst die ach so „freie Märkte“ schreienden Amis haben sowas zwischen ihren Einzelstaaten. Wer sich noch an die Ausweitung der D-Mark -Währungszone auf die ehemalige DDR erinnert sollte das auch wissen, was es bedeutet, eine gemeinsame Währung in wirtschaftlich extrem unterschiedlich aufgestellten Ländern zu etablieren. Wer sich nicht oder nicht mehr daran erinnert muss nur mal auf seinen aktuellen Lohnzettel schauen und sich fragen, warum da bis heute noch ein Posten „Solidaritätszuschlag“ aufgeführt ist.

Seltsamerweise hat da aber keiner geschrien „Thüringen raus aus der D-Mark!“ – warum auch, es hieß, es dauert, es ist teuer, aber am Ende wird es sich angleichen, weil man dafür eben was tut. Es ist bis heute nicht 100% angeglichen, woran man sieht, dass das sehr lange dauert, aber es ist stabil und es wird – langsam, aber immerhin – tatsächlich besser. Ja, es wird über Höhen der Transfers gestritten und sich drüber beschwert und all sowas. Aber das Prinzip selbst wird dabei nicht in Frage gestellt. Nicht mal von der CSU.

Sowas wurde bei der Euro-Einführung auf Grund der Nationalstaatlichen Egoismen (Das darf man nie vergessen, es ist nicht „die EU“, wenn nationale Finanzminister dafür sorgen, dass notwendige Maßnahmen, die der gesamten EU nützten und die sie auch braucht, nicht eingeführt bzw. diese blockiert werden, seit Jahren) schlicht nicht gemacht, so dass die Unterschiede zwischen den Ländern nicht ausgeglichen werden konnten sondern bestehen blieben, mit dem Unterschied zu vorher, dass die einzelnen Länder nicht einmal mehr sich selbst helfen konnten, z.B. durch Abwertung ihrer Landeswährung. Für den Verlust dieses Instrumentes gibt es keinen Ersatz. Und ein solcher Ersatz muss jetzt endlich eingeführt werden, wenn die Euro-Idee (die ich übrigens gut finde, ich wünschte mir nur, dass sie endlich auch umgesetzt würde, denn derzeit ist sie es nicht) nicht gänzlich scheitern soll.

Solange die EU-Staaten nicht endlich lernen, dass eine „europäische Idee“ zuallererst auf Solidarität basiert und basieren muss, um zu funktionieren, wird es kein Europa geben. Sondern nur kleine, egoistische Nationalstaaten. Wie im letzten Jahrhundert. Und was das bedeutet, konnte man im letzten und vorletzten Jahrhundert sehr gut beobachten.

Und, ja: ich bin unverbesserlicher Optimist. Und selbst, wenn das Referendum anders ausgeht oder die nationalen Finanzminister und Regierungen nicht so schnell vernünftig werden, wie ich mir das wünschte, werde ich es bleiben und weiterhin die Möglichkeiten auch im Schlimmen suchen und benennen. Mit Vorsatz. Weil ich es so will. Und kann! 🙂

Nachtrag: die Abstimmung ist rum, das Ergebnis ist „Nein“ – Jetzt, wo das Ergebnis wohl tatsächlich ein „Nein“ ist hoffe ich, dass die Beteiligten endlich das vernünftige Denken anfangen und nicht im Kindergartenmodus bleiben und auf Teufel komm raus versuchen zu erzwingen, was nicht erzwungen werden kann. Sondern in so einem Fall nur allen schaden kann. Jetzt geht es um die Frage: trotzig jetzt erst recht alles kaputt machen, oder endlich die zu lange versäumten Dinge angehen und gerade biegen. Es wäre so schön, wenn endlich mal eine Gelegenheit zum Guten genutzt würde…

 


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