Ich halte jeden Politiker, der angesichts der Entwicklungen in Hessen von „Wortbruch“ faselt und so tut, als sei das jetzt was ganz ganz arg furchtbar schlimmes, was da passiert „auch gegenüber dem Wähler“, für entweder dumm als wie eine Scheibe Toastbrot oder heuchlerisch wie ein… öhm… wie ein… Politker (sorry, mir fällt nix heuchlerischeres ein, irgendwie ein blöder Vergleich, ich geb’s ja zu).
Bayern hat ein 8-jähriges Gymnasium, die MwSt wurde um 3% erhöht, diverse Versprechen wurden einfach „vergessen“, „Niemand hat die Absicht, einen Überwachungsstaat einzurichten“, usw. usf. – was soll also das Geheuchel?
Soll die SPD in Hessen etwa mit dem „Wo kann ich hier gegen Ausländer unterschreiben“-Koch Groß-koalieren? Sorry, aber wie ich die SPD-Wähler einschätze dürfte ihnen das als das größere Übel vorkommen, auch wenn ich diese Links-Paranoia, die ich auch bei manchen SPD-lern sehe, nicht einschätzen, weil nicht nachvollziehen kann. Muss was mit dem Lafontaine zu tun haben, denke ich, und ist damit IMO was persönliches. Und damit auch eher irrational.
Nochmal Kochs ausländerfeindliche, stumpf-braun anmutende Wahlkampfstrategien, sorry, anders kann ich die nicht sehen, belohnen? Das geht ja wohl garnicht! Und sonst? FDP will nicht (um dann am lautesten „Kommunisten!“ brüllen zu können und sich McCarthy zurückzuwünschen), mit CDU wollen die Grünen nicht (in Hessen haben die wenigstens noch ein paar Prinzipien), also was?
Mal davon ab, dass ja auf Bundesebene eindrucksvoll demonstriert wird, was eine große Koalitze anrichten kann, schon wenn sie sich nur „stets bemüht“.
Jedenfalls: ich habe genügend Kritikpunkte an jeder Partei und an jedem Politiker. Aber „Wortbruch“ wäre so ziemlich der letzte Vorwurf den ich brächte – ich mag idealistisch sein, manchmal auch naiv, aber ich bin kein Phantast und will mich auch nicht lächerlich machen.
Im Gegensatz zu denen, die da im Moment so lautstark rumheucheln. Aber das sind ja dann auch zumeist Politiker. Sowas gehört in deren natürliches Handlungsrepertoire. Wie Dinge zu versprechen, egal ob sie sich daran halten wollen. Oder, wie im momentanen Falle: halten können. Wenns Stimmen brächte verspräche jeder Politiker jeder Coleur auch einen sonnigen Sommer und weiße Weihnachten. Und niemanden würd’s wundern. Oder?
Vollkommen richtig: Im Prinzip müßten sich Ypsilanti und Genossen wegen des Wortbruch-Vorwurfs keine grauen Haare wachsen lassen. Denn so viel gilt das Wort von Politikern schon lange nicht mehr. Und war es nicht Müntefering, der neulich mal entrüstet meinte, wie unfair und sachfremd es wäre, eine Partei an ihre Wahlversprechen zu erinnern?
Ich steck in den hessischen Verhältnissen ja nicht mehr so drinne, aber ich denke, eine große Koalition mit der CDU wäre (zumindest unter der Prämisse, dass Koch himself in der Koalition keine große Rolle mehr spielt) sowohl intern als auch dem Wähler gegenüber noch eher zu vermitteln als rot-rot. Schätze ich mal. Aber ich bin froh, mir dieses unwürdige Gezacker aus einer gewissen Distanz angucken zu können – selbst wenn ich beim Blick auf die Verhältnisse hier in NRW auch nicht gerade in Laune komme, eine Flasche Rüttgers Club zu köpfen…
Jepp. Ich halte halt nix von GroKos – ein „echtes“ rot-rot ist wohl auch nicht realistisch (glaube ich nicht, dass die Linke schon regierungsfähig ist – aber mal nebenher gefragt – wer ist das schon…).
Groko mit Koch? No way! Da hätte die SPD noch mehr verschissen als sie’s bei mir eh schon hat. Aber eine GroKo ohne Koch? Das wäre für Koch das Eingeständnis, dass sein Wahlkampf tatsächlich brauner Müll war, wie „die Hetzkampagne“ gegen ihn das behauptet – das kann der nicht, wenn er politisch noch irgendwas zu sagen haben will in der Zukunft. Entsprechend ist selbst für die, die eine große Koalition in Ordnung fänden kein Weg offen, wie ich das sehe.
Es ist doch einfach so: wenn abgestimmt wird wird es eine Mehrheit geben. Und mit der geht’s dann erstmal weiter. Das ist wie im Internet: ich bin nicht dafür verantwortlich, wenn mich jemand verlinkt, den ich nicht kenne und den ich nicht drum gebeten (oder geschmiert) habe…
Einen Rüttgers köpfen? Ach, warum denn eigentlich nicht… 😀
(Mist, schon wieder drei Punkte mehr in der Gefährderkartei – grad, wo die letzten kurz vor dem Verfallen standen)
So ist es!
Andererseit muss man – marketingtechnisch – die anderen Politiker verstehen. Ypsilantis „Wortbruch“ ist geradezu eine perfekte Vorlage, um in den Medien Stellung zu beziehen und damit Aufmerksamkeit zu erlangen. Auf diese Weise kann man von dem ein oder anderen eigenen Problem (siehe CSU in Bayern) wunderbar ablenken…
Und wem das Ganze trotzdem nicht passt, der kann ja auf Plattformen wie Trupoli die Aussagen von Frau Ypsilanti (http://www.trupoli.com/de/politiker/ypsilanti_andrea) bewerten.
Naja, bevor ich so verzweifelt bin zu „Trupoli“ zu gehen gibts ja zum Glück noch Portale wie -> Abgeordnetenwatch, auf denen es nicht ganz so oberflächlich zugeht 😀
Fragt sich nur, welche Aufmerksamkeit die anderen PolitkerInnen in den Medien marketingtechnisch so erlangen, sag ich doch: Heuchler!
Muss mal unbedingt noch den Spruch hier loswerden, den ich in den Achtzigern in Frankfurt an einer Hauswand fand: „Wir können die Politker nicht dazu zwingen, die Wahrheit zu sagen, wir können sie nur dazu zwingen, noch unverschämter zu lügen.“
Hehe, ja, der is‘ gut 😀
Könnte von Joschka sein … 😉
Vom jungen (als Sponti) oder vom alten (in einem Anfall von Selbsterkenntnis) 😉
Auf keine Fall vom „Mittleren“ (dem politische Karrieristen, um fast jeden Preis).
In Hamburg sieht es ja fast nach einer schwarz-grünen Koalition aus – allerdings ist von Beust, bei all seinen Fehlern und Marotten, auch kein Koch – ich gehe jeder Wette ein, dass Ole von Beust, wäre er nicht zufällig in der CDU und zufälligerweise Amtskollege, in das Kochsche Feindbild mitaufgenommen werden würde – erstens schwul und zweitens noch kosmopolitisch – das geht schon mal gar nicht!.
Ob die GAL-Parteibasis ähnlich „prinzipienflexibel“ bzw. opportunistisch ist, wie ihre Parteispitze, bleibt abzuwarten. Schon unter rot-grün hatten die GAL-Senatoren in der schon aus Tradition rebellischen GAL-Basis ihre schärfsten Kritiker – wenn es trotz erwartungsgemäß trotziger Basis schwarz-grün gibt, wird Ole jedenfalls schwerlich in gewohnter Weise ruhig durchregieren können …
Ich finde, da macht es sich der Autor etwas zu einfach. Es ist ja okay, wenn man Koch nicht mag und eine Linkskoalition gut findet. Nur warum hat Frau Ypsilanti das nicht vorher gesagt? Warum hat sie auf die präzise Frage („…wenn nichts anderes geht?“) geantwortet „unter keinen Umständen?“
Gegenbeispiel von Beust: Hat seinerzeit gesagt „Ich mache es mit Schill“, hat diesmal gesagt „Ich spreche auch mit den Grünen“ – so. Da weiss jeder, woran man ist. Und das zeigt auch, dass es nicht alle machen und es auch ehrlich ginge – wenn man will. Man muss nicht lügen.
Es mag ja an meiner Erziehung liegen, oder an meinen Ansprüchen – aber es kann doch nicht sein, dass man jetzt „Heuchler“ ist, wenn man sowas mal zur Sprache bringt? Kein Mensch verlangt, dass man den Rest seines Lebens eine einmal getätigte Aussage einhalten muss. Aber mein Gott, 14 Tage in so einer zentralen Frage… nö, das ist einfach schwach, das reicht mir nicht.
Ich weiss jedenfalls nicht, was man Kurt Beck nun noch glauben kann… das gilt auch für einige andere Politiker, ja, aber für wieder andere gilt das eben nicht.
Ich machs mir leicht, ja – indem ich eben sage, dass ich einem Politiker eh kein Wort glaube, wenn er „Absichtserklärungen“ abgibt. Warum sie’s nicht anders gesagt hat? Weil man (seitens Konkurrenz und aber auch Medien) keine „weiche“, und damit u.U. realistische, Antwort akzeptierte, denn hätte sie’s anders gesagt, es wäre ihr sofort als „die will mit den Kommunisten koalieren!“ im Munde rumgedreht worden – was sie, soweit glaube ich ihr sogar – aber nunmal nicht wollte. Freilich ist das keine Entschuldigung (Schon allein deshalb nicht, weil sie’s mit Sicherheit im gegenteiliger Konstellation nicht anders machen würde). Aber ein Grund.
Ein Heuchler ist in meinen Augen der, der Wasser predigt und Wein trinkt. Insoweit sind die, die hier „Wortbruch“ rufen in meinen Augen Heuchler. Die sind das nicht weil „sie etwas zur Sprache bringen“, sondern weil sie was anprangern, das sie in derselben Situation keinen mm anders handhaben würden. Weil sie Moral einfordern, aber selbst jegliche Moral vergessen, wenn es um ihren Vorteil geht. Die „Moral“ und „ethisches Handeln“ nur als Kampfmittel und Werkzeug gegen den politischen Gegner ansehen und nicht als universellen Wert, der auch (und zuallererst mal) für sie selber gilt.
Deshalb sind das Heuchler.
Ich kann mir nicht helfen, aber ich finde das irgendwie total absurd, dass die SPD jetzt da schon wochenlang so’n Eiertanz um den Vorwurf des Wortbruchs vollführt. Die SPD macht sich wieder Gedanken um ihren Ruf? Um ihre Verantwortung gegenüber ihren Wählern? Um ihr Profil? Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Schröder war gestern, ab sofort hat die SPD (oder zumindest wahrnehmbare Teile davon) wieder ein Gewissen. Und wenn die LINKE das ausgelöst hat, dann war ihre Präsenz im politischen Koordinatensystem imo längst überfällig.
Hm, sieht so aus, als hätte die GAL-Basis doch weniger Charakter, als ich ihr zugebilligt hätte. Trotzdem dürfte Ole seinen „Spaß“ haben. Vielleicht gibt`s auch wieder mal Neuwahlen. Als Hamburger ist man das ja gewöhnt …
Das hätte mich gewundert, wenn die GAL das nicht machen würde. Wie gesagt: es sind – alles – Politiker… 😉
In panorama haben sie ja süffisant (mal wieder) den Börner zitiert, als er in Bezug auf die Grünen damals den Spruch mit der Dachlatte, mit der man das früher auf’m Bau geregelt hätte mit den Typen gebracht hatte und dass es mit denen ja nun ü-ber-haupt nie ginge – das war vor der Wahl, nach der es die erste rot-grüne Koaltion unter Börner gab. (Soweit ich weiß war die noch dazu soo übel ja nicht. Im Vergleich mit Kochs sozialem Kahlschlag zumindest) – Aber wie’s ausschaut kriegen sie ja nicht mal die Hälfte von sowas mehr hin. 😀
Den Wähler mit solchen Ausschluss-Statements unter Druck setzen wollen wurde schon immer von allen Seiten probiert. Und hat selten bis nie funktioniert. Gerade die SPD müsste das ja langsam mal gelernt haben. Aber auch das ist halt anders bei Politikern: da die ja keine Fehler machen sondern höchstens missverstanden werden müssen die auch nix lernen…
Wobei man anmerken muss, dass Ole von Beust nicht a la Börner auf der GAL ‚rumgehackt hat, und die GAL im Wahlkampf bei „Sachthemen“ geblieben ist. So gesehen haben sich diese beiden Parteien sogar richtig lieb 😉
Ja klar – ich hatte das auch eher als eine Parallele für Hessen gesehen 🙂