Gegenlicht – Drama, Baby!

[Dieses Posting erschien zuerst im „Fotoschraubr“-Blog, das leider nicht mehr existiert, weshalb ich es aus der wayback-machine rauskopiert habe.]

Ich versprach bei meinem März 2014-„Foto des Monats“ ja, mal was über eine meiner bevorzugten Fototechniken zu schreiben. Also über Gegenlichtfotografie.

Weniger wie man das macht (als Autodidakt habe ich da nämlich keine Ahnung), sondern, wie ich das so mache.

Ich bin mit meinen Gegenlichtaufnahmen nämlich ganz zufrieden und halte sie für ansehnlich genug, dass ich mir denke, das könnte für die ein oder den anderen ganz interessant sein, mal zu sehen, wie ich sowas mache.

Gegenlicht?

Zunächst: was heißt „Gegenlicht“? Ganz einfach: man fotografiert in Richtung einer Lichtquelle. Das muss nicht konkret die Sonne sein, ein heller Himmel, ein Fenster in einem Raum, eine Kerze, eigentlich alles, was Licht in die Linse einstrahlen lässt, sogar egal, ob direkt oder als Reflexion.

Wintersonne

Schwierig – und damit erst richtig interessant – wird so eine Situation dann, wenn neben dieser Lichtquelle noch andere Objekte zu sehen sind bzw. auch zu sehen sein sollen.

Das Problem, das da schnell mal auftaucht ist nämlich: diese sind oft deutlich dunkler als die Lichtquelle, weil sie nicht selbst leuchten, weil sie sich räumlich zwischen Kamera und Lichtquelle befinden und deshalb der Schatten, den das Objekt wirft, in Richtung Kamera geworfen wird und/oder weil es neben diesem Objekt auch weitere Bildbereiche gibt, die von der Lichtquelle stark beleuchtet werden und dadurch schlicht extreme Helligkeitsunterschiede abzudecken sind.

Solche Unterschiede führen zu Bildern, in denen entweder der abgeschattete Bereich gut erkennbar ist, aber alles Helle drumherum überbelichtet wird bis hin zum gefürchteten „Ausbluten“, also komplett weißen Bereichen, die einen eigentlich mal blauen Himmel verunstalten oder komplett verschwinden lassen. Oder die Umgebung passt, aber das Objekt, das gegen das Licht steht, nur noch als schwarze Silhouette zu sehen ist.

Bei Portraits oder nahen Objekten kann man das mit einfachen Reflektoren ausgleichen, also großen reflektierenden Flächen, mit denen man vorhandenes Licht auf den abgeschatteten Bereich umlenkt. Sowas gibts auch supergünstig zu kaufen, oft auch praktisch faltbar, so dass mans auch gut mitnehmen kann, da muss man gar nicht groß rumtricksen.

Für Landschaftsaufnahmen allerdings nutzt mir sowas freilich nichts, da bei solchen ja selten ein deutlich aus dem Hintergrund hervortretendes Motiv im Mittelpunkt steht sondern die Gesamtansicht das Motiv ist. Wenn man dann auch noch eine Prise Drama ins Bild bauen möchte und deshalb auch z.B. auf einen schönen Weitwinkel zurückgreift braucht man an Beleuchtungshilfen nicht mehr ansatzweise zu denken.

Und es ist ja auch gerade das, was Gegenlicht so faszinierend macht: die Dramatik, die entsteht, wenn man nicht „nur“ ein dingliches Objekt sondern eben auch das Licht fotografiert. Man kann sagen: Auch gerade das Licht und die Lichtverhältnisse sind da das Motiv.

Blüte.

Die stärkste Lichtquelle bei Landschaftsaufnahmen ist natürlich die Sonne. Das menschliche Auge ist einem Fotosensor weit überlegen, es kann von Natur aus sozusagen HDR sehen, so dass man ein gegen die Sonne stehendes Motiv gegenüber einem hellen Hintergrund oder gar der Sonne selber sehr gut erkennen kann.

Auch ein Objekt, das abgeschattet ist, ist ja im Normalfall noch so hell, dass man nicht nur schwarz sieht, denn es steht ja dennoch in genügend Licht, auch wenn dieses nicht so hell ist wie an anderen Stellen.

Ein Fotosensor ist da deutlich „dümmer“, der lässt sich halt nur auf eine Einstellung für alles setzen, und alle Bereiche des Bildes, das andere Lichtverhältnisse aufweist als die, an der man diese Einstellungen ausgerichtet hat, sind nicht mehr ideal eingestellt.

So behelfen sich viele damit, dass sie sogenannte „HDR“-Aufnahmen machen: das selbe Motiv wird mit verschiedenen Einstellungen, für die hellsten Bereiche, die Mitten und die Schatten, mehrfach abgelichtet, so dass man ein Foto für jeden Teilbereich erhält. Diese verschiedenen Bilder werden dann zu einem zusammengefasst, mit dem Himmel des einen, den Mitten des anderen und dem dunklen Bereich des Bildes, das diesem Bereich angepasst ist.

Da ich dazu meist zu faul bin und vor allem auch eher auf Motive stoße anstatt sie zu suchen, weil ich meist Bilder auf Wanderungen oder Spaziergängen mache, so dass oft auch gar nicht die Möglichkeit für großen Aufwand ist, ist, wenn man das nicht wie ich sowieso immer tut, spätestens hier die Stunde des RAW-Formats gekommen.

Eine RAW-Datei umfasst für die allermeisten Fälle genügend Dynamik, um eine schöne dramatische Gegenlichtaufnahme machen zu können.

Stativ rumschleppen, Einstellungen machen, mehrere Fotos, da bedanken sich Wanderbegleitungen schnell, wenn sie dauernd ewig auf mich warten müssten. Und dann das ganze zu Hause am Rechner erst nochmal richtig zusammenpfriemeln, das ist mir zu viel Gedöns. Erwähnte ich, dass ich faul bin?

Das Motiv

Eine schöne Landschaft als Gegenlichtmotiv braucht ein paar Faktoren, speziell, wenn man sie mit einer Weitwinkellinse aufnehmen will:

Einen interessanten Vordergrund und einen interessanten Hintergrund.

Da sehr helles Licht meist eine recht geschlossene Blende benötigt (ich lasse mal solche Möglichkeiten wie ND-Verlaufsfilter und ähnliche Tricks weg) ist der Schärfebereich entsprechend groß, heißt, Vordergrund, wenn er nicht nur ein paar Zentimeter von der Kamera weg ist wie bei der Blüte da oben, und Hintergrund bleiben mehr oder weniger gleichermaßen scharf. Bei Landschaften ist das ja sowieso so gewollt, im Normalfall, somit ist das auch kein Problem.

Winterlandschaft

Aber eben: es ist deshalb wichtig, da ein bisschen genauer hinzuschauen und auf Dinge zu achten, die man normalerweise ausblendet, wenn man sich eine Landschaft vor Ort als Spaziergänger anschaut. Strommasten und -kabel, Schilder, Passanten, Müll auf dem Boden, unwichtige Bauwerke sollten einen nicht erst beim Betrachten der Fotos am heimischen Rechner überraschen.

Die menschliche Wahrnehmung ist da manchmal ein Arschloch, denn so schön sie einem solche störenden Elemente vor Ort ausblendet und sie einem einen himmlischen Ausblick genießen lässt, so hervorstechend wirken diese Elemente auf einem Foto, speziell, wenn sie dort in prachtvoller Schärfe und damit Deutlichkeit festgehalten wurden. Das sollte man sich vor Ort immer mal ins Gedächtnis zurückrufen. Ich spreche da aus leidvoller Erfahrung…

Der Himmel.

Der ist wichtig. Es ist eigentlich egal, ob der nun strahlend blau ist, oder Wolken aufweist oder gar komplett bewölkt ist. Aber er sollte (außer er ist eben wolkenlos blau) etwas „Struktur“ haben. Es geht im Prinzip alles außer dunstigem Einheitsweiß oder Grau.

Ideal, natürlich, sind tief fliegende wilde Wolken unter blauem Himmel. Wenn die Sonne schön tief steht (was sie bei Gegenlicht ja meist tut, sonst müsste man ja steil in den Himmel fotografieren, um in den Gegenlichtbereich zu kommen) und Wolken von der Seite her anstrahlt, so dass die Wolken außen hell, aber nach „innen“ hin deutlich dunkel werden, weil das Licht nicht so tief hineinkommt, müssen sie nicht einmal besonders dick sein, um schöne Kontraste auszubilden. Aber auch hohe Eiswolken, die lange gleißende Lichtfäden ziehen, bringen Tiefe ins Bild.

Denn genau dafür wird ein strukturierter Himmel benötigt: um Perspektive ins Bild zu bekommen. Speziell, wenn die Luft, wie man sichs ja auch wünscht, weil dann wenig diffuses Licht stört, klar und trocken ist und deshalb die Entfernung nicht durch zunehmenden Dunst angezeigt wird.

Denn, wie gesagt: das ganze Bild wird (und gerade bei klarer Luft: soll) ja mit durchgängiger Schärfe aufgenommen werden, so dass auch kein „Verschwimmen“ des Vorder- oder Hintergrundes hilft, Perspektive zu erzeugen.

Ein wolkenloser blauer Himmel bei klarer Luft ist aber auch kein Problem, und hier gibt es einen kleinen Trick, um fehlende Tiefe ins Bild zu bekommen: Eine Vignettierung für einen Dunkel- zu Hellblau-Verlauf von außen nach innen – vgl. weiter unten dazu das Foto von Glastonbury Tor.

Das erzeugt einen Tunneleffekt, da der Himmel zu den Bildrändern hin näher erscheint als in der Bildmitte, weil er dort eben dunkler ist. Das menschliche Auge, bzw. die Wahrnehmung, interpretiert solche Helligkeitsunterschiede in Entfernungen um, aus der Seherfahrung „hinten muss ich durch mehr Dunst gucken, deshalb ist es dort kontrastärmer“ heraus – ein tiefes Blau wird als kontrastreich angesehen und wegen des Verlaufs hin zu kontrastärmerem Blau entsprechend als der Nahbereich interpretiert.

Die Objekte. Auch diese erzeugen Perspektive. Zumindest sollten sie das. Ich versuche deshalb, Motive zu finden, in denen Fluchtpunkte erkennbar sind. Also Linien, die „nach hinten“ verlaufen. Sei es eine Straße, Felsstrukturen, Baumreihen – egal was, Hauptsache, dem Auge wird etwas geboten, an Hand dessen es ins Bild hineingezogen wird und Ferne und Nähe unterscheiden kann.

Der Weitwinkelbereich hilft einem da sehr gut dabei. Eine Brennweite im Weitwinkelbereich vergrößert dabei den Fluchtbereich dramatisch. Ein ganz wichtiger Punkt. Drama ist ja genau, was wir wollen.

Das gilt jetzt natürlich nicht nur für Gegenlichtaufnahmen sondern auch ganz allgemein für Landschaften bzw. Weitwinkel- und Panoramaähnliche Aufnahmen. Für eine hochdramatische Gegenlichtaufnahme, wie ich sie hier vorhabe, ist das aber natürlich absolut essentiell.

OK, wir haben ein tolles Motiv gefunden. Jetzt kommen wir zum eigentlichen: dem

Licht.

Die große Gefahr bei Gegenlichtaufnahmen ist, dass es im hellen Bereich zu Ausblutungen kommt.

Kennen sicher alle, die digital fotografieren, ob mit Handy oder Spiegelreflex: ein weißer Bereich im Bild, der sich bei der Nachbearbeitung als fetter weißer Fleck herausstellt, an dessen Randbereich, wenn man versucht, die hellen Bereiche ein wenig runter zu drehen, hässliche scharfe Ränder entstehen.

An dieser Stelle ist die Aufnahme „kaputt“, da lässt sich im Nachhinein nichts mehr aus den Aufnahmedaten heraus reparieren. Der Sensor hat es an dieser Stelle nicht geschafft, den Übergang zwischen „es blendet mich grellweiß“ und „ab hier sehe ich wieder was“ weich hinzubekommen, weil die Helligkeit des grellen Bereiches zu viele Pixel neben denen, die „weiß“ sahen, mit überladen hat und damit auch diese noch weiß aufgenommen haben, obwohl sie, wären sie nicht vom Nachbarsensorpixel mit geladen worden, schon längst eine kleine Abstufung gemessen hätten.

Irgendwann hört das Überladen durch den Nachbarpixel schlagartig auf und der erste Pixelsensor bekommt nur noch die Ladung aus der Linse und nicht noch welche vom Nachbarsensor. An dieser Stelle entsteht dann diese hässliche Kante, da eigentlich schon einige Pixel daneben auch schon nicht mehr nur weiß durch die Linse gezeigt bekommen hätten.

Um diesen Effekt möglichst zu vermeiden, richte ich die Belichtungsmessung meines Bildes möglichst nach dem hellsten Bereich des Bildes aus.

Damit jetzt nicht wirklich alles andere schwarz wird, nutze ich für den Rest meist die Matrixmessung, lasse also für die Berechnung des Belichtungsmessers das gesamte Bild berücksichtigen. Die modernen Sensoren sind nämlich zwar dümmer als das menschliche Auge, aber schon lange nicht mehr so dumm, dass sie da nun gar nichts könnten.

Wenn ich die Sonne im Bild habe ist die Wahl des hellsten Bereiches relativ einfach, eben nahe der Sonne. Nicht direkt, natürlich, sondern in ihrer Nähe. Bei diffusem Gegenlicht, das durch z.B. hohe Eisschleier am Himmel oder auch Dunst tiefer verursacht wird, muss man dagegen schon manchmal etwas genauer hinschauen – ein Blick auf die Belichtungsmessung bzw. die vorgeschlagene Belichtungszeit ist da hilfreich.

Viele Kameras ermöglichen es, die Belichtungsmessung mit einem einfachen Knopf und Drehen am Einstellrad zu manipulieren, so dass man der Kamera sagen kann, dass sie ihre Einstellungsvorschläge (vor allem auch auch die automatischen Einstellungen, wenn man mit im P, A oder S-Modus fotografiert) auf einen dunkleren Zielwert hin kalibriert.

Bei der Nikon ist das ein +/-, den man drückt und je nachdem die Belichtungsmessung um den Faktor -0,5, -0,7 oder sogar -1 unterbelichten lässt. Extremes Licht bekommt man so etwas besser in den Griff, gerade bei Weitwinkelaufnahmen mit viel hellem Himmel ist das etwas, das ich sehr oft nutze.

Eine weitere Möglichkeit ist, den „AE-Lock“ zu nutzen, wenn vorhanden, also die Kamera auf den hellen Bereich zu richten, mit dem entsprechenden Knopf diese Belichtungseinstellung zu fixieren und dann erst so aufs Motiv zu schwenken, dass der gewünschte Ausschnitt im Sucher zu sehen ist und das Bild somit mit den vorher fixierten Belichtungseinstellungen aufzunehmen. Viele Kameras haben sowas, es lohnt sich, mal danach in den Bedienungsanleitungen zu suchen.

Licht als Motiv

Ich habe also jetzt ein Motiv gefunden und stelle fest, dass es im Gegenlicht steht, weil z.B. eine tiefstehende Sonne oder eine andere helle Lichtquelle entweder direkt im Bild ist oder an dessen Rand, oder etwas eine solche Lichtquelle reflektiert (besagte Eiswolken, z.B.). Dieses Licht kann man oft nutzen, indem man es zum (tragenden) Teil des Motivs erklärt. Dabei kommt es jetzt ein wenig darauf an, in welchem Winkel diese Lichtquelle ins Objektiv fällt.

Glastonbury Tor

Wenn die Lichtquelle direkt vor mir steht, also „geradaus“ direkt auf den Sensor fällt, haben wir bei der Sonne ein Problem: das ist im Normalfall (wenns nicht Sonnenuntergang ist, der das Licht der Sonne schon deutlich runterdimmt, weil ihr Licht viel mehr Atmosphäre durchdringen muss, als wenn sie noch etwas weiter über dem Horizint steht bzw. der Planet schon einen Teil des Lichtes abschattet) schlicht zu hell, um noch irgendetwas drumherum vernünftig zu belichten.

Zumal das auch nicht wirklich gesund für den Sensor der Kamera ist, wenn Sonnenlicht wie durch ein Brennglas durch die Linse auf einen kleinen Bereich des Sensors gebündelt wird.

Also: niemals direkt in eine grelle Sonne gucken. Faustregel: was ich nicht mit den Augen hinbekomme ohne sie durch Zukneifen oder einen Filter zu schützen sollte man auch nicht einer Kamera zumuten.

Ich habe da jetzt dennoch verschiedene Möglichkeiten. Ich kann so eine direkte Lichtquelle mit einem Objekt im Vordergrund abdecken. Das ergibt bei sehr hellem Licht einen Silhouetten-Effekt, der sehr dramatisch wirken kann.

Wenn ich jetzt die Lichtquelle noch ein kleines bisschen hervorspitzen lasse, dann bekomme ich den Effekt wie bei dem Bild vom Glastonbury Tor: es überblendet etwas die Kante und durch die Linsenbrechung entsteht ein Stern aus Lichtstrahlen.

Schwarzwald

Ein Objekt im Vordergrund muss die Lichtquelle aber nicht unbedingt komplett verdecken. Es kann auch reizvoll sein, wenn die Lichtquelle zum Beispiel von einen Baumstamm, von Zweigen oder auch nur einem Blütenstängel nur teilweise verdeckt wird. Je nach Helligkeit umstrahlt das Licht diesen Vordergrund und löst ihn sogar teilweise auf, wie das beim Foto „Schwarzwald“ passiert.

Dieses Foto ist absolut nicht ideal belichtet, ich würde heute noch etwas besser darauf achten, das leider sehr starke Ausbluten zu verhindern, aber trotzdem verfehlt es seine Wirkung nicht, weil das Licht und die Schatten, die es wirft, ein dominanter Teil des Bildes ist, der durch seine zentriert auf einen Punkt hinlaufenden Linien die vertikalen Linien der Bäume kontrastiert – die Lichtstrahlen sind also nicht weniger Motivbestandteil wie die festen Objekte.

Oder man bekommt einen „Halo“-Effekt um die Objekte im Vordergrund, wie bei der Blüte weiter oben, die die Abendsonne halb abdeckt. Hier sieht man auch schön, was ich oben über den Sonnenuntergang schrieb: die Leuchtkraft der Sonne ist abends so weit herunter gedimmt, dass sie nicht mehr alles mit grellem Licht totschlägt, so dass es möglich ist, sie recht direkt anzuvisieren, ohne an dieser Stelle reines Weiß zu erhalten wie auf den Bildern, auf der sie noch höher steht und mit voller Intensität leuchtet.

Eine weitere Möglichkeit, Licht in ein Bild einzubauen, ist es, den Umstand zu nutzen, wie Objektive aufgebaut sind. Licht, das schräg in die Linse einfällt, wird in den inneren Linsen gespiegelt, so dass es Lichtstreifen oder Punkte, Flares, an Stellen erzeugt, an denen eigentlich gar kein Licht in einem Motiv auftaucht.

Das kann oft stören, weshalb es ja die Aufsätze für Objektive gibt, die das bis zu einem gewissen Grad verhindern sollen. Manchmal kann man sich das aber auch zu Nutze machen, indem man das Objektiv soweit zur Lichtquelle hindreht, bis sie nicht mehr vollständig von der Gegenlichtblende abgeschattet wird.

Oder man nimmt die Lichtquelle gleich ins Bild hinein. Wenn man die Sonne am Bildrand positioniert und sie so ihr Licht nicht mehr direkt geradeaus sondern in einem Winkel ins Objektiv wirft, verliert sie genug Energie, um sie auf diese Weise tatsächlich ins Bild aufnehmen zu können. Gewollte Linseneffekte inklusive.

Ein Beispiel

Ich habe hier jetzt zum Ende noch ein Beispiel – klick aufs Bild öffnet ein größeres Bild in einem neuen Tab – in dem ich einige der oben genannten Überlegungen umgesetzt habe. Es ist fast direkt in die Sonne fotografiert, mit einem Motiv, das die Sonne verdeckt.

Wie man sieht, ist die Sonne dennoch grell genug, dass sie, obwohl sie komplett verdeckt wird, noch so grell ist, dass sie in ihrem Bildbereich eine deutliche Überbelichtung verursacht. Lightroom zeigt den Bereich, der Bildinformationen enthält, die außerhalb des angezeigten Dynamikbereiches liegen, rot an, so dass ich weiß, wie ich die Lichtbereiche des Histogrammes verschieben muss, damit ich diese Bildinformationen in den sichtbaren Bereich zurückdrehen kann.

Deutlich auch zu erkennen: der abgeschattete Bereich ist sehr dunkel im Vergleich zu Himmel und den Bereichen der Umgebung, auf die Licht fällt.

Man kennt das natürlich von Fotos so, aber wer einmal bewusst in einer solchen Situation darauf achtet, was und wie sie/er mit eigenen Augen eine solche Situation wahrnimmt, weiß, dass man dort sehr wohl Strukturen, Farben und Helligkeitsunterschiede sehen kann.

Wie gesagt: nur, weil dort Schatten ist, ist es dort ja nicht wirklich dunkel, es ist ja immerhin heller Tag. Wäre der Himmel komplett bewölkt, also dieser Schatten überall, wäre es ja auch nicht stockfinster.

Logisch, eigentlich also, dass ich diesen Bereich wieder aus dem Schatten herausholen will. Ich will ja auf dem Bild zeigen, was ich sah. Und nicht, wie ein Foto es nicht schafft, dies darzustellen…

Bearbeitung in Lightroom: Das Bild, wie es aus der Kamera kam

Ansonsten habe ich in dem Bild auf verschiedene Symmetrien und Verhältnisse geachtet, die es erlauben, Entfernungsunterschiede einzuschätzen. Und die freilich auch den Bildaufbau bestimmen, indem eben die vertikale mittige Symmetrie in Wahrheit durch Diagonale aufgebaut wird, während in der Horizontalen dem Auge durch eine Fünfer-Aufteilung von Bereichen (breit, schmaler, sehr schmal, schmaler, breit) verschiedene Entfernungsebenen zur Orientierung angeboten werden.

Ich habe als erstes dann die Belichtung justiert. Ich war recht erfreut, dass ich vor Ort offenbar „richtig“ belichtet hatte, denn ich konnte die Schattenbereiche aufhellen, ohne am Belichtungsregler etwas ändern zu müssen. Wenn die dunklen Bildbereiche eines solchen Bildes zu dunkel sind muss ich manchmal die Belichtung etwas höher setzen, was es schwieriger macht, die hellen Lichtbereiche im Griff zu behalten. Das geht dann meist auf Kosten des möglichen Kontrastes.

Bearbeitung in Lightroom: Justierung der Belichtung

Wie man sieht: ich habe die Lichter komplett runter gedreht und auch die hellen Mitten etwas zurück – keine roten Stellen mehr. Im dunklen Bereich dagegen reichte es, deutlich Schatten herauszunehmen. Farbkontrast habe ich über Dynamik und etwas Sättigung, die durch etwas Kontrast verstärkt wurden, eingebracht. Mittels Präsenz arbeite ich die Konturen und Strukturen heraus.

Für den endgültigen Kontrast habe ich dann noch etwas die Gradationskurve bearbeitet. Dabei rutschen im Schattenbereich ein paar kleine Stellen aus dem sichtbaren Bereich (die blaue Markierung), aber ich bin ja noch nicht fertig.

Bearbeitung in Lightroom: Feinjustierung und Finishing

Die Belichtung stimmt jetzt, aber durch die starken Sättigungs- und Kontrasteinstellungen habe ich jetzt noch recht unnatürliche Bonbonfarben. Dazu kommt, dass ich keinen Polfilter benutzt habe.

Um also das Bild jetzt noch etwas dem anzupassen, was ich vor Ort wirklich gesehen habe, justiere ich die einzelnen Farbbereiche nach.

Speziell – wie gesagt: kein Polfilter – der Blau- und Cyanbereich benötigt ein paar Korrekturen. Dadurch, dass ich Aquamarin komplett entsättige und die Blautöne etwas abdunkle und ebenfalls etwas entsättige, bekomme ich ein natürlicheres Blau bzw. auch die natürliche Farbe der Felsen zurück.

Dass diese dadurch wieder deutlich dunkler geworden sind, gleiche ich durch Aufhellung des Aquamarinbereiches aus. Den Strand drehe ich über Orange auch wieder ein wenig in den Schatten zurück, ohne andere Bildteile damit zu verändern. Und das durch die Abdunklung der Blautöne mit betroffene im Schatten liegende Grün drehe ich wieder etwas heller.

Achja, und für die Dramatik noch eine leichte Vignettierung, die dem Bild die letzte fehlende Würze verpasst.

Et voilá…

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