Stöckchenaktion mit Tracker

DonVanone hat eine nette Möglichkeit gefunden, auf sich aufmerksam zu machen: er beginnt eine „Stöckchen“-Aktion, aber diesmal mit der Möglichkeit, den Verlauf des Stöckchens mitzuverfolgen, was er mit einer ziemlich großen grafischen Darstellung visualisiert. Und da mir Martin nun ebenjenes Stöckchen zuwarf werde ich mich doch mal dran setzen, die Fragen zu beantworten:

Warum bloggst du?
Mitteilungsbedürfnis. Ich hör mich ja auch so gerne quatschen. Und wie sagte mal wer: „Was einen an dir aufregt ist nicht deine Rechthaberei, das Schlimme ist, dass du wirklich meist recht hast“ – naja, und ich habe die unangenehme Eigenschaft, dafür sorgen zu müssen, dass das so viele Leute wie möglich mitbekommen…

Seit wann bloggst du?
Seit dem 21. August 2001. Allerdings ist der Synchronicity Highway schon lange nicht mehr online, das Gjallarhorn hat auch eine technische Aktualisierung erfahren (das gibts seit Februar 2004) und „sagichdoch“ gibts seit Juni 2004.

Selbstportrait?
Siehe Impressum.

Nachtrag: Ach was solls, wozu hat man denn nen Selbstauslöser:

Selbstportait

Warum lesen deine Leser deinen Blog?
Sie werden schon einen Grund haben. Aber da bin ich wohl der falsche Adressat für diese Frage, oder?

Welche war die letzte Suchanfrage, über die jemand auf deine Seite kam?
Mom, mal schauen – ahja: sven :-D

(OK, „sven“ ist langweilig. Sehr häufig kommt „ein anderes Wort für (wasauchimmer)“ rein, was auch volle Absicht war. Eine schräge Anfrage war heute „Beschwerdestelle für Sozialschmarotzer in Essen„, sollte da wer wirklich nach einer Möglichkeit zum Denunzieren gesucht haben hoffe ich mal, dass meine Postings zu diesem Thema den Sucher eines besseren belehren konnten…)

Welcher deiner Blogeinträge bekam zu Unrecht zu wenig Aufmerksamkeit?
der hier

Dein aktuelles Lieblings-Blog?
Da gibt es viele. Stehen alle in der Blogroll da rechts. Ich kann mich da nicht auf eines einigen, sorry, geht nicht.

Welchen Blog hast du zuletzt gelesen?
Das (es heißt DAS Blog!!!!) vom Semmel.

Wie viele Feeds hast du gerade im Moment abonniert?
Rund 60.

An welche vier Blogs wirfst du das Stöckchen weiter und warum?
Semmel und Schnatterliese, weil ich glaube, dass Herr Semmel Stöckchen hasst und Frau Schnatter in den Selbstfindungswochen steckt, da passt sowas. Dann wäre da noch Herr Rollinger und Frau Serotonic, letztere, weil sie nach einer halben Ewigkeit endlich wieder Internetz hat, und ersterer, weil ich mir vorstellen kann, wie der sich ähnlich wie der Herr Semmel so richtig „freut“ darüber ;-)

(die ID für den Stöckchentracker liefere ich nach sobald ich eine bekommen habe)

Die Stöckchentracker-ID lautet 12112212322123. Kann dann hier eingetragen werden.

Von Büchern und Werten

So langsam mache ich mir doch ein wenig Sorgen um das Verständnis, das hier zu Lande zu Kunst und Kultur herrscht.

Bücher werden verboten (Volkmar machte da schon vor ein paar Tagen drauf aufmerksam, oder auch hier der selbe Fall beim bembelkandiaten, von micha kam dann heute noch per Mail der Fall „Bankhaus Oppenheim“), Karan merkte zu Recht an, dass da auch im Bereich der Musik ein paar Sachen im Argen liegen, wenn der Wert der Kunst auf Gesetze merkantiler Wertkategorien reduziert werden, und das (wie dort in den Kommentaren erörtert) nicht nur auf dem Gebiet der Kunst passiert (wie die Einschränkungen von Ausdruck, wie man oben sieht, ja auch nicht nur bei „künstlerischen“ Büchern passiert).

Sorry, wenn da jetzt der Eindruck entsteht, als würfe ich da zig verschiedene Sachen in einen Topf, aber ich sehe das alles unter dem Gesichtspunkt eines sehr weit gefassten Kulturbegriffes, der über kurzfristige Modeerscheinungen und Trends oder auch „Produkte“ hinausgeht und sich bis zur Frage, wie sich die Gesellschaft, in die ich hineingeboren wurde, selbst definiert und wie sie mit dieser Definition umgeht, erstreckt. Und mit dem immensen Widerspruch ihrer Selbstdefinition zu dem, was in ihr und mit ihr gerade tatsächlich passiert.

Antworten habe ich da selber noch keine. Jedenfalls keine, die ich mal eben so in einen schnellen Blogeintrag formuliert bekäme….

Nachtrag: achja, die Bildung gehört auch noch in diesen Topf, natürlich.

about: Lyssas Scoop

Lyssa landet einen Scoop: sie macht den ersten Video-Podcast ever mit einem Staatsoberhaupt Regierungschef. Vlogging mit Merkel (via Robert).

Sehr easy, sehr sympathisch. Manchen zu sympatisch, aber das kann ich jetzt nicht verstehen, denn warum soll eine Frau Merkel denn nicht als Mensch auch mal sympathisch rüberkommen? Sind wir schon so verhollywooded, dass es manche nicht ertragen können, dass jemand, der für eine Scheiß Politik steht, nicht offensichtlich „ein Böser“ sein muss sondern ein ganz normaler Mensch mit Macken aber auch eben sympathischen Seiten ist und kein schwarz-weiß-Klischee?

OK, es ist auch Propaganda, aber auch hier würde ich doch denken, dass das die Leute durchaus unterscheiden können, das weiß doch wohl jeder einzuschätzen, will ich mal meinen, die Leute sind doch nicht doof. Ich mein: klar ist das Selbstdarstellung, was soll das denn auch sonst sein???

Vielleicht bringt es der politischen Klasse ja sogar was: die im Vodcast angesprochene Kritik an Merkels eigenem „Video-Podcast“, auch überraschend selbstkritisch von Merkel selbst vorgetragen, zeigt ein Problem auf, das im politischen Paralleluniversum ja symptomatisch ist: inkompetente Berater verdienen sich eine goldene Nase mit möglichst dilettantischem Halbwissen und die Beratenen, ausgestattet mit noch viel weniger Wissen, merke(l)n es nicht mal – Beträge unterhalb der Siebenstelligkeit scheinen eh nur Kleingeld zu sein, wenn sich das ein paar Taschenspieler abgreifen, die Expertentum mimen auf Gebieten, auf denen sie keinen blassen Schimmer haben, dann fällt das wohl unter natürlichen Schwund oder so…

Frau Merkel, wenn Sie wirklich bemerkt haben sollten (so ganz optimistisch bin ich da ja nicht, gebe ich zu…), welchen Dilettanten Sie in diesem vergleichsweise unwichtigen Bereich der Selbstprofilierung aufgesessen sind, dann überlegen Sie mal, ob es u.U. auf anderen Gebieten ähnlich läuft, mit weit ernsteren Konsequenzen. Sowas würde man dann „Fähigkeit zur interdisziplinären Übertragung“ nennen, und das wäre dann mal eine Eigenschaft, die tatsächlich was brächte, wenn man Politik nicht nur als Karrieremöglichkeit sieht sondern tatsächlich was „fürs Land und die Menschen darin“ tun möchte….

Und wenn Sie sich wirklich ein paar „echte“ Videopodcasts (und Podcasts und Blogs) anschauen bekommen vielleicht sogar Sie einen Eindruck dessen, was in der wirklichen Welt außerhalb Ihres Paralleluniversums abgeht. Die sind nämlich manchmal richtig informativ. Jedenfalls mehr als die vorgefilterten Infohäppchen Ihrer „Berater“, die Ihnen so offensichtlich Bilder der vermeintlichen „Wirklichkeit“ liefern, die mit eben jener nichts zu tun haben sondern nur dazu dienen, genau das und genau so Dinge zu sehen, wie das von der eigenen Tendenz vorgeschrieben wird. Mit „Realität“ aber hat das nichts zu tun. Im Gegensatz zu den Entscheidungen und Rückschlüssen, die Sie und die anderen „Entscheider“ aus diesem Zerrbild ziehen – das nämlich hat leider Konsequenzen für die echte Welt. Auch wenn Sie die nicht wahrnehmen, weil das in Ihrer Kunstwelt und Dank ihrer „Berater“ nicht wahrnehmbar ist.

Wenn Lyssas Video bei manchem zum Realitycheck gereicht, dass diese Politiker „da oben“ auch „nur“ normale Menschen sind ist das prima. Wenn darüber hinaus auch der ein oder andere dieser Politiker daraus selbst ebenfalls einen Realitycheck generieren könnte, wäre das traumhaft.

Ach, ich träum‘ ja schon wieder, muss das Wetter sein…

22 Kommentare »

  1. schluesselkind meint dazu:,

    16. July, 2006
    @ 11:53

    Schön gesagt; vor allem die Hoffnung auf einen Lerneffekt in Richtung Reality Check ist ein sehr guter Punkt, den bisher auch noch niemand angemerkt hat.

    Zu dem Video selber verstehe ich die ganze Diskussion und Aufregung nicht und – ehrlich – manchmal geht es mir auch tierisch auf den Geist, wie wichtig manche Blogger sich und ihre kleine Blogwelt nehmen. Frau Merkel macht nen Videocast. Der größte Teil der Welt wird es gar nicht wahrnehmen, weil die nicht mal wissen, was ein Blogdings ist, geschweige denn das jetzt wieder. Diejenigen, die es wissen und dann sehen, zucken entweder die Achsel oder schreien Untergang des Abendlandes. Niemand, ich wiederhole, niemand wird durch diese hoch gefährliche Propaganda gebrainwasht und plötzlich alle Probleme im Lande vergessen und fragen, wo er bitte gleich ein Kreuzchen für Frau Merkel machen kann. Lassen wir doch die Kirche mal im Dorf. Das ist ein nettes, kleines Filmchen, ich denke, nichts anderes soll es auch sein. Ich jedenfalls bin schon für kleine Schritte dankbar und finde es positiv, dass La Merkel sich überhaupt so weit vorgewagt hat, in die gefährlichen Regionen jenseits des Teleprompters.Tun diese Kontrollfreaks ja sonst nie. Und wenn man die Reaktionen sieht, versteht man auch warum.

  2. MMarheinecke meint dazu:,

    16. July, 2006
    @ 12:20

    Nein, Sven, diese harmlose Home-Story – in der von vornherein alle eventuell unbequemen politischen Fragen ‚rausgekegelt wurden – halte ich für ein typisches Produkt des beratergenerierten Paralleluniversums. Der Don trifft da, denke ich, den Nagel auf den Kopf:
    http: //rebellmarkt.blogger.de/stories/503945/#comments

  3. Sven meint dazu:,

    16. July, 2006
    @ 12:50

    Diese „Harmlosigkeit“ kauft doch aber nun wirklich keiner ernsthaft, allein das in einen Status einer Wahrscheinlichkeit zu heben könnte man als Beleidigung an die Intelligenz der Leute auffassen, wenn man wollte, egal, wer diese Vermutung anstellt, also als Hoffnung oder als Befürchtung formuliert!

    Ich habe jedenfalls selbst bei den „begeistertsten“ Reaktionen dafür keine Veranlassung gefunden, davon grundsätzlich auszugehen. Klar hat DonA Recht bezüglich der Entstehung und auch der Motivation seitens des Merkels, aber wer behauptet denn irgendwo explizit das Gegenteil? Wie ich das sehe macht sich da niemand, wirklich niemand, Illusionen darüber, dass dieses Ding bis ins letzte Detail gecheckt und abgesegnet ist.

    In seinem Punkt f), „Der indirekte Beweis, dass Blogger, sobald ihnen der Bauch gepinselt wird, so leichtgläubig sind wie ein bildlesender Mallorcaballermann mit 2,8 Promille.“ hat er deshalb IMO nicht Recht, denn das ist eine Unterstellung, die jedem Blogger abspräche, differenziert denken zu können und Ebenen auseinanderhalten zu können. Aber wie kein normaler Mensch glaubt, Lenßen & Partner seien echte Anwälte, glaubt doch kein normaler Mensch, dass das Ding ohne Kontrolle, Gegencheck und zig Unterschriften von Planung über Entstehung bis Veröffentlichung gelaufen ist. Ich mag das nicht, wenn ich das Gefühl habe, im Zweifel erstmal für blöd und naiv gehalten zu werden.

    Mir reicht das schon, dass die Politik und die Medien das tun. Von anderen Bloggern erwarte ich da durchaus eine Haltung, die davon ausgeht, dass „wenn ich das kapiere, dann kapieren das die anderen wahrscheinlich auch, selbst wenn sie’s grad nicht explizit in den Disclaimer schreiben“. Ich verweise ergänzend auf Frau Schlüsselkinds kluge Worte. Nur weil ich das Teil gut finde werd‘ ich nun nicht plötzlich CDU wählen oder deren politische Positionen toll finden. Wo simmer denn!

  4. Dr. Dean meint dazu:,

    16. July, 2006
    @ 13:09

    Vielleicht bin ich ja zu anspruchsvoll, aber ein „Scoop“ sieht für mich doch etwas anders aus, der hätte nämlich auch einen Inhalt.

    Der einzige Inhalt dieses dämlichlichen, sorry, Vlog-Beitrags war für mich, dass Merkel und die verantwortlichen PR-Berater die Bürger für ziemlich unterbelichtet halten. Die Frau von der Binse veralbert mit ihrem Banalitäten-Sortiment die Öffentlichkeit.

  5. Sven meint dazu:,

    16. July, 2006
    @ 13:11

    Seit wann muss ein Scoop heutzutage noch Inhalt haben – den haben ja inzwischen schon die „normalen Professionellen“ kaum noch :-D

    Und, wie gesagt: Ob sie wirklich veralbert bezweifle ich eben. Mag sein, dass sie es versucht. Mag aber auch sein, dass die Öffentlichkeit nicht so blöd ist, sich „veralbern“ zu lassen. Sondern natürlich weiß, dass das alles andere als „ungeschminkt“ ist. So selbstverständlich, dass man das nun IMO wirklich nicht jedesmal dazusagen muss. Das ist, wovon ich ausgehe.

  6. MMarheinecke meint dazu:,

    16. July, 2006
    @ 13:42

    Ja, auch ich mag es nicht, im Zweifel erst mal für blöd und naiv gehalten zu werden. Weil dass, wenn ich meine eigenen Reaktionen, Gefühle, Ab- und Zuneigungen selbstkritisch prüfe, immer wieder feststelle, wie blöd und naiv ich mich anstelle, und wie manipulierbar ich bin.
    Es ist die unangehme Wahrheit! Und ich habe den bösen Verdacht, dass zwar nur wenige Zuschauer „Lensen & Partner“ für echte Anwälte halten, aber das „Image“ der Anwälte sehr wohl von so einer albernen Serie geprägt werden kann.

    Ja, ich bin oft, zu oft „blöd und naiv“. Und in seinem Punk f) liegt Don goldrichtig. Weil selbst sonst schardsinnige Intellektuelle zu leichtgläubigen Tyrannen-Speichelleckern mutieren, wenn ihnen der Bauch gepinselt wird. (Siehe hier, unten im Beitrag:
    http ://martinm.twoday.net/stories/2352339/

  7. Sven meint dazu:,

    16. July, 2006
    @ 13:45

    Wärst du so naiv, wie du glaubst zu sein, dann würdest du es ja eben nicht merken. Dass du’s „merkst“ belegt, dass du’s nicht bist.

    Nein, wie gesagt: ich glaube nicht, dass es eine Mehrheit gibt, die für eine Bauchpinselei jegliche Kritikfähigkeit mal eben so oder gar umfassend über Bord wirft. Nur weil einem situativ ein Bauchpinseln mal gefällt und man das gegebenenfalls auch mal ebeso situativ zeigt, dass einem das gefällt.

    Und jetzt nenn‘ mich naiv ;-) , weil ich den Leuten, speziell Leuten, die z.B. in Blogs immer wieder bewiesen haben, dass sie über Dinge nachdenken und sich begründete und kritische Meinungen und Positionen erarbeiten, prinzipiell und pauschal mehr zutraue als einer Schafherde. Z.B. auch zwischen Situativem und Grundsätzlichem unterscheiden zu können. Oder auch mal zwischen Person und Position. Oder medialer Fiktion und Realität.

  8. Schluesselkind meint dazu:,

    16. July, 2006
    @ 13:57

    @Sven: ja, davon würde ich auch ausgehen. Und ich verstehe auch nicht, warum Lyssa vorgeworfen wird, dass sie nicht den „Scoop“ landet, den andere, größere, professionellere Medien/ Journalisten schon nicht landen. Da gibt es ja welche, an deren Berichterstattung das informationshungrige Publikum mit gutem Recht viel mehr Ansprüche stellen könnte und deren Nicht-Bedienung dieser Ansprüche viel mehr Anlass zu Sorge geben könnte. Ok, Lyssa übernimmt jetzt eine einflußreiche Stelle bei der WAZ und vielleicht macht sie auch noch mehr Vlogs mit Frau Merkel. Da wird man dann sehen, was dabei herum kommt oder eben nicht. Diesem kleinen Erstlingsteilchen hier wird jedenfalls durch die Aufregung ein Wert beigemessen, den es IMO gar nicht hat.

  9. Sven meint dazu:,

    16. July, 2006
    @ 14:26

    Ja eben – das Ding ist inhaltlich tatsächlich „harmlos“, in völlig wertfreiem Sinne. Und damit auch harmlos, sprich: ohne Auswirkung auf meine grundsätzliche Meinung/Haltung zu dieser Kanzlerin und ihrer Politik. Und warum sollte es dann auf andere eine andere Wirkung haben? Oder: warum sollte man dem Ding überhaupt eine Wirkung (außerhalb eines boulevardesken Tagesinteresses und außerhalb eines „fachlichen“ Interesses für eine bestimmte Anwendungsmöglichkeit eines Mediums) zugestehen?

  10. logog meint dazu:,

    16. July, 2006
    @ 14:31

    Lyssa wird in die deutsche Mediengeschichte eingehen als ne Art Sabine Christiansen der Onlinemedien. Sie positioniert sich seit einem halben Jahr. Angefangen von der Freundin-Blogstory über die Coke-WG bis zu ihrem neuen Job bei der WAZ und jetzt als first Anchorwoman in den deutschen Blogs. Bei dem Fotoshooting für die Freundin habe ich noch gedacht, die arme Frau wird da von Burdas Heftchenmachern etwas rumgeschubst und überrumpelt, mittlerweile nehme ich ihr das Unschuldslächeln nicht mehr ab. Hier wird eine große Karriere gebloggt und wir dürfen dabei sein. Wir sind Zeugen, wie die Top-Down-Communication modernisiert wird. Und der gute Brother Hellblazer merkt’s nicht.

    Die Erkenntnis you and the president of the united states sometimes have to stand naked hat uns Bob Dylan schon vor 40 Jahren mitgegeben. Das ist kein Grund Lyssas Coup jetzt so abzufeiern.

  11. | | | z e n z i z e n z i z e n z i c   a r m e e   f r a k t i o n |  meint dazu:,

    16. July, 2006
    @ 14:42

    […] So, nachdem die sich gern im eigenen Mist w�lzende sogenannte Blogosph�re zur Zeit umfangreicher dar�ber berichtet, habe ich mir jetzt die Kinderpropagandashow einer mittelm��igen, im Interview doch recht naiv und unterw�rfig erscheinenden Journalistendarstellerin mit der Bundesmerkel endlich auch einmal angeschaut. Nun ja, verschenkte Lebenszeit, schlechter geht’s kaum und seit wann ist das Bundesmerkel Staatsoberhaupt, wie es die allm�hlich im Rektum der Regierungschefin verschwindende Fragestellerin behauptet? Staatsoberhaupt ist immer noch der Gr��august Bundespr�sident und der hat – soweit mir bekannt – keine bewegten Propagandaschnipsel in propriet�ren Formaten auf seiner Webseite im Angebot. […]

  12. Sven meint dazu:,

    16. July, 2006
    @ 14:58

    Weißt, logog, es ist eben das: ich z.B. hätte über den „Coup“ ü-ber-haupt-nichts geschrieben, wenn da nicht soooooo ein „Skandal“ „Kommerzialisierung“ (Ich kenn das aus der Musik zur Genüge, das ist z.T. auch schnöde und langweiliges elitäres Gehabe) und sonstiges Gebrülle draus gemacht würde, das Teil selbst hätte alles, was ich als „relevant“ erachtet hätte, unterflogen. Erst diese Aufgeregtheit machte mich da länger als 5 Minuten aufmerksam auf das Ding. Wie der TB von ZAF belegt bin ich da wohl auch nicht der einzige.

    Und so machte ich eben auch meiner Verwunderung Luft, worüber sich da aufgeregt wird, und das meine ich sowohl technisch als auch was Lyssas „Karriere“ betrifft, denn hey, es ist ihr Leben und ihre Karriere, die gestaltet sie ja doch bitte so, wie sie das für gut hält, oder darf sie das als „Bloggerin“ nicht mehr, wenn sie sich weiterhin „Bloggerin“ nennen dürfen will, gibts da irgendwo eine Instanz, die definiert, was man als Blogger darf und was nicht???

    Es stellt sich also imo die Frage, wer sich hier gegebenenfalls „instrumentalisieren“ lässt, die, die mal eben boulevardesk innerhalb 10 Minuten Aumerksamkeit das konkrete Teil ganz nett fanden, die, die daraus einen Medienskandal machen und die Korrumption des hehren Bloggertums an sich samt Weltuntergang befürchten, oder die, die sich von letzterem genervt zeigen, weil sie sich für blöde gehalten vorkommen, weil man ihnen so pauschal und umfassend nicht im geringsten zutraut, auch nur ansatzweise ein Gehirn im Schädel zu haben ;-)

    Und es stellt sich mir die Frage, wer hier wirklich der „Naive“ ist, wenn ich da so manchen in seinen Idealvorstellungen (gegen die selbst nix zu sagen ist, solange man weiß, dass es ebensolche sind) „enttäuschten“ lese (hier meine ich explizit nicht diejenigen, die sich tatsächlich sachlich-kritisch (und nicht etwa ad hominem, sowas mag ich nicht) mit der Sache auseinandersetzen. Wenn es sie – offensichtlich auch mehr als mich – persönlich so interessiert, dass sie da analysieren und kommentieren möchten, bin ich der letzte, der ihnen dieses Interesse an einer solchen Sache vorwirft)

    Wie dem auch sei, genau diese „Kritik“ wird es sein, die dem Teil genau den „Erfolg“ beschert, den diese Kritiker befürchten, nicht die paar Leute, die das Ding halt ganz lustig fanden und das sagten, ähnlich, wie sie einen McDonald-Werbespot lustig finden können, aber trotzdem lieber zum Burger King gehen, weil der einfach bessere Burger macht.

    Und falls man es bis hierher wieder vergessen hat: wer meinen Beitrag nochmal liest, nachdem sie/er die Kommentare durch hat, der/dem wird (hoffentlich) auffallen, dass das, was mir da an dem Thema als Zusammenhang wichtig war, nämlich die Kritik an dem Berater-Unwesen in der heutigen Politik und der Realitätsferne der Politikerkaste, vor lauter unwichtigem Kleinkram wie der Frage, ob eine Frau Lyssa Karriere machen darf wie sie will oder nicht, völlig untergegangen ist. Und bitteschön, wer ist für diese Ablenkung verantwortlich? Warn das auch die bösen manipulierenden Selbstdarsteller der Politik und der Medien? ;-)

    Selffulfilling Prophecy nennt man das dann wohl.

  13. marcc meint dazu:,

    16. July, 2006
    @ 15:47

    Ich kenne ja nicht Lyssas Motivation das Video trotz der Änderungswünsche aus dem Kanzleramt zu machen, aber aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass ich bislang zweimal gerne nichts geschreiben hätte. Aber die Redaktion hat den Platz ja auch für den nächsten Tag eingeplant – und, wichtiger – ich werde ja nach Zeilen bezahlt.

    Und selbst wenn das ein hartes Interview geworden wäre, wäre am Thema rumgenölt worden. Denn von den zig Dingen, die Deutschland beschäftigen wären nur wenige drangekommen. Und da jeder seine eigenen Themen für die wichtigsten hält, wäre das auch wieder nichts gewesen.

    Aber jeder Blogger kann es ja besser machen. Plattform hat er ja schon. YouTube ist ein Klick entfernt. Digicam mit Videofunktion ist auch leicht zu erwerben.

    Und dank der eigenen (gefühlten) Bedeutung wird es doch ein leichtes sein zumindest den Bürgermeister, einen lokalen Mandatsträger aus Land- oder Bundestag vor die Linse und ins Blog zu bekommen. Und dann viel Spaß beim Versuch einen Pudding an die Wand zu nageln.

  14. Sven meint dazu:,

    16. July, 2006
    @ 15:58

    höhö, schönes Bild :-D

  15. logog meint dazu:,

    16. July, 2006
    @ 22:40

    Es ist kein Skandal. Wir können dereinst Zeugnis ablegen, wie eine Medienfigur sich inszeniert. Es ist das Debut politischer Bloggerei mit Breitenwirkung. Ein kostbarer Augenblick.

    24.000 Euro verballerter Steuergelder sind wahrhaft peanuts. Diese Typen sitzen immer an den Futtertrögen. Dass sie es so billig machen, kennzeichnet nur den momentanen Marktwert des Blogdings, den Lyssa gerade nach oben korrigiert.

  16. MiFoMM » Angela Merkel zu Hause – oder Kinderfunk for Dummies meint dazu:,

    16. July, 2006
    @ 23:08

    […] Über Sinn und Unsinn, über die Ausführung u.a.m. streiten nun die Gelehrten Journalisten (- und solche, die es werden wollen -) in den Kommentaren z.B. hier und hier und hier und hier und … […]

  17. rollinger meint dazu:,

    17. July, 2006
    @ 13:13

    ohne die Kommentare zu lesen und ohne das Video gesehen zu haben. Aber Fr. Merkel hat menschlich was nettes, was einfaches, daß mir gefällt. Zu sehen auch bei der WM.
    Nur als Kanzlerin eben nicht

  18. Jens meint dazu:,

    17. July, 2006
    @ 13:28

    > Marktwert des Blogdings, den Lyssa gerade nach oben korrigiert.

    und davon profitieren wir Blogger nunmal. Auch und durchaus vor allem die, die all das so schlimm und böse finden.

  19. loellie meint dazu:,

    17. July, 2006
    @ 14:01

    Der Profit des nach oben korrigierten Marktwertes wird darin bestehen, iregendwann genauso ernst genommen zu werden wie BILD oder Bravo.

    Fuer mich sind Blogs eine art Gegenstimme zum Copy/Paste „Journalismus“ einer weitestgehend gleichgeschalteten Medienlandschaft. Wenn „Ihr“ kopfueber in die Kloake der Banalitaet springen wollt koennt ihr das gerne tun. Nur braucht euch dann keiner mehr. „CocaCola.com“ finde ich jedenfalls auch noch ohne „euch“.
    Da braucht’s keine Instanz und mit schlimm oder boese hat das auch nichts zu tun. Eher mit nutzlos.

  20. Sven meint dazu:,

    17. July, 2006
    @ 14:32

    Ich sehe, wie gesagt, nicht, wo das passieren sollte. Ich verstehe nicht, woher diese Panik kommt. Ich schreibe voraussichtlich auch die nächsten Monate so wie jetzt und über das selbe wie jetzt, und ich gehe davon aus, dass das alle anderen auch so machen.

    Ein anderer Gedanke, ohne hier jemanden „meinen“ zu wollen damit:

    Mich erinnern manche Aspekte der Diskussion an meine „Jugend“, als musikalische Geheimtipps begannen, „kommerziell“ zu werden und plötzlich von denen, die sie bislang hörten plötzlich abgelehnt wurden, weil die Lieder, die sie noch bis vor kurzem toll fanden, plötzlich auch im Golf des Poppers nebenan im Radio lief. Ich verstehe bis heute nicht die Motivation derer, die diese Geheimtipps, die keine mehr waren, plötzlich in Grund und Boden verdammten, nachdem sie vorher stolz jedem auf die Nerven gingen, dass man die und die Band höre und die gaaaanz arg superklasse seien. Das einzig superklasse scheint das Gefühl gewesen zu sein, einem elitären Kreis von Checkern und Durchblickern anzugehören, während „die anderen“ sich mit „seichtem Kommerz abspeisen und ruhig stellen“ ließen, auf die man schön herabblicken konnte, diese Nullblicker und dummen Schafe der Kommerzmaschinierie.

    Der Effekt damals war aber immer der: es gab die „Geheimtipps“, die plötzlich für Furore sorgten, danach die Trittbrettfahrer, die das selbe in seicht versuchten und damit tatsächlich auch kurz Erfolg hatten. Erstere gibt es dann bis heute (sofern sie sich nicht selbst per internem Streit o.ä. abgeschossen haben, zwischendurch). Letztere waren und sind Eintagsfliegen.

    Oh, und nochwas anderes als Überlegung: Lyssa lese ich seit langem und immer mal wieder gerne, aber ich habe noch nie Investigatives oder superkritisches von ihr erwartet, weil sie das auch so noch nie geliefert hat, das waren immer schon lockere, leichte „persönliche Homestories“, manchmal durchaus auch mit etwas Schärfe als Würze, aber nicht vergleichbar mit „echten“ Polit- oder Gesellschaftskritikblogs anderer, wo es manchmal böse im Rachen brennen kann. Und genau deswegen lese ich da hin und wieder mal rein, weil mir der Stil gefällt und auch, mal zwischenrein eben „sowas“ zu lesen.

    Wie gesagt, ich verstehe die Enttäuschung nicht. Wenn jemand wie DonA oder quirinius o.ä. „sowas“ abgeliefert hätte, ja, aber doch nicht bei Lyssa – wieso sollte die plötzlich was anderes machen als sie schon immer gemacht hat und wofür sie ja auch nicht grade unbeliebt ist???

    Und nur weil Lyssa das tut, was sie getan hat und immer schon tat werden andere doch nicht plötzlich was anderes machen als das, was wiederum diese immer gemacht haben????

    Die Blosphäre hat imo genug Platz für alle Möglichkeiten dieses Mediums und ist ein Ort und ein Medium, in dem nun wirklich jeder genau das tun kann, was ihm beliebt und entspricht.

    Und wem dies oder jenes nicht gefällt, nein nicht „der soll halt nicht lesen…“, nein, für den gibt es auf jeden Fall in dieser riesigen Bandbreite genau das, was ihm gefällt. Und ist es (die)der nicht ists ein(e) andere(r). Oder gar eine Kombination von ganz verschiedenen.

    Ein bisschen weniger Panik und Aufregung wäre da jedenfalls imo angebracht – ich glaube jedenfalls nicht, dass die (Blog)Welt jetzt untergeht. Um Ehrlich zu sein, ich sehe nicht einmal die oben erwähnte Aufwertung des Blogdings-Marktwertes. Der steigt zwar langsam und stetig, aber mittelfristig IMO dennoch nicht schneller oder langsamer als ohne diese Geschichte hier. Ein kleine Peak, vielleicht. Aber eben nur ein Peak.

  21. logog meint dazu:,

    17. July, 2006
    @ 17:37

    Ja, klar gibt’s immer Frustrationen, wenn eine selbsternannte Avantgarde vom Mainstream überrollt wird. Aber die Nischen werden ja bleiben, wenn Schäuble nicht irgendwann durchdreht, die Blogger als Hassprediger entdeckt und Google beauftragt, die auf dem chinesischen Markt gewonnenen Erfahrungen hier umzusetzen. Aber das ist eine andere Geschichte.

    Mein Interesse liegt nicht darin, Jemand und die Sachen, die er oder sie macht zu diffamieren, sondern zu beobachten, welcher Typus sich beim rat-race der Kommerzialisierung womit am Markt durchsetzt.

  22. Sven meint dazu:,

    17. July, 2006
    @ 17:54

    Hab ich hier auch keinem unterstellt, drum sagte ich ja, hier mein‘ ich keinen. Aber woanders liest sich das schon hier und da so.. :-D

    Haha, ja, die Blogger als Hassprediger, das tät‘ denen da gefallen :-)🙂

Politischer Winkeladvokatismus mit der freiwilligen Arbeitslosenversicherung für Selbstständige

ibusiness schreibt über den von der großen Koalition eingebrachten Änderungsantrag zur freiwilligen Arbeitslosenversicherung für Selbstständige:

In einer Nacht- und Nebelaktion hat die Fraktion der CDU/CSU und SPD am 30.Mai einen Änderungsantrag für das „˜Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende‘ eingebracht, nach dem langjährigen Selbstständigen die gerade erst eingeführte Option zu einer freiwilligen Arbeitslosenversicherung von heute auf morgen gestrichen wird. „Eine fiese Masche“ nennt sogar eine Regierungssprecherin dieses Vorgehen.

Und tatsächlich scheinen „unsere Volksvertreter“ zu glauben, sie müssten so manchem Gebaren gewisser Wirtschaftszweige mit Kleingedrucktem und verklausuliertem Hintenrum Konkurrenz machen: Da wird schnellstens ein „Änderungseintrag“ eingebracht, der so kurzfristig wirksam werden soll, dass keinerlei Reaktionszeit möglich ist.

Laut diesem soll die Versicherungsoption nur noch Selbstständigen offen stehen, die sich nach dem 1.1.2004 selbstständig gemacht haben, alle anderen (auch ich, der ich mir das noch ausrechnen wollte, wie ich das vielleicht hinbekomme, immerhin hätte ich dazu noch ein Weilchen Frist gehabt) schauen in die Röhre – von gestern auf heute.

Der Witz dann noch dazu: eine Frist, in der ich mich doch noch schnell hätte anmelden können, läuft am Tag „vor der dritten Lesung dieses Gesetzes“ aus. Diese dritte Lesung findet heute statt, also am Tag der Änderung – was bedeutet: geht die Änderung durch, würde es nicht mal was nützen, heute noch schnell einen Antrag zu stellen. Da müsste ich schnell mal in die Zeitmaschine hüpfen und gestern noch kurz auf’s Amt rennen. Für die anderen gilt die Deadline großzügigerweise bis zum Ende diesen Jahres.

Ja geht’s noch? Sind wir jetzt hier in der Politik glücklich auf Dialer- und Sternchentextniveau angekommen?

OK, damit zeigt diese Regierung mit ihrer Politik (wieder) ihr nicht vorhandenes Interesse an ihren theoretischen Auftraggebern (die Bürger), von wegen „Förderung von Eigeninitiative“ und sowas, wieder geht es gegen den Mittelstand, der noch aus Unternehmern besteht und nicht nur aus angestellten, austauschbaren und manchmal nicht mal branchenspezifischen oder -interessierten Geschäftsführern oder Vorstandsmanagern (oder noch schlimmer: Bankern), die meist vom echten „Geschäft“ eines Betriebes so weit entfernt stehen, dass ein Überleben manchen Betriebes manchmal nur ein Zufall sein kann.

So, wie es wohl Zufall sein muss, wenn diese Politik mal aus Versehen etwas für den Bürger beschließt und nicht gegen ihn. Aber, wie man sieht, solche Zufälligkeiten können zumindest in der Politik sehr schnell korrigiert werden. Soll nochmal wer sagen unsere „Volksvertreter“ seien zu langsam und würden „Fehler“ nicht schnell und unbürokratisch revidieren können – und zwar so, dass dem Bürger keinerlei Handhabe bleibt, wenigstens „auf die Schnelle“ noch irgendwie reagieren zu können. So dass ibusinees denn auch das Fazit zieht:

[…] Was im Klartext heißt: Seit gestern ist für langjährige Selbstständige der Zug für die freiwillige Weiterversicherung höchstwahrscheinlich abgefahren. […]

Nachtrag: Achso, und bei dieser ganzen manipulativen Winkelzieherei machen die Medien natürlich wieder mal willig mit. Ich will einfach nicht glauben, dass das keiner merkt, so durchsichtig ist das, was z.B. Spon da macht. Oder greift da wirklich eine umfassende Grundverblödung um sich???

Nachtrag: akademie.de rät dazu, auf die Verfassungswidrigkeit dieses Vorgehens zu bauen und auf jeden Fall doch noch einen Antrag zu stellen.

15 Kommentare »

  1. serotonic meint dazu:,

    1. June, 2006
    @ 15:52

    Wie bitte? Unfassbar! Ich persönlich habe da noch Glück und bin im Raster, aber was ist das denn bitte für eine Handhabe? Nicht, dass es mich wundern würde … aber ein bisschen rasend macht mich das jetzt schon.

  2. Sven meint dazu:,

    1. June, 2006
    @ 16:55

    Ja, allein schon dass man sich darüber inzwischen schon nicht mehr wundern muss ist auch etwas, was einen rasend machen kann…

  3. logog meint dazu:,

    1. June, 2006
    @ 17:49

    Naja, dafür kannst du demnächst mit nur 10.000 Euro eine GmbH anmelden. Was bei den jetzt schon im Europavergleich deutlich unterkapitalisierten deutschen Gesellschaften natürlich absolut voll im Trend liegt. Aber nach Ich AG und der Anmeldung einer Ltd. in GB natürlich wieder eine 1a-Möglichkeit für Jungunternehmer sich haltende Selbstmordkandidaten Roulette zu spielen.

  4. schluesselkind meint dazu:,

    1. June, 2006
    @ 17:59

    Na, die 10.000 Euro GmbH kommt aber frühestens Anfang 2008. Sooo schnell geht das nicht. Was die Sache mit der Arbeitslosenversicherung für Selbständige betrifft – was will man von Politikern erwarten, die allen Ernstes Null-Euro-Jobs propagieren. Ist ja erzieherisch sicher sehr wertvoll, dass die Hartz-IV-Bezieher jeden Tag arbeiten sollen, aber merken die nicht, dass sie damit wieder andere „reguläre“ Jobs vernichten? Sind wirtschaftliche Zusammenhänge wirklich so kompliziert?

  5. Karan meint dazu:,

    1. June, 2006
    @ 19:21

    Achdugroßermist.

    So langsam werde ich nicht nur sauer, sondern stinkewütend. Und allmählich habe ich das Gefühl, daß ich mit dieser Wut was anderes machen will als sie nur hier in die Tasten zu hämmern.

    Hat irgendwer „˜ne konstruktive Idee, sonst grabe ich jetzt mal ein paar Pflastersteine aus…

  6. Sven meint dazu:,

    1. June, 2006
    @ 19:42

    Ideen gibts -> hier… :-D

  7. MMarheinecke meint dazu:,

    1. June, 2006
    @ 22:59

    Konstruktive Ideen habe ich leider keine, aber das paßt perfekt zur zur „Stallpflicht für Langzeitarbeitslose“ (Wer Gemeinde oder Landkreis verläßt, ohne das dies von Arbeitsvermittler genehmigt ist, kann alle Ansprüche verlieren) und zur Obdachlosigkeit als Strafe für dreimaliges „Drücken“ innerhalb eines Jahres (Wer dreimal Spargelstechen oder Hundekoteinsammeln verweigert, kriegt künftig keinen Cent Arbeitslosengeld II mehr – auch nicht für Miete und Heizung.)
    Es ist m. E. fraglich, ob die „Harz IV“ Gesetzgebung überhaupt verfassungsgemäß ist.

    Wer Gemeinde oder Landkreis verläßt, ohne sich bei seinem »Arbeitsvermittler« abzumelden, verliert all seine Ansprüche. Die Daumenschrauben werden stufenweise angezogen: Bei der zweiten »Pflichtverletzung« werden die Bezüge auf ein Drittel gekürzt, bei der dritten komplett gestrichen. Diese Bestimmungen stammen weder aus einer Dienstvorschrift des großdeutschen Reichsarbeitsdienstes noch aus George Orwells »1984«. Sie werden heute vom Deutschen Bundestag beschlossen und stehen im Entwurf zum »Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende«.

  8. MMarheinecke meint dazu:,

    1. June, 2006
    @ 23:01

    (Der letzte Absatz ist ein Zitat aus der „Jungen Welt“ online, die ich sonst eher ablehenend zitiere.)

  9. marcc meint dazu:,

    1. June, 2006
    @ 23:28

    Ich bin inzwischen der Meinung, dass sie die Arbeitslosenversicherung für Arbeitnehmer nicht rechnet.

    Um Anspruch auf Arbeitslosengeld zu haben muss man 12 Monate einzahlen. Nach zwei Jahren hat man Anspruch auf die maximale Unterstützungsdauer von 12 Monaten ALG I. Dann ist ALG II gleich für alle.

    D.h. man könnte den Arbeitgeberbeitrag ausbezahlen und der Arbeitnehmer legt das Geld an. Wenn man das 40 Monate schafft, hat man (Single an der Bemessungsgrenze von 5250 Euro brutto) die Summe (27600 Euro) zusammen (60% vom Durchschnittsnetto der letzten 12 Monate) die man verteilt auf 12 Monate bekommt. (Ich bin jetzt nicht der Steuerkünstler, ich habe nur ich eine Internetberechnung genommen Steuerklasse 1, keine Kinder und keine Abzüge angenommen.)

    Dennoch ist bei Nacht und Nebel ein Gesetz durchpeitschen nicht vertrauenserweckend.

  10. Schluesselkind meint dazu:,

    2. June, 2006
    @ 14:34

    Besonders bitter ist, dass dieses und viele andere Gesetze von Leuten gemacht werden, die nie im Leben auch nur im entfernstesten damit zu tun haben werden, weil sie sich jahrzehntelang in einem hermetisch abgeschlossenen Elfenbeintürmchen hochgesessen und und dabei eine kuschelweiche Absicherung für alle Lebensrisiken erdient haben. Neulich gab es in „Hart aber fair“ (heisst diese Sendung so? – habe nur zufällig reingezappt) eine grandiose Diskussion zum Thema, warum Abgeordnete für ihre Auslagen eine Pauschale bekommen und andere arbeitende Kreise der Bevölkerung, z.B. Selbständige, jeden Cent schriftlich nachweisen müssen. Die felsenfeste Überzeugung, was einem für diese unglaublich verantwortungsvolle und aufreibende Tätigkeit eines Abgeordneten zusteht, steht fern jeglicher Realität. Wir leben auf unterschiedlichen Planeten.

  11. Sven meint dazu:,

    2. June, 2006
    @ 17:18

    Ja, Martin schrob -> das auch schon

  12. loellie meint dazu:,

    2. June, 2006
    @ 22:50

    »Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende«

    groeoeoeoehl >>Fortentwicklung

  13. Sven meint dazu:,

    3. June, 2006
    @ 00:15

    Ja, die Grundsicherung wird fortentwickelt, bis sie irgendwann auch wirklich ganz fort ist….

  14. loellie meint dazu:,

    3. June, 2006
    @ 09:50

    Komisch, ga hat es den groessten Teil meines Kommentars verschluckt … was solls, verstanden hat mans ja auch so.

    Was anderes, dank der geografischen Lage meines Wohnorts sind wir als dem Popcorn Kino und TV zugeneigten Konsumenten, ueppig mit Kanaelen ausgestattet, welche Filme und Serien im Zweikanalton ausstrahlen. Zusaetzlich haben wir uns der BBC wegen einen digital Receiver zugelegt. Da die entsprechenden Programme aber so wie ich es gern haette in keiner Zeitschrift gelistet sind, durchforste ich das Onlineprogramm verschiedener Sender im Netz.
    Falls es dich und deine Leser interessiert, kann ich gelegentlich auf Sendungen hinweisen.

    So wiederholt ab Montagnacht BBC2 eine dreiteilige Doku ueber den „˜Putsch‘ der Tory’s, was zur aktuellen Diskussion die wir gerade andernorts fuehrten und hier zum Thema passt.

    Tory Tory Tory, eine dreiteilige Doku beschreibt den Werdegang des Thatcherism.
    11:20 pm – 12:20 am 60mins (Achtung Zeitverschiebung, also 00:20 – 01:20)

    Weiteres hier:
    http://news.bbc.co.uk/1/hi/uk_politics/4766446.stm

    Allein der Link ist schon Lesenswert

    Wer kein BBC empfaengt kann sein Gluck in verschlungen Niederungen versuchen. BBC-Programme als Public Domain zu bezeichnen mag formal juristisch nicht korrekt sein, aber da die BBC an einem Netzarchiv arbeitet …

  15. Sven meint dazu:,

    3. June, 2006
    @ 14:31

    Du musst aufpassen mit den < , das wird von WP schnell als HTML-Tag-Beginn interpretiert und dann verliert es alles was danach kommt… wenn du unbedingt ein < brauchst schreibst du besser & l t ; (ohne Leerzeichen natürlich)

Kommunikation mit denen, durch die ich Geld verdiene

Wie man es macht und wie man es nicht macht auf einen Blick: spreadshirt zeigt auf einen Fall einer Abmahnung eines Kunden, der sich dort ein T-Shirt mit einem Schriftzug, der u.a. auch „WM 2006″³ enthielt, bastelte, großartige Kundenansprache und die FIFA zeigt, wie man auch noch den letzten Fan, das sind die, von denen die FIFA lebt und die letztlich ihre Gehälter zahlen, dazu bringt, sich ein anderes Hobby wie Töpfern oder Häkeln zu suchen – hier beim bembelkandidaten oder bei Robert Basic. Lernen durch Anschauung.

9 Kommentare »

  1. | | | z e n z i z e n z i z e n z i c   a r m e e   f r a k t i o n |  meint dazu:,

    27. May, 2006
    @ 19:57

    […] Dann boykottiert doch einfach den ganzen Mist. Nicht hingehen, keine „public-viewing-areas“ besuchen, nicht im TV anschauen, keine Produkte mit Fußballwerbung kaufen und ansonsten jeder Person erzählen, welche pseudo-faschistischen Irren wirklich dahinter stecken. […]

  2. Sven meint dazu:,

    27. May, 2006
    @ 20:56

    keine Sorge, netterweise sind die FIFA-Sponsoren ja so überdeutlich (alle anderen werden überklebt oder sonstwie „verbannt“), dass es ein Leichtes ist, zu wissen, wem ich was abkaufe und wem nicht… ;-)

  3. bembelkandidat meint dazu:,

    28. May, 2006
    @ 03:45

    jo, geht mir ähnlich. mittlerweile bin ich manchmal, auch nur manchmal(!), den hinweisen dankbar, daß sie mich daran erinnern, was ich nicht nutzen oder kaufen sollte – bei der bahn als quasi-monopolist fällt es natürlich schwer…

  4. WorldCupBehaviour.de meint dazu:,

    28. May, 2006
    @ 06:47

    Genau. Einfach versuchen 1 Woche normalen Alltag zu machen, ohne einen Fußball zu sehen oder ein einziges FIFA lizenziertes Wort zu hören… Geschweige denn zu sprechen…

  5. Felix Deutsch meint dazu:,

    29. May, 2006
    @ 22:55

    Don’t care if we lose, don’t care if we win
    Don’t care if we sink, don’t care if we swim
    Don’t care if we lose, don’t care if we win
    ‚cause YOU’RE GONNA GET YOUR FUCKIN‘ HEAD KICKED IN!

    http://www.ukhh.com/features/lyrics/first_offence-hooligan.html

  6. Sven meint dazu:,

    30. May, 2006
    @ 00:07

    naja, mit der Hool-„Kultur“ und deren Drang, sich mit Gleichgesinnten (in dem Punkt ist das für mich ja sogar akzeptabel, auch wenn ich das nicht nachvollziehen können muss, vorausgesetzt, dass die wirklich „unter sich“ bleiben, jedem Tierchen sein Pläsierchen) zu prügeln kann ich sehr wenig anfangen. Ist ähnlich wie mit manchen Musikstilen – nicht meins… ;-)

  7. Adben meint dazu:,

    30. May, 2006
    @ 11:32

    Abmahnungen – never ending story

    Die Fifa scheint sich an dem BGH-Urteil nicht weiter zu stören und lässt Fußballfans abmahnen, welche T-Shirts in ihrem Onlineshop mit in dem Urteil genanten Beschriftungen aufgenommen haben.

    Weiterlesen

  8. t00lz.de Blog meint dazu:,

    1. June, 2006
    @ 21:40

    Schreib doch mal wieder an die FIFA …

    Hallo zusammen.

    Ich schaue mir gerade wieder eine weitere Folge Ehrensenf an. Dort wird von Michael (Name von der Redaktion geändert) berichtet der von der FIFA Abgemahnt wurde da er sich ein T-Shirt mit folgender Aufschrift drucken lies:

    “WM 2…

  9. sagichdoch? » Weltmeisterschafts-Ware meint dazu:,

    6. June, 2006
    @ 11:20

    […] Somit empfehle ich allen, die das, was Blatter & Co. so tun, um ihre und der Sponsoren Interessen zu wahren, gut finden, bei den nächsten Einkäufen peinlich genau drauf achten, nur noch Waren mit jenem offiziellen Logo in den Einkaufswagen zu tun… […]

Wer Genmais gut findet…

… dem seien die Produkte von Müller Milch, Humana und Campina wärmstens ans Herz gelegt. Laut Greenpeace verarbeiten hauptsächlich diese Milch von Kühen, die mit Genmais gefüttert werden. Solange das ein Alleinstellungsmerkmal zu sein scheint sollte der Gen-Gourmet also verstärkt deren Produkte kaufen. Ebenso scheint aber der Genanbau halbwegs zu floppen, so dass es wenig Möglichkeiten gibt, sowas woanders her zu bekommen. Deshalb unbedingt weiterempfehlen, sonst setzt sich das ja nie durch…

(via Konsumblog)

7 Kommentare »

  1. marcc meint dazu:,

    26. May, 2006
    @ 19:29

    Ich glaube nicht, dass gentechnisch veränderter Mais gefährlich ist. In tropischen Früchten sind auch für uns unbekannte Gene drin und die Essen wir auch. Und im Darm sitzt jede Menge bakterieller DNA in den E. colis. Die essen wir quasi auch.

    Ich habe wegen dem Gebahren wegen der Erbscjhaftsteuer was gegen Müllermilch.

    Und beim transgenen Mais stört mich, dass der Bauern abhängig von jährlich zu erwerbenden Lizenzen einzelnen Saatgut- und Herbizidproduzenten macht.

  2. Sven meint dazu:,

    26. May, 2006
    @ 19:39

    Ich weiß nicht, ob „Glauben“ bei einer flächendeckkenden Verbreitung veränderter Genome das Kriterium ist, nach dem zu entscheiden ist… Mal von der von dir erwähnten monopolistischen Abhängigkeit abgesehen, die tatsächlich alleine schon ausreicht, für mich eine Entscheidung zu treffen. Aber die unsichtbaren Ironie-Tags hast du schon gesehen, oder? ;-)

  3. Oli meint dazu:,

    26. May, 2006
    @ 23:26

    Lustig finde ich ja die Weihenstephan Werbung, die goggle gerade unter den Thread geschoben hat… :D

    „Purer Genuss! Frische Gen, quatsch, Alpenmilch von Weihenstephan“

    @Marcc:

    Einfach mal lesen:

    http ://www.umweltinstitut.org/frames/all/m436.htm

    http ://www.greenpeace.de/themen/gentechnik/

    und viele andere. Zum Thema GVO gibt es eine Menge zu lesen (nur nicht von den Saatmultis selbst, die lassen unbequeme Studien leider verschwinden…). Ggf. dürften Dich auch die Fütterungsversuche interessieren, bei denen sich das Blutbild der Ratten verändert hat, Organe zurückgebildet wurden, etc, pp…

    Grüße vom Oli!

  4. Sven meint dazu:,

    26. May, 2006
    @ 23:28

    Haha, ja, Google wieder – WS gehört zu MM, oder? :-D

  5. schluesselkind meint dazu:,

    27. May, 2006
    @ 09:51

    Danke für den Tipp! Gibt es so eine Kaufempfehlung auch für Nano-Produkte? Ich möchte gerne ganz progressiv einkaufen gehen…

  6. marcc meint dazu:,

    28. May, 2006
    @ 21:47

    Nun, ich bin promovierter Zellbiologe und habe mal für eine PR-Butze von denen geschreiben (die bio-scope-Artikel auf meiner einen statischen Seite). Daher kenne ich das noch ein bisschen. Was mir nicht gefallen hatte, war die Spitzfindigkeit und der Versuch die Leute zu diskreditieren. Ich habe aber auch ein Problem mit der Ablehnung weil es neu ist, denn nach der Logik wäre auch nicht das Feuer verboten worden. Schließlich ist das irre gefährlich.

    Monsantos Verhalten gegenüber Percy Schmeisser ist doch genau das was ich für bedenklich halte.

    Die Greenpeace-Position halte ich für ein bisschen verlogen, denn einerseits lehnen sie Genfood ab weil es nicht getestet wurde, und wenn unter Freilandbedingungen getestet werden soll, dann wird dagegen auch protestiert.

    Allerdings ist es schon ein Problem, wie man das mt der Kontamnation regelt, wenn neben einem Öko-Bauern ein Gentech-Bauer arbeitet. Nach den Öko-Definitonen, darf dort kein GVO drinne sein. Wie der Widerspruch aufzulösen ist weiß ich auch nciht. Denn entweder zwingen die einen den anderen was auf oder umgekehrt.

  7. Balou meint dazu:,

    31. May, 2006
    @ 10:14

    Beim gentechnisch modifizierten Mais, hier Bt-Mais geht es nicht um die Gene die wir mitessen sondern es geht um das Verhalten des durch die hinzugefügten Gene produzierten Bt-Toxins. Wie wirkt sich die permanente Produktion in allen Pflanzenteilen aus und werden sie wirklich spätestens im Wiederkäuerpansen abgebaut. Von den Züchtern wurde von einem totalen Abbau ausgegangen jedoch kommen neuere Studien zu abweichenden Ergebnissen. (Italien, im Auftrag von Monsanto und diesen meines Wissens nach zurückgehalten)
    Ähnliche Ergebnisse erbrachten Versuche mit Australischen Erbsen und Mäusen.

    Das Problem der Auskreuzung beschränkt sich keinesfalls auf den Ökologischen Landbau. Konventionell Produzenten bis hin zu führenden Nahrungsmittelproduzenten in den USA befürchten einen Verlust ihrer Absatzmärkte in Fernost, besonders Japan. Das trifft u.a. auf Reis und Luzerne zu. Australische Farmer kämpfen gegen die Gentechnik weil ihnen der Verlust der Märkte in der EU droht und die Reihe ließe sich fast beliebig fortsetzen.

    Durch die Kontamination wird gentechnikfreie Pflanzenzüchtung fast unmöglich, es sei noch mal auf den Fall Schmeisser verwiesen, durch die mit der Gentechnik einhergehende Patentierung bestimmter Gensequenzen, unabhängig vom Zuchtprodukt, erfolgt eine Privatisierung weiter teile des vorhandenen Genpools. In Deutschland sind vom neuesten Patentbegehren zum Beispiel 18 Schweinerassen betroffen, darunter auch das Schwäbisch-Hällische Landschwein und das bildet eine der Grundsäulen der Ökologischen Schweinehaltung. Durch die Patentierung bestimmte Gensequenzen würde eine Weiterzüchtung zumindest sehr erschwert und durch ständige Klagemöglichkeiten seitens Monsanto et al. bedroht.

    Trotzdem sollten wir die Grenze nicht zwischen Öko und Gentechnik sondern zwischen Gentechnikfrei und Gentechnik ziehen.

    Die einzige Möglichkeit seitens der Gentechnik Industrie die Abneigung des Verbrauchers zu kippen besteht darin das Angebot an deklarierter gentechnikfreier Nahrung oder auch Futtermitteln zu verringern, so ist es kein Zufall, dass zunehmend nur noch als Gensoja deklariertes Sojaschrot in den Handel kommt unabhängig vom Inhalt des Sackes.

    Einen guten Überblick zu Meldungen zur Gentechnik und etwas mehr für Interessierte gibt es, fast tagesaktuell, unter:
    http://www.non-gm-farmers.com/index.asp

    Alles etwas unstrukturiert und ich bitte um Nachsicht, bin unter Druck.

Glaubwürdigkeit geht genau dann verloren…

…wenn man glaubt, über ihre Natur diskutieren zu müssen. Über Sex redet man auch nicht, während man grad welchen hat, weil man da einfach besseres zu tun hat. Ich finde das Wort „Glaubwürdigkeit“ im Zusammenhang mit Personen übrigens mindestens so blödsinnig wie das Wort Relevanz.

Entweder ich glaube wem oder nicht. Ob andere das auch tun oder nicht ist doch Jacke wie Hose. Aber genau das behauptet das Wort: dass es eine allgemein „messbare“ Skala gäbe, die mir sagt, ob ich wem glauben könnte oder nicht. Glauben aber, meine Damen und Herren, und das sage ich in aller Deutlichkeit, Glauben ist eine ganz persönliche Entscheidung aus jeweils unterschiedlichen und persönlichen Gründen, die sachlich, emotional, intuitiv oder selbstbetrügerisch sein können oder eine beliebige Kombination dieser Punkte.

Oder: Glaubwürdigkeit my ass!

Oder: Je objektiver etwas vorgibt zu sein, und das Wort „Glaubwürdigkeit“ spiegelt nunmal vor, dass die Entscheidung, „zu glauben“ objektivierbar sei, desto unglaubwürdiger wird etwas, so rein subjektiv. Drum geht mir fort mit diesem Wort. Was passiert (und warum es u.U. gar gefährlich ist), wenn man versucht, Subjekte oder Zusammenhänge, die an solche gebunden sind, zu „objektivieren“ kann man täglich in den bürokratischen Mahlwerken beobachten.

(Über die „Würdigkeit“ und dessen Konnotationen, die immer Urteile und Ver-urteilungen beinhaltet, lass‘ ich mich mal garnicht aus, das soll ja nu wirklich nix langes werden, hier. Vielleicht soviel: Emotionen und Verletzungen kochen immer dann hoch, wenn verurteilt wird oder sich verurteilt gefühlt wird. Verurteilen ist etwas, was man imo deshalb sehr sehr sparsam einsetzen sollte, wenn es um konkrete, echte Menschen geht.)

(das ist mein einziger bescheidener Beitrag zu einem Thema, das grade in der Blogosphäre rumgeht, und das ich nun weiterhin wegen fortwährendem Desinteresse dezent ignorieren werde)

3 Kommentare »

  1. Karan meint dazu:,

    22. May, 2006
    @ 22:52

    Schein-objektive Maßstäbe von außen an andere anzulegen ist halt oft viel bequemer als die eigenen Beweggründe zu hinterfragen… und dahinter verbirgt sich meist ein gerüttelt‘ Maß an Unzulänglichkeitsgefühlen.

    (Übrigens weiß ich nicht, worum es bei diesem Pseudothema geht, das ist mir auch herzlich wurscht. Denn das Thema an sich ist, wie Dein Link belegt, eine bitterernste Sache…)

  2. bembelkandidat meint dazu:,

    25. May, 2006
    @ 04:17

    wie, wer redet da nicht über sex?
    ob ich jemandem glaube oder nicht, das ist meine privatsache.
    ob allerdings eine person in der öffentlichkeit glaubwürdig ist oder nicht, das hängt nicht nur von mir ab, ich könnte ja irren, sondern von der mehrheit. die bestimmt letztlich wer glaubwürdig ist oder nicht, das dürfte in der blogosphäre nicht anders sein. ob die als glaubwürdig befundene person letztlich richtiges, wahres, also im eigentlichen sinn glaubwürdiges abliefert, das ist noch eine ganz andere frage.

  3. Sven meint dazu:,

    26. May, 2006
    @ 15:36

    Ja, das aber ist genau der Punkt: etwas kann glaubwürdig sein. Allgemein, sozusagen „objektiv“.

    Ob aber jemand glaubwürdig ist halte ich für etwas, das man pauschal (weil imo pseudosachlich) nicht sagen kann – sondern eben nur persönlich entscheiden, denn es geht um eine Person. Eine bestimmte Handlungsweise, also dann wieder eine Sache, kann dagegen „glaubwürdig“ sein oder nicht, ganz allgemein (Zumal der Teil, der zu einem „Gesamturteil“ führte, also pars pro toto gefällt werden müsste, nicht annähernd die nötige Dimension erreicht, um einen Menschen, „allgemeingültig“ noch dazu, zu be- oder gar verurteilen). Aber: das sagt nicht viel über die Person aus, zumindest eben nicht in Bezug auf ein Werturteil, was es dann zwangsläufig wäre. Und auf das Mehrheitsprinzip, gerade bezüglich eines „Urteils“, dass ich mir persönlich bilden will, kann man vielleicht schauen, nachdem ich mir dieses aus eigener Anschauung und Reflexion gebildet habe, sozusagen zum Abgleich meiner Wahrnehmung mit der einer „Masse“ – aber mit Sicherheit ist das niemals die Basis für meine persönliche Entscheidung, wie ich eine Person einschätze. Du kennst ja den Spruch mit den Fliegen und ihrer Lieblingsspeise… ;-)

    Zumal ich meine Einschätzung auch nicht von Einzelpunkten abhängig mache, wie das im Moment in jener Diskussion auch oft zu beobachten ist, sondern von einem Gesamtbild, in dem ein einzelner Punkt, das vielleicht zu ktitisieren ist, den Gesamteindruck nicht sofort in sein Gegenteil verkehren kann. Selbst wenn die Kritik voll umfänglich berechtigt sein sollte, zählt das Gesamtbild, und nicht der eine „Fehler“ – im Gegenteil: sowas würde mir zunächst einmal nur bestätigen, es mit einem ganz normalen Menschen zu tun zu haben. Und ein ganz normaler Mensch ist erstmal per se imo immer glaubwürdig. Denn diese „Würde“ hat jeder Mensch, die gehört imo zu seiner „Menschenwürde“.

    „Glaubwürdigkeit“ muss ich nicht erst beweisen. Beweisen müsste ich die erst, wenn ich diese einmal selbst komplett verspielt haben sollte. Dazu aber muss ich mir schon einiges leisten, und zwar auf einer sehr persönlichen Ebene, nicht auf einer Ebene, die ich – wie in diesem Fall, als eine (zu) ideologisch geführte Metadiskussion auf das Persönliche herunterprojeziert sehe. Eine sachliche Auseinandersetzung mit verschiedenen Meinungen und Argumenten ist etwas anderes, da gehören Personen und die Hinterfragung ihrer „Würden“ nicht hinein, sonst geht das völlig an der Sache vorbei und direkt in die Hose. Denn dann wird „Unmenschliches“ (heißt: Dingliches) auf „Menschliche“ Sphären übertragen, und das darf imo nicht passieren, wenn man schon von „Würdigkeiten“ redet. Und in der Sache kommt man auch auf keinen grünen Zweig, es geht also auf beiden Ebenen schief.

Chinas Wirtschaftswunder

Klar, erst die billigen Arbeitssklaven ab Kindesalter ausnutzen und den letzten paar hiesigen Arbeitnehmern auch noch erzählen, sie seien selbst Schuld, weil sie es wagen, unter diesen „Weltbedingungen“ immer noch Geld für ihre Arbeit haben zu wollen, aber dann jammern, dass das logischerweise mit den Arbeitsplätzen auch dort hin verbrachte Know-How dort doch tatsächlich Füße kriegt.

Und „Plagiate“? Viele dieser „Plagiate“ sind die normale Markenproduktion, die halt nur nicht die „Veredlung“ durch Anbringung des Markenlogos durch den Betrieb, der die Rechte an dieser Marke hat, erhalten hat. Drum sind viele dieser „Plagiate“ auch nicht minderer Qualität als die „Originale“. Weil sie oft gar von denselben Arbeitern in den selben Fabriken an den selben Maschinen hergestellt werden.

Mensch, Wirtschaft, du bist doch selber Schuld, erst den Reibach machen wollen auf Kosten der hiesigen wie der dortigen Allgemeinheit, und dann heulen, wenn sich diese kurzsichtige Strategie als schnellebiger Fehler mit langfristiger Negativbilanz rausstellt.

Und glaubt doch nicht, dass China seine Millarden „Konsumenten“ euch überlassen wird, die schöpfen das zuallererst mal schön selber ab. Und ihr könnt froh sein, wenn ihr noch ein paar Krumen abbekommt. Das ist doch alles nichts neues.

China kann eine Chance sein. Aber ohne mittelfristige oder gar langfristige Überlegungen, die man mal in Betracht ziehen könnte, ohne gleich alles in ideologische Schubladen schmeißend abzuwimmeln, sondern nur mit dem schnellen Reibach im Kopf blind vorwärts zu stolpern und sich einem Regime anzubiedern, das letztlich per Ideologie diese Wirtschaft da ja doch sogar verachtet und entsprechend wenig Skrupel hat, die bei jeder sich bietenden Gelegenheit über den Tisch zu ziehen (nur ein völliger Naivling kann das anders sehen), anstatt genau zu schauen, was gefahrlos geht und was halt nicht (es hat seinen Grund, warum in anderen Ländern Lohnpreise höher sind. Zumeist sind das keine schlechten Gründe, auch aus wirtschaftlicher Sicht!) wird schief gehen, q.e.d..

Vieles, was da heute als „linke Utopien“ abgetan wird, ist nicht mal so nebenbei gesagt garnicht so „links“, wie gern getan wird, sondern althergebrachte solide und stinknormale Volkswirtschaftslehre. Kann sich nur scheinbar kaum mehr wer dran erinnern, weil die BWLer im Moment die Überhand haben und definieren, was „Wirtschaft“ sei, übersehend, dass die Welt mehr als nur eine Ansammlung von Kennzahlen ist.

Wie blöd kann man denn noch sein! (ach, was frag ich überhaupt…)

(größtenteils via Rollinger)

4 Kommentare »

  1. Felix Deutsch meint dazu:,

    19. May, 2006
    @ 23:58

    Diese BWLer (und der überwiegende Teil der Journalisten in Wirtschaftsredaktionen auch angesehener Zeitungen) übersehen vor allem eine fundamentale Tatsache: „Wirtschaft“ umfasst alle am Warenaustausch beteiligten, also eben auch die lohnabhängigen Konsumenten.

    Diese stellen sogar die übergrosse Mehrheit dar.

    Dennoch liest man Schlagzeilen wie „Der Wirtschaft geht es gut“: Gemeint sind die Kapitalisten.

  2. Sven meint dazu:,

    21. May, 2006
    @ 19:36

    naja „die Kapitalisten“ sind wir systemtechnisch gesehen schon alle, und ich persönlich habe nichtmal was gegen Kapitalismus. Das Problem ist nur, dass es eben nicht „den Kapitalisten“ gut geht, sondern einem ganz bestimmten Teil von ihnen, auch auf Kosten der anderen.

    Denen nämlich, die in ihrer Identität vergessen haben, dass sie, bevor sie Kapitalisten sein können, zuallererst mal Menschen sind und Menschen um sich rum haben und eben nicht alleine sind auf der Welt. In einer guten Kindestube beginnt spätestens mit dem 6. Lebensjahr das Lernen dieser Einsicht, „Sozialisation“ nennt man das wohl. Und für 4-jährige ist so ein Verhalten und so eine Weltsicht auch völlig „normal“ und OK.

    Die, die damals allerdings verpasst haben, zu lernen, dass auch andere mit dem selben Recht Bedürfnisse usw. haben und die eigenen mit denen der anderen irgendwie in Gleichgewicht zu bringen sind, will man irgendwie als soziales Wesen durchs Leben gehen, und bis heute glauben, allein auf der Welt zu sein und die Umwelt als reines Mittel zur eigenen Trieb- und Anspruchsbefriedigung wahrnehmen („Nochmal! Mehr! Jetzt! Ich hab‘ Hunger! Ich will spielen! Ich will aber Pommes!“) haben nur dummerweise im Moment scheinbar das Sagen. Das heißt, wir werden von Ich-fixierten geistig auf der Stufe von 4-jährigen stehenden Sozialneurotikern bestimmt. Und das ist auch für einen Kapitalismus -> auf Dauer tödlich

  3. rollinger meint dazu:,

    23. May, 2006
    @ 15:02

    Warum bin ich so stolz, daß mein 4 jähriger Sohn, obwohl Einzelkind das Teilen eben bei der Tagesmutter durch seine 3 Kollegen so in sich hat, daß er sein letztes Spielzeug verschenkt und durch ein paar andere Arschgeigen im Kindergarten quasi über den Tisch gezogen wird?
    Was soll ich ihm beibringen? Ist das gut, oder wird er ein Verlierer?

  4. Sven meint dazu:,

    23. May, 2006
    @ 16:35

    Das ist im Moment keine Frage, die du derzeit ausgerechnet mir stellen solltest…

    …obwohl, vor ein paar Wochen wär’s schlechter gewesen, da hätte ich dir tatsächlich einfach geantwortet, mit viel Sarkasmus und gegen alle meine Überzeugungen.

    Frag‘ mich in ein paar Wochen nochmal, dann, wenn das so weitergeht wie bislang *klopfaufholz*, bin ich auf einem Stand, der eine „richtige“ und „gute“ Antwort möglich macht. Hoffentlich…

Wenn politische Entscheidungen nicht mehr auf Fakten basieren

kommen Populisten wie die Schönbohms, Schäubles, Schillys, Kochs und wie sie alle heißen (Stoibers und Becksteins nicht zu vergessen) ihrem offensichtlichen Ziel, aus einem sozialen Rechtsstaat einen – gar schon willkürlich anmutenden – bürokratischen Obrigkeitsstaat, die dessen Einwohner in völliger Ohnmacht als Spielball der „Mächtigen“ zurücklässt, zu machen gefährlich nahe.

Denn gerade das ständige „Sicherheits“-Gequatsche, das dem Otto Normal da draußen suggeriert, die Zeiten würden immer gefährlicher und unsicherer, Verbrechen all überall, gegen das nur ein „hartes Vorgehen“ hülfe, basiert, wie das Wissenschaftsmagazin „nano“ berichtete, auf einer vor allem durch die Boulevardisierung in den Medien zurückführbaren Verzerrung der Realität und damit der Wahrnehmung eben jener seitens des Bürgers.

[…]Obwohl man in den Nachrichten permanent über Kriminaldelikte hört und liest, sinkt die Zahl der Straftaten in Deutschland tatsächlich von Jahr zu Jahr. Das hat Christian Pfeiffer, ehemaliger Justizminister von Niedersachsen und heutiger Leiter des Kriminologischen Forschungsinstituts des Bundeslandes anhand von Statistiken festgestellt: „Die gefühlte Kriminalitätstemperatur entspricht absolut nicht der Realität.“ Im Vergleich zu vor zehn Jahren ging die Zahl der Morde um 40,8 Prozent zurück.

Banküberfälle nahmen um 44,4 Prozent ab und die Zahl der Wohnungseinbrüche sank um 45,7 Prozent. […]

nano: Immer weniger Verbrechen, doch die Angst wird größer

Nun ist das ja vom Effekt her nicht wirklich neu (und langsam weiß ich wieder, warum ich mein Blog mal so nannte wie es jetzt heißt), aber die These dass schwerpunktmäßig „das Fernsehen Schuld“ sei ging mir da heute nicht mehr aus dem Kopf, denn mein Grundreflex ist eigentlich der, zu sagen (äquivalent zu den dümmlichen Diskussionen um „Killerspiele“ und all den Quatsch) dass ich das eigentlich nicht so recht glauben kann. Und in der vereinfachten These einer „direkten“ Kausalität auch nicht tue, denn letztlich gewinnt man Kompetenz, hier Medienkompetenz, nicht durch Vermeidung (oder gar Verboten, wie die populistischen Politiker allenthalben aktionistisch aus solchen Studien schließen, um sich letztendlich aber nur um ihre eigenen Verantwortungen zu drücken) sondern durch reflektierte Beschäftigung mit entsprechenden Dingen.

Erschreckend und neu war für mich allerdings die Information über manche Konsequenz dieser Tendenzen, z.B. dass trotz Rückgang der Kriminalität die Gefängnisse voller sind als je, weil das Strafrecht völlig gegen den Trend immer mehr verschärft wurde, immer mit dem Argument, „abschrecken“ zu müssen, zu Gunsten einer Sicherheit, die in Wahrheit schon längst größer war und ist als wie sie uns da verkauft wird. Warum? Vielleicht hat nano mit dieser These ja recht:

[…]Wie Justiz-Professor Bernhard Haffke von der Uni Passau herausgefunden hat, hat es seit 1998 im deutschen Strafrecht nur noch Gesetzesverschärfungen gegeben. Bei fast allen größeren Straftatbeständen hob der Gesetzgeber die Strafandrohungen ganz wesentlich an. Dabei war die Zahl der Straftaten schon vorher kontinuierlich massiv zurückgegangen. Ein Grund für diese Verschärfung könnte in der Legitimation des Staates liegen.

In Zeiten, in denen der Staat den Bürgern offensichtlich keine ausreichende Sozial-, Renten- und Gesundheitsversorgung mehr anbieten kann und auch bei der Schaffung von Arbeitsplätzen versagt, muss er sich eben anders legitimieren. Um die hohen Ausgaben für die eigene Unterhaltung zu rechtfertigen, propagiert die Politik den Sicherheitsstaat und die Einschränkung von Freiheitsrechten, obwohl sie eigentlich die Demokratie schützen soll. […]

nano: Weniger Verbrechen – mehr Menschen sitzen im Gefängnis

Dann fiel mir aber ein, dass es einen eklatanten Unterschied gibt zwischen dem, was man heute (nicht nur, aber dort noch immer sehr viel stärker) von den Privaten auf den Bildschirm geschmiert bekommt und dem, was ich von „Fernsehkonsumfreudigeneren Zeiten“ her kenne, bevor ich in den letzten Jahren selbst mein Medienverhalten änderte (nämlich, immer weniger und dafür immer gezielter und punktueller fern zu sehen – eben wegen jener Veränderungen). Heißt, anstatt (wie auch Pfeiffer allzuoft) ständig nur Quantitäten gegeneinander zu stellen und lustige Kausalketten drauf aufzubauen, wäre es wohl mal interessant, sich die qualitativen Veränderung des Wahrzunehmenden anzuschauen und mit dem abzugleichen, was die Leute aus ihren Wahrnehmungen auf die sie umgebende „Realität“ zurückschließen.

In den letzten paar Jahren kamen gerade in den Privaten inflationär Formate auf, die bewusst die bisher halbwegs klaren Grenzen zwischen fiktionalen Inhalten (wie Krimis, Actionfilme o.ä.) und Realität „vermittelnden“ (wie Reportagen und Dokumentationen) aufweichen – da werden jeden Tag auf mehreren Sendern von „echten“ Richtern und „echten“ Staatsanwälten o.ä. „Fälle“ behandelt, einerseits so banal und damit „alltäglich“ wie möglich, andererseits so schlecht „gestellt“, dass es einen an die nachgespielten Fälle von „XY-Ungelöst“ erinnert – und die waren ja auch „echt“, das machte ja damals schon den Grusel aus.

Wenn das Argument korrekt ist, dass „Killerspiele“ und „Gewaltfilme“ einen „normal“ sozialisierten Menschen nicht zum schießwütigen Gewaltmonster mutieren lassen, eben, weil (und diese Erfahrung kann ich voll und ganz bestätigen) schon Kinder sehr gut zwischen ihren fiktionalen Spielwelten, und eben auch denen im „gespielten“ Film oder Computerspiel, und der „Welt in echt“ unterscheiden können, dann ist es wohl genau diese Tendenz, seitens der Massenmedien diesen Unterschied immer mehr verschwimmen zu lassen, die tatsächlich die fiktionale „kriminelle“ Welt in die völlig ungefährliche Realität als Wahrnehmung ohne reales Gegenstück herüberschwappen lässt.

Das Ergebnis sind völlig überängstliche Eltern und Großeltern, die ihre Kinder am liebsten nur noch mit Bodyguard „nach draußen“ lassen würden und nicht mehr schlafen können, wenn der Sprössling beginnt, abends auf Parties zu gehen oder gar mal über Nacht wegbleiben zu wollen, Menschen, die sich nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr aus dem Haus trauen und Kinder, die durch das Beispiel ihrer Eltern und Großeltern tatsächlich schon richtige Phobien entwickeln und die Umwelt als potentiell bedrohlich beigebracht bekommen, und damit langsam eine wachsende Atmosphäre gegenseitigen Misstrauens, das ich persönlich jetzt schon als unerträglich empfinde.

Und dann kommen die Herren Politiker auch noch und nutzen auf unverantwortlichste Art und Weise diese völlig unbegründeten Ängste für ihre Zwecke. Klar, wer Angst hat muckt nicht auf. Es gibt Dinge inzwischen, da muss man sich schon sehr anstrengen, fiktionale Vorstellungen streng von realistischen Handlungen getrennt zu halten.

Ob es da wirklich hilfreich ist, diese Trennungsschärfe auch noch bewusst und mit „Gewalt“ aufzuweichen? Nicht, dass eben jene Herren eines Tages aufwachen und um sie herum haben sich gerade die Fiktionen, die so „in echt“ freilich keiner wirklich wollen kann, Bahn in die Realität gebrochen, die sie tatsächlich verhindern wollten… man wird ja nochmal träumen dürfen… noch, jedenfalls.

Mal sehn wie lange noch….

Niemand hat die Absicht…

…eine Mauer zu bauen. Und die LKW-Maut auf PKWs auszuweiten war ebenfalls nie beabsichtigt. Eigentlich. Aber was kümmert einen Politiker schon das Geschwätz von gestern.

Mal sehen, wie schnell dann auch diese Daten „natürlich streng geregelt“ auch für andere Überwachungszwecke genutzt werden „müssen“, denn die Erfahrung zeigt: wo etwas möglich ist kommt jemand her, der das auch entgegen allen Beteuerungen vorher nutzen will und wird

Für mehr Nazivergleiche

Der kleine Einwurf von „metablogger“ in den Kommentaren zur Söllner-Verurteilung hat mich etwas ins Grübeln gebracht. Er bemerkte dort, dass die Gefahr bestehe, dass das Vergleichen der Naziverbrechen mit Dimensionen unserer kleinkarierten Politiker diese Verbrechen verharmlose. Im ersten Impuls gebe ich ihm da völlig recht, der Nazivergleich ist heutzutage schnell bei der Hand, und auch ich habe mich oft gestört gefühlt von dieser Inflation dieser Vergleiche, deren Häufigkeit mir als eine zunehmende erscheinen will.

Die Taten der „Nazigrößen“ waren in der Tat so ungeheuerlich, dass sich jemand schon sehr anstrengen muss, „vergleichbares“ zu bewerkstelligen, und ein Provinzpolitiker wie der Koch, der mit einer Unterschriftenaktion gegen Ausländer einen Wahlkampf in einem Bundesland betreibt – und ihn gewinnt, oder ein Gauweiler Stoiber (danke für die Korrektur, Felix) , der von einer „durchrassten Gesellschaft“ spricht – ist noch lange kein Göbbels, der sich vor die Menge stellt und die Juden als „unseren Untergang“ bezeichnet und die brennenden Synagogen der Kristallnacht bejubeln lässt.

Was aber, wenn man von der anderen Seite herangeht? Hitler, Göbbels, Göring und Co. waren letztlich auch „nur“ Menschen. Auch wenn das in der Retrospektive ob des immensen Schattens der Ungeheuerlichkeiten, für die sie verantwortlich zeichnen, aus den Augen gerät. Da stehen sechs Millionen und mehr Tote, Juden, Zigeuner, Systemgegner usw., die mit industrieller Akribie umgebracht wurden, und das macht jene, die dafür primär verantwortlich sind zu Übermenschen, die man mit „normalen“ Menschen nicht mehr vergleichen kann?

Ist es nicht vielleicht gerade gefährlich, diese normalen Menschen namens Adolf, Joseph, Georg, usw., so zu erhöhen und damit faktisch dem Zugriff des „Normalen“ zu entrücken, indem man sie zu Monstern und damit Über(un)menschen stilisiert und „entmenschlicht“?

Nimmt man sich damit nicht sogar das Bewusstsein darüber, dass es eben „normale“, mindestens so kleinkarierte Politiker wie manch einer unserer Tage, waren, die da agierten?

Die das nicht taten, weil sie „außergewöhnlich“ waren (sondern letztlich sogar schmerzhaft „normal“) sondern weil sie in eine Position kamen, es zu können? Weil sie „ermächtigt“ wurden dazu? Weil sie auch auf Grund solcher Ermächtigungen am Ende Kritiker endgültiger mundtot machen konnten als es heute hierzulande möglich ist?

Ich habe in der Frage des Nazivergleiches meine Meinung geändert. Ich denke, es ist höchste Zeit für Nazivergleiche.

Es kann garnicht genug verglichen werden, in Zeiten, in denen die Freiheiten und Rechtsstandards, die wir heute haben, im Namen der „Terrorbekämpfung“ und des „Schutzes der Freiheit“ immer weiter abgebaut werden und schon über die Ermächtigung dazu nachgedacht wird, die Armee im Landesinneren, also im Zweifel auch gegen die Bürger des Landes, für dessen Verteidigigung sie gedacht ist, einzusetzen. In denen ein Innenminister es „mit Sorge sieht„, dass das Bundesverfassungsgericht die Persönlichkeitsrechte „in Zeiten des Kampfes gegen den Terror“ seiner Meinung nach zu hoch ansetzt. In denen technisch ein Grad an Überwachung realisiert ist, der keine Blockwarte und Denunzianten mehr braucht und der jeden Menschen ersteinmal als grundsätzlich verdächtig voraussetzt.

Denn wenn wir solange warten, bis „normale“ kleinkarierte und spießige Stammtischquassler sich die Möglichkeiten so weit erweitert haben, dass auch sie (und die, die es ihnen ermöglichten!) zu neuen unvergleichlichen Ungeheuerlichkeiten ermächtigt wären, ist es zu spät für Vergleiche – denn dann ist es schon das Gleiche.

Gerade der Vergleich führt zur Erkenntnis: es ist geradezu „normal“, das, was möglich ist auch soweit zu nutzen und nutzen zu wollen, wie es möglich ist.

Die Nazizeit (und der Weg dahin) ist Geschichte, die besser nie passiert wäre. Aber sie ist passiert, und das einzige, was man nun damit anfangen kann ist, keine Wiederholung mehr zu zu lassen. Das erreicht man nicht, indem man sie als Einmaligkeit begreift. Sondern als etwas anerkennt, dessen Existenz beweist was „normalen“ Menschen in einer „normalen“ Gesellschaft unter bestimmten Umständen möglich ist. Und indem man ein waches Auge darauf hat, ob aktuelle Umstände sich jenen, die das ermöglicht haben, annähern. Damit gegen gesteuert werden kann, solange das Niveau „nur“ ein kleinkariertes ist. Denn wenn es diese Dimension erst mal überstiegen hat ist es zu spät.

Lieber sag‘ ich dann doch: „Ein Glück, dass wir verglichen haben“. Anstatt „Wie konnte das nur passieren“…

P.S.: achso, falls jemand bis hierher gelesen hat und sich denken sollte „Aber das kann man doch alles nicht miteinander gleich setzen“, der möge kurz drüber nachdenken, ob „gleich setzen“ und „vergleichen“ tatsächlich gleich gesetzt werden kann, wenn man das, was diese Begrifflichkeiten beinhalten, vergleicht ;-)

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Freie Meinungsäußerung in Zeiten künstlerischer Unfreiheiten

Nicht zuletzt weil ein „Schorschi“ unten in den Kommentaren zur Stoiber-Rede bei der bairischen Einheitspartei CSU keinerlei Fischerei an den rechten Rändern der Gesellschaft ausmachen konnte, hier ein aktueller Artikel der Süddeutschen über Beckstein, der gezielten Instrumentalisierung eines jugendlichen Straftäters und die Veruteilung des Liedermachers Hans Söllner, weil die Liedzeilen

Früher hams Hitler ghoaßn oder Himmler
wisst’s es no, heit hoaßns Beckstein und Haider
rüher warn’s de Juden, heit de Türken
des kimmt ja echt aufs selbe raus
Ihr schürt’s den Hass von Millionen
und suachts für eure Fehler Leut
de ma verhoazn ko wia damals
und koana merkt’s, was ihr da treibts.

Herrn Beckstein beleidigt hätten.

Die Verteidigung Söllners begründete die Erwähnung des Namens Becksteins im Zusammenhang des Liedthemas darin, dass Söllner seiner Auffassung, Beckstein habe den Fall „Mehmet“ zur Wahltaktik genutzt und bewusst zur Stimmungsmache „aufgeheizt“, künstlerisch Ausdruck geben wollte, wie der Süddeutschen in ihrem Onlineartikel zu dem Thema zu entnehmen ist:

Die langwierige Verhandlung sorgten für Spekulationen in einem anderen Bereich: Im Zusammenhang mit dem Prozess waren Vorwürfe gegen Beckstein laut geworden, er habe im Fall der 1998 veranlassten Ausweisung des türkischstämmigen jugendlichen Straftäters „Mehmet“ aus rein wahltaktischen Gründen gehandelt. (Im September 1998 wurde nicht nur der Landtag, sondern auch der Bundestag neu gewählt.)

[…]

Der Münchner Anwalt Alexander Eberth hatte vor Gericht bezeugt, der CSU-Politiker habe vor der Landtagswahl 1998 die Straftaten des damals 14 Jahre alten Türken Muhlis A., der unter dem Pseudonym Mehmet bekannt wurde, ins Licht der Öffentlichkeit gerückt, um Empörung zu schüren. Eberth hatte den Jugendlichen vertreten.

Söllners Verteidiger Jürgen Arnold berief sich im Prozess auf Eberths Aussage. Arnold sagte, er könne sich vorstellen, dass Becksteins Ausländerpolitik tatsächlich den Hass auf eine Minderheit, nämlich die in Bayern lebenden Türken, schüren könnte. […]

Die Printausgabe der Süddeutschen geht noch ausführlicher auf dieses Urteil und seine Hintergründe ein. Dort amüsierte ich mich vor allem über die leicht süffisante Formulierung, dass Beckstein „von einem Pflichtbewussten Staatsanwalt in Kenntnis“ über das Lied gesetzt worden sei…

Karan, bei der ich das Thema und den Link zum Scan des Print-Artikels fand, kann ich mich da nur anschließen, wenn sie schreibt:

[…] Die Freiheit der Kunst soll also „in den Hintergrund“ treten… das, was daraufhin „im Vordergrund“ steht, läßt mich schaudern. Und bestätigt, wovor Söllner warnt.

ebenso wie ich Dukes Aufruf in ihren Kommentaren nichts hinzuzufügen habe:

Also laßt den Söllner nicht allein, sondern zeigt Rückgrat und steht auf. Der Mensch ist nicht zum Bückling geboren. Daran werden sich auch die gewöhnen müssen, die notlos zu staatlichen Machtmitteln greifen, weil sie keine Argumente haben.

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Stoiber auch „irr“?

Wenn ein Nicht-Medienprofi, noch dazu kurz nach lebensbedrohenden Erfahrungen, vor laufender Kamera Schwierigkeiten in stringenter und eloquenter Formulierung des gesprochenen Wortes zeitigt, ist eine solche Person (bestenfalls!) „irr“.

Was ist dann jemand, der unverständliches Zeug in ein Mikrofon brabbelt (inklusive Original als mp3), dem man aber eine jahrelange Erfahrung im Umgang mit Medien und öffentlicher Rede zugestehen muss und der über vergleichsweise unemotionale Thematiken spricht?

In der Transkription von Mathias Schindler liest sich das übrigens so, und dabei sind schon einige „äh“s weggelassen worden, die den „Satz“ zu einem noch unverständlicheren Wust fragmentiert hätten:

„Wenn Sie vom Hauptbahnhof in München mit zehn Minuten ohne daß Sie am Flughafen noch einchecken müssen, dann starten Sie im Grunde genommen am Flughafen am am Hauptbahnhof in München, starten Sie ihren Flug – zehn Minuten schauen Sie sich mal die großen Flughäfen an, wenn Sie in Heathrow in London oder sonstwo meine s Charles de Gaulle in äh Frankreich oder in Rom wenn Sie sich mal die Entfernungen ansehen, wenn Sie Frankfurt sich ansehen, dann werden Sie feststellen, daß zehn Minuten Sie jederzeit locker in Frankfurt brauchen um ihr Gate zu finden – Wenn Sie vom Flug- äh vom Hauptbahnhof starten Sie steigen in den Hauptbahnhof ein, Sie fahren mit dem Transrapid in zehn Minuten an den Flughafen in an den Flughafen Franz-Josef Strauß dann starten Sie praktisch hier am Hauptbahnhof in München – das bedeutet natürlich daß der Hauptbahnhof im Grunde genommen näher an Bayern an die bayerischen Städte heranwächst weil das ja klar ist, weil aus dem Hauptbahnhof viele Linien aus Bayern zusammenlaufen.“

Nachtrag: Mario hat inzwischen das Rätsel um die Herkunft dieses Zeitdokuments gelöst.

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Frau Osthoff und die Medien

Da Frau Osthoff immer noch nicht tut, was Medien und Soap-Konsumvolk so erwartet haben (und Politiker, die sich gern in einer solchen Umgebung geschmückt hätten, wohl, anders kann ich mir deren „Enttäuschung“ und „Unverständnis“ nicht erklären, denn unverständlich ist daran bei objektiver Betrachtung garnichts) wird das Medienvolk von der Journallie nun auf die schon während der Entführung begonnene Linie eingeschworen, nur kein Bedauern zu zeigen, sollte dieser „leichtsinnigen“ Frau doch noch was passieren (meine Meinung dazu schrob ich dort in den Kommentaren ja schon).

All diesen Schreiberlingen, die in meinen Augen keinen Schimmer von journalistischem Handwerk zu haben scheinen, sei dieses ARD-Interview mit Dr. Michael Müller-Karpe vom Römisch-Germanischen Zentralmuseum in Mainz, der dort Projekte mit dem Irak koordiniert, ans Herz gelegt, um vielleicht ein bisschen was über die Hintergründe zu verstehen.

tagesschau.de: […] Womit hat sich Frau Osthoff im Irak beschäftigt?

Michael Müller-Karpe: Susanne Osthoff hat sich bereits Anfang der neunziger Jahre dafür eingesetzt, dass die Raubgrabungen, die damals begannen, einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurden. […]

tagesschau.de: Welchen Stellenwert hat ihre Arbeit für die Archäologie?

Müller-Karpe: Den kann man gar nicht hoch genug einschätzen. […] Susanne Osthoff wollte darauf aufmerksam machen. Allerdings wollte man das nicht hören. […] Da wurden Aufnahmen gemacht, die jetzt ständig gezeigt werden: vorne Susanne Osthoff, die ein Interview gibt, hinten Leute, die in einer archäologischen Stätte graben. Der Kommentator sagt dann, dies sei Susanne Osthoff bei archäologischen Ausgrabungen. Das ist Unsinn! Es handelt sich dabei um Raubgrabungen! […] Und noch nicht einmal jetzt wird es richtig dargestellt.

tagesschau.de: Warum sind die Widerstände denn so groß?

Müller-Karpe: Es ist eine für Deutschland höchst brisante und peinliche Angelegenheit. Deutschland ist einer der wenigen Staaten, die die Unesco-Konvention von 1970 zum Kulturgüterschutz nicht unterzeichnet haben. Diese Konvention besagt, dass man die Gesetze, die andere Länder zum Schutz ihres kulturellen Erbes erlassen haben, respektiert. Den eigenen Bürgern würde dann der Handel mit Raubgütern aus solchen Ländern untersagt.

[…]

Da steckt eine finanzkräftige Lobby dahinter, die mit Hehlerware aus Raubgrabungen Geld verdient und die ganz offen mit dem Verlust deutscher Arbeitskräfte droht, wenn die Gesetze strenger werden.

[…]

tagesschau.de: Heißt das auch: Wenn Susanne Osthoff diese Arbeit nicht machen würde, dann würde sie im Zweifelsfall niemand machen?

Müller-Karpe: Das ist richtig.

Das ganze Interview unbedingt bei tagesschau.de: „Man kann ihre Arbeit nicht hoch genug einschätzen“ lesen!

Unter anderem täten einem Journalisten auch ein paar Gedanken über die Hintergründe, warum es einer Bundesregierung so wichtig ist, dass Frau Osthoffs Projekte, die von der öffentlichen Hand mitfinanziert wurden, ab sofort so schön diskreditiert werden. Tipp: Regierungsentscheidungen heutzutage erscheinen nicht zu Unrecht nicht etwa als unter dem Primat des Gemeinwohls sondern unter dem betriebswirtschaftlicher Überlegeungen gefällt.

Wie gut, da einen Grund gefunden zu haben, hier ein paar zigtausend Euro auf einen Schlag einsparen zu können. Wenn die Empfängerin von Fördermitteln erfolgreich als „fanatisch“ u.ä. diskreditiert ist, geht das problemlos. So ähnlich, wie das ja auch bei Einsparungen von Sozialleistungen wegen „Sozialschmarotzern“ funktioniert und wie das in einer entsolidarisierten Gesellschaft, in der sich keiner mehr für eine Allgemeinheit mitverantwotlich fühlen muss, eben so üblich ist. Und dass das auf fruchtbaren Boden fällt zeigt ein Blick in manche Kommentare bei Herrn Bittner (der dagegen selbst zeigt, dass es noch Journalisten gibt, die nicht jeden gewünschten „Volkstrend“ mitmachen).

Diese ganze verfickte hirnlose kurzsichtige Scheiß-Egomanen-Gesellschaft kotzt mich allerdings langsam nur noch an.

Nachtrag: Das Ganze erscheint schon bei leichtem Wegkratzen einer dünnen Schicht als eine (noch dazu sehr platte) politische Kampagne, die ein nur noch peinlich zu nennender „Profijournalismus“ auch noch mitspielt – vor lauter „schnell noch einen Artikel“ wird sich da nichtmal 5 Minuten Zeit genommen, auch nur ansatzweise an dieser dünn übertünchten Oberfläche zu kratzen und ein bis zwei Gedanken daran zu verschwenden, welche Interessen die Politik bei dieser Schmierenkomödie verfolgen könnte. Die Zeiten, Spins gut verpacken zu müssen, sind wohl vorbei, es reichen schon die blödesten Funzeln um einen heutigen „Journalisten“ zu blenden. Dinge in Zusammenhänge zu bringen, die eine Zeitfrist von zwei Wochen überschreiten kann da eh kaum einer mehr, wie’s aussieht (links via Jens).

Nachtrag2: Ein schöner Kommentar im Tagesspiegel: Susanne von Arabien, der eine schöne und treffende Polemik enthält – verlinke ich hier mal, auch um die Journalisten, die sich entgegen des (für mich so erscheinenden) Trends differenzierende Sichtweisen zeigen nicht über den pauschalen Kamm der oben Charakterisierten Möchtegern-Journalisten zu scheren, auch wenn auch hier noch nicht ganz verstanden wurde, was die Frau da wirklich tat/tut im Irak (und wem das ein Dorn im Auge zu sein scheint):

[…] Prominente, die sonnige Strände oder Steuerparadiese bevorzugen, werden deshalb auch nicht expatriiert. Sie will ihre Arbeit fortsetzen, trotz der Gefahr. Tun das Hilfsorganisationen, Reporter, Unternehmer nicht auch, im Irak und anderen Krisen- und Kriegsgebieten? Weil sie tun, was unsereins sich nicht zutraut, zollt man ihnen Respekt. […]

(via EoK)

Nachtrag3: Interessante Diskussionen auch drüben bei rebellmarkt.

Nachtrag4: Wer sich etwas umfassender – und seriöser – über Frau Osthoff und ihre Arbeit informieren möchte, für den ist der Wikipedia-Artikel über sie u.U. ein brauchbarer Ausgangspunkt. Schön bestätigt sich da auch mein Eindruck, dass der Versuch, Frau Osthoffs Reputation zu diskreditieren, tatsächlich von der FAZ auszugehen scheint. Im Weblinkteil gibt es auch ein paar interessante weiterführende Links, u.a. zur NYT etc.

Nachtrag5 (29.12.05): Klar, da zerrt man also nun eine durch jahrelange Ohnmacht in ihrer Arbeit zu Recht frustrierte, von den Boulevardmedien vom Opfer zum Täter gemachte und durch wochenlange Geiselhaft erfolgreich traumatisierte Person vor die Kamera (wohl noch etwa mit dem Argument, dass man das einer Öffentlichkeit schulde oder was?) und wundert sich, dass da nix bei rauskommt? Außer für die BILD, die sich wie nicht anders zu erwarten in einem Zusammenhang zwischen „irr“, „radikaler Moslem“ und ähnlichem vorurteilsgesättigten Stichworten pseudomoralisch das Maul zerreißt, da gleich neben dem Pin-Up-Girl.

Zum Glück gibt es wenigstens bei der Netzeitung ein bisschen Reflexion über den hier immer offensichtlicher werdenen journalistischen Dilettantismus, der sich von Anfang an durch den „Fall Osthoff“ zieht, der IMO keiner ist, sondern ein „Fall Journalistenversagen“ und ein Fall „Politikerversagen“ wie auch ein „Fall Bürgerversagen“, denn der gemeine Unterschichtenfernseh-Zuschauer frisst ja scheinbar alles an Gammeljournalismus, was ihm vorgeworfen wird und scheißt es kurz danach in jede Ecke weiter. Das sollt‘ ihm mal mit Lebensmitteln passieren, was er sich da medial verfüttern lässt, da käm‘ er ja aus dem Kotzen nicht mehr raus.

Ich wünsche jedem, der Frau Osthoff da jetzt in seinen bequemen Sessel pupsend be- oder gar verurteilt drei und mehr Jahre Arbeit unter schwersten existenziell belastenden Bedingungen, allein gelassen von Politik, uninteressant für Medien, und am Ende völlig für die Katz, und dann vier Wochen Entführung durch Leute, die wahrscheinlich nichtmal die englische oder deutsche Bedienungsanleitung der Handgranaten, Maschinengewehre und Raketenwerfer lesen können, die sie mit sich rumschleppen und auf sie richten. Dann gießen wir noch öffentlich einen großen Eimer Moral-Gülle über das Privatleben, während die tatsächliche Leistung völlig im Dunkeln bleibt, weil medial uninteressant, und dann wird man in ein Studio geschubst, voll mit Journalisten-Dilettanten, die keine Ahnung haben, worum es geht. Dazu noch die Häme von selbstgerechten wohlgenährten RTL2-News-Guckern und BILD-Lesern, die keine hundertstelsekunde lang auch nur versuchen, sich in eine solche Lage reinzuversetzen aber einen völlig selbstverständlich auf niedrigstem persönlichem Niveau aburteilen und beleidigen (und das Ganze als Teil ihrer „Meinungsfreiheit“ bezeichnen).

Dann will ich sehen, ob derjenige auf teilweise wirklich blödsinnige Fragen klare und stringente Antworten liefern kann und wie er auf im Vorwurfston moralischer Überlegenheit vorgetragene Forderungen nach „Dankbarkeit“ beantwortet.

P.S.: Dr. Dean kam auf die einfache Idee, Frau Osthoffs Interview-Aussagen von dem umliegenden Geplapper zu befreien und stellt eine relativ klare inhaltliche Linie fest, zumindest jedenfalls ist das Ergebnis weniger wirr, wie mit dem anderen Redestrang. Dass da irgendwie zwei Leute jeweils von völlig anderen Dingen sprachen hab‘ ich auch gemerkt (das ist wie jeweils die Hälfte zweier verschiedener Dialoge aus zwei verschiedenen Filmen gegeneinander geschnitten), aber so genau hatte ich mir’s noch nicht angeschaut. Doch ja, so geht das eigentlich sehr gut. Und ein paar schöne Hintergrundinfos zum Thema Raubgrabungen etc. hat er auch gefunden.

Solange mir keiner von den besserwisserischen Großmäulern, die da jetzt über Osthoffs „irren“ Auftritt ablästern, zeigt, dass er durch solche Situationen kommend in einer solchen Situation auch nur einen Tick besser agieren kann möge man sich mir gegenüber mit Urteilen, die sich auf dieses Interview stützen, sehr zurückhalten, wenn er keine gepfefferte Antwort vertragen kann, OK?

Nachtrag6 (29.12.05): Nach der Enttäuschung mit der SZ (Link da oben) versöhnt mich dieses Interview wieder, das den Fokus mal wieder auf allgemeine Fakten und weg vom hämischen Ausverkauf des Privatlebens lenkt:

[…]
SZ: Ihre Erfolge, so heißt es, seien bei allem Engagement dürftig gewesen.

Sommerfeld: Das ist nicht wahr. Seit den frühen Neunzigern, seit den Zeiten des Embargos, haben sich Hilfsorganisationen ihre Sprach- und Ortskenntnisse zunutze gemacht. Und abgesehen von der humanitären Arbeit: Was sie für die Archäologie geleistet hat, kann man gar nicht hoch genug schätzen.

Dass es heute ein Bewusstsein für Raubgrabungen gibt, ist auch und vor allem ihr Verdienst. Sie hat eine Weltöffentlichkeit hergestellt für den Schutz jahrtausendealter Hochkulturen. Das Unesco-Team hat sich die Raubgrabungen aus der Luft angesehen, sie hat Fernsehteams dorthin gebracht und es geschafft, dass es überhaupt Bilder gibt. Am spektakulärsten war ein Bericht in der New York Times aus Isin vor zwei Jahren. Die Aufnahmen sind bis heute fast die einzigen Bilder von Raubgrabungen. Dass Großbritannien und die Schweiz die Unesco-Konvention zum Schutz von Kulturgut ratifiziert haben, hängt damit zusammen.

[…]

SZ: Als Simona Pari und Simona Torretta nach ihrer Entführung 2004 freigelassen wurden, feierte sie ganz Italien, obwohl auch sie erklärt hatten, dass sie in den Irak zurückkehren wollen. Der größte Teil der deutschen Öffentlichkeit hat sich Susanne Osthoff gegenüber schon während der Entführung distanziert und ablehnend verhalten.

Sommerfeld:
Sie eignet sich nicht als Identifikationsfigur, sie ist nicht zu Weihnachten nach Deutschland gekommen, nicht in Talkshows aufgetreten. Bei vielen herrscht der Eindruck: Die will uns nicht. Und sie ist Muslimin. Der Islam aber wirkt so fremd und gefährlich, dass ein Mensch, der sich freiwillig in diesen Kulturkreis begibt, nicht ganz normal sein kann. Das ist das eine. Vielleicht liegt in der Ablehnung aber auch eine projizierte Furcht: Wenn sie etwas unternimmt gegen die Not im Irak – gegen alle Widerstände – warum tue ich nichts?

(via Dave-Kay)

Nachtrag7 (31.12.05): Schön, die FAZ kann nicht nur Verschwörungstheorien (braucht dafür aber eine Elke Heidenreich)

Nachtrag8 (31.12.05): Ein weiterer Aspekt in der Welt am Sonntag: „Der BND hat sie ausgepreßt und weggeworfen“ – und damit mehr offene Fragen, warum die Frau auch von Seiten der Politik so aggressiv angemacht wird…

Nachtrag9 (1.1.06): So, und mit diesem Artikel in der FAZ, in dem die Bearbeitung des Interviews Frau Osthoffs im ZDF kritisch hinterleuchtet wird stellt Patrick Bahners den in meinen Augen durch jenen Verschwörungstheorie-Artikel (oben) arg ramponierten Ruf der FAZ wieder halbwegs her, vor allem, wenn er auch das eigene Blatt nicht aus der Kritik lässt (Hervorhebung von mir):

[…] Just zu dem Zeitpunkt, da in der deutschen Presse, auch in dieser Zeitung, Zweifel an der Seriosität von Susanne Osthoffs archäologischem und humanitärem Engagement artikuliert wurden, verweigerten ihr die Therapeuten vom ZDF die Möglichkeit, ihre Sicht der Dinge darzulegen. Man ließ ihr den Appell, die Deutschen sollten sich einmal „Gedanken über den Hintergrund machen, daß sie nicht weit von dem Ganzen entfernt sind“.

Es klingt wie eine Weltverschwörungstheorie, wenn sie anfügt: „Irak ist auch bei uns, ich habe ja erwähnt warum“, aber dieses vorher Erwähnte ist der Bearbeitung zum Opfer gefallen […]

(Link via Dr. Dean)

Nachtrag9 (3.1.06): Georg Meggle, Professor für Philosophie an der Universität Leipzig mit Themenschwerpunkten u.a. Kommunikation, Kollektive Intentionalität und Terrorismus, analysiert das Interview des ZDF in der Telepolis und kommt zu völlig anderen Schlüssen als der größte Teil der Medien und der Öffentlichkeit. (Und damit zu einem Ergebnis, das mich doch ein wenig beruhigt, denn es bestätigt auch meine eigene Einschätzung, so dass ich wohl davon ausgehen kann, noch nicht völlig verscheuklappt zu sein):

[…] Der Kern der Botschaft der Archäologin Susanne Osthoff ist sinngemäß dieser: Verdammt noch mal, unterscheidet doch endlich zwischen dem mir persönlich Zugestoßenen (ein „kurzes Verbrechen“) und dessen größerem Kontext: Das „kurze Verbrechen“ an mir hat eine „lange Geschichte“! Anders ausgedrückt: Wie wollt Ihr meinen Fall – d.h., mich – „verstehen“, wenn Euch der (historische) Kontext derart egal ist?

Dieser Appell steckte schon in der dritten Antwort von Osthoff – und bis dahin waren auch ihre Sätze noch weitgehend grammatisch korrekt. Der Appell blieb absolut wirkungslos. Die TV-Sprecherin – und sicher nicht nur sie – war auf diesem Ohr völlig taub. Kontext war im Rahmen dieser Sendung keiner vorgesehen. Ein tieferes Verständnis gehörte nicht zum Programm. „Verstehen Sie?“ Auch dieses Signal ging ins Leere.

Es bleiben einige Thesen von Susanne Osthoff, die nach Erklärungen und dann wohl auch nach weiteren Diskussionen verlangen. […]

Unbedingt lesen! Und spätestens jetzt auch gleich (nochmal) das (nicht gekürzte) ZDF-Interview Und am besten vorher noch das bei al jazeera, denn darauf wird ja immer mal Bezug genommen, es also als bekannt vorausgesetzt), das, wie ich fürchte, von all denen, die über Frau Osthoff so schnell und einfach den Stab brechen, noch nicht einmal wirklich ernsthaft gelesen wurde!

(via Kommentare bei lautgeben)

Nachtrag10 (3.1.06): Auch in der TAZ beginnt manch einer zu ahnen, dass das, was da abends im ZDF zu sehen und hören war nicht unbedingt das war, was tatsächlich kommuniziert wurde oder werden sollte:

[…] Susanne Osthoff nutzt die Gelegenheit, der Öffentlichkeit mitzuteilen, dass im Irak bittere Not herrscht. An ihrem mit Sturheit gewappneten Eigensinn zerbricht der vom ZDF sorgfältig eingefädelte Text. Eine aufregende, emotionsgeladene und glücklich überstandene Entführungsgeschichte war geplant. Aber Osthoff ist gegen allen „privaten Pipifax“: Wichtig wäre es, „dass die Bürger mal solche Dinge erfahren: weshalb wir da überhaupt noch etwas tun“. Noch während sie ihre Hilfslieferungen für vierzig irakische Familien organisierte, ging ihr das Geld für die Miete im bayerischen Glonn aus. „Mein Vermieter hatte ja keine Gnade.“ Und: „Ich habe aber gewusst, dass die Leute [im Irak] noch ärmer sind als ich.“ […]

Nachtrag11 (4.1.06): Die Medienmaschine hat ihren Anspruch auf Personality wohl durchgesetzt – Frau Osthoff spielt nun ein wenig mehr nach deren Regeln, und schon werden die Töne ihr gegenüber freundlicher und fairer. Schade nur, dass Fairness seitens Medien scheinbar nicht von vornherein gegeben wird sondern erst kommt, wenn man tut, was sie wollen.

Ein (ich weiß: ungebetener, aber…) Ratschlag von mir: sie sollte tatsächlich „mitspielen“, mit etwas Glück schauen dann wenigstens ein paar Politiker und Verwaltungsbeamte doof aus der Wäsche, denn natürlich ist das so, dass man auch den Medien Dinge, die sie möchten und erwarten nur gegen Gegenleistung gibt. Hier wäre eine solche, eben der Arbeit und dem Engagement Frau Osthoffs ebensoviel Platz einzuräumen, als Bedingung dafür zu setzen, dass man auch „Personality“-Themen zulässt, die eigentlich keinen Arsch was angehen. Wer das System nicht ändern kann muss es wohl versuchen zu nutzen…

Nachtrag12 (6.1.06): Auch RTL versucht nun, den von den Medien zerstörten Ruf Frau Osthoffs wieder ein wenig herzustellen (via Dr.Dean). Ist da nach doch inzwischen sehr massiver Kritik der letzten Zeit an den Medien ein allgemeines Umschwenken, gar eine aus Selbsterkenntnis gewonnene Einsicht zu erkennen, oder ist man nur zufrieden, weil Frau Osthoff den Forderungen der Medien nun doch ein wenig entgegenkommt und „persönliches“ zulässt, die Medien sich also „erfolgreich“ sehen, Frau Osthoff gegenüber ihren Willen mit Druck durchgesetzt zu haben?

Vor allem aber bin ich mal gespannt, ob das Thema „Raubgrabungen“ mit diesem nun endlich doch noch erfolgreich auf’s Private verlagerten Schwerpunkt nochmal je aufs Tablett kommt. Nein, von den Medien erwarte ich das nun wirklich nicht – aber u.U. schafft Frau Osthoff es, wenn sie nun nach den vorgegebenen Regeln spielt, hier doch nochmal einen unerwarteten Schachzug einzubringen…

Nachtrag13 (10.1.06): Nachdem Frau Osthoff nun bei Beckmann war (hier mit Real-Video – und hier gleich der Kurzverriss) und damit dem „Bedürfnis“ der Medien (die das freilich als Bedürfnis des Zuschauers kaschieren) nach Personality und emotionalem Inhalt endlich entsprochen hat, so dass diese in den letzten Tagen sichtlich versuchten, einiges von dem, was sie kaputt gemacht haben wieder zu relativieren, gibt es sogar richtig selbstkritische Töne zur selbstgewählten Aufgabe der Massenmedien und zu deren Methodik, die sich um Fakten und Hintergründe nicht bemüht solange nur genug Emotion vermittelt werden kann:

[…] Wir sind eben, seit ein paar Jahren, keine Überbringer von Nachrichten mehr, wir verkaufen Emotionen, erzählen Geschichten, entwerfen Weltbilder, wir suchen nicht Distanz, sondern Nähe, wir vermengen das, was in den Zeitungen früher voneinander getrennt wurde, wir machen es inzwischen fast alle so ähnlich wie „Bild“. Jede Geisel muss für eine runde Geschichte stehen, ihr Schicksal muss eine Botschaft enthalten, sie darf nicht einfach nach Hause gehen, erleichtert sein und schweigen. Wer schweigt, macht sich verdächtig.

Wenn diese Maschine erst einmal läuft, kann keine Macht sie anhalten, so lange, bis es uns langweilig wird. Osthoff wurde Opfer eines Verbrechens, sie muss sich deshalb nicht für ihr Leben rechtfertigen. Sie muss nicht sympathisch sein. Solche Sätze sind Theorie. In der Praxis sieht es so aus, dass Osthoff sich bei ihren ersten Medienauftritten dumm angestellt hat und jetzt vor der Frage steht, ob sie als verrückte Rabenmutter in die Geschichte eingehen möchte, wer will das schon. Also musste sie zu Beckmann gehen, und Beckmann stellte ihr die Mutter aller Fragen: „Was war das für ein Gefühl?“ […]

Damit schließe ich für mich dieses Thema zumindest halb zufrieden ab, denn für einen Journalismus, der es zumindest stellenweise noch schafft, sich selbst und seine Mechanismen zu reflektieren gibt es noch Hoffnung. Auch die, dass aus dieser Selbsterkenntnis vielleicht doch noch mal die Einsicht erwächst, dass Journalismus, so er professionell sein will, nicht nur bestimmte Dinge besser nicht macht, will er sich noch selbst im Spiegel ansehen, sondern vielleicht sogar wieder seine Aufgabe findet: im Berichten über Hintergründe, Fakten, Zusammenhänge, die Zeitrahmen von mehr als drei Wochen umfassen und in professioneller Recherche und Handwerk, das den Bedarf an Wissen bedient. Und nicht nur den kurzfristiger Soap-Unterhaltung. Denn dafür sind andere da. Vielleicht passiert sowas ja irgendwann, wenn die Beckmanns und Kerners und wie sie alle heißen endlich aufhören, Vorbild für den Journalismus zu sein anstatt abschreckendes Beispiel, wie es sein sollte…

Das war dann wohl der letzte Nachtrag einer der letzten Nachträge, viel mehr ist nun erstmal nicht mehr zu erwarten, denke ich. Weitere weiterführende Links könnt ihr gerne (und werde ich ggf.) trotzdem noch in die Kommentare setzen. Die lohnen sich übrigens auch zu lesen, denn ein paar Links, die ich jetzt nicht hier in den Artikel übernommen habe, gibt es dort auch jetzt schon.

(Danke an Silke, die mir die obigen Links unten in die Kommentare schrieb)

…denn einen hab‘ ich noch:

Nachtrag14 (11.1.06): Auch die SZ verreisst die Beckmann-Sendung. Oder besser: den Beckmann. Und mit Recht.

[…] Gänzlich verbieten sich all die anderen Fragen, die zuletzt von der sensationsgierigen Allgemeinheit an die Adresse der ehemaligen Geisel gestellt wurden. Es geht Außenstehende schlicht nichts an, wie gut sich Susanne Osthoff um ihre Tochter kümmert, wie das Verhältnis zu ihrer Mutter und ihren Geschwistern ist, wie stark sie raucht, oder wie medientauglich sie ist. Völlig deplaciert – weil womöglich gefährlich – ist eine öffentliche Diskussion über ihr Verhältnis zum Bundesnachrichtendienst.

Reinhold Beckmann muss sich vor diesem Hintergrund die Frage gefallen lassen, warum er all diese Nebensächlichkeiten in seiner Sendung eine volle Sendezeit lang thematisiert hat.

Um als Einzelgast bei ihm geladen zu werden, reicht ein Ministeramt in der Regel nicht aus. Da müsste sich schon die Kanzlerin oder ein ähnliches Kaliber die Ehre geben. Im Gegensatz zu der Irak-Expertin ist die Kanzlerin allerdings seit Jahrzehnten im Umgang mit den Medien geschult. Susanne Osthoff hingegen war bis vor wenigen Wochen ein Mensch, dem die Medien keinerlei Beachtung schenkten (Anmerkung Sven: zumindest nicht die deutschen). All die wohlfeilen Kritiker der gebürtigen Bayerin sollten sich daher die ehrliche Frage stellen, wie glatt und geschmeidig sie wohl bei einem jähen Auftritt in einer 75-Minuten-Sendung mit der ungewöhnlich hohen Quote von 22,5 Prozent rüberkämen.

[…]

Doch die Prioritäten des Reinhold Beckmann waren offensichtlich anders gelagert. Das vorranige Ziel des Fernsehmanns lautete wohl, Teilhaber zu werden an der medialen Inszenierung, zu der der Entführungsfall Osthoff inzwischen verkommen ist. Diese Gelegenheit wollte er sich bei aller echten oder unechten Einfühlsamkeit nicht entgehen lassen.

(via Dave-Kay)

Nachtrag15 (14.1.06): Für diese Zusammenstellung (beim Demagogen) diverser Beckmann-Bashings seitens einiger namhafter Feuilletons auf Beckmanns Behauptung, seine Schmierigkeit beim Osthoff-Interview, die ihm von z.B. Antje Vollmer vorgeworfen wurde sei „weder beim Zuschauer noch in den Feuilletons angekommen“ lohnt es sich, doch nochmal einen Nachtrag zu machen. Und natürlich, dem Link zu folgen :-)

Frau Osthoff und die Medien weiterlesen

Die Freiheit zu Tode schützen

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble will zum besseren Schutz bei der Fußball-Weltmeisterschaft das Grundgesetz ändern, um einen Bundeswehreinsatz im Innern zu ermöglichen.

„Warum sollten wir den Objektschutz nicht vorübergehend, zur Entlastung der Polizei, von der Bundeswehr machen lassen“, sagte der CDU-Politiker in einem Interview der „Süddeutschen Zeitung“ […]

meldet Reuters.

Die Frage kann ich Herrn Schäuble beantworten: Weil das nicht die Aufgabe der Bundeswehr oder überhaupt von Militär ist, der Bevölkerung gegenüber zu stehen – naja, außer in China oder ähnlich totalitären Staaten eben. Hier die Bürger, dort die Armee – die „Väter“ des Grundgesetzes haben sich etwas (sehr Gutes) dabei gedacht, hier eindeutige Regelungen zu beschließen!

Die Erfahrung lehrt, was von Formulierungen wie „vorübergehend“ oder „keinesfalls daunddafür nutzen“ bzw. „strenge Ausnahmen“ etc. zu halten ist, nämlich nichts – Möglichkeiten wecken Begehrlichkeiten, und was machbar ist, wird auch gemacht. Dass eine Grundgesetzänderung nach der WM wieder zurückgenommen wird ist doch wohl völlig illusorisch. Der Aufwand, für ein paar Wochen das GG zu ändern und dann wieder zurück? Sorry, aber wer soll denn so einen Blödsinn glauben? Überhaupt muss man sich das mal reintun: Wegen eines Sport- und Wirtschaftsevents wird die Verfassung eines Staates geändert? Wo sind wir denn?

Mit der Möglichkeit, die Armee gegen die eigenen, datentechnisch völlig gläsernen und seiner Persönlichkeitsrechte immer mehr beraubten, Bürger einzusetzen, muss man sich langsam fragen, ob die Furcht vor dem Dräuen eines neuen Totalitarismus wirklich nur etwas für Verschwörungsparanoiker ist. Nein, ich kann mir nicht vorstellen, dass das jemand ernsthaft will. Aber, verflixt, warum tun sie es denn dann trotzdem?

Ich wiederhole mich, glaube ich, wenn ich feststellen muss, dass ich der 30-er Jahre Generation langsam glaube, wenn sie erzählen, dass sie nicht „gewusst“ haben, wohin da damals die Reise ging, bis es plötzlich zu spät war. Es scheint tatsächlich so, dass das hintendieren zu totalitären Strukturen weitgehend unbemerkt von Statten geht. Das Perfide diesmal ist, dass es ebenjene Freiheitsrechte sind, die da „geschützt“ werden soll – nunja, so geht das natürlich auch: was nicht mehr da ist kann auch nicht von „Terroristen“ angegriffen werden…

Ähnliche Fragen stellt sich auch Richard Gleim im Mehrzweckbeutel, bei dem ich die Meldung fand. Ja, das ist dort, wo ich damals auch die Frosch – im – Kochtopf – Story gefunden hatte.

8 Kommentare »

  1. Nils meint dazu:,

    16. December, 2005
    @ 15:35

    Du fragst „Wo sind wir denn?“ – Ich antworte: In Deutschland. Da kann sowas schon einmal passieren. :-) Ich stimme Dir zu, dass es äußerst illusorisch ist, zu glauben, dass man temporär mal das GG ändert. Würde es geschehen, dann hieße es mit hoher Wahrscheinlichkeit nach der WM „Wieso? Lief doch alles gut. Hat nicht geschadet. Wird auch weiterhin nicht schaden. Wir lassen das!“ – Wäre ja auch wieder ein vieeeel zu großer Aufwand, das Gesetz rückgängig zu machen. Also lassen wir das mal so, wie es ist – Falsch gedacht liebe Politiker!

    Bin mal gespannt, wie es die Medien aufnehmen. Oder ob die schon alle fröhlich eingenordet sind…

  2. Schwerdtfegers Weblog meint dazu:,

    16. December, 2005
    @ 17:24

    Staatssicherheit und Ordnung!

    Dass unser gegenwärtiger Innenminister, Wolfgang Schäuble, am Körper behindert ist, das ist kaum zu übersehen, wenn man hinschaut. Allerdings scheint er in letzter Zeit auch geistig nicht mehr so ganz gegenwärtig zu sein. Das teilt sich überdeut…

  3. Dr. Dean meint dazu:,

    16. December, 2005
    @ 20:47

    Innenpolitiker verhalten sich in dieser Beziehung m.E. ->irgendwie wie Junkies. Mit immer höheren Dosen wollen sie sich als entschlossene Kämpfer gegen Verbrechen, Terror bzw. „das Böse“ präsentieren.

  4. rollinger meint dazu:,

    21. December, 2005
    @ 16:06

    Der Schäuble mit seiner bösen Fischfresse kotzt mich an. Das ärgert ihn jetzt, daß Fr. Osthoff schon frei ist und lebt. Hätte er gerne noch ein paar Sicherheitsmechanismen eingebaut in unseren Staat.

    PS: Danke nochmals für den Tipp bei den Frames, hab was hinbekommen, was gewünscht wird.
    ich meld mich nochmal deswegen

  5. Sven meint dazu:,

    21. December, 2005
    @ 17:25

    Das ärgert nicht nur ihn, wie’s scheint, wenn ich mir da die Medien so anschaue, denen „ihre“ Top-Tränenstory dieser Weihnachtssaison flöten geht. Vor allem, wenn die Frau es jetzt richtig macht und denen grad erst Recht nochmal die kalte Schulter zeigt. Ich kotz‘ schon, drüben im Gjallarhorn schlagen im Moment 10 Googletreffer die Stunde(!) auf mit „Osthoff selber schuld“ und ähnlichem, da hat die Stimmungsmache der boulevardesken Medien also prima gewirkt und ist -> auf stammtischtrunkene Kleinhirne getroffen, die das gerne annahmen – ist doch so rum viel besser – Einen zu haben, -> der „Schuld“ ist mag der Mob und dass sich Opfer schnell mal in der Position des Täters wiederfinden ist ja für bestimmte Boulevardmedien schon Normalzustand, vor allem, wenn das Opfer eine Frau ist.

    Von einem Innenminister würde ich mir da lieber mal Sicherheit wünschen z.B. -> vor solchen Zeitungen wie BILD und deren Pseudojournalismus. Man muss ja wirklich Angst haben, in einen Unfall o.ä. verwickelt zu sein (wofür die Wahrscheinlichkeit wohl weit größer ist als in einen Terroranschlag zu geraten) und als Person, am besten noch mitsamt Familie etc. pp., von diesen Arschlöchern medial verwurstet zu werden. Was ich schon gehört habe, wie da BLÖD-„Reporter“ auch bei nicht-Promis Druck machen, um Tränen, Fotos etc. zu bekommen ist wirklich nur noch kriminell. -> hier könnte der Herr Innenminister mal die Bürger schützen

  6. rollinger meint dazu:,

    22. December, 2005
    @ 14:20

    WÜrden Sie mir glauben, wenn ich Ihnen sage, daß unsere Familie mal fast wegen der Blös Zeitung zerbrach?!
    Und heute lesen die das Blatt trotzdem noch.
    Wer ist eigentlich blöder?

  7. Sven meint dazu:,

    22. December, 2005
    @ 15:13

    Glaub‘ ich unbesehen. Und auch, dass es Leute gibt, die daraus keine Konsequenzen zu ziehen im Stande sind – sonst würde es dieses Drecksblatt und ähnliches Geschmeiß nicht (mehr) geben.

    Übrigens: das „Sie“ irritiert mich ein bisschen, gebe ich zu, ich fühl‘ mich dann so alt (mein Kreuz ist taub, meine Ohren sind blind, meine Augen sind alt und gebeugt) – mich kann man ganz prima duzen :-D

  8. MeOnly Weblog – Gespinst einer Netzbewohnerin meint dazu:,

    5. January, 2006
    @ 08:54

    Horror vs. Terror

    Zugegeben, mir kräuseln sich in letzter Zeit immer öfter die Nackenhaare, wenn ich das aktuelle Tagesgeschehen in Deutschland verfolge. Den Medienberichten zufolge, habe ich derzeit die „Wahl“ zwischen zwei potentiellen Gefahrenquellen: Ein…