Das Selbstverständnis des Staates in den ich hineingeboren wurde, das man mir damals im Gemeinschaftskundeunterricht vermittelte, und das mit „dem Grundgesetz“ bzw. dessen „Geist“ begründet wurde, hat offensichtlich nichts mehr mit dem Selbstverständnis zu tun, wie es heute von Ämtern und Politikern vielerlei Coleur (inklusive Parteien, die „Sozial“ oder „Christlich“, wahrscheinlich aus reiner Tradition, weils bei Gründung halt mal wer da reingeschrieben hat, in ihrem Namen führen) postuliert wird, zu tun.
Ich kann mich aber nicht erinnern, dass seit meiner Schulzeit das Grundgesetz so radikal geändert worden wäre, dass da jetzt quasi das Gegenteil drin stünde wie noch vor 25 Jahren. Wurde das Grundgesetz also inzwischen exorziert, so dass ihm dieser „Geist“ ausgetrieben wurde? Dann wirds höchste Zeit, ihn wieder hinein zu treiben!
[…]Wer ein Opfer der Sanktionen wird, muss damit rechnen, seinen Lebensunterhalt in der sanktionierten Zeitspanne nicht aufbringen zu können. Rechnungen können nicht bezahlt, Nahrungsmittel nicht gekauft werden – im Extremfall droht Obdachlosigkeit, da auch das Wohngeld einbehalten wird. Krankenversichert sind diese Sanktionsopfer dann auch nicht mehr, im Falle eines Unfalls droht so die Überschuldung. Natürlich ist jeder für sich selbst verantwortlich und niemand ist gezwungen, den Anweisungen der Ämter keine Folge zu leisten. Dies hat allerdings zur Folge, dass wir nicht mehr in einem Sozialstaat leben, der das Existenzminimum seiner Bürger „gewährleistet“, sondern in einem Sanktionsstaat, der aufmüpfige Mitbürger der Obdachlosigkeit und dem Hunger preisgibt. Dies alles sind Fragen des Selbstverständnisses des Staates und der Gesellschaft, Fragen der Gerechtigkeit und der Solidarität […]
Lesen auf den Nachdenkseiten: „Die Würde des Menschen ist antastbar“