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Social und A-Social Media

Nachdem über teils Jahre die meisten sogenannten „Social Media“-Plattformen für mich mehr oder weniger unbenutzbar geworden sind – in dem Sinne, dass ich feststellen musste, dass sie mir immer weniger „bringen“, was sich darin bemerkbar machte, dass ich die Accounts bei Facebook, Twitter, Instagram usw. immer weniger nutzte, aber andererseits schon gern irgendwie Kontakt zur „Außenwelt“ hätte, rein wie raus, wie auch den Kontakt zu bestimmten Menschen (sowohl welche, die ich wirklich persönlich kenne als auch zu welchen, die ich über die letzten 25 Jahre über dieses „Internet“ kennen und schätzen gelernt habe) nicht verlieren bzw. teils sogar wiederherstellen möchte, habe ich meine Social Media Aktivitäten vor einiger Zeit auf Mastodon umgelagert. Stück für Stück.

Warum? Nun, Was das Problem mit Twitter ist (das schon vor der Übernahme von Herrn Musk eine toxische Hölle war, aber mit dem richtigen Werkzeug, bei mir Tweetdeck, noch halbwegs handlebar, weil ich nicht die native Twitter-Page nutzte, deren Algorithmus ähnlich nervig versuchte, mir möglichst viel Kontroverse und „Aufreger“-Themen reinzuwürgen und die Impulskontrolle der User zu unterminieren, wie es der Facebook Algorithmus ebenfalls tut) dürfte hinlänglich bekannt sein, ich gebe dem Ding noch ein paar Wochen bevor es komplett zu einem rechten Netzwerk á la „Truth Social“ oder ähnlichem umgebaut worden ist.

Aber ich habe halt auch festgestellt, dass ich seit Monaten schon fast nichts mehr auf Facebook mache – dort ist es schon seit inzwischen Jahren völlig absurd, dass ich mit 900 Kontakten dort immer nur Aktivitäten der max. 30 selben Menschen in der Timeline angezeigt bekomme, und von denen auch nur einen Bruchteil und auch auf meine eigenen nur immer die selben 30 Leute reagieren, was mir sagt, dass alle anderen meinen Kram gar nicht zu sehen bekommen. Ever. Und wenn ich es wage, einen Link „raus“ zu posten, rutscht es auf 15 runter. Wenns eine FB-Page (z.B. die meiner Band) ist: 10 max. Und ein Youtube-Video? Keine 3 Leute.

Dafür zeigt mir der Algorithmus jeden Impulssteuerungs-Fail meiner Kontakte auf den üblichen Rattenfänger-Seiten, von harmlosem es gäbe keine Stadt, die mit A anfängt und aufhöre, bis zu Hetz-Seiten, in der Hoffnung, mich ebenfalls in emotionalisierte Spontanreaktionen zu drängen. Das nächste Drittel des Feeds besteht aus „Empfehlungen“ ähnlicher Art, Artikel und Posts, die „Aufmerksamkeit“ haben, weil sich die Kommentator*innen darunter an die Gurgel gehen, denn das ist was echte „Relevanz“ dort ausmacht. Das dritte Drittel sind „gesponsorte“ Postings. Wo meine Page-Postings auftauchen könnten, wenn ich dafür bezahlen würde. Schöne Seite, die du da hats, wäre doch ein Jammer, wenn niemand jemals was davon zu sehen bekäme…

Raus aus der Algo-Hölle

Ich hatte vor Jahren mal auf Mastodon geschaut, mein Account von damals war allerdings nicht mehr auffindbar, wahrscheinlich hatte ich den auf einer Instanz eröffnet, die es nicht mehr gibt. Egal, neuer Account, neues Glück. Und irgendwie komm‘ ich diesmal ganz gut klar, dort. Ich weiß noch, damalsTM hab ich irgendwie die Kurve da nicht gekriegt, es blieb öd und leer und ich hab das mit den Instanzen und so einfach nicht geschnallt. Wahrscheinlich lags auch daran, dass ich einfach zu wenige „meiner Leute“ dort fand. Das hat sich zum Glück ja in den letzten Monaten deutlich geändert.

Und so fand ich mich in diesem „Fediverse“ überraschend schnell und gut zurecht, auch weil es ein bisschen „wie früher“ zu funktionieren scheint, weil es dort keinen Algo-getriebenen Feed gibt sondern nur den „Real Time“. Der schnell leer und langweilig erscheinen kann, wenn man (zu) wenigen Menschen folgt, aber das kann man ja ändern.

Tipp, übrigens, für Twitter-Exilanten, die Angst vor einer zu leeren Timeline haben: https://fedifinder.glitch.me/ sucht die Accounts der Twitter-Kontakte, sofern diese einen Mastodon-Account haben. Man vergibt den Zugriff auf das Twitter-Konto nur für die Dauer der Suche, nur falls jemand misstrauisch ist.

Instagram dann noch, das ich auch mal toll fand, weil ich ja gern Fotos mache und gucke, hat auch für mich komplett jeden Reiz verloren, weils da halt auch schon lange nicht mehr um schöne Fotos geht, und seit sie dort versuchen, TikTok zu kopieren ists noch uninteressanter geworden.

Und so habe ich mir inzwischen sogar mehrere Accounts angelegt, zwei auf Mastodon Servern und einen auf einem Pixelfed-Server, für meine Fotos. Und ich schließe nicht aus, dass ich eventuell irgendwann noch ein oder zwei weitere anlege, für Special Interests. Was witzig ist, weil ich genau das eigentlich nie dachte tun zu wollen, weil mich immer etwas genervt hatte, Aufmerksamkeit auf mehrere Kanäle gleichzeitig aufwenden zu müssen (eben z.B. Twitter, FB, Instagram, weshalb viele „Nebenkanäle“ über die Zeit relativ schnell zu Brachen wurden, sofern diese Plattformen überhaupt noch existieren – Path, Google+, EyeEM und wie sie alle heißen und hießen).

Multichannel ist nicht gleich Multichannel

Aber mir fiel dann auf, dass das ein Unterschied war: diese Nebenkanäle fielen weg, weil sie bereits „bedientes“ nochmal bedienten, EyeEM und Instagram war ja mehr oder weniger „das selbe“ und so weiter, aber jedes war eine andere Umgebung. Mit verschiedenen Fediverse-Accounts ist das Environment das selbe, aber ich nutze sie für verschiedene Bedürfnisse.

Mein „Hauptkanal“ @svenscholz@mastodon.social ist der Kanal, der mir den Social Media Aspekt „Ich krieg von allem etwas mit, News, Trends, was Menschen bewegt und tun“ bedient und wo ich meine „öffentliche Persönlichkeit“ auslebe, die anderen erzählt, was sie grade sieht, mitbekommt, bewegt etc., also im Prinzip das, wofür ich bislang hauptsächlich Facebook genutzt habe, und ein bisschen auch Twitter (wo ich deutlich weniger aktiv war sondern eher nur mitgelesen, weil Dank Tweetdeck es dort noch möglich war, eine halbwegs von mir steuerbare Timeline zu haben).

Dann hab ich mir mit @hellblazer@silversword.online letztens auf einer sehr kleinen aber feinen Instanz einen „Gaming-Account“ angelegt, auf dem ich ohne alle anderen zu nerven über Games abnerden kann, Screenshots posten, mich über Computerspiele austauschen usw.. Ich spiele ja gern „Ballerspiele“ und dort irritiere ich nicht Menschen, die mit Gaming nix am Hut haben, wenn ich ein Video mit meinen besten Headshots poste oder ähnliches… 😉

Das Fediverse ist aber nicht nur Mastodon, und so habe ich mir auf einem Pixelfed-Server einen Foto-Account angelegt – mal sehen, ob/wann das meinen Instagramm-Account komplett ersetzen wird.

Zur Frage der „Usability“ – ich nutze auf dem Smartphone „Tusky“ [edit: ich bin jetzt auf „Fedilab“ umgestiegen, kost einmalig 2 Euro ungrad und kann mehr, z.B. unterstützt es das Editieren von Postings und ich habe das Gefühl, es kommt auch besser mit Nicht-Mastodon-Accounts wie Pixelfed o.ä. zurecht], weil man damit schnell und einfach zwischen Accounts umschalten kann und auf dem PC die Chrome App für den Hauptkanal, der Rest hat einfach Quicklinks im Browser – ich bin selber überrascht, wie easy und unanstrengend es ist, diese drei Kanäle zu bespielen, wahrscheinlich, weils schlicht die selbe Umgebung ist anstatt für jeden was eigenes. Keine Ahnung ob’s da bessere Tools gibt und erst recht keine, was Apple-User nutzen (könne), Tipps gern in die Kommentare. Toll wäre noch eine Browser-App für Desktop, in der man auch wie auf dem Smartphone einfach die Accounts umschalten könnte. Falls es sowas gibt und ich weiß es nur noch nicht, auch gern Bescheid.

Ja, ich will…

Die erste Hürde, die viele abschreckt (alles danach ist einfach Gewohnheit bzw. Gewohnheitsumstellung, das geht super schnell) ist dieser nerdy Tech-Talk über „Instanzen“ bzw. dass man „sich eine aussuchen“ solle/müsse. Davon darf man sich nicht abschrecken lassen, und es ist auch weit weniger kompliziert als es sich zuerst anhört.

Ich hab den Punkt aus Versehen übersprungen, weil ich nach „Mastodon“ googelte und der erste Treffer bot mir an, mich zu registrieren. Das hat dazu geführt, dass ich auf „die große Instanz“ geriet, die Vor- und Nachteile hat. Vorteil von großen Instanzen ist, dass sie nicht, wie viele sehr kleine, von Einzelpersonen aufgesetzt und betreut werden und nicht Gefahr laufen, bei Überlastung der Person zu verschwinden.

Der Nachteil ist, dass der interessante Part von vor allem regionale(re)n oder mehr Themenfokussierten Instanzen komplett für die Füße ist, nämlich, die „lokale Timeline“, also der real time Stream aller Postings der Menschen auf dieser (und nur dieser) Instanz. Was wenig sinnvolle Dinge enthält, wenn Leute aus aller Welt dort alles über alles posten. Mir ists im Moment noch wurscht, weil das ja mein „Hauptkanal“ ist, den ich dort habe und da kuratiere ich meine eigene Timeline durch möglichst diverses Folgen von Leuten, die Zeug posten, das mich zu großen Teilen tatsächlich auch interessiert, aber eben auch: alles mögliche, das mich interessiert. Ich brauche diese lokale Timeline dafür schlicht eh nicht.

Ich rate aber Menschen, speziell denen, die jetzt nicht schon über die Jahre oder Jahrzehnte im Netz Menschen kennengelernt haben und deshalb mehr oder weniger sofort eine gut gefüllte Follow-Liste aufbauen können, nicht unbedingt einen dieser Hand voll supergroßen Instanzen als Homebase zu wählen sondern sich tatsächlich vielleicht etwas regionaler zu orientieren. Auch die Sprache(n) in denen man sich wohlfühlt, können da mit rein spielen.

Leuten, die hauptsächlich auf deutsch posten, bieten sich regionale Instanzen wie @norden.social, @sueden.social und viele andere an, diese Suchmaschine für Mastodon Instanzen fand ich sehr hilfreich (derzeit hakt die manchmal, weil offenbar durch die derzeitige Twitter-Auswanderungswelle stark belastet) – einfach die Präferenzen als Filter zusammenklicken. Und immer auch mal auf die Instanz gehen (der Link ist immer nach dem Muster https://instanzname.extension) und sich die „lokale Timeline“ ansehen.

Ein Blick in die „About“ bzw „Über“-Seite (Link dahin meist links unten) ist auch hilfreich, denn dort kann man sich die Serverregeln ansehen – gute Server haben deutliche und eindeutige Regeln bezüglich Hassrede und Schwurbeleien und moderieren zu diesen Punkten auch sehr strikt, indem sie ganze Instanzen, die in diesen Themen indifferent agieren oder sowas gar erlauben oder fördern (ja, es gibt „Nazi-Instanzen) komplett blocken, aber auch Accounts entsprechender Leute auf dem eigenen Server konsequent löschen. Manche Server setzen auch Themenschwerpunkte wie z.B. Kunst, Wissenschaft, Technik o.ä.

Ich persönlich würde eine nicht zu kleine, aber auch nicht zu große thematisch nicht besonders enge Instanz (deutlich drei- oder auch vierstellige, maximal fünfstellig im unteren Bereich) für einen „Alltags“-Account empfehlen. Für Special Interests kann man auf entsprechend spezialisierten Servern dann immer noch spezialisierte Accounts eröffnen, so dass man dort eine lokale Timeline einsehen kann, die Beiträge liefert, die thematisch mehr on-topic bleiben, ohne dass man allen möglichen Menschen gleich folgen müsste.

Einfach mal machen

Aber zu lange braucht man sich mit der Serversuche auch nicht beschäftigen, sollte man nach einer Weile merken, sich doch „vergriffen“ zu haben bietet Mastodon eine sehr einfache Möglichkeit an, von einem zu einem anderen Server umzuziehen und all seine Kontakte mit zu nehmen. Niemand muss also Angst haben, dass man mit einem „Fehler“ ganz am Anfang schon seine komplette Experience verhunzt und wieder ganz von vorne anfangen muss.

Um die eigene Timeline zu kuratieren liefert Mastodon gute Werkzeuge wie Filter, Stummschaltungen von Accounts oder sogar ganzen Instanzen uvm., Accounts, denen man folgen will, die einem aber zu viel Reposten kann man so filtern, dass nur deren eigenen Posts angezeigt werden, und vieles mehr.

Weil Mastodon ein bisschen nerdig ist ist es mit der Diversität noch etwas schwierig, man begegnet überdurchschnittlich vielen weißen CIS-Männern mit all den Perks, die so ein Wiener-Fest mit sich bringt: viel Mansplaining und white nerdism. Aber durch den Twitter-Exodus ändert sich das grade.

LGBTQ+ und neurodivers ist aber – im Vergleich zu den großen Plattformen, wo es hauptsächlich Aktivist*innen-Accounts sind – durchaus gut vertreten, da sich diese Communities schon länger mit ihren persönlichen Aktivitäten aus toxischeren Umgebungen zurückgezogen hat und mit Mastodon eine sichere(re) Alternative fanden. Und sie zu großen Teilen auch mit gestaltete. Die für Social Media oft ungewohnt deutlichen Serverregeln sind ein gutes Indiz dafür, dass hier so manche gesellschaftlichen Privilegien durchaus als solche erkannt und ihnen begegnet werden. Dennoch, was Diversität von Hautfarben, Kulturen und Internationalität betrifft kann Mastodon durchaus noch etwas Zulauf gebrauchen, die Dominanz der westlichen Kultur(en) ist schon noch unübersehbar.

Wer ein WordPress-Blog nutzt kann übrigens das Blog ins Fediverse mit einbinden: mit dem Plugin „ActicvityPub“ wird ein Fediverse-Profil erstellt, über das die Blogbeiträge abgerufen werden können. Was ich hier auch getan habe und mit diesem Artikel auch gleich mal ausprobieren werde…

…um zu merken, dass mein Spielzeugprovider irgendeine lazy Einstellung hat, die verhindert, dass die Finger-Abfrage das nötige JSON-Element zurück geliefert bekommt. Techniker ist informiert, mal sehen ob sie sich drauf einlassen, da was zu ändern – bin da allerdings eher pessimistisch… 🙁