Warum ich jetzt halt doch Pazifist bin…

…und sich diese Haltung mit jedem Jahr, das ich älter ich werde, verstärkt hat.

Ich bin ja nun schon ein paar Jährchen alt. Sechzehnunddreißig werde ich dieses Jahr. In meiner Jugendzeit tobte der kalte Krieg, der, wie wir inzwischen wissen, nur durch Zufall und weil am Ende einer Befehlskette ein Mensch saß, der sein Hirn nicht abgeschaltet hatte, nicht heiß wurde. Und wer weiß, wie viele Beinahekatastrophen es noch gab, die nicht so bekannt geworden sind wie diese zwei.

Nach den vielen kleinen Stellvertreterkriegen dieser Zeit kamen dann Irakkrieg 1, Yugoslawien, Irakkrieg 2, Afghanistan und viele mehr, Israel war sowieso immer Thema, eine der größten Katastrophen und Enttäuschungen war Rabins Ermordung, die die beste und seit langer Zeit einzige Hoffnung auf Frieden seit Jahrzehnten da unten mit nur drei Kugeln für weitere Jahrzehnte zerstörte, indem man das zum Anlass nahm, das Gegenteil dessen zu tun was Rabin wollte, damit die Mörder gewinnen ließ und Rabin so doppelt verriet.

Ich war nicht immer Pazifist. Hm, stimmt nicht, ich war es eigentlich schon, aber ich hätte mich nicht immer als solcher bezeichnet.

Jedes Kind kann Empathie lernen. Und das hat nichts mit Bildung zu tun. Aber mit Menschlichkeit.

Meine Eltern sind keine „Intellektuellen“, sie haben beide „nur“ Volksschulabschluss, wie es bei der Generation der Jahrgänge um 1945 herum nicht unüblich ist (Dass man mit einem solchen Abschluss damals tatsächlich noch etwas reißen konnte, im Gegensatz zu heute, ist ein anderes Thema). Sie sind oder waren auch keine Hippies, oder sonstige „Revoluzzer“, außer, dass mein Vater in den 70gern mal längere Haare hatte (nicht so lange wie ich), aber er war ja auch Drummer in einer Band, da durfte man das. Dennoch – im Sinne „entgegen des Klischees“ – haben sie mir früh beigebracht, über Konsequenzen von Krieg und Gewalt nachzudenken. Genau genommen haben sie mich als Kind damit genervt, wenn sie mich dafür kritisierten, mit Spielzeugpistolen oder auch Düsenjägermodellen usw. zu spielen. Ich habe natürlich nicht verstanden, was sie meinen, und ich ignorierte diese Bedenken natürlich, wie ein Kind das eben ignoriert. „Da rein, dort wieder raus“.

Aber es ging nicht vollständig wieder raus, es suchte sich ein gemütliches verstecktes Plätzchen da in dem kleinen Kinderhirn, wo es einfach wartete. Als Erinnerung und als Information für später, wenn ich mal soweit sei, Zuammenhänge herzustellen und ich nicht mehr in einer reinen Spielwelt leben würde. Sondern auch in der „echten“.

Meine Eltern haben den Krieg als solchen nicht miterlebt, mein Vater war ein Jahr alt, als er endete, meine Mutter war noch nicht geboren. Aber sie haben dessen lange Zeit nachwirkenden direkten Auswirkungen erlebt, denn sie sind in einer zerstörten Welt aufgewachsen und haben diese als Normalität erlebt, um dann über Jahre zu lernen, dass das so nicht normal ist sondern besser werden kann. Sie sind Kinder der Stunde Null und des Wiederaufbaus und später dann des Wirtschaftswunders.

Wenn es eine Generation gibt, die durch eigene Erfahrung gelernt hat, wie toll das ist, in einer Welt zu leben, in der Frieden ein Dauerzustand ist und wie dieser Zustand das Leben „gut“ bzw. immer besser machen kann, je länger eine solche Zeit anhält, dann diese. Und speziell noch der Teil dieser Generation, dem meine Eltern angehörten: Flüchtlinge.

Die Familie meines Vaters floh aus Ostpreußen, Königsberg. Meine Oma mit drei Kindern, Opa war in russischer Kriegsgefangenschaft, schaffte es irgendwie, da raus zu kommen, zurück nach Königsberg, und die Familie auf den Weg zu bringen, bevor es zu spät war. Sie flohen zu Fuß. Von Ostpreußen bis Nordbayern. Kurz später gings nach Düsseldorf.

Die Familie meiner Mutter kommt ursprünglich aus dem Egerland, heute Tschechien. Und landete in einer Holzbaracke außerhalb eines Dorfes ebenso in der Rhön. Keiner dort wollte mit Flüchtlingen zu tun haben, das war quasi unterster gesellschaftlicher Bodensatz. Hatten ja nix. Also richtig gar nix.

Ich weiß nicht genau, warum Flüchtlinge, sogar Landsleute, oft von Einheimischen so schlecht behandelt wurden, vielleicht hatte es damit zu tun, dass sie den Menschen zu deutlich klar machten, dass (auch) sie Scheiße gebaut hatten und verloren haben, dass sie „Schuld“ sind, dass dies das Ergebnis ihres absoluten Versagens ist, das sie da jetzt direkt vor Augen haben.

Diese Geschichte aber ist mein Hintergrund, wenn ich mich über die Behandlung von Flüchtlingen und Asylanten heute hier und in Europa aufrege. Auch wenn ich selbst diese Behandlung nicht mehr erleben musste, meine Familie hat es erlebt, und ja, diese Familiengeschichte traumatisiert auch noch nachfolgende Generationen.

Meine Eltern, wahrscheinlich weil sie selbst nichts verloren haben sondern in den Stand Null hinein geboren wurden und damit nie ein „es war so schön, dann wurde alles zerstört“ erlebten sondern nur ein „es ist ganz furchtbar, aber mit jedem Jahr wird es etwas besser“, gehören nicht zu jenen, die ihrer verlorenen Heimat hinterhertrauerten, denn sie kannten diese ja nicht.

Natürlich heißt das nicht, dass sie gefeit wäre vor Abstumpfung und Trauma, im Gegenteil, sie wuchsen in einer Umwelt auf, die voller Scham, voller Schuldgefühle (wer weiß, wie „Schuld“ funktioniert, weiß, dass das ein großes Problem ist, denn um Schuld loszuwerden muss man sie einem anderen geben) und voller traumatisierter Menschen war. Einer solchen Umwelt fällt es schwer, ihren Kindern den Wert von Menschlichkeit, Mitgefühl und Empathie beizubringen.

Irgendwie schafften meine Eltern es dennoch, solche Werte zu erfahren und ihrerseits weiterzugeben. Kann sein, dass es zu einem großen Anteil daran lag, dass die Familie mütterlicherseits eine echte Großfamilie ist und deshalb zumindest innerhalb der Familie nicht ohne soziale Grundwerte auskam und deshalb solche behielt, entwickelte und weitergab.

Ich wuchs jedenfalls tatsächlich im Bewusstsein darüber auf, dass es da mal einen Krieg gab, der noch nicht so lange her war. „Nicht so lange“ ist natürlich relativ, 1975, also als ich 7 war, war er 30 Jahre lang her, seine direkten sicht- und spürbaren Auswirkungen allerdings höchstens 20 Jahre. Wenn ich mir heute überlege, dass „vor 20 Jahren“ aus heutiger Sicht 1994 ist und wie mich heute die 90ger prägen und wie nah mir diese sind, dann ist das keine lange Zeit. Für meine Eltern.

Was ist Zeit?

Und so, wie ich mich an den Mauerfall vor 25 Jahren wie gestern erinnere, waren die Erinnerungen an zerbombte Städte, Militär, Flüchtlinge, zurückkehrende Kriegsgefangene, Not und Zerstörung präsente Erinnerungen meiner Eltern, die sie natürlich auf die selbe Weise weitergeben wie ich meine Erinnerungen an die 80er und 90er.

Ich denke, dass man sich das ruhig mal bewusst machen muss, diese zeitlichen Dimensionen. Sie sind kleiner als man denkt. Zumindest werden sie es mit jedem Jahr, das man selbst älter wird. Denn, natürlich: als ich selbst 20 war, waren diese Dimensionen natürlich völlig unüberschaubar groß und wenig nachvollziehbar. Die Persönlichkeit, die ich heute bin, war mit 20 Jahren gerade mal höchstens 5 Jahre alt. Wenns hin kommt.

Davor war ich jedes Jahr jemand anderes, meist sogar völlig neues. Wie jedes Kind. Auch dessen sollte man sich erinnern, wenn 40 oder 50-jährige heute von höchstens 20-jährigen fordern, Dinge aus der aus unserer Sicht aktuellen Geschichte nachzuvollziehen. Das können die nicht. So wie ich das mit 20 nicht mit der für meine Eltern präsenten Geschichte konnte.

Das erste Mal, dass ich mit meinem inneren Pazifisten zu tun bekam jedenfalls war, als die Entscheidung „Bundeswehr oder Zivildienst“ anstand. Zu meiner eigenen Verwunderung stellte ich nämlich fest, dass Wehrdienst keine Option war. Und zwar kategorisch. Ich konnte mich nicht in Uniform vorstellen, auf einem Kasernenhof oder im Gelände mit einer Waffe im Schlamm robbend. Das ging nicht. Das war nicht vorstellbar. So weit weg und unerreichbar wie eine andere Galaxis.

Perspektiven

Warum mich das verwunderte? Weil ich mich durchaus für Militärtechnik interessierte, schon als kleines Kind. Flugzeuge, speziell Düsenjäger. Ich spielte ja auch schon mehrere Jahre mit Begeisterung Computerspiele. Bevorzugt sogenannte Ballerspiele. Und schon als Kind mit Spielzeugpistolen. Oder Pfeil und Bogen. Schwerter waren auch schon immer eine tolle Sache. Ich war und bin Star Wars-Fan der ersten Stunde, ich liebe Filme mit gepflegter Weltraumballerei und großen Explosionen. Und überhaupt Filme mit viel Krachbumm. Noch heute. Ästhetisch in Szene gesetzte Gewaltszenen, wie z.B. in „Matrix“ kann ich mir immer wieder anschauen. Und all sowas. Es ist also nicht so, dass es grundsätzlich das Bild von Gewalt ist, womit ich nichts zu tun haben wollte. Ich dachte damals lange nach, warum für mich ein Wehrdienst so unmissverständlich und kategorisch keinesfalls in Frage kommen konnte.

Damals kam ich zu dem Schluss, dass ich mir nicht vorschreiben lassen wollte, wer mein Feind zu sein hat. Dass jemand kommen könnte und sagt „Du kennst den zwar nicht, aber töte ihn, denn er ist unser Feind“ drehte mir den Magen um. Ich schrieb genau das in meine Verweigerung. Und natürlich, dass ich in einer pazifistisch denkenden Familie aufwuchs und entsprechende Werte hatte, die ich nicht aufzugeben gedächte.

Mein Vater ist auch Wehrdienstverweigerer. Er musste zu seiner Zeit noch das volle Programm durchziehen, Gewissensprüfung in mehreren Gerichtsverhandlungen, inklusive den perfiden „Was würden Sie tun, wenn ein russischer Soldat Ihre Frau vergewaltigt und Sie könnten das verhindern, weil Sie eine Waffe in der Hand haben“-Fragen und alles. Er hat es geschafft.

Ich musste zu meiner Zeit nur noch einen zwei Seiten langen Brief schreiben. Und konnte darin sogar ein wenig Ambivalenz zeigen. Was vielleicht auch daran lag, dass das Gesundheits- und Sozialsystem Anfang der 90ger fest mit Zivildienstleistenden kalkulierte. Eine individuelle Schwerbehindertenbetreuung (was ich dann machte) kam ebensowenig ohne Zivis aus wie jedes Krankenhaus. Genügend Zivis zu haben war nicht weniger wichtig als genügend Soldaten zu haben. Vielleicht sogar wichtiger, denke ich.

Heute weiß ich, dass meine Rückschlüsse damals zwar richtig waren, aber lange nicht alles. Bzw. nicht eine Ursache, sondern eine Folge von ganz anderen Dingen. Vor allem eine Folge der Erziehung meiner Eltern. Die haben mir nie verboten, Krieg zu spielen. Sie kauften mir als Kind Spielzeugpistolen und Munition zu Fasching, sie ließen mich Düsenjäger malen und Kampfszenen, mich draußen mit Stöcken rumfuchteln, sie ließen mich Filme schauen, Comics lesen, Computer spielen.

Aber sie zeigten jeweils und immer Missbilligung. Sie fragten mich stets, ob ich mir im Klaren sei, was das, was ich da spielte, was mich faszinierte, was mich interessierte, bedeutete, wenn es „echt“ wäre. Eine echte Pistole. Die Menschen wirklich verletzt oder tötet. Sie machten mich immer drauf aufmerksam, dass eine Explosion im Film in der Wirklichkeit Tote, Verletzte und Zerstörung bedeuten würde. Und immer auch Unschuldige träfe. Und es auch immer in Frage zu stellen sei, ob die jeweiligen Gegner wirklich alle so eindeutig „böse“ seien, wie es der Film vorgab. Denn in der Wirklichkeit wären die auch mal Kinder wie ich gewesen. Mit Eltern. Und vielleicht mit eigenen Kindern.

Meine Eltern taten das nicht massiv. Sondern in einer subtilen Stetigkeit, die das zu einer Selbstverständlichkeit machte. Manchmal reichte sogar nur ein Blick oder ein Verdrehen der Augen. Es waren meist auch nur Nebensätze. Kleine Bemerkungen.

Diese Selbstverständlichkeit, den Sinn von Gewalt, von Waffen, von Kampf und Krieg immer zu hinterfragen ist, denke ich heute, das, was ich meinen inneren Pazifisten nenne. Der selbstverständlich den Sinn eines Wehrdienstes hinterfragte. Und selbstverständlich zum Schluss kam, dass Militärdienst eine völlig bescheuerte Idee wäre. Weil Wehrdienst im echten Leben stattfindet. Und eben kein Spiel ist.

Denn genau das war der Effekt, den dieses Hinterfragen hatte: den Unterschied zwischen Spiel und Ernst nicht nur zu erkennen, sondern sich dieses Unterschieds jederzeit und ohne groß drüber nachdenken zu müssen bewusst zu sein. Nie ein Problem mit der Frage gehabt zu haben „Du spielst Ballerspiele, du schaust Filme, in denen das Blut spritzt und kannst darüber sogar lachen, du hast Schwerter daheim an der Wand hängen, mit denen du sogar umgehen kannst, aber du bezeichnest dich als Pazifist und bist gegen jede Form von Krieg oder auch nur Militär, das ist doch ein Widerspruch?“ – Nein. Ist es nicht. War es nie. Denn ich kann zwischen Fiktion und Realität unterscheiden.

Da ist eine Grenze, die mir so deutlich und eindeutig erkennbar ist wie eine Betonfläche neben einer Sommerwiese. Und das selbe gilt für andere „Vorstellungen“, mit denen man Realität angeblich abbildet, aber oft genug nur versteckt. Z.B. die, die durch Ideologien und Vorurteile (die letztlich ja auch nur Phantasiewelten sind, wie die, in denen ich als Kind spielte, sind) gezeichnet werden. Oder durch Medien mit ihren Zahlen und Grafiken, hinter denen Menschen und ihre Schicksale versteckt werden anstatt gezeigt.

Popkultur doing it right


Sting – Russians von zocomoro

Hilfreich war es wahrscheinlich auch, dass ich meine Jugend in den 80gern verbrachte. Und damit im letzten Jahrzehnt, bevor die BWLer und Shareholderprinzipien den Musikmarkt komplett übernahmen. Im damaligen Mainstream fanden sich noch echte politische Themen. Selbst im musikalisch oberflächlichsten Pop-Segment schlichen sich immer wieder politische oder gesellschaftliche Themen ein. Und an den Rändern des Mainstreams, wo der Avantgarde begann, gab es noch Durchlässigkeiten, von denen man heute nur noch träumen kann. Die Grenze zwischen Avantgarde und Progressivität und dem Mainstream war sehr breit, da konnten sich Dinge mischen und den Pop(ulär)-Bereich befruchten.

Und so sang Springsteen den alten Edwin Starr Song „War“ und machte einen Welthit daraus, Sting sang von den „Russians“ und hoffte, dass auch diese ihre Kinder liebten, Elton John gab mit seiner Schnulze „Nikita“ dem „Feind“ ein hübsches Gesicht (und schummelte nebenbei noch etwas für die Schwulenszene ein, denn im Gegensatz zu der hübschen Frau im Video ist „Nikita“ ein Männername) – und wohl auch nicht zufällig wählte er den Vornamen von Chrustchov, der zu der Zeit noch durchaus in Erinnerung war. Selbst im belanglospoppigsten Italo-Disko (OK, in dem Fall spanisch) sang man mit „Vamos a la playa“ von atomverseuchten Stränden.

Billy Joel sang von Clowns in Leningrad, und Paul Hardcastle arbeitete mit „19“ die Sinnlosigkeit des Sterbens im Vietnamkriegs elektropoppig auf. U2 rockten über den „Bloody Sunday“ Nordirlands, die Simple Minds thematisierten das Thema auch, und selbst im deutschen Schlager kamen Themen vor, die in der heutigen „Bloß nichts Politisches!“-Agenda der großen Musiklabels nicht mal mehr deren als „progressiv“ gehandelten Vertragssklaven erlaubt wird. Selbst die Ikone des Mainstream-POPs Michael Jackson hatte Gesellschaftskritik und Politik im Programm. Und im deutschen Mainstream-Popbereich flogen 99 Luftballons, die einen Krieg auslösten, weil Militärs und Kriegsminister einfach nichts anderes im Hirn hatten. Und an den Rändern des Mainstreams, manche etwas näher, manche etwas weiter draußen, fand man einen Rio Reiser, die Einstürzenden Neubauten, Nina Hagen, DAF, und viele viele mehr.

Die einzigen, die das heute noch in dieser Form ohne große Widerstände dürfen sind die, die das schon immer – meist halt tatsächlich schon in den 80gern – getan haben und bekannt und auch beliebt dafür sind. Newcomer oder gar Casting-Pseudostars werden aber ohne solche Ecken und Kanten gemacht. Soll ja allen schmecken, drum nur nicht zu stark würzen.

Es waren jedenfalls diese Songs, die überall im Radio liefen, die aus „den Russen“, „den Soldaten“, überhaupt „den Anderen“, irgendwelchen anonymen unpersönlichen Mengenbezeichnungen, Menschen machten, mit Gesicht, mit Gefühl und mit jeweils eigener, menschlicher Identität, in denen man sich plötzlich wiederfinden und spiegeln konnte. Starke Videos taten ihr Übriges dazu.

Nein, das soll jetzt nicht heißen, dass es seit den 90gern gar keine kritischen Elemente mehr in die Popkultur geschafft hätten – natürlich gab es das auch weiterhin, weil Popkultur nun mal nicht nur von Shareholdern sondern von allen Kulturteilnehmern gemacht wird und deshalb natürlich auch in den letzten 20 Jahren viele Menschen auf großartige Musik und Künstler zurückgriffen, die ihnen mehr als „Schalalala“ sagten, so wie es natürlich belanglosestes „Schalalala“ auch vor 1995 zur Genüge gab. Ich behaupte allerdings, dass das trotzdem inzwischen sehr viel stärker geworden ist. Also dass solche Dinge deutlicher trotz der Gatekeeper der Unterhaltungsindustrie ihre Wege fanden. Und kaum mehr wegen.

Am Ende sind es immer Menschen

Meine Eltern hier, Sting und Co dort, brachten mir bei, hinter den Zahlen, Stereotypen und Klischees immer noch den Menschen zu suchen. In der Realität ist nun mal jeder andere Mensch ein echter Mensch. Wie ich. Mit Gefühlen, Schmerzen, Freude, Leid, Wut, Angst, Sehnsüchten, Wünschen, Liebe. Stärken und Schwächen. Wie ich. Jeder Mensch weiß was das ist. Wie ich. Jeder Mensch ist eine eigene, einmalige Persönlichkeit mit einer eigenen spannenden Geschichte. Wie ich. Und jeder Mensch tut verschiedenste Dinge: gute, böse, schöne, intelligente, saudumme, was auch immer – es gibt kein „gut“ und „böse“ wie im Hollywoodfilm. Echte Menschen wollen nicht „böse“ sein oder „Böses“ tun.

Ja, manche tun es dennoch. Und manche sogar mit Vorsatz. Aus Trotz, Eitelkeit, Gier, aber auch Verletzung, Angst, blinder Wut, Unwissenheit, und weil sie nie gelernt haben, wie man mit Konflikten umgehen kann. Oder eben nur eine Methode gelernt haben. Weil sie glauben, ihre Gründe seien „gute“. Weil man ihnen das so beigebracht hat. Weil sie nichts anderes kennengelernt haben und deshalb keinen Vergleich haben, der ihnen Entscheidungsoptionen böte.

Nein, Gründe entheben nicht der Verantwortung für das, was man tut. Aber dennoch sind es Gründe. Gründe wahrzunehmen, ihre Existenz zu akzeptieren, ist ein wichtiger Ansatzpunkt, um Dinge zu ändern. Neue Gründe, für andere Optionen, Fertigkeiten, Möglichkeiten zu liefern. Denn Entscheidungen werden von Menschen getroffen. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten, und zwar der Möglichkeiten, die sie sehen.

Glaubenssätze machen blind

„Alternativlosigkeit“ ist der schlimmste Zustand, der Menschen vermittelt werden kann. Es gibt kaum etwas verantwortungsloseres als solche Bilder zu verbreiten. Es ist einer der destruktivsten und schädlichsten Glaubenssätze, den man Menschen, speziell in der Prägungszeit von Kindern und Jugendlichen, antun kann. Es ist der Glaubenssatz, der andere Optionen am sichersten zu verhindern weiß. Wo Alternativlosigkeit herrscht gibt es kein „Es gibt immer einen Weg“ mehr. Oder „Großartiges ist möglich, wenn man es nur tut“. Oder auch nur ein „Du zählst etwas“.

Überhaupt sind es wohl Glaubenssätze, auf die wir schon früh, meist in der Kindheit, geprägt wurden, die einem friedlichen Zusammenleben oft im Weg stehen. Israelis und Palästinenser (gern fälschlich als „Juden und Moslems“ vergröbert) seien eben „Feinde“, das ist halt so und das sei so komplex und verworren, das das inzwischen ja irgendwie unlösbar sei. Ja, das waren Deutsche und Franzosen bis vor nicht mal 70 Jahren auch noch.

Das zwischen Deutschen und Franzosen wurde gar als „Erbfeindschaft“ bezeichnet. Weit über 100 Jahre lang. Vor noch 70 Jahren hätte man mich für verrückt oder einen unverbesserlich naiven Romantiker (oder „Gutmenschen“) gehalten, hätte ich damals jemandem erzählen können, was von dieser als quasi „natürlich“ vorgegebenen „Erbfeindschaft“ geblieben ist, heutzutage. Und wie schnell das ging, diesen Zustand zu erreichen, als man sich endlich mal entschlossen hatte, diese selbstverständliche Feindschaft sein lassen zu wollen.

Es ist eine Tragödie, dass Menschen offenbar bis heute glauben, erst einmal die Option „Gewalt“ teils bis zu einem absoluten Fanal durchspielen zu müssen, bevor sie bemerken, dass es nicht funktioniert. Und erst katastrophal menschlich scheitern müssen, bevor sie sich zu einer menschlichen Entscheidung durchringen. Denn wenn sie das dann endlich einmal tun, zeigt sich, dass es sehr schnell sehr viel besser werden kann. Und Menschen durchaus auch immer das Potential in sich tragen, sehr großartige Dinge zu tun.

Fucking for virginity

„Krieg als letzte Option, wenn alles andere scheitert“ – so ein Quatsch! Kriegerische Mittel waren und sind bis heute eine der ersten Optionen, die gewählt wurden und werden. Und wenn sogar ein deutscher Bundespräsident sich heute hinstellt und wieder nach „Engagement im Ausland“ ruft und damit das Militär meint, also Menschen, deren Gerät und Ausbildung explizit auf das Töten anderer Menschen ausgerichtet ist, dann spreche ich diesem Bundespräsidenten ab, irgendetwas von dem verstanden zu haben, was von berühmten humanistischen Denkern bis hin zu kleinsten Popsternchen erkannt und vermittelt wurde. Und, natürlich, spreche ich ihm ab, in meinem Namen zu sprechen.

Was fällt dem Mann ein? Und was fällt den Politikern ein, die junge Menschen in den Krieg schicken, um andere Menschen zu töten und um selbst getötet zu werden? „Heldentot“? „Fürs Vaterland“? Am Arsch, schickt eure eigenen Kinder oder geht am besten selber, wenn ihr glaubt, dass das Töten anderer Menschen irgendeine Lösung für einen Konflikt wäre! Krieg ist nicht einmal eine letzte Option, denn wie um alles in der Welt soll das Töten von Menschen eine Option sein, die Dinge besser, schöner, lebenswerter machen soll? Krieg ist keine Option dafür. War es nie.

Jaja, der zweite Weltkrieg, Hitler und so, die Nazis. Ja, ich bin froh, dass sich hier Menschen aus allen möglichen Ländern zusammen taten und den deutschen Wahnsinn gestoppt haben, unter Einsatz und Verlust unglaublich vieler kostbarer Leben. Aber warum war das denn überhaupt erst nötig? Warum war ein Hitler überhaupt möglich? Also, hier, in Deutschland? „Das ist komplex“. Ja, ist es. Aber nicht so komplex, dass mans nicht trotzdem kapieren könnte. Die Geschichte des beginnenden 20. Jahrhunderts ist kein Buch mit sieben Siegeln.

Nationalismus, Egoismen und Männer mit neuem Kriegsgerät, das sie unbedingt ausprobieren wollten. Der erste Weltkrieg war ein Krieg, in dem sich Millionen Menschen gegenseitig töteten, weil eine Hand voll Mitglieder einer über ganz Europa verteilten Familie glaubten, kindische Familienstreitigkeiten auf dem Rücken vieler anderer Menschen austragen zu müssen – bzw. von diesen austragen zu lassen – die nichts damit zu tun hatten, dass die Cousins Nikolaus und Wilhelm sich wie Kleinkinder um das Sandkastenschäufelchen streiten wollten. Vergessen die Zeit, als sie als Kinder bei ihrer Oma Victoria zusammen die Ferien verbrachten. Aber offenbar auch nie über Kindergartenlogik hinausgekommen. Andere Menschen waren für diese Leute offenbar genauso nur Spielzeug wie ihre Schiffe und Fahrzeuge. Zum hin und herschieben und gegenseitigem kaputt machen.

Dazu noch ein gerüttelt Maß an sozialer Ungerechtigkeit, der zu all diesen hässlichen Dingen führt wie Sündenbock-Schuldzuweisungen, Vorurteilen, Radikalisierungen usw. – es gibt inzwischen ja genug soziologische Studien, die eindeutig belegen, was soziales Ungleichgewicht mit einer Gesellschaft macht. Bis heute. Und man muss nicht studiert haben, um das überall auf der Welt inklusive vor der eigenen Tür erkennen und begreifen zu können.

Genau genommen sehe ich da wenig Unterschied zu heute. Ähnlich wie die kleinen Kaiser- und Zarengören schieben heute Politiker und sogar Bundespräsidenten Menschen, die sie nicht kennen, wie Spielfiguren hin und her, mit dem alleinigen Zweck, andere Menschen, die sie ebenfalls nicht kennen, zu töten. Deren Mensch-sein zur Unkenntlichkeit zu unpersönlichen Zahlen und Begrifflichkeiten versachlicht, so dass ihnen das möglichst wenig bewusst ist, was sie da in Wirklichkeit tun: echte Menschen töten, für ihren persönlichen, meist gar virtuellen Vorteil, ihr Bankkonto, ihren Status, ihre vermeintliche oder echte Macht, ihre Gier, ihre Rachegelüste, ihren Hass oder ihre Ängste. Oder eine Kombination derselben.

Egal was es ist, es hat nichts mit den jeweiligen Menschen zu tun, die am Ende verletzt, verstümmelt oder getötet werden. Es sterben Menschen, weil irgendwo anders irgendwelche anderen Menschen den Bezug zu direkten und indirekten Folgen ihrer Entscheidungen verloren haben. Oder Wege gefunden, diesen Bezug irgendwie vor sich selbst zu verstecken.

Inklusive Krokodilstränen über „leider unvermeidliche“ (der kleine Bruder von „Alternativlos“) zivile Kollateralschäden, Eltern, Kinder, versteckt hinter angeblichen Alternativlosigkeiten und verbrämt mit zur Schau getragenem Widerwillen, da man ja „gezwungen sei, etwas zu tun“ oder perverserweise gar verschleiert hinter angeblich „humanitären“ Gründen. Bedauerliche Opfer, die aber „nicht sinnlos gestorben“ seien, denn es gehe ja um – ja was denn eigentlich? Dass weniger Menschen sterben? Wie soll das gehen, wenn man sie erst mal umbringt? Dieser Zynismus, der nur dazu dient, alle Empathie abzutöten, ist mir so zuwider.

Frieden – ein Zustand, für den man sich entscheiden muss

Frieden passiert nicht. So wie ein Krieg nicht „ausbricht“. Frieden zu haben ist eine Entscheidung mit Konsequenzen, ebenso wie Krieg. Und wenn man sich einmal klar macht, welche Parameter diese Entscheidung hat und braucht, und welche Konsequenzen die eine wie die andere Entscheidung haben würde, dann ist das auch plötzlich nicht mehr so schwierig und kompliziert. Deshalb braucht es ja den Trick über Glaubenssätze und „Alternativlosigkeit“, den „Zwang von außen“, das „keine Wahl lassen“, den „schuldigen anderen“. Denn all diese Dinge sind dazu da, diese Entscheidung zu verschleiern. Vor anderen, aber auch vor sich selbst.

Denn – natürlich – niemand will Krieg. Alle wollen Frieden. Dafür allerdings, dass das eigentlich so ist, gibt’s ja dann doch überraschend viele Kriege auf der Welt, und dass wir hier in Westeuropa seit 70 Jahren fast keinen mehr hatten (im Vergleich zu den 100 Jahren davor. Oder 200. Oder 1000.) ist ja eher dem Umstand zu verdanken, dass die Kriegerische Zeit hier mit erstem und zweiten Weltkrieg so exzessiv bis zum bitteren Ende durchgezogen wurde, dass wirklich der letzte Hinterwälder kapiert hat: nein, irgendwie ist der Verlauf und erst Recht das Ergebnis eines Krieges einfach nicht das, was man sich unter einer „schönen Welt“ vorstellt, egal wie sehr man sich anstrengt damit, Dinge zu zerstören und Menschen jeglichen Alters und Geschlechts zu verstümmeln und zu töten – es wird einfach nicht schön und lebenswert damit. Es macht einfach ums Verrecken keinen Spaß und bringt auch aus irgendeinem Grund einfach keine Freude. Seltsam.

Ironie beiseite – ich will Frieden, du willst Frieden, alle wollen Frieden.

Dann lasst ihn uns doch machen und halten. Den Frieden. Es ist eigentlich ganz einfach. Vor der Entscheidung zwischen „Jemanden töten“ oder „Niemanden töten“ sich bewusst machen, wer denn „Jemand“ in Wirklichkeit ist: Mütter, Väter, Kinder. Die lachen, spielen, Spaß und Freude haben möchten. Mit denen man grillen könnte. Oder als Kind hätte spielen können. Mit denen ich einen schönen Abend haben könnte, die mir interessante Sachen zeigen könnten, Geschichten erzählen könnten, mich zum Lachen bringen könnten. Die nicht anders sind als ich es bin. Die ich selber bin. Und dann entscheiden.

Ich muss niemanden töten, um ein erfülltes Leben zu haben, um Freude und Liebe zu erfahren und zu geben. Niemand muss das. Warum also lassen wir’s nicht einfach, dieses andere Leute umbringen? Es ist eigentlich doch eine ganz einfache Entscheidung.

Treffen wir sie doch.


21 Gedanken zu „Warum ich jetzt halt doch Pazifist bin…

  1. Habe nur die Kurzfassung wirklich gelesen. Aber es stimmt eben doch alles. Als anerkannter Kriegsdienstverweigerer kann ich das alles nur unterstreichen. Aber es ist schon traurig, mitzuerleben, wie sich die Gesellschaft immer mehr militarisiert. Pazifismus ist anscheinend ziemlich uncool geworden.

      1. Es sind ja nicht mal die Jungen. Es sind die Älteren und Gleichalten, die schon wieder gerne Bomben werfen wollen. Mir glaubt eh kein niemand mehr. Karan kennt das – und du auch – die Welt wird immer mehr mit Alternativlosigkeiten erklärt. Ob das Medienpolitik betrifft, Rente oder Krieg in Überall. Das ist immer alternativlos. Und wer da nicht eingreift, dem wirft man vor, Hilfe zu unterlassen. Immer das Gleiche. Aber heute mehr als vor 20 Jahren. Ach, ich weiß nicht mehr weiter.

        1. Die älteren (und das ist nicht unbedingt zwingend ein echtes Alter, wenn ich so manche frühvergreiste 30-er CDU-Milchbubis sehe) kannste den Hasen geben. Wenn die Jungen sehen, dass es Alternativen gibt – und wenn nur, weil sie da sind und sie sie sehen können – dann können die Alten „Krieg“ brüllen soviel sie wollen. Geht nämlich keiner hin. Müssen’se selber gehn. Die brauchen doch die Jungen zum verheizen. Ohne die sehn’se alt aus 😉

  2. Heute konnte ich einem noch ziemlich jungen Mann erfolgreich ausreden, zur Bundeswehr zu gehen. Hätte ich dies vorher gelesen, hätte ich dafür wahrscheinlich die halbe Zeit gebraucht. Danke! 🙂

  3. Guter, ausfühlicher, ehrlicher und interessanter Artikel, der eine eben so ausführliche Antwort verdient – die ich auf die „Schnelle“ nicht geben kann. Auch weil einige Passagen mir wirklich zu knabbern geben … was auch daran liegen mag, dass ich einige wenige Jahre älter bin als Du.
    Ein Stichwort: „Gewissens-TÜV“ bei der Verweigerung. Den gab es für meine Jahrgang noch; nicht ganz so hart und haarsträubend, wie bei den Jahrgängen zuvor, aber doch so heftig, dass ich ihn, wenn ich ehrlich und aufrichtig gewesen wären, nicht „bestanden“ hätte.
    Ich fand eine andere Möglichkeit, als jemand aus einem „geburtenstarken Jahrgang“: Ich hatte eine alten Unfallverletzung am Fuss, ich war stark kurzsichtig, zusammen reichte das für eine so schlechte Tauglichkeit, dass ich nicht „eingezogen“ wurde. Diese „Trickserei“ – die keine war, ich habe ja nichts gelogen oder vorgespielt, ich habe nur ausdrücklich auf etwas hingewiesen – bereitete mir durchaus ein schlechtes Gewissen. Zumal ich mich intensiv auf die „Gewissensprüfung“ vorbereitet hatte, denn ich war mir absolut nicht sicher, dass ich wirklich „ausgemustert“ werden würde.
    Ich weiß noch genau, was ich tat, als ich erfuhr, dass ich „aus gesundheitlichen Gründen“ vom Wehrdienst befreit sei: Ich kaufte mir ein militärhistorisches Buch über den Seekrieg im 2. Weltkrieg. Gut zwei Jahre lang hatte ich es mir nicht erlaubt, „so etwas“ (was nicht einmal kriegsverherrlichend war, genau genommen im Gegenteil) „gut“ zu finden.

    Sorry für die Seelenpisse. Es geht ja um Deinen Artikel, Deine Haltung. Die ich für gut und richtig halte.

    Mehr und ausführlicher also später.

    Noch eines: Du hast es geschafft, dass ich meinen (im Bau befindlichen) Artikel für das „Nornirs Ætt“-Portal über „Schuld – der Weg in den Abgrund“ anhand der „Kriegsschuld“-Debatte über den 1. Weltkrieg in die Tonne trete.
    Einmal, weil ich mich zu sehr ins historische Detail stürze. (Ich könnte Dir z. B. sagen, dass das hübsche Bild von Kaiser Willhelm und Zar Nickolas, die sich wie die kleinen Kinder um Sandkastenfiguren stritten, schlicht falsch ist – die beide verstanden sich vor 1914 ausgesprochen gut, und nachher erlaubten sich sich aus „Staatsraison“ nicht mehr, Freunde zu sein. Wie überhaupt die einfachen Bilder trügen, sogar das berühmte vom „Griff nach der Weltmacht“ (Fischer), der historischen Realität, der Realität dessen, was da alles ablief und schief lief, der strukturellen und systembedingten Fehlentwicklungen, die manchem nachträglich den (m. E.) falschen Eindruck vermittelten, „wir wären in den Krieg hineingeschlittert“, weil es eben, anders als in der Propaganda und im Unterhaltungsfilm, keine „echten Bösewichte“ und schon gar keine „edlern Helden“ gab. Das auch nur anzureissen, sprengt den Rahmen eines Aufsatzes, bei dem es im Kern um etwas anderes geht.

    Mehr, wie versprochen, später.

    Martin

    1. Das hübsche Bild stimmt ja schon, bis zum Punkt, dass sie es dann irgendwann „vergessen“ hätten, das ist natürlich sehr einfach ausgedrückt. Aber letztlich – aus einer ganz persönlichen Perspektive – IMO durchaus stimmig, denn hätten sie es nicht – welche Gründe oder „Sachzwänge“ dafür sie immer vorschoben, um das irgendwie zu „rationalisieren“ – hätten sie nicht ihre Spielsachen (Gerät wie Menschen) aufeinander geworfen. Sondern einen Weg gefunden. Wenn sie nur gewollt hätten. Es sind Entscheidungen, immer. Egal, wie sehr man sich davor versteckt hinter Sachzwängen, den „Umständen“ oder was auch immer.

  4. (Und ich ärgere mich tierisch über meine Schreibfehler – die ich weder als „Rechtschreibfehler“ noch als „Tippfehler“ beschönigen kann. Sie verraten, dass ich den Grundsatz: „Erst denken, dann schreiben“ wieder einmal vergessen habe. Was bei einem so wichtigen und tiefen Thema einfach nicht geht.)

    MM

    1. HAHAHA, ich glaube, ich habe bestimmt nochmals 10 mal nach der Veröffentlichung des Artikels nachkorrigiert, weil mir nach einer Korrektur wieder drei Fehler auffielen – da also nich für 😉

  5. Ein sehr langer, sehr guter Artikel. Voller positiver Perspektive. Ein Artikel, der über zeugen kann, der immer wieder betont, dass es keine Feinde, sondern nur Menschen gibt. Das es kein „böse“ gibt, sondern nur Menschen, die sich im Rahmen ihres Horizonts auch fatal falsch entscheiden können. Wenn das jedem so klar wäre, wie dem Autor, hätten wir deutlich weniger Probleme.

    Nur eine Frage bleibt noch offen: Was tun, wenn das einer hinreichend großen Menge nicht klar ist und das morden beginnt? Wie stoppt man die Spirale der Gewalt, wenn sie aus Dummheit erstmal begonnen hat sich zu drehen?
    Wie bringt man Täter und Opfer zu der Einsicht, dass Krieg keine Lösung sein kann, wenn sie nicht das Glück hatten diese Perspektive von klein auf zu lernen, wie der Autor?

  6. „Die Logik der Gewalt durchbrechen“ geht mir ständig durch den Kopf als Forderung von Friedensbewegungen weltweit. Gleichzeitig das Dilemma wie gewaltlos bleiben in einer gewalttätigen Welt bei akuten Übergriffen?

    1. Das Henne-Ei Problem: solange ich danach frage, wer angefangen habe, oder „Schuld“ ist und glaube, nur zu „reagieren“ durchbreche ich nichts sondern spiele weiter Ping Pong. Mit der Ausrede, doch nur zu reagieren, entmachte ich mich selbst und nehme mir die Möglichkeit, zu agieren und etwas ganz anderes zu tu und damit die Spielregeln, wenn sie mir nicht gefallen, zu ändern.

      Wie wäre es z.B., mal zur Abwechslung keine Familien mit Drohnenangriffen auszulöschen? Ich behaupte, der „War on Terror“ hat mehr Terroristen rekrutiert als in den Jahrzehnten zuvor. Und vielleicht sollte man auch mal aus der Vergangenheit lernen, warum es eher keine gute Idee ist, irgendwelche „Freiheitskämpfer“ (oder auch deren Unterstützer) mit Waffen auszurüsten. Die Freiheitskämpfer von gestern sind die Terroristen von heute, siehe Taliban, siehe IS (die ihre Waffen aus Quatar und Saudi Arabien bekommen, die wiederum nochmal wessen beste Kunden sind?), es fehlt dagegen an echter Entwicklungshilfe (es sind die krassen Unterschiede zwischen Arm und Reich, die auch als Ursachen gelten dürfen, und die zum großen Teil auf noch aus der Kolonialzeit stammende ungerechte Verteilungen basieren und bis heute aus vielen „dritte Welt“-Staaten nach wie vor billige Zulieferer für die ehemaligen Kolonialherren machen, inklusive Sklavenarbeit und andere Ausbeutungsmethoden. Die IS, Al Quaida und ähnliche Phänomene sind nicht das primäre Problem. Sie ist eine konkrete und zwangsläufige Folge von ganz konkreten und benennbaren Ursachen. Die sind nicht aus dem Nichts aufgetaucht.

      Wie ich oben schrieb: Es ist eine Entscheidung. Z.B. wofür ich Geld ausgebe, als Staat. Die Fantastillionen, die für Rüstung ausgegeben werden hätten schon längst ein Paradies auf Erden schaffen können.

      tl;dr: Menschen, denen es gut geht, haben keine Lust, andere Menschen umzubringen. Frieden zu schaffen bedeutet, dafür zu sorgen, dass es allen Menschen möglichst gut geht.

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