Wer sich wundert, warum die französischen Faschisten nicht (offiziell) mit deutschen Faschisten zusammenarbeiten wollen: die Résistance hat in der franz. Bevölkerung zu Recht Held*innen-Status.
Wer sich mit deutschen Nazis verbündet läuft entsprechend Gefahr, sich auf die „falsche“ Seite zu positionieren. Die AfD ist denen nicht „zu rechts“ sondern „zu Nazi“.
Die haben kein Problem mit Faschismus, sind sie ja selber. Aber sie müssen dennoch das Narrativ aufrecht erhalten keine „Nazis“ zu sein. Das ist in Frankreich besonders deutlich, eben wegen der Geschichte der Résistance vs Nazis.
Aber das Phänomen findet sich auch anderswo, in Frankreich mit seiner speziellen Geschichte mit den deutschen Nazis ist es nur sehr viel deutlicher.
Es hat einen Grund, warum viele Faschos versuchen, aus den Nationalsozialisten mit dem Argument „Die hatten „Sozialismus“ doch sogar im Namen!“ quasi „Linke“ zu machen – es geht um die Distanzierung, weil „Nazi“ für einen Großteil nicht „nur“ konservativer Menschen, aber eben auch für die, die mit autoritären Strukturen liebäugeln und Rassismen tief internalisiert haben, nach wie vor i-bäh ist.
Und um für die wählbar zu sein, können sie Rassisten sein, autoritär, antidemokratisch, nationalistisch, menschenverachtend gegen alle, die nicht cis, weiß, hetero sind usw. Sie dürfen sogar alles machen, was die Nazis auch machten und für alles stehen, wofür die Nazis stehen, aber „Nazis“ dürfen sie für diese Wähler*innengruppe dennoch (noch) nicht sein.
Entsprechend werden völlig wilde mentale Verrenkungen gemacht, um sich hier irgendwas hin zu konstruieren, damit man sich und vor allem dem Wahlvolk einreden kann, dass man irgendwie für all das steht, aber irgendwie trotzdem kein Nazi sei. „Ich bin kein Nazi, aber… [insert Nazistuff here]“ als Prinzip eben.
Wenn Bernd also offen belegte (und verbotene) SA-Nazi-Slogans verwendet und vor allem Krah mal eben überhaupt kein Problem in SS-Angehörigkeit sieht, dann ist das der Schritt zu weit für Faschos, die nicht nur von Nazis gewählt werden wollen. Speziell in Ländern, die von Nazis und gerade auch von der SS unterdrückt wurden.
Deshalb ist der aktuelle Anlass für die Le Pen-Partei vielleicht noch nicht Bernds SA Spruch. Aber Krahs „Nicht alle SS Angehörigen …“-Bemerkung war dann spätestens zu deutlich, da die Franzosen mit der SS Massaker in ihren Dörfern und Städten verbinden, das Vichy-Regime und die französischen Kollaborateure sind bis heute verhasst und werden als nationale Schande wahrgenommen.
Vor diesem Hintergrund können sich französische Nazis eine sichtbare Verbindung zu SS Sympathisanten nicht leisten, wenn sie von (Rechts)Konservativen gewählt werden wollen.
Und ja, es gehört eine Menge kognitive Dissonanz und Ignoranz dazu, ausgerechnet hier eine Trennlinie zu ziehen bzw. zu konstruieren.
Aber für Menschen, die autoritär drauf sind ist der Unterschied zwischen „Darf ich der sein, der unterdrückt“ und „Gehöre ich zu denen, die unterdrückt werden/wurden“ ein großer – die haben kein Problem mit Unterdrückung. Aber eins damit, ob sie Täter sein dürfen oder Opfer wären.
Nachdem über teils Jahre die meisten sogenannten „Social Media“-Plattformen für mich mehr oder weniger unbenutzbar geworden sind – in dem Sinne, dass ich feststellen musste, dass sie mir immer weniger „bringen“, was sich darin bemerkbar machte, dass ich die Accounts bei Facebook, Twitter, Instagram usw. immer weniger nutzte, aber andererseits schon gern irgendwie Kontakt zur „Außenwelt“ hätte, rein wie raus, wie auch den Kontakt zu bestimmten Menschen (sowohl welche, die ich wirklich persönlich kenne als auch zu welchen, die ich über die letzten 25 Jahre über dieses „Internet“ kennen und schätzen gelernt habe) nicht verlieren bzw. teils sogar wiederherstellen möchte, habe ich meine Social Media Aktivitäten vor einiger Zeit auf Mastodon umgelagert. Stück für Stück.
Warum? Nun, Was das Problem mit Twitter ist (das schon vor der Übernahme von Herrn Musk eine toxische Hölle war, aber mit dem richtigen Werkzeug, bei mir Tweetdeck, noch halbwegs handlebar, weil ich nicht die native Twitter-Page nutzte, deren Algorithmus ähnlich nervig versuchte, mir möglichst viel Kontroverse und „Aufreger“-Themen reinzuwürgen und die Impulskontrolle der User zu unterminieren, wie es der Facebook Algorithmus ebenfalls tut) dürfte hinlänglich bekannt sein, ich gebe dem Ding noch ein paar Wochen bevor es komplett zu einem rechten Netzwerk á la „Truth Social“ oder ähnlichem umgebaut worden ist.
Aber ich habe halt auch festgestellt, dass ich seit Monaten schon fast nichts mehr auf Facebook mache – dort ist es schon seit inzwischen Jahren völlig absurd, dass ich mit 900 Kontakten dort immer nur Aktivitäten der max. 30 selben Menschen in der Timeline angezeigt bekomme, und von denen auch nur einen Bruchteil und auch auf meine eigenen nur immer die selben 30 Leute reagieren, was mir sagt, dass alle anderen meinen Kram gar nicht zu sehen bekommen. Ever. Und wenn ich es wage, einen Link „raus“ zu posten, rutscht es auf 15 runter. Wenns eine FB-Page (z.B. die meiner Band) ist: 10 max. Und ein Youtube-Video? Keine 3 Leute.
Dafür zeigt mir der Algorithmus jeden Impulssteuerungs-Fail meiner Kontakte auf den üblichen Rattenfänger-Seiten, von harmlosem es gäbe keine Stadt, die mit A anfängt und aufhöre, bis zu Hetz-Seiten, in der Hoffnung, mich ebenfalls in emotionalisierte Spontanreaktionen zu drängen. Das nächste Drittel des Feeds besteht aus „Empfehlungen“ ähnlicher Art, Artikel und Posts, die „Aufmerksamkeit“ haben, weil sich die Kommentator*innen darunter an die Gurgel gehen, denn das ist was echte „Relevanz“ dort ausmacht. Das dritte Drittel sind „gesponsorte“ Postings. Wo meine Page-Postings auftauchen könnten, wenn ich dafür bezahlen würde. Schöne Seite, die du da hats, wäre doch ein Jammer, wenn niemand jemals was davon zu sehen bekäme…
Raus aus der Algo-Hölle
Ich hatte vor Jahren mal auf Mastodon geschaut, mein Account von damals war allerdings nicht mehr auffindbar, wahrscheinlich hatte ich den auf einer Instanz eröffnet, die es nicht mehr gibt. Egal, neuer Account, neues Glück. Und irgendwie komm‘ ich diesmal ganz gut klar, dort. Ich weiß noch, damalsTM hab ich irgendwie die Kurve da nicht gekriegt, es blieb öd und leer und ich hab das mit den Instanzen und so einfach nicht geschnallt. Wahrscheinlich lags auch daran, dass ich einfach zu wenige „meiner Leute“ dort fand. Das hat sich zum Glück ja in den letzten Monaten deutlich geändert.
Und so fand ich mich in diesem „Fediverse“ überraschend schnell und gut zurecht, auch weil es ein bisschen „wie früher“ zu funktionieren scheint, weil es dort keinen Algo-getriebenen Feed gibt sondern nur den „Real Time“. Der schnell leer und langweilig erscheinen kann, wenn man (zu) wenigen Menschen folgt, aber das kann man ja ändern.
Tipp, übrigens, für Twitter-Exilanten, die Angst vor einer zu leeren Timeline haben: https://fedifinder.glitch.me/ sucht die Accounts der Twitter-Kontakte, sofern diese einen Mastodon-Account haben. Man vergibt den Zugriff auf das Twitter-Konto nur für die Dauer der Suche, nur falls jemand misstrauisch ist.
Instagram dann noch, das ich auch mal toll fand, weil ich ja gern Fotos mache und gucke, hat auch für mich komplett jeden Reiz verloren, weils da halt auch schon lange nicht mehr um schöne Fotos geht, und seit sie dort versuchen, TikTok zu kopieren ists noch uninteressanter geworden.
Und so habe ich mir inzwischen sogar mehrere Accounts angelegt, zwei auf Mastodon Servern und einen auf einem Pixelfed-Server, für meine Fotos. Und ich schließe nicht aus, dass ich eventuell irgendwann noch ein oder zwei weitere anlege, für Special Interests. Was witzig ist, weil ich genau das eigentlich nie dachte tun zu wollen, weil mich immer etwas genervt hatte, Aufmerksamkeit auf mehrere Kanäle gleichzeitig aufwenden zu müssen (eben z.B. Twitter, FB, Instagram, weshalb viele „Nebenkanäle“ über die Zeit relativ schnell zu Brachen wurden, sofern diese Plattformen überhaupt noch existieren – Path, Google+, EyeEM und wie sie alle heißen und hießen).
Multichannel ist nicht gleich Multichannel
Aber mir fiel dann auf, dass das ein Unterschied war: diese Nebenkanäle fielen weg, weil sie bereits „bedientes“ nochmal bedienten, EyeEM und Instagram war ja mehr oder weniger „das selbe“ und so weiter, aber jedes war eine andere Umgebung. Mit verschiedenen Fediverse-Accounts ist das Environment das selbe, aber ich nutze sie für verschiedene Bedürfnisse.
Mein „Hauptkanal“ @svenscholz@mastodon.social ist der Kanal, der mir den Social Media Aspekt „Ich krieg von allem etwas mit, News, Trends, was Menschen bewegt und tun“ bedient und wo ich meine „öffentliche Persönlichkeit“ auslebe, die anderen erzählt, was sie grade sieht, mitbekommt, bewegt etc., also im Prinzip das, wofür ich bislang hauptsächlich Facebook genutzt habe, und ein bisschen auch Twitter (wo ich deutlich weniger aktiv war sondern eher nur mitgelesen, weil Dank Tweetdeck es dort noch möglich war, eine halbwegs von mir steuerbare Timeline zu haben).
Dann hab ich mir mit @hellblazer@silversword.online letztens auf einer sehr kleinen aber feinen Instanz einen „Gaming-Account“ angelegt, auf dem ich ohne alle anderen zu nerven über Games abnerden kann, Screenshots posten, mich über Computerspiele austauschen usw.. Ich spiele ja gern „Ballerspiele“ und dort irritiere ich nicht Menschen, die mit Gaming nix am Hut haben, wenn ich ein Video mit meinen besten Headshots poste oder ähnliches… 😉
Das Fediverse ist aber nicht nur Mastodon, und so habe ich mir auf einem Pixelfed-Server einen Foto-Account angelegt – mal sehen, ob/wann das meinen Instagramm-Account komplett ersetzen wird.
Zur Frage der „Usability“ – ich nutze auf dem Smartphone „Tusky“ [edit: ich bin jetzt auf „Fedilab“ umgestiegen, kost einmalig 2 Euro ungrad und kann mehr, z.B. unterstützt es das Editieren von Postings und ich habe das Gefühl, es kommt auch besser mit Nicht-Mastodon-Accounts wie Pixelfed o.ä. zurecht], weil man damit schnell und einfach zwischen Accounts umschalten kann und auf dem PC die Chrome App für den Hauptkanal, der Rest hat einfach Quicklinks im Browser – ich bin selber überrascht, wie easy und unanstrengend es ist, diese drei Kanäle zu bespielen, wahrscheinlich, weils schlicht die selbe Umgebung ist anstatt für jeden was eigenes. Keine Ahnung ob’s da bessere Tools gibt und erst recht keine, was Apple-User nutzen (könne), Tipps gern in die Kommentare. Toll wäre noch eine Browser-App für Desktop, in der man auch wie auf dem Smartphone einfach die Accounts umschalten könnte. Falls es sowas gibt und ich weiß es nur noch nicht, auch gern Bescheid.
Ich hab den Punkt aus Versehen übersprungen, weil ich nach „Mastodon“ googelte und der erste Treffer bot mir an, mich zu registrieren. Das hat dazu geführt, dass ich auf „die große Instanz“ geriet, die Vor- und Nachteile hat. Vorteil von großen Instanzen ist, dass sie nicht, wie viele sehr kleine, von Einzelpersonen aufgesetzt und betreut werden und nicht Gefahr laufen, bei Überlastung der Person zu verschwinden.
Der Nachteil ist, dass der interessante Part von vor allem regionale(re)n oder mehr Themenfokussierten Instanzen komplett für die Füße ist, nämlich, die „lokale Timeline“, also der real time Stream aller Postings der Menschen auf dieser (und nur dieser) Instanz. Was wenig sinnvolle Dinge enthält, wenn Leute aus aller Welt dort alles über alles posten. Mir ists im Moment noch wurscht, weil das ja mein „Hauptkanal“ ist, den ich dort habe und da kuratiere ich meine eigene Timeline durch möglichst diverses Folgen von Leuten, die Zeug posten, das mich zu großen Teilen tatsächlich auch interessiert, aber eben auch: alles mögliche, das mich interessiert. Ich brauche diese lokale Timeline dafür schlicht eh nicht.
Ich rate aber Menschen, speziell denen, die jetzt nicht schon über die Jahre oder Jahrzehnte im Netz Menschen kennengelernt haben und deshalb mehr oder weniger sofort eine gut gefüllte Follow-Liste aufbauen können, nicht unbedingt einen dieser Hand voll supergroßen Instanzen als Homebase zu wählen sondern sich tatsächlich vielleicht etwas regionaler zu orientieren. Auch die Sprache(n) in denen man sich wohlfühlt, können da mit rein spielen.
Leuten, die hauptsächlich auf deutsch posten, bieten sich regionale Instanzen wie @norden.social, @sueden.social und viele andere an, diese Suchmaschine für Mastodon Instanzen fand ich sehr hilfreich (derzeit hakt die manchmal, weil offenbar durch die derzeitige Twitter-Auswanderungswelle stark belastet) – einfach die Präferenzen als Filter zusammenklicken. Und immer auch mal auf die Instanz gehen (der Link ist immer nach dem Muster https://instanzname.extension) und sich die „lokale Timeline“ ansehen.
Ein Blick in die „About“ bzw „Über“-Seite (Link dahin meist links unten) ist auch hilfreich, denn dort kann man sich die Serverregeln ansehen – gute Server haben deutliche und eindeutige Regeln bezüglich Hassrede und Schwurbeleien und moderieren zu diesen Punkten auch sehr strikt, indem sie ganze Instanzen, die in diesen Themen indifferent agieren oder sowas gar erlauben oder fördern (ja, es gibt „Nazi-Instanzen) komplett blocken, aber auch Accounts entsprechender Leute auf dem eigenen Server konsequent löschen. Manche Server setzen auch Themenschwerpunkte wie z.B. Kunst, Wissenschaft, Technik o.ä.
Ich persönlich würde eine nicht zu kleine, aber auch nicht zu große thematisch nicht besonders enge Instanz (deutlich drei- oder auch vierstellige, maximal fünfstellig im unteren Bereich) für einen „Alltags“-Account empfehlen. Für Special Interests kann man auf entsprechend spezialisierten Servern dann immer noch spezialisierte Accounts eröffnen, so dass man dort eine lokale Timeline einsehen kann, die Beiträge liefert, die thematisch mehr on-topic bleiben, ohne dass man allen möglichen Menschen gleich folgen müsste.
Einfach mal machen
Aber zu lange braucht man sich mit der Serversuche auch nicht beschäftigen, sollte man nach einer Weile merken, sich doch „vergriffen“ zu haben bietet Mastodon eine sehr einfache Möglichkeit an, von einem zu einem anderen Server umzuziehen und all seine Kontakte mit zu nehmen. Niemand muss also Angst haben, dass man mit einem „Fehler“ ganz am Anfang schon seine komplette Experience verhunzt und wieder ganz von vorne anfangen muss.
Um die eigene Timeline zu kuratieren liefert Mastodon gute Werkzeuge wie Filter, Stummschaltungen von Accounts oder sogar ganzen Instanzen uvm., Accounts, denen man folgen will, die einem aber zu viel Reposten kann man so filtern, dass nur deren eigenen Posts angezeigt werden, und vieles mehr.
Weil Mastodon ein bisschen nerdig ist ist es mit der Diversität noch etwas schwierig, man begegnet überdurchschnittlich vielen weißen CIS-Männern mit all den Perks, die so ein Wiener-Fest mit sich bringt: viel Mansplaining und white nerdism. Aber durch den Twitter-Exodus ändert sich das grade.
LGBTQ+ und neurodivers ist aber – im Vergleich zu den großen Plattformen, wo es hauptsächlich Aktivist*innen-Accounts sind – durchaus gut vertreten, da sich diese Communities schon länger mit ihren persönlichen Aktivitäten aus toxischeren Umgebungen zurückgezogen hat und mit Mastodon eine sichere(re) Alternative fanden. Und sie zu großen Teilen auch mit gestaltete. Die für Social Media oft ungewohnt deutlichen Serverregeln sind ein gutes Indiz dafür, dass hier so manche gesellschaftlichen Privilegien durchaus als solche erkannt und ihnen begegnet werden. Dennoch, was Diversität von Hautfarben, Kulturen und Internationalität betrifft kann Mastodon durchaus noch etwas Zulauf gebrauchen, die Dominanz der westlichen Kultur(en) ist schon noch unübersehbar.
Wer ein WordPress-Blog nutzt kann übrigens das Blog ins Fediverse mit einbinden: mit dem Plugin „ActicvityPub“ wird ein Fediverse-Profil erstellt, über das die Blogbeiträge abgerufen werden können. Was ich hier auch getan habe und mit diesem Artikel auch gleich mal ausprobieren werde…
…um zu merken, dass mein Spielzeugprovider irgendeine lazy Einstellung hat, die verhindert, dass die Finger-Abfrage das nötige JSON-Element zurück geliefert bekommt. Techniker ist informiert, mal sehen ob sie sich drauf einlassen, da was zu ändern – bin da allerdings eher pessimistisch… 🙁
OK, I’m biased, seit Jahren fahre ich regelmäßig mindestens ein Mal im Jahr nach England rüber, und 2020 war das erste Jahr seit ich weiß nicht wann, in dem das nicht möglich war, und wer weiß wie’s nach dem vollzogenen Brexit weitergeht.
Also hol ich mir London eben auf den PC. Als jemand, der London inzwischen doch recht gut kennt kann ich also schon einmal das über dieses Spiel sagen: London, speziell die bekannteren Gegenden, ist ausnehmend gut geworden, es macht Spaß, einfach an den Orten, an denen man auch schon mal „in Echt“ war, im Spiel herumzulaufen und auf Sightseeing Tour zu gehen. Natürlich ist das Game-London keine 1:1 Wiedergabe der tatsächlichen Stadt, es fehlen ganze Stadtteile und Straßenzüge und die Größen- und Entfernungsverhältnisse sind entsprechend verzerrt, aber mehr als das Gebotene erwartet glaub ich auch niemand ernsthaft.
Sobald ein Spiel in einer „bekannten“ Umgebung spielt, ist Ubisoft am besten. Drum ist Breakpoint mit seiner sehr generischen Phantasie-Insel ja auch so gefloppt: das Faszinierende an den Ubisoft-Welten ist ja ihre Wiedererkennbarkeit, selbst wenn sie, wie in Wildlands, tatsächlich „nur“ eine grobe Anlehnung im Westentaschenformat oder in Assasins Creed nicht… „aktuell“… sind. Aber ob New York und Washington in Division, Kolumbien in GR Wildlands, Chicago und San Francisco – und jetzt London in Watchdogs – hier glänzt Ubisoft schon aus Tradition.
Aber was ist nun mit dem Spiel selber? Hält es dem Hype und den geweckten Erwartungen Stand, der über die letzten 2 Jahre mit großem Werbeaufwand dran geknüpft wurden?
Sooo, nachdem ich jetzt einige Stunden Cyberpunk gespielt habe, hier mal mein „mittendrin“-Fazit zum Game.
Voraus: ich spiels auf einem PC, der wohl noch als „gehobene Mittelklasse“ gelten kann, ein 6 Jahre alter i7 4k, 32GB RAM, NVIDIA 2060S und HD-Auflösung, das Spiel liegt auf einem SSD Laufwerk mit entsprechend schnellen Leseraten und es läuft mit Grafik auf jeweils höchsten Einstellungen ohne V-sync schön flüssig mit durchschnittlich zwischen 40-50fps, mit sehr raren und wenn auch nur kurzen Drops auf rund 35fps, aber nicht drunter. Zu Konsolenversionan kann ich nichts sagen und alles, was ich hier zu Technik und Performance sage gilt entsprechend ausschließlich für die PC Version.
CP muss wohl leider als das Game gelten, das in den letzten Jahren am stärksten overhyped wurde. Das bringt das Spiel in einige Schwierigkeiten, denn wenn Erwartungen sehr hoch sind sind Erwartungen, die nicht erfüllt werden a) zahlreicher und b) wiegen sie schwerer. Ich denke, dass man das bei so manchen Reviews im Hinterkopf behalten muss, einerseits, aber andererseits heißt das nicht, dass, wenn Leute negative Punkte aufführen, diese weniger gültig wären. Und da diese Erwartungen ja durchaus vom Studio selbst geweckt wurden in den letzten 2 Jahre, muss das Game sich auch zum Teil an diesen Versprechen, die da gegeben wurden, messen lassen für eine Bewertung.
Ich für meinen Teil bin jedenfalls wirklich froh, dieses Jahr das Wort „Ambiguitätstoleranz“ gelernt zu haben…. 😀
Offenbar hat mich eine Diskussion auf Facebook gestern über die Nacht so beschäftigt, dass ich heute früh tatsächlich mit einem Gedanken aufgewacht bin, mit dem ich Leuten, die reflexhaft auf Beschreibungen von Auswirkungen, die die patriarchal geprägten Normen und Muster in unserer Gesellschaft nunmal zeitigen und durch zig empirische Daten eindeutig belegbar sind, mit Unterstellungen, man verbreite „Männerhass“ oder überhaupt seien ja wohl „nicht alle Männer so“, reagieren – oder sie nehmen es gleich als persönlichen Angriff, weil sie sich selbst als männlich identifizieren und sich deshalb als Person direkt „gemeint“ fühlen – den Denkfehler erklären kann, in den sie da getappt sind.
Was mich grad nervt ist, dass auch zu diesem Thema wieder wie bei so vielen Themen es zu oft nur polarisierte Positionen gibt: entweder ist alles „Panikmache“ oder „wir werden alle sterben“.
Wer der Fraktion „Alle werden sterben!“ Fakten liefert (z.B. eine realistische Einschätzung dessen, was man aus den bekannten statistischen Zahlen tatsächlich herauslesen kann und was aber eben auch (noch) nicht) „verharmlost“, wer gegenüber der „Alles Panikmache“-Fraktion das selbe tut, „dreht völlig durch“.
Viel zu oft gibt es nur noch die Pole „alles oder nichts“.
Nur ein Faktor, beispielhaft (es gibt noch andere), der zeigt, wie schwierig es derzeit noch ist, eine realistische Einschätzung zu bekommen:
Es wird zu oft mit Zahlen und Prozenten um sich geworfen und Zahlen und Werte miteinander verglichen, die seriöserweise nicht miteinander verglichen werden können
Speziell die sogenannten „Letalitätsraten“ und deren Vergleich zu denen anderer Krankheiten sind ein Quell steter großer Missinterpretation. Ich hab Statistik ziemlich intensiv während des Studium eingebläut bekommen und würde bei Betrachtung des Zustandekommens dieser Werte und Zahlen dringend davon abraten, sie als gleichwertig valide miteinander in Beziehung zu setzen oder gar daraus eine Interpretation zu ziehen.
Die Zahlen zu Corona sind noch viel zu invalide um sowas seriös tun zu können, die Dunkelziffer ist immens hoch (ein Blick in die USA reicht, dort wird davon ausgegangen, dass das Virus bereits sich seit 6 Wochen unerkannt aktiv verbreitet hat bevor dort der erste Fall für die statistische Zählung bestätigt wurde.) und in den Zahlen stecken auch immer noch zu viele Fehler aus der Anfangszeit.
Das ist ein bisschen wie durchschnittliche Sonnentage für eine Region berechnen zu wollen, für die ich 10 Jahre tägliche Wetterdaten habe und die mit einem Wert einer anderen Region vergleichen zu wollen, für die ich nur 4 Monate Beobachtungsdaten habe und im ersten Monat noch die Hälfte der Geräte erst nach und nach kalibriert wurden und es auch danach noch Tage gibt, für die die Messungen fehlen, weil ein Gerät ausgefallen ist und mans erst am nächsten Tag gemerkt hat. Niemand würde ernsthaft hingehen und aus diesen beiden unterschiedlichen Zahlen die Rückschlüsse ziehen, die vergleichbar mit denen wären, die man hier und da zum Thema „Coronavirus vs. Grippe“ zu lesen bekommt. Solche Vergleiche können zum derzeitigen Zeitpunkt schlicht komplett ignoriert werden, damit hat man eine weit höhere Wahrscheinlichkeit, korrekt informiert zu sein.
(Ja, ich weiß, dass man Fehler aus Datenmaterial auch bis zu einem gewissen Grad rausrechnen kann über verschiedene Methoden wie Hochrechnungen, rausrechnen von Extremwerten und anderem, aber a) haben diese Möglichkeiten auch Grenzen und b) gings mir darum, etwas grundsätzliches zu verdeutlichen, wofür eine solche Vereinfachung denk ich legitim ist)
Auch WAS eigentlich genau die Gefahr(en) sind wird immer noch zu oft fehleingeschätzt. Zum einen ist speziell für die Leute in den Risikogruppen ein grundsätzlicher Unterschied ob ein Grippeerreger auf eine gegen ihn geimpfte Bevölkerung trifft oder auf eine, für den es noch keinen egal wie löchrigen Herdenschutz-Effekt gibt.
Zum anderen geht es im „großen Bild“ nicht um Einzelpersonen/-fälle und deren individuelles Risiko sondern um Systeme. Damit die so funktionieren, dass jede*r einzelne von diesen Systemen (z.B. Gesundheitsinfrastruktur wie Krankenhäuser, aber auch deren Personal, Ressourcen, Medikamente etc. pp. – die völlig unnötige Knappheit bei Desinfektion und Gesichtsmasken ist ein Beleg, wieviel Schaden uninformiertes Verhalten anrichten kann, hier von Seiten der Fraktion „Wir werden alle sterben“) möglichst gut aufgefangen wird, so dass auch schwer verlaufende Fälle möglichst nicht zum Tod führen, ist der Faktor Zeit bzw, das Verhältnis Fallzahl zu Zeitraum essentiell.
Absagen von Großveranstaltungen oder Schließung von Orten, wo regelmäßig viele Menschen auf engem Raum zusammenkommen bis hin zu Quarantänen, aber auch individuelle Nutzung von Möglichkeiten (Home Office, eigenständiges Meiden problematischer Orte wie überfüllte ÖPNVs, strenges Befolgen von Hygienemaßnahmen) sind Maßnahmen, die das Virus nicht verschwinden lassen, aber sie helfen, Zeit zu gewinnen und die Ausbreitung zu verlangsamen, so dass für die dennoch auftretenden schweren Fälle genug Ressourcen da sind und nicht Leute am Ende in Krankenhausfluren liegen anstatt in der Intensivstation. Denn diese dauernd erwähnte „Letalitätsrate“ hat mehrere Faktoren, nicht nur den, wie heftig das Virus grundsätzlich auf den Körper wirkt, sondern eben auch, wie gut die Gesundheitsinfrastruktur mit den schweren Fällen umgehen kann. Und das kann es am besten, wenn es möglichst wenig solcher Fälle gleichzeitig gibt.
Ich kann auch nachvollziehen, dass Leute angesichts der in den meisten Fällen ja durchaus milden Krankheitsverläufe (bis hin zu „unbemerkt“) Quarantänemaßnahmen oder Eventabsagen etc. pp.. für „übertrieben“ halten können, weil ihr persönliches Risiko, schwere Symptome zu entwickeln oder gar zu sterben auch bei Ansteckung recht gering ist.
Aber wenn man dann doch einmal ein bisschen über den eigenen Tellerrand hinaus denkt (was ich muss, denn in meinem Umfeld gibt es ein paar Leute, die tatsächlich hochgefährdet sind, sollten sie sich anstecken) und versteht, dass es bei diesen Maßnahmen während der akuten Phase auch um andere Menschen geht als einen selbst und vor allem auch darum, strukturelle Probleme zu verhindern, die das individuelle Risiko derer, die mit schweren Symptomen auf das Virus reagieren, unnötig zusätzlich erhöht, ärgere ich mich schon ein bisschen auch über die, die diese Maßnahmen zum jetzigen Zeitpunkt als Aktionismus diffamieren, weil sie offenbar nicht verstanden haben, warum diese – jetzt im Moment noch – nötig sind. In einigen Wochen mag das dann auch anders aussehen, aber da sind wir halt noch nicht.
Ich kenne mich allerdings recht gut mit Statistik aus und für die Analyse der vorliegenden Zahlen reicht schon halbwegs fundiertes Grundlagenwissen, drum traue ich mich zu diesem Punkt ausführlicher was zu sagen.
Der Rest sollte für jede*n, die/der auch ein bisschen versucht, gröbere Logikfallen zu vermeiden, einfach nachzuvollziehen sein, ihr wisst schon, dieser „gesunde Menschenverstand“ von dem immer alle reden, dort angewandt wo er auch hilfreich ist (für die anderen Bereiche gibt es Experten, hört auf sie, sie wissen es besser)
tl;rd:
So eine Pandemie ist eine komplexe Sache, was für die einen beruhigend ist und auch sein darf/sollte, bedeutet für andere, nämlich die in der Gruppe der gefährdeten Personen befindlichen, unter Umständen sogar ein höheres Risiko.
Das anzuerkennen und darauf Rücksicht zu nehmen halte ich für wichtig und hat auch überhaupt nichts mit „durchdrehen“ zu tun sondern mit Achtsamkeit und solidarischem Verhalten.
Angst ist ein ebenso schlechter Ratgeber wie Ignoranz. Nutzt die Informationen, die von seriöser Seite geliefert werden für beides: Ängste abmildern, damit sie nicht blind machen für die Möglichkeiten, die jede*r einzelne ergreifen kann, um eventuelle Risiken möglichst zu verringern, aber gleichzeitig auch eventuelle Ignoranz überwinden.
Denn auch wenn man selbst vielleicht nicht zur Risikogruppe gehört, da draußen laufen Leute rum, die es tun, und die sind auf die Achtsamkeit aller angewiesen, um genauso unbeschadet durch die nächsten Wochen zu kommen wie die, die persönlich wenig zu fürchten haben, egal ob sie jetzt erst recht jede Türklinke ablecken um zu beweisen, dass alles nur ein Hoax der Pharmalobby ist oder sich mit 2 Paletten Ravioli und 100 Pack Klopapier im Keller einschließen.
Wer rechte Rattenfänger wählt sorgt dafür, dass großartige Dinge, die funktionieren und Menschen glücklich macht, kaputt gemacht werden. Menschen, die sowas wählen tun das, weil sie anderen Menschen nicht das geringste Quäntchen Glück und Liebe gönnen. Ich hege ein gewisses Mitleid für Menschen, die so verbittert und hasserfüllt sind, dass Missgunst und Negativität ihr Leben so stark bestimmen, dass sie glauben, anderen Menschen antun zu müssen, was sie glauben, selbst erleben zu müssen, weil sie sich so machtlos fühlen, etwas an ihrer eigenen frustrierenden Situation ändern zu können, dass ihr einziges erreichbares „Erfolgserlebnis“ darin besteht, anderen auch das anzutun, was sie glauben, erleiden zu müssen.
Das ändert aber nichts an der Notwendigkeit, zu verhindern, dass solche Menschen auch nur das geringste Quantum an Macht bekommen können.Denn das macht nicht sie glücklicher sondern nur andere ebenso unglücklich. Es kann nichts Gutes entstehen aus Lieblosigkeit, Neid und Missgunst. Es werden nur noch mehr Menschen unglücklich. Niemand hat etwas davon, denn die eigene Situation wird davon nicht ein Jota besser. Im Gegenteil, wenn es nur darum geht, es anderen schlechter gehen zu lassen, dann geht es allen schlechter, niemandem besser. (Außer den braunen Rattenfängern, die sich ins Fäustchen lachen und ihre Kassen und die ihrer reichen Buddies füllen, denn Korruption ist eins ihrer Hauptmerkmale, immer gewesen, die trocknen keinen Sumpf aus, die sind der Inbegriff des Sumpfes.)
Ich hoffe, jede/r Wähler/in, die/der so großen Frust und Zynismus in seinem/ihrem Leben empfindet, dass sie/er glaubt, das nur noch durch die Wahl von menschenfeindlichen Zynikern und Menschenhassern zum Ausdruck bringen zu können, erkennt noch rechtzeitig, dass sie/er damit nur das eigene Leiden – zusätzlich zu unnötigem Leid für andere – füttern würde und umdenkt. Bitte lasst die faschistischen Rattenfänger rechts liegen, sie werden nichts für euch tun, ihr werdet euch nicht besser fühlen, es wird euch nicht besser gehen, es werden nur mehr Menschen leiden als vorher und an euerem Leid wird sich davon nicht im Geringsten etwas ändern. Im Gegenteil, wenn ihr nach Österreich schaut, könnt ihr sehen, dass die Behauptung der Rattenfänger, sich für „den kleinen Mann“ zu interessieren eine glatte Lüge ist, wie sie es auch in Italien ist.
Also, bitte liebe Frustwähler, überlegt euch das gut: wer Lieblosigkeit, Neid und Missgunst wählt, der bekommt Lieblosigkeit, Neid und Missgunst und nichts sonst. Wenn ihr frustriert seid ob der Lieblosigkeit und mangelnder Solidarität in eurem Leben, wählt nicht mehr des selben sondern Liebe und Solidarität. Und wenns nur ein bisschen ist.
Ich weiß, dass es aktuell schwer ist, in der aktuellen Parteienlandschaft da etwas eindeutiges in dieser Richtung zu finden, und ich bin da auch sehr verzweifelt in dieser Frage, aber wenn sich auch das ändern soll, belohnt die, die wenigstens ein bisschen von diesen Idealen vertreten, so dass sie merken, dass DAS etwas ist, was wichtig ist und zeigt denen, die Missgunst und Lieblosigkeit als Programm vertreten, dass DAS nicht die Welt ist, in der wir leben wollen, weil das am Ende eben niemanden glücklich machen kann. Gerade WENN ihr glaubt, bereits in einer solchen Welt zu leben.
In der Mediathek der ARD ist derzeit noch die Doku „Kulenkampffs Schuhe zu sehen. Ich hoffe, dass, wenn die irgendwann „depubliziert“ wird, dass ich die auf Youtube finde, dann werde ich den Link aktualisieren. (edit 29.9.: mal sehen, wie lange dieser Link tut)
Das Fernsehen der 60ger ist zwar einen Ticken früher als meine Kindheitserinnerungen (ich bin ja Jahrgang 1968, entsprechend beginnen meine eigenen TV-Erinnerungen Anfang der 70ger), aber sie haben schon stark auch in die 70ger reingestrahlt – Kuhlenkampf war schon „älter“, aber EWG lief – wie ich grade selbst zu meiner eigenen Überraschung recherchierte – bis tief in die 80ger, wie auch Rosenthal und all die anderen, die in den 60gern begannen meist bis in die 80ger „durchhielten“ und zum Teil sogar auch in den 90gern noch regelmäßig im Fernseher auftauchten. Entsprechend bin ich eher Generation Rosenthal, Fuchsberger und Carrell als Kuli und Valente.
Die Anfänge dessen, in dessen etabliertes Ergebnis ich dann bereits direkt reingewachsen bin, ist hier nachdenklich und unter dem Eindruck einer traumatisierten Generation (meiner Großeltern – meine Eltern sind jung genug, um das Schlimmste der deutschen Vergangenheit nicht bewusst miterlebt haben zu müssen, auch wenn mein Vater, ’44 geboren, als Baby auf abenteuerlichen Wegen aus Ostpreußen flüchten (oder besser: geflüchtet werden) musste (ich schrob darüber, was das für meine eigenen Prägungen bedeutete, hier) aufgearbeitet.
Wenn heute vor allem 20-30-Jährige verstehen wollen, auf welcher gesellschaftlichen und psychologischen Grundlage das Phänomen des „alten weißen Mannes“, das man heute beobachten kann, aufbaut, sollten sie diese Reportage anschauen, die ohne dieses aktuelle Phänomen direkt zu thematisieren, das mit, wie ich finde, fast liebevollen Nachvollziehbarkeit (ohne etwas zu entschuldigen) zeigt – gerade die „leichte Muse“ der Unterhaltung, die in jener Zeit ständig im Widerspruch mit der immer noch schmerzlich aktuellen Vergangenheit der Menschen steht, die deshalb natürlich auch ständig in diese hineinstrahlt und zeigt, wie die Menschen mit ihren Gefühlen zwischen den Stühlen sitzen, nämlich ihrer Vergangenheit und dem, was sie als Kinder und Jugendliche gelernt und verinnerlicht haben und der Realität, die ihnen jede Minute ihres restlichen Lebens dagt(e) „Es war alles falsch, deine Eltern, Lehrer, Bezugspersonen haben euch belogen und zu Monstern gemacht!“
Und manche der in diesem Umfeld aufgewachsenen heutigen „alten weißen Männer“ haben diesen Zwiespalt übernommen und bis heute nicht aufgelöst bekommen. Und sitzen deshalb gleichzeitig als „liebenswerte Onkels“ bei ihren Familien, aber wüten gleichzeitig heute in den Feuilletons und auf den Stammtischen herum, unfähig zu Reflexion und unfähig, sich mit ihren eigenen Vergangenheiten zu versöhnen, weshalb sie sich auch nie mit anderen versöhnen können werden. Und bei manchen Vergangenheiten kann ich das sogar gut nachvollziehen, denn wenn es nichts gibt, das verziehen werden kann, braucht man Ignoranz als Fertigkeit um überleben oder auch nur sich ertragen zu können. Dass mangelnde Empathie sich selbst gegeüber natürlich auch dazu führt, dass auch die Empathie gegenüber der Außenwelt in Mitleidenschaft gezogen wird, ist dabei eine leider unvermeidbare Konsequenz.
„Und sie werden nicht mehr frei ihr ganzes Leben!“
Im November letzten Jahres habe ich meinen letzten Blogartikel „Perspektiven“ geschrieben. Der machte ziemlich die Runde, in einem Maße, das ich so überhaupt nicht erwartet hatte (mein Statistik-Tool behauptet, dass er etwas über 100.000 mal gelesen worden sei, selbst mit Mehrfachaufrufen ist das mein meistgelesener Artikel seit ich blogge) und ich bekam viel und zum deutlich überwiegenden Teil positives Feedback, das mir zeigte, dass ich vielleicht nicht allen im Lande, aber einem nicht wirklich kleinem Teil der Leute da aus der Seele sprechen konnte.
Inzwischen ist einiges an Zeit vergangen, Trump hält die USA in Atem, so dass dortige politische Satire kaum mehr hinterherkommt, jeder neue Skandal, jedes neue „Low“ wird am nächsten Tag schon wieder unterboten, so dass all die Skandale garnicht aufgearbeitet werden können. Was ja vielleicht auch eine Taktik ist – bis überhaupt die Tragweite des einen Skandals auch nur halbwegs erkannt werden kann eine neue Sau rauslassen, und Zack, ist der vorangegangene Skandal schon wieder raus aus den Schlagzeilen. Der Sohn gibt offen einen Gesetzesbruch zu? Einfach mal Nazis gut finden, schon redet kein Mensch mehr drüber. Oder einen Atomkrieg andeuten. Die News der letzten Woche sind gefühlt Jahre her, so sehr sind sie schon ein paar Tage später aus der Erinnerung verdrängt.
Das politische Rechtsaußen-Spektrum hat das als funktionierende Strategie erkannt, bei uns macht das die AfD ja auch schon von Anfang an, inklusive dem Setzen von Narrativen, die ihnen eine Opferrolle zuweist, die wahlweise behauptet, mundtot gemacht zu werden (obwohl es, weils so schöne Quoten macht, keine Talkshow gibt, die sich nicht mindestens einen AfD-Vetreter ins Studio holt, weil die so schöne kontroverse Sachen sagen, das dann in der Folge dafür sorgt, dass am nächsten Tag tolle, klick-trächtige Artikel geschrieben werden können, über die man sich wahlweise aufregen darf oder einfach den braunen Dreck nachplappern als wärs das Normalste der Welt und damit die AfD mehr kostenlose Medienpräsenz hat als alle anderen Parteien – auch das hat ja in den USA für Trump schon genauso funktioniert) oder dass man „Fake News“ über sie verbreite, weil sie ihre Tabubrüche natürlich nie so gemeint haben, wie man sie berichtet (und natürlich freut sich deren Klientel, weil die genau wissen, dass das natürlich doch genau so gemeint war, aber sich diebisch freuen, wie sich ihre Helden und Heldinnen da jedesmal „geschickt“ wieder rauswinden).
Und wenn dann auch noch die BILD munter mithetzt freuen sich die Rechten grade nochmal, dass ihr Pseudothema „relevant“ bleibt, obwohl es das in der Realität überhaupt nicht ist.
Aber gut, DAS alles war ja zu erwarten, wie gesagt, diese Strategien des rechten und braunen Randes sind ja so alt und bekannt wie vorhersehbar (außer, wie es scheint, von den Medien, die sich regelmäßig von denen instrumentalisieren lassen, Lichtenhagen ist über 20 Jahre her und sie haben nichts gelernt).
Mir geht es, wie schon im November, nicht um das Wählerpotential des rechten Randes, denn das ist ja mehr als versorgt, auch nicht um die, deren Interesse die Erhaltung des Status Quo ist, denn auch die sind versorgt, sondern um die Wähler, die weder nach 1932 zurück wollen noch mit dem Status Quo zufrieden sind. Entgegen der letzten Schlagzeilen, die behaupteten, es gäbe „keine Wechselstimmung“, bin ich nach wie vor der Meinung, dass dieser Wähleranteil kein kleiner ist. Perspektivlosigkeiten weiterlesen →
Im Juni Brexit, jetzt Trump, in Europa feiern die rechten Populisten ebenfalls Wahlsieg auf Wahlsieg und überall in den Medien, den „etablierten“ Parteien und auch im eigenen pluralistisch und humanistisch denkenden Freundes- und Bekanntenkreis fragt man sich „Wie kann das passieren?“
Ein bisschen erinnert mich diese Frage an genau die Fragen, die ich dereinst meinen Großeltern und anderen Verwandten im entsprechenden Alter stellte, als ich im jugendlichen Überschwang nicht verstehen konnte, wie es passieren konnte, dass ein hasserfüllter kleiner Popanz und seine hasserfüllte Clique von rassistischen Kackbratzen in Deutschland an die Macht gewählt werden konnte, obwohl diese mit ihrer Geisteshaltung ja wirklich nicht hinterm Berg hielten, und ich andererseits meine Verwandtschaft jener Generation nicht als hasserfüllte dumpfe Rassisten kannte sondern als Menschen, die sich um andere sorgten, Gewalt verabscheuten und sich in der direkten Begegnung stets empathisch und mitfühlend gegenüber jedem Menschen zeigten, egal welcher Hautfarbe oder Herkunft. Perspektiven weiterlesen →
Man kommt ja zu nix. Der letzte Blogeintrag ist jetzt auch wieder ewig her, und der Sommer ist auch schon wieder vorbei. Aber bei aller Ruhe hier hab ich andernorts ein paar Sachen gemacht.
Neben meinen üblichen fotografischen Exkursionen (über die ich ausführlich dann wieder einen eigenen Fotos, Fotos, Fotos-Artikel rauslasse, wenn ich endlich mit den Fotos der Englandreise im März diesen Jahres fertig geworden bin – erwähnte ich, dass man zu nix käme? Here you go! – und meiner Musik mit den Singvøgeln, den Mannheimer Bahnhofshelfern und für mich alleine, schrob ich unlängst auf dem Fotoschraubr-Blog eine lange vor mir hergeschobene Gegenüberstellung der beiden Fotoportale Ipernity und 500px fertig. Wer wissen möchte, worin die Unterschiede dieser beiden Dienste liegen und ob einer – oder beide – zu ihr/ihm passt, darf sich gern diesen ausführlichen Vergleich durchlesen.
Mit den Bandkollegen habe ich Billy Joel besucht, Mit Jens war ich auf dem Star Citizen Event im Rahmen der Gamescom und dass ich mir ein neues Cajon gekauft habe – ach ja, das hatte ich hier ja schon erzählt und vorgeführt (etwas weiter runterscrollen, da kommt das dann).
Aber letztens dann habe ich tatsächlich mit dem Podcasten angefangen. Mit Jens zusammen. Auf „We know Kung Fu“ könnt ihr euch die ersten beiden Folgen anhören. Hätte nicht gedacht, dass das so viel Spaß macht.
Und irgendwie bin ich in die Orga eines LARP mit reingerutscht, wie die Jungfrau zum Kinde. Eigentlich dachte ich, ich bastle für Jens, der mich fragte, ob ich da aushelfen könnte, nur mal eben einen schnellen kleinen Videoteaser (den es auf der Website zum LARP zu sehen und zu hören gibt). Aber wie es so kommt, offenbar hat es gefallen und jetzt darf ich ein paar Sachen mehr machen fürs „Zeitgeist LARP“. Das wird eine super spannende Geschichte, da bin ich schon sehr gespannt 😀
Uuund das wars jetzt auch schon, mehr als ein klitzekleines Update über die Dinge, die so laufen, sollte das jetzt auch garnicht werden. Weil, wisster ja: man kommt ja zu nix.
Ich bin männlich, weiß, habe einen Job, der mich – knapp, aber immerhin noch – in die Mittelklasse der Gesellschaft verortet und mir damit mehr Teilhabemöglichkeiten an der Welt bietet als sie Menschen haben, die weniger Geld als ich zur Verfügung haben, wie hochwertige Technik für meine Hobbies und für mein Selbstverständnis, Musiker zu sein (Nein, wie 98% aller anderen Musiker kann ich davon nicht leben) oder hin und wieder zu verreisen, ich habe keine sogenannte Behinderung (die Notwendigkeit, eine Brille zu tragen zähle ich da nicht) und ich bin so hetero, wie man es nur sein kann (daran ändert auch nicht, dass es Männer gibt, die ich tatsächlich auch „sexy“ oder „erotisch“ finde).
Das bedeutet, ich bin durch meine „Normalität“ in fast jedem Bereich sehr privilegiert gegenüber so ziemlich jeder Minderheit, weil ich in fast jedem Bereich des Lebens dort, wo ich lebe, Teil der Mehrheitsgesellschaft bin. Und selbst dort, wo es keine Mehrheit gibt – z.B. in meinem Geschlecht, denn es gibt ein klitzekleines bisschen mehr Frauen als Männer – bin ich privilegiert, weil mich traditionell in meiner Heimat-Gesellschaft existierende männliche Privilegien und Stereotypen nach wie vor in der Regel Frauen gegenüber deutlich besser stellen.
Das Problem bei „ererbten“ Privilegien ist, dass man sie als davon Bevorzugter sehr schwer erkennen kann. Deshalb bin ich sehr vorsichtig damit, Menschen, die einer oder mehreren Minderheiten angehören abzusprechen, ein Problem zu haben. Im Zweifel (also wenn ich – wieder einmal – mit einer Diskriminierung oder einer Folge einer solchen konfrontiert werde, die ich noch nicht kannte) glaube ich der/demjenigen deshalb gefälligst einfach mal. Jens hatte da schon vor einiger Zeit einen guten Artikel dazu geschrieben, so dass ich das im Detail nicht wiederholen muss sondern darauf verweisen kann.
Ich hinterfrage meine Privilegien nicht, weil (wie man mir schon zu entsprechenden Gelegenheiten versuchte vorzuwerfen) ich mich gerne als „weißer Ritter“ geriere oder weil ich denke, ich sei besser als andere. Oder, in die andere Richtung, hätte eine Art „schlechtes Gewissen“, was zu einer Art Selbstbestrafung führte.
Ich hinterfrage sie, weil ich eine ziemlich genaue Vorstellung habe von der Welt, in der ich leben will und diese Vorstellung berücksichtigt viele meiner Freundinnen und Freunde und die Lebensumstände, in denen diese leben dürfen sollten, sowie deren tatsächliche Lebensrealität, die bei einigen noch immer weit entfernt ist von der meinen.
Jetzt hat – im Land, in dem mehr Menschen von kleinen Kindern erschossen werden als von Terroristen, weil sie überall Waffen rumliegen haben – ein homophober Täter rund Fünfzig Menschen getötet und ebensoviele verletzt. Und überall auf der Welt, auch hierzulande, wird diese Tat verurteilt und schlimm gefunden. Und das ja auch zu Recht, denn so etwas sollte nicht passieren. Nicht in einer pluralistischen, weltoffenen, friedliebenden und empathischen Gesellschaft, wie ich und viele andere sie sich wünschen. Und man sagt mir, ich sei angegriffen worden, meine Welt sei angegriffen worden.
Nach über einem halben Jahr Blogpause wegen eines größeren Serverproblems bin ich endlich wieder da. Und alle meine Blogeinträge ebenfalls. Hurra.
Wenn ich meinen letzten Eintrag so sehe, hat sich nicht so viel getan, der ist, leider, nach wie vor aktuell.
Ansonsten ist einiges passiert in den letzten Monaten, das ich demnächst hier nachholen werde. Viele Fotos, vor allem, mal wieder. Politisch und gesellschaftlich dagegen kann ich eigentlich nur wieder mal feststellen, dass ich das Gefühl habe, in den letzten Jahren schon alles geschrieben zu haben, was mir so auffällt, eigentlich müsste ich nur die Veröffentlichungsdaten aktualisieren, egal, wieviele Jahre ein Artikel zu irgendwas her ist.
Aber es gab auch erfreuliches. Zu allererst: ich habe ein neues Cajon. Und habe in meiner Begeisterung ein Vergleichsvideo zwischen meinem alten Schlagwerk 2inOne Dual und dem neuen J.Leiva Omeya Master gebastelt. Inklusive Sprungpunkte, um einen schnellen Direktvergleich zwischen den beiden, einmal ohne und einmal mit ein paar Effekten machen zu können. Es lohnt sich, das mit guten Boxen oder Kopfhörer anzusehen. Viel Spaß.
[Dieses Posting erschien zuerst im „Fotoschraubr“-Blog, das leider nicht mehr existiert, weshalb ich es aus der wayback-machine rauskopiert habe.]
Ich habe nicht viele Fotos gemacht im vergangenen Monat, außer ein paar Testschüsse mit einem neuen Objektiv. Drum dachte ich mir, ich mache stattdessen einen Erfahrungsbericht über ebendieses, und ein paar Fotos sind dann ja auch dabei.
Das mit dem Equipment ist ja immer so eine Sache: ich sehe das im Grundsatz genauso wie Kollege Rollinger, nämlich, dass es nicht das Equipment ist, das ein gutes Foto „macht“ sondern das Auge der Person, die das Foto schießt. Weshalb ich seinen letzten Blogbeitrag auch komplett unterschreibe.
Aber.
Es gibt Fotos, die ohne das entsprechende Equipment nicht zu machen sind. Für eine Makroaufnahme braucht man eine Makro-Linse, für eine nächtliche Milchstraße ein Weitwinkel und eine Kamera, die über gute ISO-Fähigkeiten verfügt, für die meisten Wildtiere ein Tele, usw. usf. Insoweit, natürlich (und da wird mir Herr Rollinger natürlich auch zustimmen) ist die Frage nach Equipment durchaus auch eine relevante und interessante Frage für dieses Blog – in der Form von „Wenn ich wilde Tiere, wie z.B. heimische Vögel, fotografieren möchte, womit kann ich das tun?“ – ob das Bild, das man dann schießt, tatsächlich „gut“ wird, natürlich, liegt dann am Ende dennoch beim Fotografierenden. Auch ein 10.000 Euro-Tele garantiert kein einziges gutes Bild eines Piepmatzes, wenn die Fotografin oder der Fotograf ihre/seine Ausrüstung nicht kennt, kein Auge hat für Bildkomposition, kein Gespür für die Gelegenheit und/oder keine Geduld, auf eine solche zu warten.
Aber.
Es wäre nicht dieses Blog, wenn wir an diese Frage nicht dennoch etwas anders ran gingen. Nämlich ein wenig „realistischer“, in dem Sinne, dass sich nur die wenigsten Menschen da draußen das 10.000 Euro-Objektiv leisten können. Oder auch „nur“ eins für 4.000. Ich jedenfalls kann das nicht. Ich spare zwar immer ein wenig Geld, um mir „irgendwann“ mal dieses oder jenes Teil anzuschaffen und ich spare lange genug, damit ich mir auch mal was „besseres“ leisten kann, aber ich denke, ich dürfte mit meinen Möglichkeiten im Durchschnitt liegen. Und für den Durchschnitt bedeutet „gutes Equipment“ eben meist: ein bisschen besser als das billigste, was man kriegen kann, aber unerreichbar weit weg bleibend von allem, das sich der Vollprofi kaufen würde.
So habe ich das letzte Jahr auf ein neues Tele-Zoom gespart. Wer ein paar meiner Bilder kennt, hat schon mitbekommen: ich gehe gern auf „Jagd“, neben weiten Landschaften haben es mir Tiere angetan. In unseren Breiten sind das meist Vögel, die Gelegenheit auf Rehe oder ähnliches ist eher selten und ein Glücksfall. Wenn ich Lust auf frische Lust habe und einen Gang in die Natur mache, sind Vögel im Normalfall das, wovon man sich schon relativ sicher sein kann, dass man sie zu Gesicht bekommt. Bei mir war bis vor Kurzem bei 300 mm Brennweite Ende.
Ja, ich habe durchaus ein paar schöne „Abschüsse“ hinbekommen damit, das Nikkor 70-300 ist „trotz“ seines vergleichsweise günstigen Preises ein sehr gutes Objektiv, wie man ja an meinem letztmonatigen Foto des Monats sehen kann, aber es kam einfach zu oft vor, dass ich Tieren nicht nah genug kommen konnte bevor sie wegliefen oder -flogen. Nicht jeder Vogel ist so neugierig wie ein Rotkehlchen, das einen schon mal 3-4 Meter nah rankommen lässt. Bei Abständen von 10 Metern und mehr sind 300mm – speziell bei kleinen Tieren wie z.B. Singvögel – oft zu wenig.
Vor einiger Zeit schon kamen dann tatsächlich bezahlbare Super-Zooms bis 500 mm raus, speziell von Tamron und Sigma, und als Tamron ein Zoom bis 600 mm ankündigte war ich sehr gespannt, wenn auch ein bisschen skeptisch. Letzten Monat dann war es so weit, das Tamron 150-600 F/5-6.3 VC USD für meine Nikon D800 (das Folgende bezieht sich also auf Vollformat) rutschte unter die 1000 Euro-Grenze und da ich seit längerem schon mehrere Zooms beobachtete und die negative Kritik am Tamron sich in Grenzen hielt, die das Risiko (Das keins ist: ich kann es umtauschen, wenn ich nicht zufrieden wäre) wert erschienen ließen, schlug ich zu.
Tamron 150-600 F/5-6.3 Di VC USD
Optik, Haptik und Handling
Erster Eindruck: Scheiße, ist das ein riesiges Teil! Die Verdopplung der Brennweite im Vergleich zu meinem alten Zoom bringt auch eine fast doppelte Größe – in Länge wie in Breite, wenn man den riesigen Gegenlicht-Eimer mitrechnet – des Objektivs mit sich. Und das Gewicht von 2 Kilogramm muss man auch erstmal verdauen.
Das Teil hat nicht umsonst einen Fuß für die Montage auf ein Stativ. Jedes normale Stativ hätte immense Schwierigkeiten, die Kamera zu halten, würde man diese am Gewinde der Kamera aufs Stativ schrauben. Der Fuß trifft den Schwerpunkt zumindest bei mir aber sehr genau, so dass das Stativ keine Probleme macht und auch ein Einbein die Kamera dort stützt, wo es sinnvoll ist.
Überhaupt ist ein Einbein tatsächlich empfehlenswert, wenn man irgendwo auf der Lauer liegt – frei gehalten geht das Teil ziemlich in die Arme. Man kann zwar auch aus der Hand fotografieren, aber bei längeren Wartezeiten wird es spürbar anstrengend. Allerdings stellte ich für mich fest: mein altes Einbein reicht nicht, ich brauche ein etwas stabileres.
Der Nachteil des Stativ-Mounts: er stört tatsächlich ein wenig, wenn man doch aus der Hand fotografieren möchte*.
Normalerweise würde man die Kamera ja mit dem Objektiv auf die linke Hand legen (wenn man Rechtshänder ist wie ich) und mit dieser Hand den Korpus des Objektivs von unten umgreifen. Der Fuß verhindert das bei mir ein Stück weit. Zumindest so weit, dass es nicht mehr bequem geht – mir fehlt ein knapper Zentimeter Platz zwischen Objektiv und Fuß, um das Objektiv bequem so greifen zu können, wie ich wollte. Das Handgelenk wird ein wenig zu stark verdreht bzw. drückt mir der Mount auf den Handrücken und die Hand wird eingeklemmt.
*Dann entdeckte ich – Tage später – dass man den Fuß verstellen kann. Eine dicke Schraube löst ihn soweit, dass man ihn bequem zur Seite drehen kann. Ja, es ist mein erstes Objektiv mit so einem Fuß, und ich wusste das nicht, dass das geht. Aber, natürlich, ist das ja auch logisch, denn wie anders soll man sonst auf Hochformat umstellen können? Jedenfalls: mit zur Seite gedrehtem Fuß lässt sich auch bestens direkt aus der Hand fotografieren.
Das Objektiv hat einen „Lock“, mit dem man den Zoom bei 150mm fixieren kann. Das Herausdrehen des Zooms ist zwar schwergängig genug, um zu verhindern, dass sich die Einstellung bei kleineren Schräglagen verdreht, aber wenn die Kamera während des Laufens um den Hals hängt und nach unten schaut rutscht das Objekt schon ein wenig durch. Da ist es schon ganz praktisch, wenn man es im kürzesten Zustand fixieren kann. Die manuelle Schärfe lässt sich ebenfalls sehr gut an, nicht zu leichtgängig, aber auch nicht rucklig, mit einer guten Übersetzung.
Alles in allem macht das Teil in der Verarbeitung einen durchweg guten Eindruck, es klappert und wackelt nichts und es fühlt sich alles angenehm stabil bis hin zu massiv an. Da kann man nicht motzen.
Was hat es noch an Extras? An der Seite befinden sich 3 Schalter: einer für den Verwacklungsschutz, den man bei Stativnutzung ja besser ausschaltet, einer für die Umschaltung des Autofokus auf manuelle Fokussierung und einer, der den Autofokus auf eine Mindestentfernung von 15 Metern beschränkt. Letzteres ist praktisch, wenn man sowieso nur an entfernten Motiven interessiert ist, denn das verkürzt gegebenenfalls die automatische Fokussierzeit deutlich, weil das Objektiv dann erst gar nicht versucht, etwas in der Nähe zu fokussieren. Auf „Full“ ist der Mindestabstand etwas mehr als 2,5 Meter, Objekte näher als dieses können nicht mehr scharf gestellt werden.
Die Praxis: Fotos machen mit 600mm
Aaalso, wo fang ich an. Vielleicht damit: Nein, das Tamron ist kein lichtstarkes Objektiv. Natürlich nicht. Wie sollte es das, bei diesem Preis. Ich war allerdings schon mal positiv überrascht, dass es bis hin zu etwa 450mm mindestens so gute Bilder macht wie mein Nikkor (das natürlich bei f5.6 am langen Ende auch nicht als „lichtstark“ gelten kann, aber eben auch hier gilt: nicht zu diesem Preis). Heißt: ich habe mal 150mm mehr Brennweite bei gleicher Qualität, dafür fehlen mir die 70-150mm. Somit ein brauchbarer Tausch, wenn es mir ja um das lange Ende geht.
Oberhalb der 450mm wird das Tamron etwas schwieriger zu handhaben. f6.3 bei 600mm maximale Blendenöffnung ist nicht viel, und wie ich festgestellt habe, sollte man bei 600mm eher noch etwas stärker abblenden, da feine Strukturen – wie es Federn bei Vögeln nun mal sind – etwas zum Zermatschen neigen. Bei nicht idealen Lichtbedingungen heißt das: den ISO hoch, denn der Verwacklungsschutz ist zwar tatsächlich nicht schlecht, kann aber auch keine Wunder vollbringen.
Mein erstes Foto machte ich im Hof vor meiner Wohnung. Dort hängt ein Nistkasten, in dem Meisen gerade Junge haben. Was super ist, da damit sicher ist, dass alle Minute ein Elternvogel zum Füttern vorbei kommt.
Die Bedingungen waren nicht 100% ideal: der Kasten hing im Schatten, es war hauptsächlich bewölkt und es war später Nachmittag. Meisen bewegen sich zudem gern etwas hektischer. Der Lichthunger des Objektivs einerseits und die Notwendigkeit, eine nicht zu geringe Verschlusszeit zu haben, bei gleichzeitig etwas geschlossenerer Blende, um auch am langen Ende des Objektives genug Schärfe für so ein fein strukturiertes Motiv zu erreichen hieß: ISO hoch auf 500, obwohl es heller Tag war. Das Ergebnis schaute wie folgt aus:
Und hier ein Ausschnitt in 100%. Man sieht durchaus ein paar Schwächen in der Schärfe, was natürlich auch daran liegt, dass bei ISO 500 nach dem Herausziehen der Schatten bei der Nachbearbeitung in Lightroom bei pixelgenauer Ansicht schon etwas Rauschen zu sehen ist und dieses Rauschen feine Linien und Kanten deutlich zerfasert, so dass man um etwas Unschärfe durch das notwendige Entrauschen nicht herum kommt.
Der Haupt“fehler“ allerdings dürfte in der noch zu geringen Auslösegeschwindigkeit liegen, mit 1/125 s ohne Abstützen aus der Hand (noch dazu noch ohne zu schnallen, dass ich den Stativ-Mount zur Seite drehen kann) habe ich dann doch ein wenig verwackelt. Man sagt ja „1/Brennweite = Verschlusszeit“ – das kann man getrost halbieren, wenn der Verwacklungsschutz aktiviert ist, und wer eine ruhige Hand hat – oder etwas, worauf man sich aufstützen kann, oder beides, kommt auch schon mal auch darunter. Aber 1/125 aus der Hand bei 600mm geht auch bei mir nicht mehr ohne leichtes Verwackeln.
Das muss aber nicht heißen, dass das Foto „kaputt“ ist. Es kommt relativ selten vor, dass ein Foto tatsächlich Pixelgenau gezeigt werden soll, wie man am Foto oben sieht, als Gesamtbild bleiben die Details durchaus annehmbar, selbst wenn man nicht die vollen 7360×4912 Pixel beibehält sondern nur einen Ausschnitt aus dem Bild holt, von sagen wir also ca. 3400 Pixel Breite. Was aber auch hier deutlich sichtbar bleibt: der Farbkontrastverlust, der durch die Kombination Schatten und Rauschen entsteht.
Bei idealeren Bedingungen schaut die Sache dann auch schon anders aus. Das folgende Bild entstand bei Sonnenschein mitten am Tag.
Für die Auslösegeschwindigkeit von 1/320s bei ebenfalls etwas stärker geschlossener Blende musste ich selbst bei Sonnenschein schon den ISO etwas erhöhen. ISO 250 ist aber tatsächlich noch überhaupt kein Problem, insoweit stört mich das nicht.
In der pixelgenauen 100%-Ansicht sieht man dann schon noch sehr deutlich, dass das Objektiv am langen Ende nicht so scharf ist wie das lange Ende meines NIKKOR 70-300ers, aber dafür steckt hier ja auch die doppelte Brennweite drin.
Für ein Objektiv, das nicht einmal mehr 1000 Euro kostet ist diese Abbildungsqualität am extremen Ende seiner Leistungsfähigkeit – wie gesagt, unterhalb der 600 mm muss sich das Tamron nicht hinter dem Nikkor 70-300 verstecken – durchaus annehmbar. Jedes Objektiv, das bei dieser Brennweite bessere Ergebnisse erzielt liegt deutlich außerhalb des Budgets, von dem wir hier reden.
Fazit
Das Tamron 150-300 ist ein Budget-Zoom, das ein durchaus sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis aufweist. Das heißt: es hat seine eindeutig identifizierbaren Schwächen, die belegen, dass man für unter 1000 Euro kein absolutes High-End-Produkt herstellen kann. Aber es beweist auch, dass man auch im Budget-Bereich brauchbare Produkte anbieten kann.
Brauchbar heißt: es ist gut verarbeitet, stabil, da wackelt nichts und es fühlt sich damit durchaus „wertig“ an. Der Autofokus arbeitet relativ schnell und präzise genug (bei schwachem Kontrast vertut er sich leider auch mal um ein paar Zentimeter), der Verwacklungsschutz ist gut – gut genug, um auch am langen Ende aus der Hand fotografieren zu können – die Mechaniken von Zoom und manuellem Fokus liegen ausgewogen zwischen angenehm leichtgängig und widerstandsfähig genug und die Abbildungsleistung ist wirklich gut über 3/4 der Brennweitenstrecke und im letzten Viertel brauchbar bis hin zu durchaus gut, wenn man etwas abblenden kann.
Die Schwächen des Objektivs verhindern, dass es ein Allrounder ist. Bei schlechteren Lichtverhältnissen braucht man es erst gar nicht aus der Tasche holen, es sei denn, man hatte eh vor, eine Langzeitbelichtung zu machen. Bei nicht ganz idealen Bedingungen braucht man eine Kamera, die gut mit hohen ISO-Werten umgehen kann.
Bei idealen Lichtverhältnissen aber gibt es kaum etwas auszusetzen – der einzige Kritikpunkt, der für mich dann noch bleibt ist die Notwendigkeit, allerspätestens ab 500mm aufwärts abblenden zu müssen, damit das Ergebnis ausreichend Schärfe aufweist, was bei der ohnehin nicht besonders hohen Lichtstärke und der Notwendigkeit, bei diesen Zoom-Stufen auch eine schnellere Verschlusszeit zu benötigen, natürlich schon wirklich weh tun kann.
Denn essentiell für gute Ergebnisse ist: Verschlussgeschwindigkeit hoch, je größer die gewählte Brennweite. Aus der Hand bedeutet das bei mir: ca. eine halbe Brennweitestel Sekunde (1/Brennweite/2 s) – vorausgesetzt, das Motiv bewegt sich nicht. Abgestützt oder mit einem stabilen Einbein kann man das noch etwas verbessern. Besser ist es aber, nicht unbedingt immer an die persönlichen Limits zu gehen.
Für einen hektischeren Vogel empfiehlt sich aber natürlich auch bei 300 mm schon eine deutlich schnellere Verschlusszeit als die nach dieser Rechnung 1/150 s.
Das Tamron kommt natürlich nicht an High End Objektive ran, für die man aber natürlich dann auch deutlich mehr auf den Tisch legen muss. Objektive im Preissegment 3.000 Euro bis 10.000 Euro liegen so deutlich außerhalb meines Budgets, solche Objektive würde ich bei Bedarf leihen (Es gibt da entsprechende Dienstleister, die das anbieten), aber ich könnte sie niemals kaufen.
Somit bin ich froh, mit dem Tamron ein Objektiv innerhalb meiner finanziellen Möglichkeiten gefunden zu haben, das für die Zwecke, für die ich es haben wollte, sehr gut geeignet ist. Für rund 950 Euro leistet dieses Objektiv mehr als ich für diesen Preis erwartet hätte. Und ich freue mich schon darauf, das nächste Mal damit raus in die Natur zu gehen und genau die Fotos zu machen, die ich oft gern gemacht hätte aber bisher nicht machen konnte.
Ich habe angefangen, Elite:Dangerous zu spielen und hing anfangs extrem an dem Umstand fest, dass ich – neben dem Elite-typischen Problem, dass es keine richtige Anleitung gab – nicht wusste, wie ich aus dem extrem demotivierenden Startpunkt mit einem Schiff, mit dem man nichts anfangen kann und wenig Startgeld in einen Zustand kommen könnte, in dem es anfängt, Spaß zu machen.
Ich las dann irgendwo, dass man mit „Mining“ relativ schnell Geld verdienen konnte und nach einigen Youtube-Videos, die mir jeweils Teile dessen zeigte, wie man das macht probierte ich das aus. Und es klappte sehr gut. Vielleicht hab ich einfach nur nicht das richtige Tutorial gefunden, aber ich fand jedenfalls keins, das mir „mal eben“ zeigt, wie das eigentlich geht. Drum dachte ich, ich mach selber mal eins.
Die Sidewinder als Starterschiff ist ein Furunkel am Hintern, das einem extrem schnell den Spaß am Spiel rauben kann. Mit Mining bekommt man diesen unnützen Schrotthaufen schnell los und kann es mit der Adder, dem ersten Schiff, mit dem man ansatzweise was anfangen kann, ersetzen.
Das Video lag jetzt schon eine ganze Weile bei mir rum, ich kam einfach nicht dazu, es früher hochzuladen. Gestern abend dachte ich aber endlich mal dran, das zu tun.
Inzwischen hab ich die erwähnte Cobra MK III, die Credits dafür hab ich mir ebenfalls mit Mining verdient. Und mit den vielen Kopfgeldern, die ich verdiente, weil es offenbar viele NPC (und real player) Piraten gibt, die dachten, eine etwas besser ausgebaute Adder sei ein leichtes Ziel *g* (Man sieht im Video ja, wie ich eine Cobra MK III abschieße (wobei das auch ein extrem dummer NPC war), obwohl das ein weitaus besseres Schiff ist als die kleine Adder *g*).
Und irgendwann bekomme ich es auch mal hin, dass die Tonspur und die Filmspur die selbe Geschwindigkeit haben. Irgendeine Einstellung in meinem Mitschneidetool scheint da noch nicht zu passen, denn eigentlich sollte das nicht passieren, wenn Bild und Ton gleichzeitig aufgenommen werden…
[Dieses Posting erschien zuerst im „Fotoschraubr“-Blog, das leider nicht mehr existiert, weshalb ich es aus der wayback-machine rauskopiert habe.]
In den letzten Monaten bin ich immer mal wieder über die Abkürzung „SOC“ oder „SOOC“ gestolpert, bzw. auch über Profile in Fotocommunities, in denen sich die Kontoinhaber dafür rühmten, ihre Bilder nicht „nachzubearbeiten“ – was dann wohl „Straight out of camera“ genannt wird.
Wenngleich ich durchaus den sportlichen Reiz sehe und anerkenne, ein Foto so zu schießen, dass man daran nicht mehr viel in Lightroom oder Photoshop drehen muss, um ein gut aussehendes Bild zu haben, so wundere ich mich oft, wie wenig manche(!) Verfechter dieses Prinzips über die Art und Weise zu verstehen scheinen, wie fertige Fotos – also Abzüge, sei es analog auf Fotopapier oder digital als JPG – entstehen. Anders kann ich mir jedenfalls die Mythen, die rund um diesen Ansatz herumspuken, nicht erklären.
Als Reaktion auf die inflationäre Tendenz der letzten Jahre, Bilder „überzubearbeiten“, mit all den bonbonfarbenen HDR-Bildern, die aus 3, 5 oder gar zig überlagernden Einzelaufnahmen zusammengesetzt werden und/oder auch noch dazu exzessiv irgendwelche „Filter“ draufzulegen, kann ich diese „Bewegung“ auch nachvollziehen, als so eine Art „zurück zur Natur“. Aber wenn man sich die Funktionsweise digitaler Kameras anschaut, muss man doch feststellen, dass sich manche Leute hier was vor machen, wenn sie glauben, dass diese Technik das „authentische“ Gegenstück zu nachbearbeiteten Fotos sei…
Speziell im digitalen Bereich ist es ja so, dass die einzige Möglichkeit, ein völlig „unbearbeitetes“ Bild zu bekommen, ist, die Bilder im RAW-Format zu speichern. Denn nur in diesem Format wird die Aufnahme nicht von den internen Bildbearbeitungsroutinen der Kamera verarbeitet sondern eben (nur) das abgespeichert, was der Sensor der Kamera liefert. Deshalb sind die Vorschaubilder von RAWs, wenn man sie auf dem Rechner in den RAW-Konverter der Wahl holt, im Normalfall eher unspektakulär: tendenziell etwas grauer, weil eben keinerlei Kontrast, Sättigung, Dynamik etc. optimiert werden.
Es sei denn, man bleibt in der Infrastruktur der Kamera, also z.B. arbeitet mit dem Konverter von Nikon, um Nikon-RAWs zu öffnen. Oder Canon. Oder Sony. Oder was auch immer. Da wird dann schon ein eventuell voreingestelltes Profil, das die Kamera dem RAW zugewiesen hat (einzustellen im Kameramenü) mit übernommen.
Andere Konverter, z.B. Lightroom, lesen dieses spezielle Profil nicht mit aus, sondern liefern eine – allerdings auch schon nach eigenem Profil leicht optimierte – Vorschau, die deshalb meist stark von dem abweicht, was man in der Vorschau der Kamera zu sehen bekam, sofern man dort nicht alle Optimierungen (z.B. ein D-Light-Profil) abgestellt hat.
Die Logik hinter einem RAW-Format ist ja die, dass dieses Format deshalb gewählt wird, um mehr – heißt eine natürlichere Bandbreite – von Bildinformation zu erreichen, um daraus die Bereiche herausholen zu können, auf die es einem ankommt.
Das heißt, RAW wähle ich gerade deshalb, damit ich einen Abzug herausarbeiten kann, der im Idealfall genau das abbildet, was ich wollte und wie ich es wollte.
Da ein RAW also explizit für eine Nachbearbeitung gedacht ist (weshalb man ein RAW ja auch nicht ohne entsprechende Hilfsmittel, sprich Konverter, der die Informationen auf eine Standard-8-Bit-Ansicht runterrechnet, „einfach so“ angucken kann), ist es auch logisch, dass so ein RAW erst einmal nach wenig aussieht.
Also matt, grau, je nach Objektiv vielleicht sogar verzerrt, usw. – eben so „durchschnittlich“ wie möglich. Weil es sich nicht als Endergebnis sondern als Ausgangsmaterial versteht, das die Möglichkeit zu Optimierungen in möglichst verschiedenste Richtungen bereit halten soll. Und damit explizit nicht darauf ausgelegt, von vornherein möglichst „gut“ auszusehen.
Somit wäre ein RAW für „SOOC“ ungeeignet, weil die Kamera so ausgelegt ist – vom Objektiv bis zum Sensor – hier ein möglichst „durchschnittliches“ und damit flaches Ausgangsmaterial zu liefern, damit es möglichst viel Potential für verschiedenste „Abzüge“ beinhaltet.
Konsequenterweise müsste also direkt der „Abzug“ fotografiert werden, also das JPG. Ist das aber jetzt wirklich das „authentische“ Foto?
Wenn die Kamera selbst (nur) ein JPG abspeichert, also das Äquivalent zum analogen Abzug, den man sich ins Fotoalbum klebt, dann nimmt sie ebendiese RAW-Information und weist ihr eine ganze Reihe Parameter zu – macht also nichts anderes als die/derjenige, die/der ein RAW in einen RAW-Konverter reinholt, dort ein paar Optimierungen einstellt und dann ein JPG exportiert.
Da wird also auch, je nach gewähltem Profil, die Objektivverzerrung ausgeglichen, entrauscht, etwas nachgeschärft, eine Dynamik-/Kontrastkurve zugewiesen, die Sättigung optimiert usw. usf..
Der einzige Unterschied: es wird ein Standardprofil, das für jedes Foto gleich ist, zugewiesen (was ich genau genommen im Konverter natürlich auch tun könnte, z.B. indem ich einfach per Batch-Funktion einem kompletten Ordner ein Profil zuweise und in JPGs konvertieren lasse, ohne jedes einzelne Bild anzugucken.).
So wie früher, als man seine belichteten Filme zu Quelle schickte, damit sie diese entwickelten und Abzüge machten. Die Belichtungsmaschine hat dafür auch irgendeinen Standardwert gehabt, mit dem alle Bilder gleich aufs Fotopapier projiziert wurden.
Und wenn ich die selben Negative woanders hinschickte, wo anderes Fotopapier und andere Grundeinstellungen genutzt wurden, sahen die Abzüge eben auch anders aus.
Wenn ich ein Negativ aber zu einem Fotostudio brachte, das aus genau diesem Bild einen möglichst guten Abzug machen sollte, dann war das zwar teuer, aber es kam auch ein weit besserer Abzug raus, als jede Standardeinstellung einer Maschine es konnte. Logisch, wenn man eine auf ein spezielles Negativ und auf das gewünschte Ergebnis abgestimmte Belichtungszeit, Entwicklungszeit, Papier etc. pp. anwendet.
Und da ist noch nichts abgewedelt, partiell extra belichtet, gefiltert und was es alles noch so an Möglichkeiten gibt, ein analoges Bild zu optimieren.
Und natürlich wurden und werden diese Möglichkeiten von Analogfotografen auch schon immer genutzt. Auf dem Blogartikel, wo ich das James Dean-Foto fand, gibts noch viel mehr tolle Beispiele. Den hab ich mir gebookmarked, um ihn jedem um die Ohren zu pfeffern, der mir mit dem Blödsinn „Ein richtiger Fotograf, der was kann, muss nichts mehr nachträglich an seinem Bild schrauben. Früher gabs auch kein Photoshop!“ daher kommt ?
In digitalen Zeiten ist das nicht anders, wie gesagt: ein in der Kamera erzeugtes JPG ist nichts anderes als ein Abzug eines RAWs, das durch ein entsprechendes Bearbeitungsprofil gegangen ist.
Das heißt, so ein JPG ist technisch kein Unterschied zu einem, das nach einer entsprechenden Bearbeitung über einen RAW-Konverter erzeugt wurde. Außer dem, dass es keinerlei individuelle Rücksichten auf das jeweilige Motiv nimmt, sondern jede Aufnahme mit den selben Werten nachbearbeitet.
Ich möchte allerdings auch nicht falsch verstanden werden, denn wie anfangs gesagt: das kann ja durchaus als eine sportliche Herausforderung genommen werden: eine Aufnahme so zu machen, dass ein mit einem Standardprofil erzeugter Abzug so gut wie möglich aussieht. Also so wie früherTM, wenn man seinen belichteten Film für Abzüge in ein großes Fotostudio, zu Quelle oder wohin auch immer schickte, weil man selbst kein Fotolabor im eigenen Badezimmer unterhielt oder sich nicht den Gang zu einem individuellen leisten konnte oder wollte.
Ich gebe zwar zu, dass ich mich in dem Fall frage, warum das jemand tun sollte, denn damals machte man das halt, weil man selbst keine Dunkelkammer hatte oder selbst wenn, diese nicht für jeden Urlaubsfilm aktivieren wollte, weil es einfach ein riesen Aufwand war, wenn man nicht wirklich ein komplettes Zimmer der Wohnung dauerhaft für eine solche Funktion zur Verfügung stellen konnte, und das dürften die wenigsten gewesen sein.
Es ist ja eben der große Vorteil der digitalen Technik, bzw. eine große Freiheit, dass so eine digitale Dunkelkammer (Also ein PC und eine entsprechende Software) vergleichsweise günstig ist, so dass die Eintrittsschwelle in den Zustand, das beste aus seinen individuellen Bildern rausholen zu können, in keinem Vergleich mehr steht zu analogen Zeiten. Man kann sagen, dass die digitale Revolution hier tatsächlich eine Demokratisierung ermöglicht hat.
Ich möchte niemandem den Spaß an dieser sportlichen Herausforderung nehmen. Aber ich möchte doch schlicht darum bitten, hier keinen Mythos um „SOOC“ aufzubauen, der a) faktisch schlicht nicht stimmt und b) behauptet, „SOOC“ sei in irgendeiner Form die „wahre“, die „authentische“ Form des Fotografierens, und Nachbearbeitung von Bildern sei ein Zeichen dafür, dass ein Fotograf sein Handwerk oder Hobby nicht verstehe und deshalb „schummeln“ müsse.
Es geht nicht um die Frage „Nachbearbeitung oder keine“. Sondern schlicht um die Frage „Wohin möchte ich mit meiner Nachbearbeitung“. Also wie das Bild aussieht, das am Ende rauskommt.
Und dafür ist es völlig egal, wie es nachbearbeitet wurde, also individuell händisch oder automatisiert innerhalb der Kamerasoftware.
„Bearbeitung“ ist nicht das selbe wie „Verfälschung“. Ob ich ein knallbuntes HDR erzeuge oder eine möglichst naturnahe Wiedergabe wird nicht über die Frage „ob“ ich nachbearbeite bestimmt. Sondern über die nach dem „Wie“ bzw. „Wohin“.
Also: habt Spaß, die ihr „SOOC“-Bilder schießen möchtet, an dieser technischen Herausforderung, möglichst auf das aktive Bearbeitungsprofil der Kamera passende Einstellungen zu finden. Ich habe sehr sehr tolle Fotos gesehen, die mit diesem Kürzel gelabelt wurden.
Aber denen unter euch, die aus „SOOC“ einen Mythos machen und daraus eine Arroganz entwickeln gegenüber denen, die ihre Bilder im „digitalen Fotolabor“ bearbeiten und ihre Abzüge über diesen Weg erstellen sei gesagt: ihr macht euch was vor.